Stundenreduzierung unmöglich? Bundesländer unterschiedlich?

  • (...) aber dass das Schulministerium seit Jahren die Entwicklung ignoriert hat, dass es ungleiche Bildungschancen im Land allein aufgrund der völlig aus dem Ruder gelaufenen Stellenpolitik gegeben hat, musste einmal angegangen werden.

    Könntest du ein Beispiel geben, was damit gemeint ist?

    Sowas wie: in Schule X hocken über 30 Schüler in den Klassen, Unterricht fällt aus mit massenweise "Strichmännchen-Kahoot-Vertretung" oder ganz ohne Vertretung, während an anderen Schulen ausreichend Kollegen in kleinen und teils kleinsten Klassen (manche Grundschulen, WBKs ) unterrichten? Oder Kollegen sich über reichlich selbst gewählte Abordnungen (an Qualis oder Städte/Integrationsamt/Gedenkstätten etc.) aus dem Schuldienst ziehen, wofür dann die anderen Kollegen vor den über 30 Schülern an Schule X den Kopf hinhalten müssen, bis sie Magengeschwüre bekommen?

  • leichtes OT in eigener Sache:
    Die Begründung / das Attest landet beim PR?
    Nur bei Ablehnung oder auch bei Zustimmung?

    (Mein Antrag auf TZ war formlos "aus gesundheitlichen Gründen", das Attest habe ich viel später direkt der BR nachgereicht. Ich habe nichts zu verstecken, aber irgendwie fände ich es seltsam, wenn der PR ohne mein Zuschalten meine Unterlagen bekommt. Oder?)

    Da bin ich mir nicht sicher. Vllt. weiß hier jmd. mehr, der im Personalrat tätig ist?

    Ich würde aber so oder so vorab mit dem PR das Gespräch suchen - da kann man ja auch nachfragen. Sollte das ärztl. Attest Diagnosen enthalten, kann man es sonst auch in einen zusätzl. Umschlag tun und mit vertraulich/persönlich beschriften oder es vermerken, dass es nicht ohne Zustimmung weitergegeben werden soll.

    Bei einem Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls bsw. ist es ja auch gestattet, vertrauliche Informationen in einen Umschlag zu tun, so dass nur die zuständigen Bearbeiter zur Einsicht berechtigt sind. Das Ganze läuft ja über den Tisch der SL, evtl. möchte man ja aber nicht, dass die SL detailliert Auskunft erhält über den eigenen gesundh. Zustand.

  • Also, für Bayern gilt, dass wir formal nur involviert sind, wenn ein Antrag abgelehnt wird.
    Dann bekommen wir alle Unterlagen vorgelegt. Ein Attest hatte ich jetzt noch nicht dabei, aber ich würde annehmen, dass das dann dabei wäre. Generell hat der PR zumindest hier zwar keinen Einblick in persönliche Daten wie Personalakten oder Beurteilungen, aber wenn es dann um Mitbestimmungsfälle geht, bekommt man oft doch auch sehr persönliche Dinge vorgelegt.

  • Diagnosen sind bei mir nicht dabei, es ist ein bescheuerter Zweizeiler à la "ich empfehle aus gesundheitlichen Gründen Teilzeit". Also Hauptsache ein Briefkopf und Stempel dabei. Aber eben ein Briefkopf und Stempel.

  • KollegInnen eine voraussetzungslose Teilzeitbeschäftigung nicht zu genehmigen, wenn dienstliche Gründe nicht dagegen sprechen. Fachspezifischer Bedarf bzw. Personalmangel ist DER dienstliche Grund.

    Mangelhafte Personalplanung (seitens der Schulleitung oder des Landes) ist kein zwingender dienstlicher Grund (Aussage des Justiziars des Philologenverbandes NRW). Ein zwingender dienstlicher Grund liegt nur genau dann vor, wenn exakt das Fehlen der antragstellenden Person zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte führt. Der Dienstvorgesetzte kann sich hier nicht mit schieben über mehrere Positionen herausreden. Und zur vertrauensvollen Zusammenarbeit gehört glaube ich nicht, dass man die Schulleitungen für juristisch besonders versiert halten muss. Das soll wirklich nicht gemein klingen, aber meine Arbeit in der Mitarbeitervertretung hat mich gelehrt, dass die meisten Schulleitungen einzelne Bereiche haben in denen sie unglaublich gut sind (Organisation und Verwaltung, Menschenführung, Schulentwicklung, Schulrecht, etc.), aber ich habe noch keinen Fall gehabt in dem eine Schulleitung in allen Bereichen gut war und es ist eine noch seltenere Charaktereigenschaft, dass eine Schulleitung das offen eingestanden und sich für die "Problemfelder" Beratung gesucht hat. Meistens wird so getan als sei man in allen Feldern gut.

