Klassenfahrten nach UK unter den derzeitigen Rahmenbedingungen

  • Ich hätte mir jedenfalls gewünscht, dass die Eltern mit auf der Anklagebank gesessen hätten, Begründung: Unterlassene Benachrichtigung der Schule über entsprechend schwerwiegende Krankheiten.

    Mal abgesehen davon, dass ich das für geschmacklos halte, sehe ich auch überhaupt keine Grund dafür:

    - die Schülerin war bereits 6 Jahre lang erkrankt, in der Schule war die Erkrankung mit Sicherheit bekannt. Wenn dann bei der Fahrt fremde Lehrkräfte begleiten und weder ein innenschulischer Informationsfluss stattfindet noch abgefragt wird, liegt die Verantwortung ganz klar bei der Schule

    - eine wesentliche Stütze des Urteils war neben der fehlenden Vorabfrage das Verhalten wir Ort, in der Begründung wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Lehrerinnen auf mehrere Informationen von Mitschülerinnen nicht reagiert haben.

    Für mich ist es schon nicht nachvollziehbar, dass es nicht auffällt das eine Schülerin 2 Tage nicht an diversen Aktivitäten teilnimmt, wenn ich mit meinen Schülern einen einfachen Unterrichtsbesuch mit Busfahrt mache, habe ich die Gruppe mindestens 4 mal durchgezählt, wenn wir wieder in der Schule sind.


    Man sollte aufpassen, dass man hier nicht in eine Wagenburgmentalität verfällt.

  • Ich bin mir da nicht so sicher. Nicht darin, dass Klassenfahrten angeordnet werden, sondern eben in der Begründung im Urteil, dass Vorabfragen zwingend notwendig seien. Wenn Lehrkräften in diesem formalen Punkt der Prozess gemacht wird, dann sollte dafür das Ministerium die Verantwortung übernehmen. Denn genau das könnte doch in anderen Fällen auch passieren. Fürs Schwimmen gibt's sooo genaue Anweisungen und wenn man sich an alle hält und dann trotzdem etwas passiert, ist man nicht persönlich haftbar. Wenn sich das durch dieses Urteil geändert hätte und Lehrkräften eine persönliche Teilschuld zugesprochen werden kann, weil sie nicht im Vorfeld an irgendwas anderes gedacht haben, das bislang niemand verlangt hat, dann haben wir halt schon ein Problem. Genau darum geht es mir zumindest.

    Ganz ehrlich: Die Vorabfrage von Erkrankungen gehört genau wie Regelungen rund um die Aufsichtspflichten und wie man sich bei Erkrankungen von Personen, für die man die Garantenpflicht hat, verhält, zum schulrechtlichen "kleinen 1x1" und wird bereits in den Studienseminaren vermittelt. Das ist nun wirklich nichts überraschendes und man muss nicht so tun, als seien die Kolleginnen hier durch eine formal bestehende, aber allen unbekannte Regelung aufs Glatteis geführt worden. Nebenbei: Die schriftliche Urteilsbegründung liegt m.W.n. überhaupt noch nicht vor. Jedenfalls ist sie weder beim LG selbst noch in den entsprechenden Datenbanken bislang aufzufinden.

  • Ich bin mir da nicht so sicher. Nicht darin, dass Klassenfahrten angeordnet werden, sondern eben in der Begründung im Urteil, dass Vorabfragen zwingend notwendig seien. Wenn Lehrkräften in diesem formalen Punkt der Prozess gemacht wird, dann sollte dafür das Ministerium die Verantwortung übernehmen. Denn genau das könnte doch in anderen Fällen auch passieren. Fürs Schwimmen gibt's sooo genaue Anweisungen und wenn man sich an alle hält und dann trotzdem etwas passiert, ist man nicht persönlich haftbar. Wenn sich das durch dieses Urteil geändert hätte und Lehrkräften eine persönliche Teilschuld zugesprochen werden kann, weil sie nicht im Vorfeld an irgendwas anderes gedacht haben, das bislang niemand verlangt hat, dann haben wir halt schon ein Problem. Genau darum geht es mir zumindest.

