Warum Unternehmer auf yt nicht die besseren Lehrer sind. German Staatsexamen hat noch eine Lobby!

  • Mein Problem mit Daniel Jung ist sein Clickbait. Vielleicht ist das inzwischen besser geworden, aber bis vor einiger Zeit kamen in jedem Video Hinweise auf seine anderen Videos und Playlists (logisch, damit verdient er sein Geld - aber nervig ist es trotzdem).

    Was Videos allgemein schwierig machen kann, ist, wenn sie nicht zum Unterricht passen, indem sie Inhalte verwenden, die Lernende (noch) nicht kennen - besonders bei leistungsschwächeren Lernenden kann das dazu führen, dass sie ein „Blackbox-Kochrezept“ auswendig lernen, das noch komplexer ist als der Inhalt, mit dem sie sowieso schon nicht zurecht kommen. Oft wird auch nur eine Lösungsmethode angeboten und Alternativen werden gar nicht erwähnt.

    Beispiel Daniel Jung: In einem Video zeigte er, wie Steigung und y-Achsenabschnitt einer linearen Funktionsgleichung mit einem Gleichungssystem bestimmt werden können. Kann man machen, allerdings kennen speziell meine Lernenden zu diesem Zeitpunkt im Curriculum noch keine Gleichungssysteme. Der Standardweg, den ich unterrichte, verwendet die 2-Punkte-Formel oder alternativ die Berechnung der Steigung und anschliessend einsetzen der Steigung mit einem Punkt in die Funktionsgleichung. In dem Video wurden diese Möglichkeiten noch nicht mal erwähnt.

  • Beispiel Daniel Jung: In einem Video zeigte er, wie Steigung und y-Achsenabschnitt einer linearen Funktionsgleichung mit einem Gleichungssystem bestimmt werden können. Kann man machen, allerdings kennen speziell meine Lernenden zu diesem Zeitpunkt im Curriculum noch keine Gleichungssysteme. Der Standardweg, den ich unterrichte, verwendet die 2-Punkte-Formel oder alternativ die Berechnung der Steigung und anschliessend einsetzen der Steigung mit einem Punkt in die Funktionsgleichung. In dem Video wurden diese Möglichkeiten noch nicht mal erwähnt.

    Deswegen schaut man sich das vorher an, ob es zum Unterricht passt oder nicht.

  • Ich habe überhaupt kein Problem mit Videos als Ergänzung zum Unterricht, etwas amüsant finde ich allerdings, dass alle "Erklärvideos", die ich so kenne, so aufgebaut sind, wie man Unterricht doch heut bitteschön nicht mehr machen soll - eine Person erklärt ein rein innermathematisches Problem in sehr deduktiver Weise, rechnet dann noch 2 Beispielaufgaben vor und dann sollen sie SuS es selber können.

    Wenn ich so unterrichten würde, wäre es angestaubter Frontalunterricht im schlechtesten Sinne, wenn es auf dem Tablet als Film läuft, ist es auch einmal wieder zeitgemäß und innovativ.

  • Wenn ich so unterrichten würde, wäre es angestaubter Frontalunterricht im schlechtesten Sinne, wenn es auf dem Tablet als Film läuft, ist es auch einmal wieder zeitgemäß und innovativ.

    Was anderes als Frontalunterricht ist bei einem Video auch nicht drin. Der Vorteil ist die Asynchronität der Inhalte. Die haben alle ihr Schwächen, ich habe aber auch keine Lust selbst welche zu machen. Also nehme ich manchmal das was da ist.

  • Was anderes als Frontalunterricht ist bei einem Video auch nicht drin. Der Vorteil ist die Asynchronität der Inhalte. Die haben alle ihr Schwächen, ich habe aber auch keine Lust selbst welche zu machen. Also nehme ich manchmal das was da ist.

    Kommt darauf an, wie man das ansetzt. Christian Spannagel von der PH Heidelberg hat seine Videos als "Flipped Classroom" konzipiert. Er lässt seine Vorlesungen aufzeichnen und stellt diese ins Netz. Im nächsten Semester hält er die Vorlesung nicht mehr in dieser Form, sondern erwartet von den Studenten, dass sie sich diese VOR der eigentlichen "Vorlesung" Zuhause anschauen, damit beim Vorlesungstermin die Inhalte besprochen und unklar gebliebene Fragen geklärt werden können.
    Diese Form des Unterrichts ist durchaus effektiver als Frontalunterricht.
    Weshalb er das macht, erklärt er hier

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    Seine Videos auf YT schaue ich gerne zur Gripsgymnasitik - und Auffrischung der fachwissenschaftlichen Kenntnisse.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Im nächsten Semester hält er die Vorlesung nicht mehr in dieser Form, sondern erwartet von den Studenten, dass sie sich diese VOR der eigentlichen "Vorlesung" Zuhause anschauen, damit beim Vorlesungstermin die Inhalte besprochen und unklar gebliebene Fragen geklärt werden können.

