Krankgeschriebene Lehrerin muss nach 16 Jahren erstmals zum Amtsarzt

  • Iron Man Training ist durchaus mit der Ausübung des Berufs möglich. Auch wenn man dann sicher nicht "ganz vorne" mit dabei ist. Deswegen, sorry, auch ein Iron Man oder Ultratraining kann therapeutisch wirken gerade wenn es dazu führt udn genutzt wird, einen Tagesablauf zu strukturieren.

    Es kann dir doch aber scheißegal sein ob irgendwer Verständnis hat. Kannst du was am Neid oder Verständnis der anderen ändern? Nein! Kannst du an deinem Genesungszustand etwas ändern wenn die Weltreise hilft? Ja!


    Wenn das "Verständnis" der Anderen, das ja komplett subjektiv sein kann und wird, für mich der Punkt ist, an dem meine Genesung scheitert, dann hab ich andere Probleme, die ich lösen muss. Was juckt es mich, was die anderen von mir halten wenn es mir schlecht geht und ich mir helfe/helfen lasse? Sollte nicht vielmehr das Ziel sein gesund zu werden?

    Ich hätte kein Verständnis wenn jemand strukturiertes Training zur Bewältigung eines Iron Man während einer Dienstunfähigkeitsperiode durchführen würde.

    Und das ist auch mein gutes Recht; denn einerseits weiß ich wie umfangreich so ein Training ist; andererseits gibts genug Kollegen die den anstrengenden Job tagein tagaus machen. Für die ist es aus meiner Sicht ein Schlag ins Gesicht wenn Kollege XY mit dem Rennrad im Mai gemütlich die Berge erklimmt oder seine Bahnen im Freibad zieht. Und das täglich stundenlang.

    Das Leben ist für viele Menschen stressig genug; sei es durch den Job, der Familie oder durch Unvorhergesehenes.

    Aber im Beamtenstatus ist man echt privilegiert gegenüber AN. Das zieht es mir sprichwörtlich die Hutschnur hoch. Ob TV Show, Ironman; nicht den Hauch der Kritik.

    Meine Frau schüttelt da den Kopf. Und ich kann da jeden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verstehen.

    Ich habe ihr einmal mit dem Versorgungsrechner gezeigt, wieviel ich bei einer DU mit 20 Jahren Dienstzeit erhalten würde. Trotz Kürzung wären es über 2.500€ Brutto. Mit einer passenden DU-Versicherung sind wären wir da extrem gut abgesichert.

    Man hat da schon eine Luxussituation in der man sich da befindet.

  • Yummi

    Ich sehe die Sache etwas gelassener. In allen Fällen die in der Presse stehen ist die Dienststelle involviert. Wir leben in einem Rechtsstaat. Im Zweifelsfall würde ein Disziplinarverfahren eröffnet. Da gibt es ein Urteil und gut ist. Dieses Urteil interessiert mich als Gewerkschafter und Personalratsmitglied aus Beratungsgründen. Ansonsten ist das eine Angelegenheit zwischen den Beteiligten.

    Und man mag über einiges was man in der Presse liest den Kopf schütteln. Jedoch stehen nur die Sachen in der Presse die auf Kosten der Lehrkräfte gehen.

    Leider kenne ich mindestens genauso viel Fâlle wo der Mitarbeitende der Leidtragende ist und die Dienststelle mit runter gelassener Hose da steht. Leider kann ich an der Stelle nicht vom Leder ziehen wie ich möchte. Der rechtliche Rahmen in dem ich mich bewege hindert mich daran.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • chemikus08

    Mich nervt es, weil ich mir mehr Fingerspitzengefühl wünsche wenn es darum geht, was man tun sollte oder nicht.
    Niemand negiert hier das Recht auf Sport oder gesundheitliche Betätigung. Aber alles im Rahmen, insbesondere in einer Situation, in der man auf die Unterstützung der Gesellschaft angewiesen ist.
    Die Argumentation, dass der Extremsport hilft, einen Tag zu strukturieren, zeigt, das therapeutisch da ganz andere Probleme vorliegen.
    Ich würde es eher Flucht vor der Konfrontation mit der Krankheit nennen.

