Große Unruhe im Matheunterricht

  • Beispiel: "Ich habe keine Lust, Algebra zu pauken. Ich könnte jetzt im Unterricht mit meiner Sitznachbarin quatschen oder statt nachmittags noch einmal ein paar Aufgaben zu rechnen, das neue Videospiel zocken. Da ich aber keine schlechte Note bekommen möchte, wegen der ich sonst Ärger von meinen Eltern haben werde, überwinde ich meinen inneren Schweinehund und lasse mich doch auf das Zeug ein (und, O-Ton von mir, merke, dass es doch nicht schlimm ist wie anfangs befürchtet)."

    Also werden die Eltern davon motiviert. Hm ich werde davon nicht motiviert. So lange die Versetzung nicht gefährdet wird, sind mir die Noten meiner Kinder egal. Will heißen, es bekommt keiner Ärger für eine vermeintlich schlechte Note. Die Noten sind so oder so hinterher egal, außer die Abschlussnoten. Selbst die sind nach ein paar Jahren auch nicht mehr wichtig. Der Hebel ist deutlich kürzer, als viele Lehrkräfte (zum Glück in diesem Forum sehr wenige) denken.

  • Es wäre realitätsnah, sich bewusst zu machen, dass jedes Kind von Natur aus neugierig ist und viele Sachen lernen will und das Schulsystem diese Neugier kaputt macht.

    Zum Realitätssinn gehört aber auch, dass Kinder zum Jugendlichen auch einfach eine ganz normale Entwicklung durchmachen, durch die eine allgemeine intrinsische Motivation nachlässt und sich diese eher auf bestimmte oder außerschulische Interessen fokussiert. Nicht immer läuft in der Schule alles richtig und gut, aber auch in der bestmöglichen Schule ist nicht jeder 14jährige in jedem Fach interessiert und engagiert. Ich Habe schon den Anspruch, die Relevanz meiner Unterrichtsinhalte transparent zu machen und SuS zu motivieren, aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass es Leistungsanforderungen gibt, die unabhängig davon sind, ob der jeweilige Schüler gerade motiviert ist oder nicht.

    Auch ich bin nicht jeden Tag intrinsisch motiviert morgens um 6 aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, auch wenn ich meinen Beruf grundsätzlich gerne ausübe.

  • Und der Begriff "Schonraum" mag manchem für Waldorfschulen abwertend vorkommen, aber diese Schulen sind genau das und Eltern kommunizieren das auch ganz offen, wenn auch nicht mit dieser Wortwahl: wenn man nach den Gründen für die Schulwahl fragt, kommen bei 100% der Eltern Argumente, die darauf hinaus laufen, dass man bestimmte Bedingungen im öffentlichen Schulsystem als unbillige Härte für das Kind betrachtet und dieses davor bewahren möchte. Nichts anderes ist ein Schonraum. Das ist noch nicht automatisch etwas negatives, in manchen Fällen ist es gut, dass es Schonräume gibt. (Ich habe selber ein Kind im privaten Umfeld, für das eine Waldorfschule meiner Meinung nach keine schlechte Wahl wäre.)
    Nur ehrlich sollte man sein.

  • Man bleibt halt an der Waldorfschule milieumäßig gerne unter sich. Chantal und Merve sind eher nicht an der Schule zu finden.

    Aber doch nicht, weil sie gezielt ausgeschlossen werden, sondern weil nur Familien Interesse haben und aufgenommen werden, die Waldorfschule wollen und sich damit auseinandergesetzt haben und dahinterstehen.

    Die sich wiederholenden Vorurteile sind etwas uninspiriert, aber das ist wohl ihr Wesen.

  • Also grundsätzlich: Störer entfernern (z.B. Rauswerfen in parallele Lerngruppe), klare Zielsetzung und damit verbundene Umstände (keine Tolerierung von Quertreiben), das Ganze am besten in Abstimmung mit SL / AL und dann erstmal durchregieren. Wöchentliche Tests und dann mal ne Weile beobachten.

