Du verkennst die Wirkmöglichkeit der Stigmatisierung durch Alter und Körperfülle, auch Lipomastie.
TRIGGERWARNUNG SEXUELLE GEWALT
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Da du dich deiner eigenen Aussage nach nicht stigmatisiert gefühlt hast, sondern glücklich warst ob der Fehlidentifizierung ziehst gerade du einfach nur sexuelle Belästigung ins Lächerliche. Damit verkennst du gerade schlicht, welche Privilegien du als (weißer, heterosexueller) Mann in dieser Welt hast, ebenso wie du die Lebensrealität in dem speziellen Fall von uns Frauen, Mädchen und weiblich gelesenen Personen verkennst, die wir an jedem einzelnen Tag und zwar völlig unabhängig von Alter, Gewicht, Hautfarbe, Behinderung, sexueller Orientierung, sondern einfach qua Geschlechtszuweisung auf der Hut sein müssen, sobald wir unsere eigenen vier Wände verlassen. Eh sei denn natürlich, wir leben dauerhaft mit einem Mann zusammen: In dem Fall ist rein statistisch gesehen zuhause der wahrscheinlichste Ort an dem wir geschlagen oder auch vergewaltigt werden.
Wenn wir dann das Haus verlassen überlegen wir zweimal ob wir den kurzen Rockanziehen, die enge Hose oder das enge Top, ob wir am Abend alleine nachhause gehen oder welche Wege am Abend mit dem Hund zum Spazierengehen taugen, ohne zu gefährlich zu sein. Wir versuchen nah am Ausgang zu parken, wo es heller ist oder im Sichtbereich einer Kamera zu bleiben. Wenn wir alleine unterwegs sind haben wir beständig im Blick/ Ohr ob jemand hinter uns läuft, telefonieren unter Umständen den gesamten Weg über mit einer Freundin/ Schwester/ Mutter/ Vater/ einem speziellen Wegtelefon, wo wir immer genau sagen, wo wir gerade sind, falls die andere Person Hilfe schicken muss..
Wie viel davon gehört spätestens seit der Pubertät zu deinem Leben dazu an jedem einzelnen Tag?
Ausnahmslos jede Frau wird im Laufe ihres Lebens mindestens dutzendfach bis hunderte Male zum Ziel sexistischer Sprüche und sogenannter Witze, erlebt es teilweise tausende Male, wie beim Gespräch anstelle ihrer Augen ihre Brüste fixiert werden, während das Gegenüber viel zu nah heranrückt.
„Klassische“ sexuelle Belästigung in Form direkter physischer Übergriffe erleben etwa zwei von drei Frauen, jede siebte Frau wird rein statistisch gesehen (also ohne die enormen Dunkelziffern mit zu bedenken in diesem Bereich) Opfer schwerer sexueller Gewalt, manche von ihnen so schwerwiegend, früh und wiederholt im Leben, dass sie wie ich lebenslang schwerbehindert sind in der Folge.
Rund 90% der Opfer sexueller Gealt sind weiblich gelesene Personen, mehr als 90% der Täter sind Männer. Wer als Mann kein Teil des Problems sein will sollte aufhören, dieses ad absurdum zu führen, zu negieren oder vergleichen zu wollen damit als Weihnachtsmann gelesen zu werden von freudestrahlenden Kindern, sondern zuallererst einmal bewusst wahrzunehmen, wie massiv sich die Lebensrealität von männlich und weiblich gelesenen Personen unterscheidet einfach qua Geschlecht und bezogen auf das Sicherheitsempfinden und die normalisierten Übergriffe im Alltag.
Männer und männlich gelesene Personen profitieren vom Patriarchat. Die sexuelle Unterdrückung von uns weiblich gelesenen Personen ist ein wesentlicher Bestandteil des Patriarchats. Sexuelle Belästigung ist genau wie die Schuldumkehr im Fall von Übergriffen ebenfalls Teil des „Spiels“.