  • Mich nervt es,

    ... dass hier Betroffene schreiben, wie auch dieses Extrembeispiel Iron-Man helfen kann - und Nicht-Betroffene trotzdem weiter mit dem Finger auf den potentiellen Kranken zeigen, der in dem Fall dann für den Iron-Man trainiert. Um sich Luft zu verschaffen und die Depression zu bekämpfen.

    Ansonsten ist das eine Angelegenheit zwischen den Beteiligten.

    Nicht zwischen anderen, die sich das Maul zerreißen.

  • Aus meiner Erfahrung liegen durchschnittliche Langdistanztriathleten bei deutlich unter 14 Stunden pro Woche Training.

    Das setzt sich dann beispielsweise aus dreimal eine Stunde Schwimmen in der Woche, 3 mal eine Stunde Laufen, 1 mal zwei Stunden Laufen, eine zweistündige Radtour unter der Woche und eine längere Radausfahrt am Wochenende zusammen. Und das meist alles in vergleichsweise niederen Belastungszonen.

    Ich kann nicht erkennen, warum man das im Breitensportbereich Extremsport nennen und das irgendeiner Genesung im Weg stehen sollte (bei hinreichend langer Gewöhnung an den Umfang).

  • Ich möchte nochmal konkret auf deine Argumentation eingehen, weil wir hier von zwei völlig verschiedenen Ausgangsannahmen sprechen.

    Du sagst, du hättest „kein Verständnis“, wenn jemand während einer Dienstunfähigkeit auf ein großes sportliches Ziel wie z.B. einen Ironman hinarbeitet. Die Frage ist: Warum? Wenn eine Person psychisch erkrankt ist, dann ist genau der körperliche Extremreiz, die klare Struktur, die berechenbare Zielorientierung oft Teil des Genesungsprozesses. Psychische Stabilisierung ist eben nicht linear, nicht sichtbar und nicht so greifbar wie eine körperliche Verletzung. Für viele Betroffene ist Sport die einzige Stelle, an der sie wieder Kontrolle, Selbstwirksamkeit und Struktur spüren.

    Du nennst das „Schlag ins Gesicht für die anderen, die arbeiten“. Aber weder ist eine Dienstunfähigkeit eine Belohnung, noch ist intensiver Sport in dieser Phase ein Urlaub. Für jemanden mit Belastungs- oder Erschöpfungserkrankung ist das kein „Genuss“ und kein „Spaß“, das ist bewusste, harte Arbeit an sich selbst, um überhaupt wieder leistungsfähig zu werden.

    Und ja, Kolleginnen und Kollegen leisten im Dienst viel. Aber daraus abzuleiten, jemand in Dienstunfähigkeit müsse sich passiv verhalten, sich schonen oder dürfe keine großen Ziele verfolgen, ist ein Missverständnis der Krankheit. Psychische Erkrankungen verlaufen nicht wie ein gebrochener Knochen. Man sieht sie nicht. Man kann sie nicht „anschauen“. Und deshalb werden sie so oft unterschätzt oder falsch eingeordnet oder mit dummen abwertenden Sprüchen belegt (ich beziehe mich da nicht auf dich).

    Wenn du sagst, „man kann es sich im Beamtenstatus gemütlich machen“, dann ist das ein Vorurteil und zwar eines, das sehr schnell in die Richtung „Stell dich nicht so an“ rutscht. Keiner von uns hier oder in der realen Welt (außer Ärztinnen, Therapeuten und Amtsärzten) hat das Recht zu beurteilen, wann jemand psychisch krank ist und wie eine Genesung höflich, angemessen oder „neidfrei“ auszusehen hat. Wenn man Genesung abhängig vom Gefallen Dritter macht, kann das nur schief gehen.

    Ich kann dir noch ein weiteres persönliches Beispiel nennen:
    Nach dem Ableben der Person, die ich pflegte, mussten meine beiden Geschwister und ich ein Haus entrümpeln weil meine Eltern das weder körperlich noch zeitlich geschafft hätten. Meine Schwester hat uns das damals berechnet (Zeitaufwand, Kosten für Container und Abholung) und wir haben zu dritt gewettet wie schnell wir als Team sein werden. Insgesamt 34 Tonnen Schutt in drei Tagen. Wir waren dann doch schneller

    Ich war der Packesel und meine Geschwister haben die Eimer immer voll gemacht.