    Ich würde auf jeden Fall empfehlen den Antrag zu stellen, selbst wenn er abgelehnt wird, denn damit hält man sich erstens alle Optionen offen und zweitens kann man dann, bei evtl. auftretenden Problemen, den Dienstherr aufgrund von Verstößen gegen die Fürsorgepflicht auf ganz niedriger Flamme rösten.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • In Ergänzung zu Valerianus:
    Ich habe irgendwo ein BVerwG, bin nur gerade zu faul zu suchen, wo ähnlich argumentiert wurde. Da ging es um Versetzung einer Lehrkraft mit Mangelfächern, die über mehrere Jahre hinweg keine Freigabe bekommen hat. Des BVwerG hat argumentiert, dass das Land offen legen muss, welche spezifischen Maßnahmen das Land bzw. die Schule ergriffen haben, um diese spezifische Lehrkraft zu ersetzen. Als das (natürlich) nicht erfolgt ist, musste die Freigabe erteilt werden.

  • Valerianus

    Es würde mir persönlich völlig reichen, wenn eine Lehrkraft nicht per se meinen Worten misstraut - zugespitzt am besten noch mit der von Dir vorgetragenen Argumentation, dass man sich ja nicht überall gut auskenne.

    Das Gute oder eben auch Schlechte bei divergierenden Rechtsauffassungen - und der Justiziar des PhV ist ja auch kein Verwaltungsrichter - ist, dass im Streitfall eben geklagt werden muss und die Entscheidung der jeweiligen Instanz abgewartet werden muss. Ob sich daraus dann eine verbindlichere Rechtsauffassung ableiten lässt, kommt dann auf die Begründung des Urteils an. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass man seitens der Exekutive bei Entscheidungen des OVG eher geneigt ist, diese auch in die gängige Praxis umzusetzen und die Verordnungen dann mittelfristig anzupassen. Das ist eine Tendenz, die ich wahrnehmen konnte in meiner Zeit in der Behörde, gleichsam natürlich kein Automatismus.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich würde auf jeden Fall empfehlen den Antrag zu stellen, selbst wenn er abgelehnt wird, denn damit hält man sich erstens alle Optionen offen und zweitens kann man dann, bei evtl. auftretenden Problemen, den Dienstherr aufgrund von Verstößen gegen die Fürsorgepflicht auf ganz niedriger Flamme rösten.

    Irgendwie kommt mir das so vor wie bei Haustürgeschäften oder Handwerkern, die mit Schwarzarbeit ohne Kostenvoranschlag beauftragt weden:
    - da wird einem im mündlichen Gespräch alles Mögliche erzählt (Leistung, Preis ...) um danach final festzustellen, dass es doch viel teurer und komplizierter war und man mehr zahlen soll.

    Besser also offenbar sich nicht abwimmen bzw. bequatschen zu lassen und den Antrag doch zu stellen (bzw. übertragen den Kostenvoranschlag zu verlangen), um was Schriftliches in der Hand zu haben.

  • Das Gute oder eben auch Schlechte bei divergierenden Rechtsauffassungen - und der Justiziar des PhV ist ja auch kein Verwaltungsrichter - ist, dass im Streitfall eben geklagt werden muss und die Entscheidung der jeweiligen Instanz abgewartet werden muss.