    Vorerkrankungen und erforderliche Medikationen schriftlich abzufragen vor einer Klassenfahrt muss aber halt nicht erst ein Dienstherr anordnen, damit gesunder Menschenverstand plus Aufsichtspflicht das zwingend geboten erscheinen lassen, um eine Klassenfahrt überhaupt rechtssicher planen und durchführen zu können.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wurden die Lehrerinnen spätestens während der Fahrt darüber informiert, dass das Mädchen Diabetes hat? Wo war ihr Diabetikerpass mit allen Telefonnummern und Infos für den Notfall? Wie kann ich als Elternteil mein Kind ins Ausland schicken ohne dafür Sorge zu tragen, dass alle Beteiligten Informationen über Anzeichen von Über- und Unterzuckerung haben, mein Kind evtl beim Berechnen der Insulingaben nach dem Essen unterstützen etc., evtl mal mit auf den Wert schauen, Gummibärchen dabei haben, etc. Wie kann man bitte diese krasse Verantwortung allein auf sein Kind allein abwälzen? Oder sich blind auf einen Sensor verlassen? Das ist mir absolut unbegreiflich und hat für mich auch den Eindruck, dass entweder die Eltern mit der Krankheit überfordert waren oder sich keinen Stress wegen evtl nicht mitfahrenkönnens machen wollten. Meine Nichte hat Diabetes und ich muss gestehen, ich habe immer etwas Sorge, wenn ich mit ihr über mehrere Stunden allein bin und das Berechnen trau ich mir nicht so zu und frage immer nach. In der Schule darf sie ohne geschulten Begleiter an keiner Aktivität teilnehmen (sie ist aber auch erst 11).


    Sicherlich haben die Lehrerinnen auch grobe Fehler gemacht und die werden, so wie alle Beteiligten, ihres Lebens nicht mehr froh. Aber die Eltern sehe ich ebenso in der Verantwortung. Hier wurde ein Mädchen und auch ihre Mitschülerinnen von mehreren Erwachsenen im Stich gelassen und mir tut das für alle schrecklich leid.

  • Bei allem Respekt vor den trauernden Eltern, aber wenn ich ein Kind mit Diabetes hätte, würde da mein nicht vorhandenes Helikopter-Eltern-Gen einsetzen und ICH hätte den Lehrern eine schriftliche Info inkl. Telefonnummer etc. mitgegeben.

    Wenn ich ein Diabetes krankes Kind hätte, wüsste ich aber, dass ich die Lehrer persönlich noch einmal darüber informiert hätte, auch über die Medikamente, hätte ich informiert.

    Wie kann ich als Elternteil mein Kind ins Ausland schicken ohne dafür Sorge zu tragen, dass alle Beteiligten Informationen über Anzeichen von Über- und Unterzuckerung haben, mein Kind evtl beim Berechnen der Insulingaben nach dem Essen unterstützen etc., evtl mal mit auf den Wert schauen, Gummibärchen dabei haben, etc. Wie kann man bitte diese krasse Verantwortung allein auf sein Kind allein abwälzen? Oder sich blind auf einen Sensor verlassen? Das ist mir absolut unbegreiflich und hat für mich auch den Eindruck, dass entweder die Eltern mit der Krankheit überfordert waren oder sich keinen Stress wegen evtl nicht mitfahrenkönnens machen wollten.

    Genau dieser Punkt lag mir von Anfang an schwer im Magen! Bei allem, was die Lehrkräfte falsch gemacht haben (erst am 3. Tag nach dem Mädchen sehen usw.), kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen, dass hier scheinbar überhaupt keine Verantwortung bei den Eltern gesehen wird. Ich habe bei der 1. Klassenfahrt von Kind 2 der Klassenleitung sogar mitgeteilt, dass es den Verdacht auf Asthma gibt und ein Spray für alle Fälle im Rucksack ist. Einfach nur nochmal zur Sicherheit, obwohl es schriftlich abgefragt wurde.

  • ... Nebenbei: Die schriftliche Urteilsbegründung liegt m.W.n. überhaupt noch nicht vor. Jedenfalls ist sie weder beim LG selbst noch in den entsprechenden Datenbanken bislang aufzufinden.

    Das ist wahr, ich schrieb auch zu dem, was bislang zu finden war. Wenn sich alles so unfassbar verantwortungslos zugetragen hat, wie hier und da beschrieben, dann bliebe die Frage, warum die beiden Kolleginnen mit einer Geldstrafe davongekommen sind.


    ... Das ist nun wirklich nichts überraschendes und man muss nicht so tun, als seien die Kolleginnen hier durch eine formal bestehende, aber allen unbekannte Regelung aufs Glatteis geführt worden.

    Wen meinst du mit "man"? Niemand tut m.E. so. Es geht darum, etwas im Nachhinein zum Gesetz zu erheben, das vorher keins war. Wir alle können einfach froh sein, dass auf einer unserer Fahrten bislang nichts derartiges passiert ist. Hältst du dich davor gefeit? Ich kenne unsere SuS sehr gut, weil die Klassen so klein sind und selbstredend würde ich mich über andere SuS genauestens informieren, bevor ich mit ihnen irgendwohin fahre. Aber es kann immer etwas Schwerwiegendes passieren, wir hatten zum Beispiel eine Suizidankündigung. Wenn die Person vor den Zug gesprungen wäre, hätten die Lehrkräfte auch eine Mitverantwortung im Sinne von "hätten die Betreuenden vorher abfragen müssen" zugesprochen bekommen?

