"Menschlichkeit fehlt" am Gymnasium - geht es nur ums Aussieben??

  • Ich bin etwas älter als der Durchschnitt hier und in der Grundschule waren meistens noch männliche Lehrpersonen, die herumschrien und ohrfeigten.

    Komisch. Bei mir war das genau umgekehrt. Da war das Gymnasium für manche ein echter Kulturschock - herumschreiende, schlüsselbundwerfende Greise, die einen nur mit dem Nachnamen anredeten, im ersten Jahr sogar noch echte Schulbänke wie früher (die Löcher für die Tintenfässer waren immerhin schon verschlossen, aber bestimmt nur, damit da keiner einen Spickzettel drin versteckt und den nur in Bayern bekannten, dafür umso schärfer zu bekämpfenden "Unterschleif" zu verhindern)... war schon ne geile Zeit.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Wir hatten während der Corona-Schulschließung auch immer auf die Rückmeldungen der Schüler gewartet. Manche wurden nämlich mit Aufgaben überschüttet (duales System, fleißige Schüler). Wenn keine Rückmeldung kommt, denkt man aber auch, dass es passt.

    Ging mir ähnlich, die Rückmeldung wurde nur von sehr wenigen gegeben, bei denen es tatsächlich passte.

    Für die Berarbeitungszeit gab es einen Richtwert, den manche exakt ausgefüllt sehen wollten.

    Angebote wurden von einigen nicht als solche verstanden, sondern verpflichtend angesehen, gleichzeitig von weit weniger Kindern bearbeitet. Im Unterricht ist die Differenzierung erheblich leichter umzusetzen.


    Auch die Debatte um Hausaufgabenzeiten ist in Grundschulen nicht unbekannt, auch da gibt es selten eine Rückmeldung, oft dann, wenn die Familie den kompletten Nachmittag mit den Aufgaben verbringt - trotz vorheriger Absprachen, Rückmeldung zu geben.


    Die Erfahrung von CatelynStark , dass immer alles von zu Hause begleitet wird, gibt es in den Grundschulen auch. Dann passen Kinder bei den Hausaufgabenbesprechungen nie auf, weil es zu Hause erklärt wird.

    Befeuert wird es z. B. dann, wenn Mappen oder Referate, die zu Hause erarbeitet werden, benotet werden: so kommen gerade Kinder dieser Eltern zu guten Noten.

    Der Segen, dass manche Eltern ihre Kinder bestmöglich unterstützen, ist manchmal dann ein Bumerang.

  • ...

    Befeuert wird es z. B. dann, wenn Mappen oder Referate, die zu Hause erarbeitet werden, benotet werden: so kommen gerade Kinder dieser Eltern zu guten Noten.

    Finde den Fehler.

  • bei der Demonstration zu Fräsmaschinen, CNC, etc.: BBS

    Warum sollten sich BBS-Lehrkräfte, die im kaufmännischen Bereich unterrichten, denn dafür interessieren?! :/ BBSn bestehen doch nicht nur aus dem gewerblich-technischen Bereich. DAS nenne ich mal ein merkwürdiges Klischee...

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Befeuert wird es z. B. dann, wenn Mappen oder Referate, die zu Hause erarbeitet werden, benotet werden: so kommen gerade Kinder dieser Eltern zu guten Noten.

    Der Segen, dass manche Eltern ihre Kinder bestmöglich unterstützen, ist manchmal dann ein Bumerang.

    Das ist ein generelles Problem, das du da ansprichst. Deswegen sind wir dazu übergegangen, dass benotete Referate nur noch in der Schule vorbereitet werden. Das Material dazu allerdings kann man von zuhause mitbringen.

    Es kommt immer auf die Art der Unterstützung der Eltern zuhause an. Es gibt Grundschüler mit der Einstellung, dass aufpassen nicht nötig ist, weil Eltern das so oder so nochmals einzeln erklären. Oder: Man muss die Aufgabenstellung nicht durchlesen, die Eltern erklären es mir so oder so. Das mit der Besprechung von Problematiken bei den Hausaufgaben erlebe ich auch so.

