Es gibt keinen Förderunterricht - Daher Klassenwiederholung sehr wahrscheinlich

  • Weil es an der weiterführenden Schule halt keine wirklichen Konsequenzen hat, kacke zu schreiben. Ich würde meinen, dass sowas an Grundschulen u.a. Kriterium für Übergangsempfehlungen ist und daher mehr extrinsische Lernmotivation vorliegt, mit der sich arbeiten lässt - oder spielt Rechtschreibung da bereits auch keine Rolle?

    Und sorry, aber dass die Rechtschreibfähigkeiten nachgelassen haben, ist klar belegt. Wieso klappte es früher, dass Grundschüler beim Übertritt schreiben konnten, und heute nicht mehr? Ich formuliere die Frage gar nicht als Vorwurf, sondern wirklich als Frage. Liegts daran, dass weniger gelesen wird? An der Methodik? An der Haltung (auch der Eltern) dazu, was wichtig und unwichtig ist?

  • Ich würde meinen, dass sowas an Grundschulen u.a. Kriterium für Übergangsempfehlungen ist

    Die wo noch verbindlich sind? Bayern, oder?

    BW seit letztem Jahr auch wieder 'verbindlicher', zumindest im Hinblick auf das Gymnasium.

    Aber sonst dürften die doch überall unverbindlich sein, oder irre ich?

  • Ich kann das Problem schon verstehen. Von der Theorie derjenigen, die die Curricula gestalteten, ausgehend, ist es so gedacht, dass Unterricht so ritualisiert ist, dass jedes Unterrichtsthema innerhalb von wenigen Stunden durchgenommen werden kann und der Stoff dann auch möglichst nachhaltig bei den Schülern (m/w/d) "sitzt".

    Was ist aber, wenn bei diesem theoretisch gut klingenden Vorhaben irgendwas dazwischen kommt? Dann droht der eng auf Kante genähte Plan nicht aufzugehen.

    Auf dieser Basis kann ich die Einwände von Zauberwald, Frosch und co. verstehen.

    Die Frage ist nur: Kommen wir wirklich nur wieder auf den grünen Zweig, wenn Inhalte gestrichen werden, oder gibt es irgendeine Möglichkeit, dass Schüler (m/w/d) den vermittelten Stoff leichter in ihr Langzeitgedächtnis bekommen?

  • Ich kann das Problem schon verstehen. Von der Theorie derjenigen, die die Curricula gestalteten, ausgehend, ist es so gedacht, dass Unterricht so ritualisiert ist, dass jedes Unterrichtsthema innerhalb von wenigen Stunden durchgenommen werden kann und der Stoff dann auch möglichst nachhaltig bei den Schülern (m/w/d) "sitzt".

    Was meinst du damit? Ich verstehe nix.

  • Kein Problem. Danke für's Nachfragen.

    Nehmen wir einfach mal als Beispiel aus deinem Bundesland den Lehrplan für Mathematik, Klasse 1/2:

    Da gibt es die vier Lernbereiche, die wiederum auf 13 (!) Unterbereiche aufgeteilt sind. Jeder dieser Unterbereiche hat dann noch einmal mehrere Teilthemen (Ich habe mal nachgerechnet. Es sind pro Unterbereich circa 4 Teilthemen). Ergibt ganz grob als Referenzwert 26 Teilthemen pro Schuljahr.

    So, wie kommst du mit all diesen Teilthemen durch, wenn, so habe ich es vor einigen Jahren mal im Vorbereitungsdienst gelernt, der Unterricht im Vorfeld bis Ostern geplant wird, weil schon von Anfang an mit Puffer für unvorhergesehene Dinge gerechnet werden muss?

    Das geht nur, wenn du pro Woche im Schnitt ein Teilthema abarbeitest. Für Rechenoperationseinführungen plant man natürlich mehr Zeit ein als für geometrische Muster oder Zufallsexperimente, aber so oder so ist das ein strammer Plan.

    Sooo... Die Gründe warum dieser Plan am Ende womöglich nicht aufgeht, sind vielseitig und fangen damit an, dass manche Kinder zwar in der 1. Klasse sitzen, aber eigentlich von ihrer Entwicklung noch nicht schulreif sind. Oder die Kinder nach einer Woche den Stoff nicht in dem Ausmaß verstanden haben, dass man guten Gewissens zum nächsten Thema wechseln könnte. Ein komplett durchritualisierter Unterricht kann Unterrichtsstörungen und damit Lernzeitverlust reduzieren, aber bis gerade bei den Kleinen solche Rituale etabliert sind, dauert es natürlich. Am Ende ist aber jede Klasse anders und auch aus meiner Sekundarstufenperspektive heraus weiß ich, dass es unrealistisch ist, anzunehmen, dass wirklich jede einzelne Minute Unterricht auch aktive Lernzeit darstellt, gerade bei den Kleinen.