  • Ganz ehrlich: Die Vorabfrage von Erkrankungen gehört genau wie Regelungen rund um die Aufsichtspflichten und wie man sich bei Erkrankungen von Personen, für die man die Garantenpflicht hat, verhält, zum schulrechtlichen "kleinen 1x1" und wird bereits in den Studienseminaren vermittelt. Das ist nun wirklich nichts überraschendes und man muss nicht so tun, als seien die Kolleginnen hier durch eine formal bestehende, aber allen unbekannte Regelung aufs Glatteis geführt worden.

    Im Prinzip habe ich mich auch schon gewundert, dass die Erkrankungen nicht schriftlich abgefragt wurden. Dann hat man nämlich alles schwarz auf weiß und kann nachschauen, welche Maßnahmen erforderlich sind. Das ist bei uns üblich. Wir lassen Eltern selbst bei Schulübernachtungen solche Dinge ausfüllen, außerdem sind die Erkrankungen auf einem Notfallblatt, das die Eltern jedes Schuljahr neu ausfüllen müssen, verzeichnet, sofern die Eltern diese angeben. Wir sprechen sogar Problemfälle in den Konferenzen an, falls es bei der Pausenaufsicht einmal zu einem Notfall kommt.

    Dass das bei uns so gemacht wird, ist der Schulleitung zu verdanken.


    Es ist die Frage, in wie weit von der Ausbildung oder über Fortbildungen über rechtliche Dinge bei Klassenfahrten aufgeklärt wird. Ich kann mich dahingehend an nichts erinnern. Erst sehr lange nach meiner Ausbildung habe ich meine erste Klassenfahrt durchgeführt, weil diese lange in der Grundschule nicht üblich waren. Wir fuhren mit zwei Klassen und ich konnte mich auf die erfahrene Kollegin verlassen. In den weiteren Jahren habe ich mich genau eingelesen, andere gefragt und Infomaterial besorgt. Das war im Eigeninteresse. Und nach fast jeder Klassenfahrt habe ich wieder Sachen gefunden, die man optimieren kann. Inzwischen scheinen Klassenfahrten mit ein Bestandteil der Ausbildung zu sein, denn es wird gewünscht, dass die Referendare eine 3tägige Klassenfahrt durchführen, die anscheinend im Seminar vorbereitet wird.

    Da Schulleitungen Klassenfahrten genehmigen - oder wie ich lese - auch einfordern, sollte diese doch ganz genau wissen (und das müsste an Schulleiterausbildungen wiederum vermittelt werden), was man tun muss, damit Lehrkräfte und Schulleitungen abgesichert sind. Meine aktuelle Schulleitung will z.B. alle Schreiben an die Eltern bezüglich der Klassenfahrt. Finde ich im Nachhinein gut, denn da ist man abgesichert und der Schulleitung fällt es dann auch auf, wenn etwas nicht abgefragt ist.


    Letztendlich war es an dieser Schule vielleicht nicht üblich, schriftlich Erkrankungen abzufragen bzw. zu wenig kommuniziert. Das Nichtwissen um die Krankheit hat zu dieser Fehleinschätzung geführt. Hätten die Kolleginnen das gewusst, hätten sie sich vermutlich ganz anders verhalten. (Wobei mich schon gewundert hat, dass keiner nach dem Kind geschaut hat, als es an Aktionen nicht teilnahm. Das bleibt mir unverständlich.)

    Der Fehler lag aber schon am Anfang. Es ist aber die Frage, hätten sie wissen müssen, dass man schriftlich abfragt? Wird das auf Fortbildungen so vermittelt? Gibt es überhaupt Fortbildungen bzgl. Klassenfahrten? Wie sieht es mit den ersten Hilfe - Kursen aus? Ich hätte trotz letztem schulbezogenen 1. Hilfekurs vor 2 Jahren nicht gewusst, dass Übelkeit etwas mit Diabetes zu tun hat (wenn die Krankheit nicht bekannt gewesen wäre).

    Die Frage bleibt auch offen, warum die Mutter nicht von sich aus die Lehrkräfte informiert hat. Das kenne ich von der Grundschule anders.

  • Grund dafür:

    - die Schülerin war bereits 6 Jahre lang erkrankt, in der Schule war die Erkrankung mit Sicherheit bekannt.

    Genau dieses „mit Sicherheit“ würde ich in letzter Konsequenz anzweifeln. Ich habe auch schon selber Eltern erlebt, die nicht wahrhaben wollten, dass ihr Kind (psychisch) Erkrankt war und uns als Schule der psychologische Dienst/Amtsarzt darüber informiert hat von wegen Eigen- und Fremdgefährdung der anderen Schüler.


    Auch kam es bisher bei mir so rüber, als das die beiden Kolleginnen hauptsächlich deswegen verurteilt wurden, weil sie etwaige Krankheiten vorher nicht schriftlich abgefragt haben.