  • Aber doch nicht, weil sie gezielt ausgeschlossen werden, sondern weil nur Familien Interesse haben und aufgenommen werden, die Waldorfschule wollen und sich damit auseinandergesetzt haben und dahinterstehen.

    Diese Annahme ist genau so aus der Luft gegriffen. Ich habe bei allen Formen von Schulen in privater Trägerschaft schon Eltern erlebt, denen das Konzept der Schule weitgehend egal war und die ihre Kinder dort angemeldet haben, weil die Schülerschaft vom ethnischen und finanziellen Hintergrund deutlich mehr dem eigenen Kind ähnlich war als auf der staatlichen Schule. (Besonders häufig nach meinem Eindruck an kirchlichen Schulen.) Auch das wird dann gerne anders ausgedrückt, aber das Motiv ist schon klar.

  • Nein, es ist keine Diskriminierung etwas anzubieten, das jedem offen steht aber nur von Interessierten genutzt wird. "Man" bleibt ja auch nicht im Volleyballverein unter sich, weil Fußballspieler sich lieber im Fußballverein anmelden.

    Sowieso lustig, dass gerade Chantal verteidigt wird, keinen Zugang zu so einem tollen Angebot zu haben, wo sich doch gerade alle einig sind, was für eine Scheißeinrichtung das ist:S

  • WO werden Chantal und Merve verteidigt?

    Ich habe doch nicht gesagt, dass sie diskriminiert werden, aber wenn Strukturen so sind, dass sie nicht bewusst und direkt ausschließen ("Hier nur XY-Leute"), es aber faktisch so ist, dann nennt man es strukturelle Diskriminierung.
    Ob es bei einem Ergänzungsschulangebot zutrifft, zugegeben, vielleicht nicht ganz. Aber wie Moebius sagt: die meisten Eltern sind nicht unbedingt Waldis und Anhänger*innen, sondern es ist auch die "normale" Weiterführung des Waldkindergartens, der familiären Öko-Kita-Initiative, usw.. Oder: Das Kind hat Besonderheiten und würde in großen Klassen total untergehen, man erhofft sich vom notenfreien System mit kleinen Klassen eine bessere Umgebung.
    Und unter den Privatschulen ist Waldorf nun mal unschlagbar günstig, erst recht, wenn man selbst nicht so reich ist. Fordert natürlich sehr viel Engagement ...

  • Meines Wissens nach gibt es von Schulseite keinerlei Konsequenzen für Fehlverhalten im Unterricht.

    Riesiges Redflag. An dieses Problem wirst du immer wieder stoßen, selbst wenn du dein Classroom-Management tiptop im Griff hast.

    Angesichts dieser Tatsache und deines Faches bzw. dessen genereller Wertschätzung an deiner Schulart, würde ich schnellstens einen Wechsel an eine normale Schule vornehmen.

  • Das ist das Prinzip struktureller Diskriminierung.

    Bitte was? Weil ich mich für Fotografie interessiere und mich damit beschäftige und deshalb in einen Fotoclub eintrete werden diejenigen, die sich nicht für Fotografie interessieren und deshalb nicht in den Fotoclub eintreten, dadurch strukturell diskriminiert?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Diese Annahme ist genau so aus der Luft gegriffen. Ich habe bei allen Formen von Schulen in privater Trägerschaft schon Eltern erlebt, denen das Konzept der Schule weitgehend egal war und die ihre Kinder dort angemeldet haben, weil die Schülerschaft vom ethnischen und finanziellen Hintergrund deutlich mehr dem eigenen Kind ähnlich war als auf der staatlichen Schule. (Besonders häufig nach meinem Eindruck an kirchlichen Schulen.) Auch das wird dann gerne anders ausgedrückt, aber das Motiv ist schon klar.

    Die Motive einiger Eltern können unterschiedlich sein, da müsste man wohl eine Erhebung starten. Trotzdem ist es doch falsch zu behaupten, dass jemand ausgeschlossen wird, weil er sich nicht dafür interessiert, damit nicht in Berührung kommt oder oder ein anderes Weltbild hat.