    Hat das so in etwa deine Rückfrage beantwortet?

  • Mir hier sagen zu lassen, ich soll mal bisschen Rechtschreiben üben macht mich richtig wütend.

    Das letzte Mal als ich Schüler in Klasse 5 hatte, bei denen das erfolgreiche Ablegen des Abiturs nicht wahrscheinlich erschien, habe ich mich eher gefragt, was deren Grundschullehrer so richtig oder so gut bzw. besser als ich gemacht haben, so dass die Eltern das Abitur sehr wohl für erreichbar halten, obwohl die Kinder ihre Probleme haben.

  • Mal 'ne dumme Frage an die Grundschulkolleginnen und -kollegen: Dürft Ihr überhaupt die Fehler rot anstreichen und die Kinder zeitnah nachkorrigieren lassen?

    Kann mich gut daran erinnern, dass man als Sek. 1 Lehrer als reaktionär und ewiggestrig angeprangert wurde, wenn man das vorausgesetzt hat. Den Kinderseelen sollte jede Frustration erspart bleiben.

    Ist das heute noch so?8)

  • Mal 'ne dumme Frage an die Grundschulkolleginnen und -kollegen: Dürft Ihr überhaupt die Fehler rot anstreichen und die Kinder zeitnah nachkorrigieren lassen?

    Kann mich gut daran erinnern, dass man als Sek. 1 Lehrer als reaktionär und ewiggestrig angeprangert wurde, wenn man das vorausgesetzt hat. Den Kinderseelen sollte jede Frustration erspart bleiben.

    Ist das heute noch so?8)

    Also, mein Alias könnte auch "SchoninPension" heißen, und es gab in meiner Zeit als Lehrer nirgendwo eine derartige Ächtung der Korrektur oder des Rotstiftes. Selbst in der ersten Klasse gab es Hinweise auf Fehler und Radiergummieinsatz. Das da nicht jeder frei geschriebene Text von der Lehrkraft rot übermalt wurde, ist auch selbstverständlich.

  • Das da nicht jeder frei geschriebene Text von der Lehrkraft rot übermalt wurde, ist auch selbstverständlich.

    Und genau an dem Punkt bin ich schon raus!

    Und ich frage mich sowieso, warum die Kinder im gegenwärtigen deutschen Schulsytem so bepampert und verweichlicht werden.8)

  • Und genau an dem Punkt bin ich schon raus!

    Und ich frage mich sowieso, warum die Kinder im gegenwärtigen deutschen Schulsytem so bepampert und verweichlicht werden.8)

    Es ist eben nicht jeder täglich 200km zu Fuß, ohne Schuhe, quer durch den Wald zur Schule gelaufen und hat dann höhere Mathematik in Klasse 2 auf anhieb verstanden. Früher war.... und so weiter.

  • Es ist eben nicht jeder täglich 200km zu Fuß, ohne Schuhe, quer durch den Wald zur Schule gelaufen und hat dann höhere Mathematik in Klasse 2 auf anhieb verstanden. Früher war.... und so weiter.

    Nö, aber 2 km zu Fuß/Fahhrad wäre auch für die heutigen Schüler durchaus zumutbar. Mussten wir damals auch. Und heute? Schulparkplatz und Schulstraße voller Elterntaxis. Junge, Junge, was müssen die armen Kolleginnen und Kolleginnen an CO2 inhalieren, bevor sie die Schulstube betreten. Nachhaltig und grün ist das auch nicht gerade.

    Bevor jetzt wieder schräg geantwortet wird: Ich beziehe mich auf Schüler, die bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Schule erreichen können 8)

  • Das letzte Mal als ich Schüler in Klasse 5 hatte, bei denen das erfolgreiche Ablegen des Abiturs nicht wahrscheinlich erschien, habe ich mich eher gefragt, was deren Grundschullehrer so richtig oder so gut bzw. besser als ich gemacht haben, so dass die Eltern das Abitur sehr wohl für erreichbar halten, obwohl die Kinder ihre Probleme haben.