    Tag 1: ca. 17 t getragen – 11 Stunden, ~27 km Strecke (vom Abraumbereich bis zum Container und zurück)
    Tag 2: nochmal 17 t – fast 13 Stunden.

    Am Ende waren wir körperlich komplett platt, aber gut geerdet. Weil wir keine Energie mehr hatten, um im Kopf Karussell zu fahren.
    Für Außenstehende wirkt das vielleicht „extrem“ oder „unnötig hart“. Für mich war es das, was funktioniert hat.


    Und genau darum geht es hier in diesem Bereich der Diskussion: Genesung ist individuell.
    Was für den einen ein Spaziergang ist, ist für den anderen ein Marathon. Was für den einen Meditation ist, ist für den anderen körperliche Belastung. Es geht nicht darum, etwas „zu genießen“. Es geht darum, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Und wenn jemand das über Sport schafft, dann ist das kein Schlag ins Gesicht für die anderen.


    Und JA, wir haben als Beamte einfach Schwein. AN müssen noch viel mehr Druck aushalten wenn sie über die 6 Wochen kommen, eben aber auch WEIL unsere Gesellschaft psychischen Erkrankungen immer noch nicht den notwendigen Stellwert beimisst.


    Und ja es bleibt fragwürdig, ob man das dann öffentlich machen muss durch TV oder Social Media. Aber so what, jeder geht mit seinem Päckchen anders um. „Fingerspitzengefühl“ darf nicht bedeuten, dass jemand seine notwendigen therapeutischen Maßnahmen hinter gesellschaftliche Erwartungen, moralische Bewertungen oder Außenperspektiven zurückstellt.

    Du sagst, niemand negiere das Recht auf Bewegung, „aber im Rahmen“. Der Punkt ist doch aber, das dieser Rahmen nicht gesellschaftlich, sondern medizinisch zu definieren ist. Nicht das Bauchgefühl von Kollegen entscheidet darüber, welche Intensität der Sport haben darf, sondern die Diagnose, die individuelle Therapieplanung, die individuellen Voraussetzungen und der Verlauf der Erkrankung.

    Der Satz, „wenn Extremsport zur Tagesstruktur beiträgt, zeigt das, dass da andere Probleme vorliegen“, ist inhaltlich richtig — allerdings anders, als du es meinst: Ja. Es liegen psychische Belastungsstörungen vor. Ja. Der Alltag ist nicht mehr steuerbar. Ja. Genau deshalb wird Struktur über körperliche Prozesse hergestellt.
    Das ist keine Flucht, sondern ein therapeutisch nachvollziehbarer, häufig evidenzbasierter Mechanismus zur Re-Regulation eines überlasteten Nervensystems. Flucht wäre: Rückzug, Vermeidung, Passivität, Konsum, Dissoziation. Zielgerichteter, repetitiver, körperlicher Trainingsreiz ist das Gegenteil von Flucht: Es ist Konfrontation, somatisch statt rein kognitiv.


    Wir akzeptieren in unserer Gesellschaft psychische Erkrankungen immer noch erst dann, wenn sie sich verhalten wie ein gebrochenes Bein: ruhig, still, unsichtbar, unauffällig. Sobald die Therapie sichtbar, aktiv und unkonventionell wird, wirkt sie „zu viel“. Aber Genesung ist nicht für Zuschauer gemacht. Ist dir bewusst, welche Anfeindungen es geben kann, wenn man längere Zeit in einer Einrichtung zur Genesung psychischer Erkrankungen ist? Ich habe einige Menschen in meinem Leben kennen lernen dürfen, die von ihrem Umfeld so dermaßen angefeindet und herabgewürdigt worden sind, weil sie längerfristig ausgefallen sind aufgrund psychischer Erkrankungen.

    Der Hinweis, man sei „auf Unterstützung der Gesellschaft angewiesen und solle daher im Rahmen bleiben“, klingt da zwar verständlich, reproduziert aber ungewollt die Idee, dass jemand in Dienstunfähigkeit Dankbarkeit durch Unauffälligkeit beweisen müsse. Warum?

