Abschaffung von Noten

  • Mal kontrovers formuliert: Müsste man dann nicht bei allen Studiengänge, die zu Tätigkeiten führen, die auf dem Arbeitsmarkt eine geringe Nachfrage haben, die Zulassungszahlen derart stark begrenzen, dass Abiturienten sich verstärkt auch für die von dir zuvor benannten Mangelbereiche bewerben? Aktuell zumindest haben wir ja durchaus eine Situation, in der es einen Überhang an Hochschulabschlüssen in Bereichen wie Kulturwissenschaften o.ä. gibt. Würden diese sich für eine Ausbildung in einem Mangelbereich entscheiden, wäre der Fachkräftemangel womöglich nicht gelöst, aber zumindest stark reduziert.

    Keine Ahnung, das ist dann wohl ein anderes Thema. Würdest du denn als Fachinformatiker oder Pflegekraft eine Ausbildung machen, wenn dein Studium nicht gefragt wäre?

  • Mache ich auch nicht, kann ich auch nicht bewerten denn ich finde nur selten solche Fehler. Ich mache selbst genug davon.

    Wahrscheinlich achtest du bei Texten (Arbeitsanweisungen/Anschrieben o.ä.) darauf, diese in korrekter Rechtschreibung zu verfassen. Es gibt aber nicht wenige Kolleg:innen, deren schriftliche Ausgaben an SuS nur so von Fehlern strotzen. Dies hat sich in den letzten Jahren extrem verstärkt, zu meiner Schülerzeit waren fast alle Texte (Bücher, Zeitungen, Werbetafeln, Aufgabenstellungen...) in richtiger Schreibung verfasst und ich bin der Meinung, dass deswegen meine Generation weniger Probleme bei der Rechtschreibung hat. Wie sollen unsere SuS dies richtig verinnerlichen, wenn sie ständig mit unterschiedlichen/falschen Schreibweisen konfrontiert sind?

  • Würdest du denn als Fachinformatiker oder Pflegekraft eine Ausbildung machen, wenn dein Studium nicht gefragt wäre?

    Stell Dir mal vor du wolltest Germanistik studieren, der NC darauf läge aber bei 0,8 und ansonsten hättest du 25 Jahre Wartezeit (50 Wartesemester). Ich denke schon, daß du dich dann nach einer anderen Ausbildung bzw. einem anderen Studium umsehen würdest, allein schon der wirtschaftlichen Not geschuldet.

  • Stell Dir mal vor du wolltest Germanistik studieren, der NC darauf läge aber bei 0,8 und ansonsten hättest du 25 Jahre Wartezeit (50 Wartesemester). Ich denke schon, daß du dich dann nach einer anderen Ausbildung bzw. einem anderen Studium umsehen würdest, allein schon der wirtschaftlichen Not geschuldet.

    Ich habe Gymshark gefragt, wozu ER bereit wäre. Er hat die Idee eingebracht, dass Kulturwissenschaftler*innen eine Lehre machen könnten. Also, würdest du, Gymshark? Wir war das bei dir nochmal mit deinem Studienablauf? Da hat's auch nicht für den gewünschten Abschluss gereicht, wenn ich recht erinnere. Der Tip, eine Ausbildung (in einem gesuchten Berufsfeld) zu machen, der geht immer an andere, nicht wahr? So wie die Oberschule für andere die tollste Schulart ist und Förderschule für anderer Leute Kinder natürlich das Allerbeste.

  • Wir war das bei dir nochmal mit deinem Studienablauf? Da hat's auch nicht für den gewünschten Abschluss gereicht, wenn ich recht erinnere.

    Fragst Du jetzt mich, weil Du mich zitiert hast?
    Ich hatte einen NC und bin so gerade eben im dritten Nachrückverfahren ins Studium reingekommen. Konkret ging es da am Ende um 3 Punkte (von den insg. 900 Punkten, die man in NRW im Abi macht), daß es sich noch ausgegangen ist.

  • Ich habe das nicht noch einmal kommentiert, weil plattyplus eine Antwort geschrieben hat, die ich da schon ganz passend fand. Ich würde Interesse und Nachfrage abwägen und wenn ich mich zwar für deutsche Literatur und Sprache interessiere, aber merke, dass die Aufnahmehürden für Germanistik zu hoch sind, würde ich schauen, ob es etwas Artverwandtes gibt, das alternativ infrage kommt (z.B. Deutsch als Lehramt, was bei manchen Lehrämtern aktuell durchaus Mangelfach ist, oder DaF), oder ein Bereich mit hoher Nachfrage und zumindest mittlerem Interesse meinerseits (Auf dieser Liste sind definitiv einige interessante Optionen aufgezählt.).