    Das ist faktisch richtig. Gleichzeitig halt auch eine Aussage, hinter der sich Schulleitungen und Behörden gerne mal verstecken, denn häufig sind ja die Streitfälle solche Fälle, bei denen sich der Schritt nicht lohnt. Viele Menschen in Positionen der erw. Schulleitung sind da aber nicht transparent, indem sie die Rechtsunsicherheit eingestehen und dann meinetwegen argumentieren, dass sie ja auch die Verantwortung tragen und deshalb ihrer eigenen Rechtsauffassung folgen. Das wäre ja plausibel. Stattdessen wird so getan, als hätte man das überelgene Rechtsverständnis - was im Einzelfall sogar so sein mag, oft aber eben eher aus diesem Selbstbild der globalen Unfehlbarkeit resultiert.

  • Das ist faktisch richtig. Gleichzeitig halt auch eine Aussage, hinter der sich Schulleitungen und Behörden gerne mal verstecken, denn häufig sind ja die Streitfälle solche Fälle, bei denen sich der Schritt nicht lohnt. Viele Menschen in Positionen der erw. Schulleitung sind da aber nicht transparent, indem sie die Rechtsunsicherheit eingestehen und dann meinetwegen argumentieren, dass sie ja auch die Verantwortung tragen und deshalb ihrer eigenen Rechtsauffassung folgen. Das wäre ja plausibel. Stattdessen wird so getan, als hätte man das überlegene Rechtsverständnis - was im Einzelfall sogar so sein mag, oft aber eben eher aus diesem Selbstbild der globalen Unfehlbarkeit resultiert.

    Die isolierte Kenntnis von Inhalten der einschlägigen Verordnungen findet da ihre Grenzen, wo Ermessensspielräume und Auslegungsvarianten ins Spiel kommen. Immerhin bieten die Verbände hierzu einschlägige Fortbildungen an - unter anderem auch der Justiziar des PhV in NRW.

    Solide Rechtskenntnisse sind auch eher etwas, das man sich zusätzlich aneignen muss und im Diskurs mit Leuten, die sich auskennen, sowie in der angewandten Praxis dann vertiefen muss. Das hat man weder als Mitglied der eSL noch als (stv.) SL in dem Sinne mit dem Stellenantritt "erlernt".

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Solide Rechtskenntnisse sind auch eher etwas, das man sich zusätzlich aneignen muss und im Diskurs mit Leuten, die sich auskennen, sowie in der angewandten Praxis dann vertiefen muss. Das hat man weder als Mitglied der eSL noch als (stv.) SL in dem Sinne mit dem Stellenantritt "erlernt".

    Ja, das ist ja auch nichts Schlimmes. Und etwas Anderes sagen Valerianus und ich ja auch gar nicht.
    Schlimm wird es erst, wenn dieser systemische Mangel ignoriert - oder im Sinne des Dunning-Kruger-Effekts - gar nicht erst wahrgenommen wird.

  • Der VBE bietet übrigens regelmäßig Fortbildungen an, die von einem Verwaltungsrichter geleitet werden. Mir ging es auch nicht darum, dass meine Auffassung auf jeden Fall die richtige ist (das ist bei aktuellen juristischen Fragen dann selbst bei ausgebildeten Juristen eher selten), aber dass es eben auch deutlich andere Auslegungen gibt. Und für "zwingende dienstliche Gründe" empfehle ich eine ältere Entscheidung zu genau diesem Thema (nur in Bezug auf Richter, immerhin auch aus NRW): BVerwG 2 C 23.05

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Der VBE bietet übrigens regelmäßig Fortbildungen an, die von einem Verwaltungsrichter geleitet werden. Mir ging es auch nicht darum, dass meine Auffassung auf jeden Fall die richtige ist (das ist bei aktuellen juristischen Fragen dann selbst bei ausgebildeten Juristen eher selten), aber dass es eben auch deutlich andere Auslegungen gibt. Und für "zwingende dienstliche Gründe" empfehle ich eine ältere Entscheidung zu genau diesem Thema (nur in Bezug auf Richter, immerhin auch aus NRW): BVerwG 2 C 23.05

    Vielen Dank für das Urteil. Ich habe mir die Begründung einmal durchgelesen und komme hier zu der Einschätzung, dass das Urteil nur bedingt auf unseren Fall anwendbar ist.