    Ich habe dir mein eigenes Beispiel nicht genannt, um etwas zu glorifizieren, sondern um zu zeigen, dass das, was nach außen extrem wirkt, genau die Form sein kann, in der ein System sich stabilisiert. Das mag ungewöhnlich sein, aber Individuen genesen nicht normiert. In meinem Fall z. B. haben mich die Erfahrungen aus den Feuergefechten in den entsprechenden Situationen sehr ruhig und kontrolliert gehalten, weil ich reagieren musste und eine Aufgabe hatte die mit Leben und Tod zusammen gehangen haben. Da hab ich einfach funktioniert und konnte es entsprechend danach auch gut verarbeiten. Als ich dann wieder zu Hause war und eben nicht einfach nur reagieren musste, sondern anders ran gehen musste im Zuge der Pflege und im Zuge der Trauerverarbeitung was meine Verluste in der Abwesenheit anging....das fällt mir bis heute noch schwer klar zu beschreiben. Auf der einen Seite der Welt fliegen dir Kugeln um die Ohren und Leute wollen dich umbringen weil du da bist und du bleibst sauber im Rahmen....und auf der anderen Seite bist du in einem friedlichen Heim und weißt wegen subjektiv empfundenen Nichtigkeiten (was störts die Toten wenn ich mich nicht sauber verabschieden konnte? Was störts meine Kameraden wenn ich mit meiner Unfähigkeit die Pflege zu organisieren nicht klar komme?) nicht was du machen sollst und fängst bei nem Telefonat an zu heulen ohne zu wissen warum.

    Und scheiße verdammt nochmal war ich da eigentlich auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen aber ich hatte nicht das Gefühl, dass die Gesellschaft mir da wirklich helfen will. Das Gefühl habe ich auch heute noch nicht, wenn Kollegen vor mir aufgrund der Arbeitssituation zu Grunde gehen weil wieder mal von Seiten der Eltern/Schüler so tief in die Scheißkiste gegriffen wurde um den Kollegen mit zu beschmieren. Die Gesellschaft schert sich einen Scheiß um dich als Individuum und du musst verdammt noch mal nicht für etwas dankbar sein das halbherzig zum Alltag dazu gehört.

    Wenn jemand psychisch erkrankt ist und ein intensives, strukturiertes Training dabei hilft, wieder in Selbststeuerung, Alltag und schließlich Dienst zurückzufinden, dann ist das nicht „Flucht“. Das ist Arbeit am Kern der Erkrankung und ja es mag für den Neidhammel egoistisch aussehen, ist aber für den Weg der Genesung und wieder in den Dienst kommen legitim


    Wohl dem, der gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann.

    Der Himmel ist nicht mein Limit, ich bin es.

  • Aus meiner Erfahrung liegen durchschnittliche Langdistanztriathleten bei deutlich unter 14 Stunden pro Woche Training.

    Das setzt sich dann beispielsweise aus dreimal eine Stunde Schwimmen in der Woche, 3 mal eine Stunde Laufen, 1 mal zwei Stunden Laufen, eine zweistündige Radtour unter der Woche und eine längere Radausfahrt am Wochenende zusammen. Und das meist alles in vergleichsweise niederen Belastungszonen.

    Ich kann nicht erkennen, warum man das im Breitensportbereich Extremsport nennen und das irgendeiner Genesung im Weg stehen sollte (bei hinreichend langer Gewöhnung an den Umfang).

    Kann ich bestätigen. Für meinen nächsten Ultra laufe ich drei mal die Woche, davon nur einmal wirklich länger (und das ist meist am WE) und die meiste Zeit in Zone 2, maximal 3.
    Beim Hamburger Iron Man vor einigen Jahren war ich ganz hinten in den Platzierungen und hab ca. zeitlich so aufgewendet, wie du es beschrieben hast. Meine Fahrradtour war dann aber in der Regel an einem Tag zur Arbeit hin und zurück was ca. 100km waren. Ich hasse Fahrrad bis heute.


    Wohl dem, der gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann.

    Der Himmel ist nicht mein Limit, ich bin es.