  • Es hat doch faktisch in Deutschland auch einen NC auf Studienfächer, die für Mangelberufe ausbilden. Es *gibt* zu wenig kompetente Ärztinnen und Psychologinnen. Den NC gibt es aber nicht, weil's zu wenige gibt, die diese Studienfächer abschliessen sondern weil's zu viele sind, die damit anfangen. Ich verstehe nicht ganz, was man mit Leuten im Medizinstudium will, die sich eigentlich für Germanistik einschreiben wollten.

  • Ich habe das nicht noch einmal kommentiert, weil plattyplus eine Antwort geschrieben hat, die ich da schon ganz passend fand. Ich würde Interesse und Nachfrage abwägen und wenn ich mich zwar für deutsche Literatur und Sprache interessiere, aber merke, dass die Aufnahmehürden für Germanistik zu hoch sind, würde ich schauen, ob es etwas Artverwandtes gibt, das alternativ infrage kommt (z.B. Deutsch als Lehramt, was bei manchen Lehrämtern aktuell durchaus Mangelfach ist, oder DaF), oder ein Bereich mit hoher Nachfrage und zumindest mittlerem Interesse meinerseits (Auf dieser Liste sind definitiv einige interessante Optionen aufgezählt.).

    Aber es ging doch beim Fachkräftemangel oben um Ausbildungsberufe und nicht darum, ob man notfalls im Lehramt unterkommt. Artverwandt wären dann Bibliothekar*in, Buchhändler*in oder Buchdrucker*in, das ist aber jeweils was anderes als ein Germanistikstudium.

  • Im Grunde hast du ja recht, aber der Unterschied zur klassischen Gesamtnote ist in diesem Beispiel jetzt auch überschaubar.

    Damit ist immer noch keine zielgenaue Förderung möglich, weil die Bereiche zu grob sind.

  • Aber es ging doch beim Fachkräftemangel oben um Ausbildungsberufe und nicht darum, ob man notfalls im Lehramt unterkommt. Artverwandt wären dann Bibliothekar*in, Buchhändler*in oder Buchdrucker*in, das ist aber jeweils was anderes als ein Germanistikstudium.

    Sind diese Ausbildungsberufe derzeit Mangelberufe? Wenn ja, da sind das in der Tat artverwandte Alternativen zum Germanistikstudium.


    Stimmt, die Liste ist aus Österreich. Womöglich gibt es eine solche Liste auch aus Deutschland.

  • Wahrscheinlich achtest du bei Texten (Arbeitsanweisungen/Anschrieben o.ä.) darauf, diese in korrekter Rechtschreibung zu verfassen. Es gibt aber nicht wenige Kolleg:innen, deren schriftliche Ausgaben an SuS nur so von Fehlern strotzen. Dies hat sich in den letzten Jahren extrem verstärkt, zu meiner Schülerzeit waren fast alle Texte (Bücher, Zeitungen, Werbetafeln, Aufgabenstellungen...) in richtiger Schreibung verfasst und ich bin der Meinung, dass deswegen meine Generation weniger Probleme bei der Rechtschreibung hat. Wie sollen unsere SuS dies richtig verinnerlichen, wenn sie ständig mit unterschiedlichen/falschen Schreibweisen konfrontiert sind?

    Ich achte im Rahmen meiner Möglichkeiten natürlich darauf. Ich würde aber zu keiner Zeit meine Hand dafür ins Feuer legen wollen.

  • Den NC gibt es aber nicht, weil's zu wenige gibt, die diese Studienfächer abschliessen sondern weil's zu viele sind, die damit anfangen.

    Ich dachte immer, weil es zu wenige Studienplätze gibt für die Interessenten. Insofern gibt es durchaus zu wenige Absolventen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Mit Medizin habe ich wohl ein schlechtes Beispiel gezogen, da beträgt die Abbruchquote nur um die 10 %. Der Durchschnittswert über alle anderen Studienfächer liegt aber bei etwa 30 %. In Worten: Fast ein Drittel aller Studienanfänger macht die Ausbildung nicht zu Ende, egal ob NC oder nicht. Die Abbruchquote ist übrigens in den MINT-Fächern mit über 40 % besonders hoch. Wie viel das also bringt, Leute in diese Studienfächer "zwingen" zu wollen, weil's da gerade Bedarf gibt, sei dahingestellt. NC oder nicht ist irgendwie eine ähnlich kleingeistige Diskussion wie Ziffenernnoten vs. Textbewertung. Beides geht offensichtlich an den eigentlichen Problemen vorbei.