  • An welcher Oberschule in Niedersachsen ist das denn umgesetzt?

    Von Bekannten weiß ich, dass es an der OBS in Garrel im Landkreis Cloppenburg schon seit einigen Jahren einen gymnasialen Zweig gibt.

    Gemäß dieser Liste https://www.landesschulbehoerd…vice/schulen/oberschulen/ haben aber noch zehn andere niedersächsische Oberschulen ein gymnasiales Angebot (was - gemessen an der Gesamtzahl der OBSn - aber nicht wirklich viele sind; ich meine aber, diese Liste ist nicht vollständig, denn ich kenne weitere Oberschulen, die dort nicht aufgeführt sind)


    Aber ansonsten gebe ich dir recht: die meisten SuS wechseln nach Klasse 10 eher an die BBS um dort im BG ihr Abi zu machen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Die Anmeldungen an allen Schulen, allen Schulformen müssen alle zeitgleich erfolgen. Gehen bei einer Schule mehr Anmeldungen ein als SuS aufgenommen werden können, sprechen sich die Schulen "im Hintergrund" ab.

    Schön wäre es. Sei versichert: das wird regional auch anders gehandhabt. An der Stelle haben die Schulträger ein gewichtiges Wörtchen mitzureden und dabei spielen durchaus auch bildungspolitische Erwägungen eine Rolle.

  • Das ist ein generelles Problem, das du da ansprichst. Deswegen sind wir dazu übergegangen, dass benotete Referate nur noch in der Schule vorbereitet werden. Das Material dazu allerdings kann man von zuhause mitbringen.

    Man kann auch nur Sachen bewerten, die ausschließlich in der Schule erstellt werden oder es je nachdem, ob es eine Pflicht- oder Wahlleistung ist, handhaben.


    Dann muss man als Lehrkraft dazu deutlich Stellung beziehen, denn bei bestimmten Eltern ist es natürlich nicht beliebt, wenn man sie quasi ausschließt.

    Offenbar bevorzugen bestimmte Eltern auch Schulen, bei denen sie selbst viel Einfluss nehmen können.

  • Warum sollten sich BBS-Lehrkräfte, die im kaufmännischen Bereich unterrichten, denn dafür interessieren?! :/ BBSn bestehen doch nicht nur aus dem gewerblich-technischen Bereich. DAS nenne ich mal ein merkwürdiges Klischee...

    Für die Wirtschaftler gibt es dann eben schöne Schreibmaschinen und Aktenordner ;)

  • Ich habe als Schülerin mein Gymnasium geliebt, im Gegensatz zur Grundschule. Ich bin etwas älter als der Durchschnitt hier und in der Grundschule waren meistens noch männliche Lehrpersonen, die herumschrien und ohrfeigten.


    Das Gymnasium war ungewohnt und anstrengend wegen des stündlichen Lehrerwechsels damals, aber ich mochte es sehr, denn jeder hatte einen anderen Knall, aber lieb gemeint von mir. Wir wurden erwachsener behandelt, wurden nach unserer Meinung gefragt und überhaupt waren einige meiner Lehrer früher Hippies/und/oder den 68ern entsprungen.

    Meinem Mann und mir ging es genauso. Endlich anspruchsvoller Unterricht, in dem man ernst genommen wurde. Tatsächlich anstrengender, fordernder, aber viel angenehmer.