  • Zauberwald

    Ich sag mal so, wenn dir ein Arzt bescheinigt, dass du aktuell nicht mehr dienstfähig bist, dich also krankschreibt, und dich mit dem Ziele deiner Genesung dazu ermutigt, eine Weltreise zu machen, dann ist es erstmal völlig egal, was andere denken und reden.

    Wenn du dich aus einem diffusen Gefühl, dass dir eine Weltreise mal ganz gut tun würde, ein Jahr krank schreiben lässt, dann wirkt das vielleicht ein wenig anders. Nun kann man darüber diskutieren, wie sinnvoll das ist, dass das Kind erstmal in den Brunnen fallen muss, also dass die Dienstunfähigkeit erreicht werden muss, bevor man an sich denken "darf" - oder eben andersrum argumentieren, dass es völlig richtig ist, dass das eigene Wohlbefinden nicht auf Kosten der Gesamtgesellschaft gepflegt wird. Hier wird eine genaue Grenzziehung schwierig. Wenn ich mich gesund erhalte, indem ich ganz grundsätzlich auf meine Work-Life-Balance achte, dann tue ich das evtl. auf eigene Kosten (Sabbatjahr) oder mit dem Risiko, als abgehängtes Schaf (vgl. Parallelthread) bezeichnet zu werden. Wenn ich warte, bis ich den Burnout langsam anrücken sehe und dann eine krankheitsbedingte Auszeit nehme, - bevor (!) ich dienstunfähig bin, dann ist das formal nicht korrekt. Wenn ich bis zum Burnout warte, dann ist keinem gedient, weil ich selbst dann deutlich länger brauche, um auf Spur zu kommen und damit auch dem Dienstherrn längerfrist ausfalle, was auch für die Kollegen länger Mehrarbeit bedeutet.

    Es ist doch nunmal so: Wir reden hier von Krankheit, natürlich gibt es da keine gute und bequeme Lösung. Krankheit ist eine Störung im System, - das meine ich auf allen Ebenen, dem gesundheitlichen System, dem Schulsystem, dem gesellschaftlichen System - die ertragen werden muss. Dabei ist der Erkrankte derjenige, dem die Konsequenzen auf andere Bereiche des Systems erstmal zu recht völlig egal sein dürfen.

  • Wie schon mehrfach hier angedeutet oder gar konkret angesprochen wurde, sind es vor allem die mentalen Krankheiten, die zwar inzwischen gesellschaftlich nicht mehr tabuisiert, aber zumindest noch sehr stigmatisiert sind. Dadurch, dass bei Krankschreibungen kein Betroffener (m/w/d) seine Gründe offen legen muss, wird leider viel gemutmaßt, mitunter auch zu den Ungunsten der Betroffenen.

    Ich meine, dass in dem Artikel über den Kollegen, der an den Kochshows teilnahm, dabei stand, dass derzeit 14 Lehrkräfte in NRW seit mindestens 5 Jahren krankgeschrieben sind. Es kann durchaus sein, dass hierbei sehr komplexe medizinische Gründe vorliegen, sei es ein schweres psychisches Trauma, das immer wieder durch Flashbacks getriggert wird, oder eine chronische Krankheit, eine Verletzung, die einfach nicht verheilt o.ä. Früher hätte man eher noch gesagt, dass starke Schultern in einem Sozialstaat auch solche Fälle tragen können. Dadurch, dass die aktuelle Bundesregierung jedoch entschieden hat, die staatlichen Sozialausgaben genauestens prüfen und erheblich reduzieren zu wollen, vermute ich, dass in naher Zukunft solche Extremfälle kaum noch möglich sein werden (ebenso wie ungewöhnliche Therapieformen wie der zuvor beschriebene Türkeiurlaub) und wie schon zuvor geschrieben deutlich schneller eine Überprüfung der generellen Dienstfähigkeit auf dem Plan stehen wird.