    Der Ansatz ist ja auch nicht schlecht. Die Youtuber haben aber keine Folgeveranstaltung, also kann dies auch nicht so genutzt werden.

  • [...] wie man Unterricht doch heut bitteschön nicht mehr machen soll - eine Person erklärt ein rein innermathematisches Problem in sehr deduktiver Weise, rechnet dann noch 2 Beispielaufgaben vor und dann sollen sie SuS es selber können.

    Vielleicht unpassend, weil andere Fächer, aber man darf vielleicht auch nicht vergessen, dass es ja durchaus unterschiedliche Lerntypen gibt, darunter sicher auch solche, die mit dem herkömmlichen deduktiven Frontalunterricht besser klarkommen. Möglicherweise - und das meine ich wirklich nur als Annahme - sind das diejenigen, die in ihrem Umfeld von den Videos schwärmen und diejenigen, denen die Kompetenz fehlt, sich selbst einzuschätzen (Dunning-Kroger-Effekt), machen das nach - mit allen Problemen.

    Als Analogie: Vor ein paar Jahren habe ich mal einen Fremdsprachenkurs an der VHS besucht. Die Dozentin hat mustergültig und wirklich, wirklich gut die Prinzipien des rein kommunikativen Fremdsprachenunterricht umgesetzt. Ich habe mir sogar Notizen für meinen eigenen Unterricht gemacht. Aber für das Erlenen der Fremdsprache war es für mich als jemand, der Sprachen studiert hat, der weiß, wie Sprachen "funktionieren" und der mit grammatikalischen Kategorien umgehen kann, ein richtiges Problem, dass sie sich strikt geweigert hat, Regeln und Paradigmen zu vermitteln. Wenn ich versucht habe, mir solche Regeln systematisch selbst aus dem Unterrichtsdialog herzuleiten, hat sie mir das Blatt weggerissen. Das war natürlich extrem, aber es war nochmal eine schöne Erinnerung, dass selbst die ideal durchgeführte Methode nicht bei jedem ankommt.

    Ein anderes Beispiel, auch schon mehrere Jahre her, war ein Deutschkurs, der sich kurz vor dem Abi gewünscht hat, dass ich die Epochen alle knapp im Schnelldurchlauf erläutere. Ich habe also im Prinzip eine Vorlesung gehalten, in der ich vom Barock bis zur Postmoderen die wesentliche Merkmale und Entwicklungen dargestellt habe und die wichtigsten Motive und Schlagwörter gezeigt habe, damals noch am OHP. Frontaler gehts kaum, es gab sogar kaum Unterrichtsgespräch. Danach kam ein Schüler zu mir, ein wirklich sehr guter Schüler, der meinte, das sei die beste Deutschstunde gewesen, die er je erlebt hat und gefragt hat, warum man nicht immer so unterrichtet. Ich nehme an, dass er an der Uni keine Probleme hatte.

  • Erwartungshaltung und Konsumverhalten spielen auch mit hinein.

    Ich erinnere mich noch gut, dass in der Uni Texte vorab gelesen werden sollten, aber von vielen nie waren, dann gab es Zeit während des Seminars dafür, fand ich damals schon merkwürdig.

    Ich hatte aber auch Profs, die darauf keine Rücksicht genommen haben und wirklich aufbauend zum Text das Seminar gehalten haben.

    Wer eine Konsumhaltung kennt, alles aus der Hand genommen bekommt, sobald ein fragender Blick in Richtung weiterer Person geht, wer sich nicht selbst bewegen muss, wird dies auch nicht nach einem Unterrichtsvideo können.

  • Das Problem ist nicht, dass es Videos sind, sondern dass sie schlecht sind. Es ist schlecht erklärt und hingerotzt. Die Qualifikation des Produzenten liegt in zwei abgebrochenen Studiengängen.