    Mein Mann sagte auch: Endlich keine täglichen Raufereien am Pausehof mehr... ;)

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

    • Offizieller Beitrag

    Mein Mann sagte auch: Endlich keine täglichen Raufereien am Pausehof mehr... ;)

    schön wärs *seufz*


    Viele Eltern auf "meinem" Gymnasium wollen ihr Kind bei uns so lange wie möglich behalten, weil es bei uns so einen geschützten Raum mit wertschätzendem Umgang und persönlicher Bindung ist


    Ist in Thüringen in manchem Jahrgang möglich, weil es in Kl.5 und 7 keine Versetzung und damit auch kein Sitzenbleiben gibt


    Zumindest dieses Gymnasium kann die eingangs gemachten Vorwürfe ganz entspannt links liegen lassen ;)

    • Offizieller Beitrag

    Was die Eigenständigkeit der Referate angeht, so hat man das mit ein bisschen Erfahrung schnell raus, ob da die Eltern im Hintergrund mitgeholfen haben. Da frage ich dann direkt bei der/dem Schüler/In nach und bekomme in der Regel auch eine ehrliche Antwort. Mal abgesehen davon: Ein/e Schüler/In der/die im Unterricht bisher fachlich wenig bis gar nicht positiv aufgefallen ist, wird in der Regel nicht aus dem Stand ein bombastisches Referat abhalten. Bei der Didaktisierung für die Mitschüler/Innen fällt ein von Eltern gepimptes Referat dann schnell auf.
    Nun sind Referate ja auch nicht das, was beim Methodenlernen bzw. im Verlauf des Unterrichts als Erstes drankommt. Somit hat man also in der Regel auch die Erfahrung, was die lieben Kleinen leisten können.

    Nochmal zum Lernen und Arbeiten am Gymnasium:
    Ich bin davon überzeugt, dass die individuelle Fähigkeit, sich selbstständig mit Aufgabenstellungen bzw. Aufgaben auseinanderzusetzen und sich durchzubeißen, wenn man etwas nicht sofort versteht, sehr deutlich über Erfolg und Misserfolg am Gymnasium entscheidet.
    Wie oft hatte ich Kinder, die die Hausaufgaben nicht machen konnten, weil sie sie nicht verstanden hatten. Auf meine Frage hin, was sie konkret nicht verstanden hatten, kam nur "gar nichts". Diese Kinder waren nicht dazu in der Lage, mir zu sagen, wo das Problem war. Augenscheinlich wussten sie es wirklich nicht - bis auf den Umstand, dass sie sofort aufgaben, wenn ihnen die Lösung nicht wie von Geisterhand und ohne eigene geistige Anstrengung zuflog. Letzteres habe ich oft auch in der Oberstufe angetroffen.


    Anekdote am Rande:
    Ich hatte von der 5 bis zur 7 einen Klassenlehrer der Kriegsgeneration, der also entsprechend "vorgeprägt" war. Er war einerseits streng und konsequent, aber andererseits wusste er, wann er auch mal ein Auge zudrücken musste. Das war mit der beste Lehrer, den ich hatte.
    Seine Lehrmethoden in Latein waren aus heutiger Perspektive mehr als antiquiert, aber diese ständigen Drills haben dafür gesorgt, dass ich das meiste, was ich bei ihm gelernt hatte an Grammatik, Merksätzen etc. auch über 30 Jahre später noch "runterspulen" kann (die bewundernden Blicke meines Ältesten gehen dabei runter wie Öl...) Für bestimmte Grammatikregeln habe ich diese Methodik tatsächlich in meinen Unterricht übernommen - und es funktionierte.

  • Man kann auch nur Sachen bewerten, die ausschließlich in der Schule erstellt werden oder es je nachdem, ob es eine Pflicht- oder Wahlleistung ist, handhaben.


    Dann muss man als Lehrkraft dazu deutlich Stellung beziehen, denn bei bestimmten Eltern ist es natürlich nicht beliebt, wenn man sie quasi ausschließt.

    Offenbar bevorzugen bestimmte Eltern auch Schulen, bei denen sie selbst viel Einfluss nehmen können.

    Ist bei uns auch so. Den Eltern fällt die Kinnlade herunter, wenn sie hören, dass das Kind die Buchvorstellung in der Schule vorbereiten soll. Das geht nicht anders, wenn man bei den Präsentationen feststellt, dass manche Kinder ihr Buch nicht einmal gelesen haben.