  • WillG

    Dazu passt ein Satz den ich in diesem Forum schon öfter erwähnt habe aus den Krankschreibungsrichtlinien der Ärzte:

    "Arbeitsunfähigkeit liegt bereits dann vor, wenn der Patient zwar nicht arbeitsunfähig ist bei Verbleib im Arbeitsprozess jedoch eine Arbeitsunfähigkeit oder eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes droht"

    Dieses Zitat , was ja sachlich richtig ist, lässt einige Kollegen beschämt zur Seite schauen.Wenn die AU Definition für 99% der Vollzeit arbeitenden Kollegen schon jetzt zutrifft, dann ist nicht die Definition zu breit, sondern die Arbeitsbedingungen sind Sch...... Das ist aber nicht mein Problem oder das der Ärzteschaft, viel mehr sollte unser Dienstherr sich dies zu Herzen nehmen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Wenn die AU Definition für 99% der Vollzeit arbeitenden Kollegen schon jetzt zutrifft, dann ist nicht die Definition zu breit, sondern die Arbeitsbedingungen sind Sch...... Das ist aber nicht mein Problem oder das der Ärzteschaft, viel mehr sollte unser Dienstherr sich dies zu Herzen nehmen.

    Volle Zustimmung; und diesem Sinne noch die Ergänzung: Wenn meine Erkrankung bzw. meine angemessenen Maßnahmen zur Gesunderhaltung zu massiver Mehrarbeit bei den Kollegen führt, ist das nicht mein Verschulden, sondern liegt an der unzureichenden Personaldecke, die der Dienstherr zur Verfügung stellt.

  • Kollege war letztlich in der Tagesklinik. Meine Frage war wieviel Lehrer denn sonst noch in der Gruppe sind. Es waren 17.

    75% der anwesenden Patienten nur Lehrer. Mehr muss man nicht wissen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Kollege war letztlich in der Tagesklinik. Meine Frage war wieviel Lehrer denn sonst noch in der Gruppe sind. Es waren 17.

    75% der anwesenden Patienten nur Lehrer. Mehr muss man nicht wissen.

    Wunders dich bei den Arbeitsbedingungen die an vielen Stellen an Schule herrscht?

    Allein bei uns spiel ich regelmäßig den Händchenhalter für Kollegen die wieder mal von Eltern oder Schülern massiv beleidigt oder bedroht worden sind und mittlerweile einfach durch sind und sich bei Vertretung in Klasse x lieber krank melden wollen.


    Wohl dem, der gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann.

    Der Himmel ist nicht mein Limit, ich bin es.

  • Ich meine, dass in dem Artikel über den Kollegen, der an den Kochshows teilnahm, dabei stand, dass derzeit 14 Lehrkräfte in NRW seit mindestens 5 Jahren krankgeschrieben sind.

    Die genannten Zahlen waren:

    745 Beamte > sechs Monate
    582 Beamte > 1 Jahr
    47 Beamte >3 Jahre
    14 Beamte > 5 Jahre

    Wenn man sich jetzt anschaut, dass der Cut offensichtlich zwischen 1-3 Jahren liegt, dann funktioniert das System im Großen und Ganzen aus gesellschaftlicher Sicht und die Leute gesunden entweder wieder oder werden halbwegs zeitnah in die Teil- oder Dienstunfähigkeit geschickt.

    Wenn man jetzt noch bedenkt, dass NRW ca. 185 000 Lehrkräfte hat, dann sind diese Zahlen so klein, dass das rational betrachtet kein wirkliches Problem ist. (Individuell für den Betroffenen natürlich schon.)

    Dass einen trotzdem emotional die plakativen Extremfälle der Marke "krankgeschrieben aber Koch-Entertainer" aufregen, kann ich verstehen. Genauso die Extremsportbeispiele... wobei ich sagen muss, dass für mich persönlich z.B. der Fall eines Ex-BW-Soldaten dabei deutlich anders liegt, als Heinz-der-Bürohengst, der plötzlich den Ironman macht. Einfach weil bei ersterem aufgrund des beruflichen Werdegangs Fitness und körperliche Copingmechanismen eine andere Rolle spielen. Vielleicht liegt es auch nur daran, das selbst erlebt zu haben. Letztlich zeigt es mir aber, dass man nicht über die Leute urteilen sollte, ohne sie und ihre Umstände zu kennen.