    Und nochmal, du hältst Waldorfschulen für eine Lachnummer, deren Lehrkräfte sich zum Spaß dort rum treiben, jetzt ist es plötzlich erstrebenswert, dort sein Kind anzumelden und Leute aus sozial schwachen Schichten wird der Zugang zu dieser tollen Eliteeinrichtung verwehrt?

  • Was spricht denn überhaupt dagegen, dass sich Menschen aus ähnlichem Herkunftsmillieu eine für sie passende Schule suchen? Ich verstehe den negativen Unterton nicht. Waldorfschulen wären überhaupt nicht meine Welt, aber dass ein bestimmter Typus Mensch dort zusammenkommt, liegt halt daran, wen das Angebot anspricht und das ist doch völlig in Ordnung. Gleiches gilt für kirchliche Schulen oder sonstige Privatschulen.


    Zum Thema: wir hatten eine Waldorfschule im Ort, aber keine andere weiterführende Schule, weswegen einige meiner Grundschulfreunde dort gelandet sind. In der Sek I mag ja alles dem Prinzip "Schonraum" folgen. aus der Sek II hat man aber anderes gehört. Unter anderem gab es damals wohl keine eingeführten Bücher und es wurde auch nichts kopiert. Entweder, es gelang, wie im Vorlesungsbetrieb alles Wichtige mitzuschreiben, oder man war schnell raus. Ich hatte den Eindruck, dass die letzten Meter zum Abitur nicht unbedingt Schonraum waren.

  • nee eben nicht.
    Wer nicht vorher gelernt hatte zu lernen, oder keine eigene intrisische Motivation entwickelt hatte (ich will Schiffsbauer werden, will dafür studieren und an die Uni, also muss ich das Abitur schaffen), tut sich sehr schwer.
    Wer aber "trotz" lockerer Schule zuhause das Umfeld hatte, schafft den Übergang von Notenfreiheit zu Oberstufe viel besser.

  • Also grundsätzlich: Störer entfernern (z.B. Rauswerfen in parallele Lerngruppe), klare Zielsetzung und damit verbundene Umstände (keine Tolerierung von Quertreiben), das Ganze am besten in Abstimmung mit SL / AL und dann erstmal durchregieren. Wöchentliche Tests und dann mal ne Weile beobachten.

    Schon mal etwas von Klassenführung und Beziehungsarbeit jenseits von rein interventionellem Handeln gehört? Pädagogisches Handeln umfasst mehr als nur Verhaltensmodifikation durch verschiedene Varianten von Strafen (rauswerfen, durchregieren, wöchentliche Tests).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Schon mal etwas von Klassenführung und Beziehungsarbeit jenseits von rein interventionellem Handeln gehört? Pädagogisches Handeln umfasst mehr als nur Verhaltensmodifikation durch verschiedene Varianten von Strafen (rauswerfen, durchregieren, wöchentliche Tests).

    Ziemlich arroganter Unterton deinerseits. Hast du zufällig schlecht geschlafen?

    Zur Sache: Klar, langfristig funktioniert Beziehungsarbeit nicht nur so. Aber lies dir bitte mal den ersten Post im Thread durch. Ist das für dich ernsthaft eine Ausgangslage, wo du vollkommen ohne Interventionsrepertoire auskommst? Und das als Berufsanfänger?

    Abgesehen davon wundere ich mich, dass du wöchentliche Tests bei "Strafen" einordnest. Das war früher Standard, in den Sprachen sowieso wegen der Vokabeltests. Und es ist eine gute Chance für die Ruhigen, die in solchen Chaosklassen oft untergehen, zeigen zu können, was man kann. Die Störer erfahren so eine Konsequenz ihres Verhaltens für ihre Note. Und natürlich, wird so stark gestört, dass andere Kinder (die übrigens ein Recht auf einen ordnungsgemäßen Unterricht haben!!) nicht lernen können, wird der Störer für den Moment entfernt.

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