  • Anekdote am Rande: Meine Kollegin an der Förderschule war vorher Gymnasiallehrerin. Gefragt nach den größten Unterschieden zwischen FöS und Gym erzählte sie diese Begebenheit: Im Gymnasium wie auch an der FöS habe sie Mannschaftssport gemacht. Beides habe ihr Spaß gemacht. Im Gymi erhielt sie beim Spielen immer die Kommentare: Ja, ganz gut, noch schneller das nächste mal, hopp, schnell, Einsatz!, gib alles!, geh du hin, Achtung! Pass auf!... etc. Als sie dann an die FöS kam war sie sehr verwundert, denn hier hörte sie bei den Spielen folgendes: Toll gemacht! Super Einsatz! Spitze! Du warst echt schnell! Gut, dass du dabei bist! Top! Tadellos! Das war klasse!


    :)

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Nun sind Referate ja auch nicht das, was beim Methodenlernen bzw. im Verlauf des Unterrichts als Erstes drankommt.

    Nein, aber etwas, das durchaus einen Großteil der Note ausmacht.

    Bewertet werden soll aber die Leistung der Schüler.

    Dann müsste man ja dem schlechten, aber ohne Internetzugang eigenständig erarbeiteten Material eine gute Note geben,

    dem Hochglanz-Plakat mit perfekter Performance und herausragender Verköstigung dank der Mithilfe der Eltern eine schlechte.

    Gleiches gilt für Mappen, Aufsätze, Werkstücke, Kunstbilder uvm., die zu Hause waren und unter Hilfe angefertigt wurden.

  • Was die Eigenständigkeit der Referate angeht, so hat man das mit ein bisschen Erfahrung schnell raus, ob da die Eltern im Hintergrund mitgeholfen haben.

    Meine Kinder wollten das immer alleine machen. Im Gymnasium sagte ich zu ihnen: "Ihr wisst schon, dass die anderen Eltern helfen, ich hoffe, der Lehrer bestraft dich nicht." Ich durfte immerhin die Rechtschreibfehler aus der Powerpoint in der 5.Klasse entfernen. Die Lehrer waren durchgängig sehr fair. Da die Präsentationen zu Hause vor der Familie geübt wurden, sahen wir als Eltern natürlich, dass das nicht perfekt ist. Aber es war alleine gemacht und die Lehrer merkten das garantiert. Die Noten fielen immer sehr wohlwollend aus, also haben wir das so beibehalten.

  • Unsere aktuellen Fünftklässler sind eine Katastrophe (alle mit 1-2 in Mathematik zu uns gekommen), bei den schriftlichen Rechenarten sitzt die Addition sicher, die Subtraktion zumindest ansatzweise (von Umkehraufgaben und Zusammenhang zwischen Addition und Subtraktion wollen wir nicht anfangen, ich hab meine alten Hefte hier, das haben wir ab der 1. Klasse gemacht, so weit können die Anforderungen ja nicht gesunken sein), Multiplikation und Division sind schon beim Kopfrechnen eher Glückssache, in der schriftlichen Variante das seltsamste was ich je gesehen habe.

    Ich stelle fest, dass bei meinen jetzigen Zweitklässlern das 1plus1 im Zahlenraum bis 20 immer noch unsicherer ist als sonst. Für mich hat das schon mit der fehlenden Übung während der Schulschließung zu tun. Klar, hatten sie schriftliche Aufgaben zu erledigen, aber das scheint nicht das Gleiche zu sein als wenn man die Aufgaben im Unterricht übt.

  • Offenbar bevorzugen bestimmte Eltern auch Schulen, bei denen sie selbst viel Einfluss nehmen können.

    Was macht dir das so offenbar? Mein Kind war an einer ganz, ganz furchtbaren, stasigeprägten Grundschule mit kuschenden Eltern und selbst da wurde von Eltern bemängelt, dass ein Gutteil benoteter Aufgaben ohne Anleitung oder Material nach Hause verlagert wurde. Denn wenn Gretas Eltern ein schönes Plakat basteln, dann müssen das auch Konstantins Eltern machen und das nervt irgendwann.

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