  • Ich hätte kein Verständnis

    Genau das ist der Punkt. Mangelndes Verständnis. Danke für die Ehrlichkeit. Mangelndes Verständnis für bestimmte Arten von Erkrankungen. Mangelndes Verständnis für Situationen, in denen man (seid froh darüber) selbst noch nicht war. Mangelndes Verständnis für medizinische Zusammenhänge. Mangelndes Verständnis für die Rechtslage. Erleben wir hier alles.

    Tipps, die aus diesem konglomerierten Unverständnis gegeben werden, muss man halt nicht sonderlich ernst nehmen.

    Wenn jemand durch eine Maßnahme etwas Lebensqualität zurückgewinnt, braucht sie dafür das Verständnis der Unverständigen nicht.

  • https://www.landtag-bw.de/resource/blob/…b/15_6252_D.pdf

    Aktueller finde ich nichts. Finde es schon interessant dass es in BW zwischen 10-13% der in diesem Zeitraum pensionierten Kollegen wegen DU waren. Knapp vor dem 60 LJ.

    Zu erwarten war dass fast 60% auf Antrag die Frühpensionierung genommen haben (60/63 Lj). Die Pensionshöhe ist trotz Abschlag ausreichend und man ist noch fit um die Zeit zu genießen


    https://www.news4teachers.de/2024/10/dramat…im-beruf/?amp=1


    Hier mal für Bayern. Ich kann die Kollegen an bestimmten Schularten und in bestimmten Orten schon verstehen. Im Alter hast u.U. auch nicht mehr den Nerv dafür.

    Bei uns wird es leider nichts mehr mit so früh auf Antrag. Wenn Regelaltersgrenze auf 70 hochgeht, dann wird es erst mit 66 Jahren was (3 Jahre früher plus 1 Sabattjahr) :schreien:

  • https://www.landtag-bw.de/resource/blob/…b/15_6252_D.pdf

    Aktueller finde ich nichts. Finde es schon interessant dass es in BW zwischen 10-13% der in diesem Zeitraum pensionierten Kollegen wegen DU waren. Knapp vor dem 60 LJ.

    Zu erwarten war dass fast 60% auf Antrag die Frühpensionierung genommen haben (60/63 Lj). Die Pensionshöhe ist trotz Abschlag ausreichend und man ist noch fit um die Zeit zu genießen

    Baden-Württemberg hat vor einigen Jahren die Deputatermäßigung für ältere deutlich nach hinten geschoben. Früher hätte ich aktuell bereits 2 Stunden Ermäßigung dank Alter erhalten, jetzt 0. Andere Bundesländer sind großzügiger. Die Zahlen für Frühpensionierung stiegen seitdem in Baden-Württemberg.

    Ich arbeite gerne, merke aber, dass ich nicht mehr unbegrenzt MAU-Stunden leisten kann wie früher, die 5 Monate im letzten Schuljahr mit 2 zusätzlichen Klassen zur Vollzeitstelle waren zuviel, ich werde es nicht mehr akzeptieren und hoffe, dass dies akzeptiert wird. Ich möchte nicht wie 3 ehemalige Kollegen enden, die wenige Monate nach der Pensionierung starben.

    Du bist vermutlich jünger, bis ich 54 Jahre alt wurde, war dies für mich auch kein Thema. Ich habe aber nicht andere verurteilt und über Gründe spekuliert.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Der hohe Anteil an Frühpensionierungen im Lehrberuf ist alarmierend. Man versuchte schon, das Ganze durch Altersermäßigung zu reduzieren (die jetzt auch wieder teilweise zurückgefahren wird), wobei man auch da wieder nur an den Symptomen ansetzt statt an den Ursachen.

    Klar, mit 60+ ist man körperlich wie geistig in einer anderen Verfassung als mit 20 oder 40.

    Dennoch wären sicher einige Kollegen (m/w/d) bereit, bis zum Regelpensionsalter zu arbeiten, wenn die Arbeitsbedingungen anders wären. Dann müsste sich jedoch die Bildungspolitik ehrlich machen und einige ihrer Entscheidungen der letzten 20 Jahre, die die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften maßgeblich beeinflussten, kritisch hinterfragen oder gar zurücknehmen. Ob da der eine oder die andere PolitikerIn bereit wäre, über den eigenen Schatten zu springen?

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