    Hier sieht man deutlich, warum der richtige Weg zum Lehramt nur über eine sehr gute Ausbildung auch in Fachdidaktik gehen darf.

    Was Frisöre können, können nur Frisöre:super:

  • Deswegen schaut man sich das vorher an, ob es zum Unterricht passt oder nicht.

    Wer? Die Lehrperson? Ich befürchte, dann missverstehst du mich. Die Prämisse meines Beitrags war, dass Lernende aus eigener Initiative nach Videos suchen, um bestehende Verständnislücken zu schliessen - was die überwiegende Mehrheit der Zugriffe auf solche Videos ausmachen dürfte. Dass eine Lehrperson, die Videos empfiehlt oder in ihren Unterricht einbindet, sich diese vorher ansieht und beurteilt, ob diese geeignet sind, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

  • Ich würde vermuten, wenn die Videos nicht doch irgendwie hilfreich wären, würde sie sich keiner angucken. Der große Vorteil ist halt, dass Schüler, die aus eigenem Antrieb suchen, wahrscheinlich auch konzentriert und aktiv zugucken, stoppen, zurückspulen etc. - während sich im Unterricht viele berieseln lassen, abgelenkt sind und nebenbei am Tablet daddeln. Die "jetzt habe ich es endlich verstanden" Kommentare unter solchen Videos schiebe ich auf diesen schnöden Faktor der ungeteilten Aufmerksamkeit.

    ...und wenn dann ein schlechtes Video dazu beiträgt, dass ein Unterrichtsinhalt verstanden wird, finde ich generell erstmal positiv, dass dieses Video existiert 😊 Auch wenn man das alles bei mir - meiner Ansicht nach - schöner und besser hätte haben können.

  • Es wurde hier irgendwo geschrieben, dass ein Nachteil der Videos wäre, dass man keine Nachfragen stellen kann. Theoretisch ja. Die Schüler, die die Videos konsumieren sind aber inhaltlich meist so weit hinten, dass die gar nicht wüssten, wo sie mit nachfragen anfangen sollten.

    Genau diesen Schülern geben die Videos durch Pause- und Zurückspielen die Möglichkeit die Themen deutlich besser zu verstehen. Ich persönlich empfehle explizit solche Videos zu schauen. Man ist als Lehrer manchmal einfach betriebsblind und eine andere Art der Erklärung kann hilfreich sein für das Verständnis.

    Ich hatte auch schon häufiger Schüler, die explizit Lehrer Schmidt und seine klassische Art gut fanden. Daniel Jung finde ich wegen seiner Playlists zu verwirrend. Ich empfehle einen anderen Kanal. Gerne PN, wenn jemand wissen möchte, welchen ich meine.

  • MathemaTrick, Mathe Schmid oder Entwurzler für tiefergehende Themen sind anschaulich gestaltet und von der Länge her funktional. Entwurzler ist manchmal schwammig unterwegs und lässt Voraussetzungen öfters weg. Auch Magda liebt Mathe oder Mathe mit Rick gehen als Last-Minute Rettung klar.

    Mir wichtig ist die Verwendung von logischen Zeichen (Äquivalenz, oder, und), leider lassen das auch viele weg.

  • Der große Vorteil ist halt, dass Schüler, die aus eigenem Antrieb suchen, wahrscheinlich auch konzentriert und aktiv zugucken, stoppen, zurückspulen etc. - während sich im Unterricht viele berieseln lassen, abgelenkt sind und nebenbei am Tablet daddeln. Die "jetzt habe ich es endlich verstanden" Kommentare unter solchen Videos schiebe ich auf diesen schnöden Faktor der ungeteilten Aufmerksamkeit.

    Man darf aber auch nicht vergessen, dass es KuK gibt, die für einige SuS keinen passenden Unterricht machen. Wie schon erwähnt, kann ein didaktisch umfangreich ausgearbeitetes Selbsterkenntnis-Programm ebenso unpassend sein wie eine gut strukturierte Vorlesung.

  • Man darf aber auch nicht vergessen, dass es KuK gibt, die für einige SuS keinen passenden Unterricht machen.

    Mich erstaunt die Formulierung.

    Meinst du denn, dass es überhaupt KuK gibt, die für wirklich jede*n SuS in ihrem Klassenraum passenden Unterricht machen?

    Den Anspruch habe ich an mich nicht. Ich gehe nicht davon aus, dass ich es jedem Einzelnen aus einer Lerngruppe recht machen kann.

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