    Ich sage das jetzt mal mit dem Blick von jemandem, der genau solche Schüler regelmäßig erfolgreich ein Abitur ablegen sieht: Ich halte den Ansatz, bei 5.Klässlern schon treffgenau einschätzen zu wollen, wer ein Abitur erreichen kann und wer nicht, für wenig erfolgversprechend.


    PS: Das gilt übrigens in beide Richtungen der Prognose. Dafür passiert zwischen Klasse 5 und 13 einfach viel zu viel in der individuellen Entwicklung jedes Kindes.

  • Das ist ganz sicher richtig. Und mein "erschien" sollte darauf hindeuten. Außerdem sehe ich als Fachlehrer auch immer nur einen kleinen Teil der Talente oder eben gerade die Talente nicht. Das macht die Glaskugel eher noch trüber.

  • Wie so oft wird dieses Thema nur aus Sicht der Gymnasialschüler und -lehrer diskutiert. Die schwachen Kinder werden wieder einmal ausgeblendet. Aus MS-Lehrer-Sicht kann ich nur müde darüber lächeln, ich bin es gewohnt. Ich kann nur sagen, ich wäre froh, wenn die Kinder, die in der 5. Klasse zu mir kommen, drei Sachen beherrschen:

    - lesen

    - einigermaßen leserlich schreiben

    - die Grundrechenarten bei zumindest einfachen Aufgaben beherrschen


    Leider sind diese drei Kompetenzen bei zahlreichen unserer Schüler nicht mehr vorhanden. Die Schuld schiebe ich jedoch nicht den GS-Lehrkräften zu, sondern dem "System", der den Elternwillen über alles stellt, nicht selten zum Schaden des Kindes. Viele Inhalte des GS-Lehrplans sind zudem für die Schwachen nicht zu schaffen und irgendwann klinken diese sich verständlicherweise aus. Vom Übertritts-Druck, den viele Eltern auf die GS-Lehrer ausüben, will ich gar nicht reden. Förderung und Lernzieldifferenzierung werden von den Eltern abgelehnt, durchfallen kann man auch nicht, sodass manche Kinder 4 Jahre durchgezogen werden und am Ende nicht nur nichts können, sondern auch schwer frustriert sind. Die haben ihr Scheitern längst verinnerlicht.

    Irgendwo "da oben" (bei Lehrplangestaltern, in den Schulämtern, den Regierungen? - ich weiß es nicht) wurde offensichtlich vergessen, dass in der GRUNDschule GRUNDlagen gelegt werden sollen.

  • Der Elternwille muss definitiv fallen - er hat für die Bildungsbiographien junger Menschen nur Nachteile bereitet.

    Ich habe mir gestern den Lehrplan der Grundschule, Mathematik, in Bayern angeschaut und man kann definitiv kritisch fragen, ob es wirklich notwendig ist, dass sich auch die Schwachen mit Parkettierung und Quadernetzen beschäftigen müssen, oder ob es nicht ausreicht, wenn sie eine solide Grundvorstellung der Eigenschaften der wichtigsten Flächen und Körper entwickeln. Klar, kann ich mir vorstellen, dass sich ein Söder gerne auf die Schulter klopft und sagt "Selbst unsere Mittelschüler kennen sich mit Parkettierung und Quadernetzen aus. Da können sich die Betriebe guten Gewissens für unsere Mittelschüler als zukünftige Mitarbeiter entscheiden.", aber du hast schon Recht, dass es nichts bringt, wenn dafür Kenntnisse über Grundrechenarten nur schwach ausgeprägt sind - die müssen einfach sitzen, egal wie.

  • - lesen

    - einigermaßen leserlich schreiben

    - die Grundrechenarten bei zumindest einfachen Aufgaben beherrschen

    Das ist ungefähr das Niveau, bei dem ich über Inklusion nachdenke. Also Kind mit Förderbedarf Lernen an Oberschulen entsenden, wenn es das alles beherrscht MIT Beschulung/Bewertung nach Lehrplan L.

    Wer das nicht beherrscht, sollte doch mindestens einen Anspruch auf einen anderen Lehrplan haben, wenn er oder sie schon keinen Förderschulplatz erhält.

    Ob die UN-Behindertenrechtskonventionsleute das auch manchmal auf dem Schirm haben? Je länger ich in dem Beruf arbeite, desto mehr betrachte ich es als ein teures Geschenk, wenn man einen Förderschulplatz bekommt.

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