  • Gerade wurde doch noch gesagt jeder wird quasi genommen. Also irgendwo stimmt die Wahrnehmung doch nicht mit der Wirklichkeit überein.

    Du scheinst ungenau gelesen zu haben: Es wurde mehrfach gesagt, dass in einigen Bereichen - und das ist z. B. in handwerklichen Berufen der Fall - viele Ausbildungplätze nicht besetzt werden können. Andererseits ist es aber halt nun mal leider so, dass viele Jugendliche, die bei uns die Berufsfachschulen und die Berufseinstiegsschulen besuchen, entweder noch nicht ausbildungsreif sind oder sie keinen Ausbildungsplatz finden, weil ihre Abschlusszeugnisse zu schlecht sind, oder sie unbedingt eine Ausbildung in einem Bereich machen möchten, wo es entweder nur wenige Ausbildungsplätze gibt (und diese dann natürlich an die Bewerber*innen mit richtig guten Abschlusszeugnissen vergeben werden) oder aber sie ihre Erwartungen viel zu hoch schrauben (z. B. mit einem Hauptschulabschluss meinen, sicherlich einen Ausbildungsplatz als Bankkauffrau/kaufmann finden zu können). Oder aber - wie Hannelotti schon schrieb - die jungen Leute einfach noch sehr orientierungslos sind, welchen Beruf sie erlernen möchten, und sich evtl. noch gar nicht für eine Ausbildung beworben haben. Das sind nur einige der Gründe, warum diese Jugendlichen in den BFS- und BES-Klassen "auftauchen".

    Wenn du glaubst, dass Berufsfachschulen nur von SuS besucht werden, die sich dort eine Vorbildung in einem bestimmten Bereich erhoffen und die dann später auch tatsächlich in dem jeweiligen Bereich eine Ausbildung machen, musss ich dich enttäuschen. Dem ist nicht so. EDIT: Um das mal an einer Klasse der "Berufsfachschule Fahrzeugtechnik" an meiner Schule zu verdeutlichen: Dort hat in den letzten Jahren nur durchschnittlich knapp die Hälfte der Klasse überhaupt den Abschluss der BFS geschafft und insgesamt haben nur etwa 25-30% der SuS eines Jahrgangs dieser BFS im Anschluss eine Ausbildung im Bereich "Fahrzeugtechnik" gemacht.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    Einmal editiert, zuletzt von Humblebee ()

  • Sind diese Ausbildungsberufe derzeit Mangelberufe? Wenn ja, da sind das in der Tat artverwandte Alternativen zum Germanistikstudium.


    Stimmt, die Liste ist aus Österreich. Womöglich gibt es eine solche Liste auch aus Deutschland.

    Wer Germanistik studieren will, will aber nicht unbedingt Bücher drucken, verkaufen oder verleihen.

  • Es ist doch vollkommen unerheblich welchen Beruf jemand ergreift, der nicht Germanist etc. werden kann, weil der NC es nicht hergibt. Ob da dann ein Leben lang bei BoFrost die Ware im Tiefkühllager kommissioniert wird, die Person den Taxischein macht oder bei der Lufthansa als Pilot anheuert, bleibt der freien Berufswahl der Person überlassen.

  • EDIT: Um das mal an einer Klasse der "Berufsfachschule Fahrzeugtechnik" an meiner Schule zu verdeutlichen: Dort hat in den letzten Jahren nur durchschnittlich knapp die Hälfte der Klasse überhaupt den Abschluss der BFS geschafft und insgesamt haben nur etwa 25-30% der SuS eines Jahrgangs dieser BFS im Anschluss eine Ausbildung im Bereich "Fahrzeugtechnik" gemacht.

    Und die anderen 70% haben keine Lehrstelle bekommen, weil die Noten zu schlecht waren und sie deswegen gar nicht erst eingeladen wurden? Oder gab es zu wenige Ausbildungsplätze?


    Oder waren die zu leistungsschwach für diese Ausbildung, bzw. haben sich dann anderweitig orientiert?

Werbung