    a) Das Gericht differenziert zwischen "dringenden" und "zwingenden" Gründen in einer Abstufung. In § 63 LBG NRW steht nur "wenn dienstliche Belange nicht entgegenstehen." Das wäre dieser Logik zufolge sogar eine noch niedrigere Schwelle als die, die das Gericht bei den anderen Kategorisierungen gesehen hat. Im konkreten Fall wurde eine 2%ige Mehrbelastung der anderen RichterInnen nicht als "zwingende Gründe" erachtet.

    b) Die Beispiele, die das Gericht nennt, so "dringende" oder "zwingende" dienstliche Gründe angeführt werden, lassen sich auf Schule mittelbar übertragen. Es stünde dann zu entscheiden, inwieweit eine nicht mehr gewährleistete vollständige Erteilung von Unterricht nach Stundentafel vorliegt - sprich ob Unterrichtskürzungen im Falle der Genehmigung dieser Teilzeit die Folge wären oder andere KollegInnen hierdurch angeordnete Mehrarbeit leisten müssten. (Die Extrembeispiele von sehr kleinen Fachschaften mit Mangelfächern und dem Wunsch nach voraussetzungsloser Teilzeit lasse ich einmal bewusst außen vor.) Eine Stunde Mehrarbeit entspräche einer Mehrbelastung von ungefähr 4% ausgehend von einer vollen Stelle am Gymnasium.

    c) Es muss an dieser Stelle offen bleiben, inwieweit eine jeweils zu beweisende fehlerhafte Personalplanung durch die Schule oder die BR oder das Land die dienstlichen Gründe "schlagen", wenn bzw. weil sie diese selbst evozieren.

    Ungeachtet dessen wäre ich gespannt, ob und falls hier bis ganz nach oben geklagt werden sollte, wie das BVerwG hier entscheiden würde.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Könntest du ein Beispiel geben, was damit gemeint ist?

    Das Land NRW hat sehenden Auges zugelassen, dass bspw. an meiner Schulform Gymnasien in manchen Gegenden eine Personalausstattungsquote von unter 100% (oder in Einzelfällen gar unter 90%), in anderen Regionen bis 130 oder 140% haben. Hintergrund ist die Versetzungspolitik des Landes gewesen (z. B. feste Stelle an unterversorgter Schule antreten, Lebenszeitverbeamtung, Elternzeit, anschließend wohnortnahe Versetzung in Richtung überversorgter Schulen). Dort können dann natürlich viele schöne kleine Kurse eingerichtet werden...

  • Erlebe ich gerade an meiner Schule im Münsterland ähnlich. Schwupps war der Kollege dann wieder in Münster und kann zukünftig Radeln zur Schule.

    Stellt sich die Frage, was die sinnvolle Alternative ist?

  • Bayern gibt ja auch keine Garantie auf Versetzung.
    Familienfreundlichkeit wurde und wird ausgenutzt. Mich freut es, dass die Grenze auf 50km hochgeschraubt wurde.

    Die aufnehmenden Schulen sind auch nicht sooo happy, sie kriegen Versetzungen, können fast nie selbst ausschreiben und seltenst sind Physiker, die man versetzt bekommt. Da die Schule rein rechnerisch über 100% ist, gibt es keine Vertretung, keine Ausschreibung und viele Fächer gehen auf den Zahngleisch.

  • Stellt sich die Frage, was die sinnvolle Alternative ist?

    Ein Schritt war die Ausweitung der Zone um die eigene Wohnung von 35km auf 50km.

    Eine gute Alternative wäre es gewesen, den Prozess einige Jahre früher zu starten und die Regelungen zur Versetzung/Abordnung landeseinheitlich transparent zu machen. Das war mein Vorwurf an Frau Gebauer in meinem Post oben. (Vermutlich hätten auch schon Frau Löhrmann und Frau Sommer damit anfangen können.)

  • Erlebe ich gerade an meiner Schule im Münsterland ähnlich. Schwupps war der Kollege dann wieder in Münster und kann zukünftig Radeln zur Schule.

    Stellt sich die Frage, was die sinnvolle Alternative ist?

    Das Land muss sich damit auseinandersetzen, warum manche Schulstandorte unbeliebt sind und daran arbeiten, den Beliebtheitsgrad dieser Standorte zu steigern. Alle anderen Tricks sind rein kosmetischer Natur, die das Problem nicht beheben, sondern nur um ein paar Monate aufschieben.

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