    Zitat

    Nach dem Tod einer an Diabetes erkrankten Schülerin sind zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Sie hätten ihre Sorgfaltspflichten verletzt, argumentierte das Gericht.


    Die beiden Lehrerinnen wurden wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen verurteilt. Sie waren 2019 mit Emily und anderen zu einer Klassenfahrt nach London gefahren. Nach Ansicht des Landgerichts Mönchengladbach haben sich die Lehrerinnen vorher nicht ausreichend über den Gesundheitszustand der Schülerinnen und Schüler informiert.

    Quelle: https://www.tagesschau.de/inla…il-im-fall-emily-100.html

  • Hätten die Lehrerinnen denn anders gehandelt, wenn sie zu Beginn vom Diabetes gewusst hätten? Oder es mit "ah ok, Kind weiß ja Bescheid" zur Kenntnis genommen?


    Wie gesagt, dass in drei Tagen nicht einmal das Wort "Diabetikerin" fiel kann ich mir einfach nicht vorstellen. Wer dann nicht sofort den Krankenwagen ruft oder die Eltern anruft, ja der handelt dann wirklich fahrlässig (kurz mal die Krankheit googeln reicht...).

  • Hätten die Lehrerinnen denn anders gehandelt, wenn sie zu Beginn vom Diabetes gewusst hätten?

    Das war ja genau die streitige Frage.


    "Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach ermittelte zunächst gegen vier mitreisende Lehrer:innen, stellte das Verfahren jedoch wieder ein. Die Lehrkräfte, die Emily nicht aus dem Unterricht kannten, hätten nichts von ihrer Dia­beteserkrankung gewusst. Emilys Vater ließ aber nicht locker und erwirkte ein neues Ermittlungsverfahren gegen zwei Lehrerinnen, die auch für die Organisation der Reise verantwortlich waren. Im März 2022 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Doch im Februar 2023 lehnte das Landgericht Mönchengladbach die Anklage ab. Die Lehrkräfte hätten als medizinische Lai­in­nen auch bei Kenntnis von Emilys Diabetes nicht erkennen müssen, dass eine Krankenhausbehandlung des Mädchens erforderlich ist. Auf Fehler bei der Vorbereitung der Reise komme es deshalb gar nicht an. Eine neue Wende nahm der Fall Ende Juni. Nun ließ das Oberlandesgericht Düsseldorf die Anklage gegen die Lehrerinnen doch zu. Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung sei wahrscheinlich."

    https://taz.de/Gerichtsentsche…iner-Schuelerin/!5953442/


    Und zwar wegen der fehlenden schriftlichen Abfrage, wegen der die beiden Lehrerinnen, die die Fahrt organisiert haben, nun verurteilt worden sind. Hätte die vorgelegen, hätten die Lehrerinnen anders reagiert und der Todesfall hätte vermieden werden können. Offensichtlich haben sie sich selbst entsprechend eingelassen, was der Richter als Geständnis gewertet hat.

  • Es geht darum, etwas im Nachhinein zum Gesetz zu erheben, das vorher keins war. Wir alle können einfach froh sein, dass auf einer unserer Fahrten bislang nichts derartiges passiert ist. Hältst du dich davor gefeit? Ich kenne unsere SuS sehr gut, weil die Klassen so klein sind und selbstredend würde ich mich über andere SuS genauestens informieren, bevor ich mit ihnen irgendwohin fahre. Aber es kann immer etwas Schwerwiegendes passieren, wir hatten zum Beispiel eine Suizidankündigung. Wenn die Person vor den Zug gesprungen wäre, hätten die Lehrkräfte auch eine Mitverantwortung im Sinne von "hätten die Betreuenden vorher abfragen müssen" zugesprochen bekommen?

    Noch einmal: eine entsprechende Sorgfaltspflicht bei der Vorbereitung und der Durchführung von Schulfahrten (wie auch des Unterrichts an sich) ist überhaupt nichts neues und wird gerade nicht "im Nachhinen zum Gesetz erhoben". Man kann sich vor so groben Fehlern wie hier durchaus schützen, indem man diese Standards auch einhält.


    Was man leider nicht vollkommen ausschließen kann, sind Unfälle und andere unvorhergesehene Ereignisse innerhalb von Schulen und auch auf Schulfahrten. Wenn man dabei jedoch nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Pflichten verletzt hat, wird man damit auch keine juristischen Probleme erhalten. Und ja, bzgl. einer Suizidankündigung hätte ich vorher sicher nicht mit den Achseln gezuckt und nichts unternommen, sondern allermindestens das ein oder andere Gespräch geführt und dokumentiert.

  • Und zwar wegen der fehlenden schriftlichen Abfrage, wegen der die beiden Lehrerinnen, die die Fahrt organisiert haben, nun verurteilt worden sind. Hätte die vorgelegen, hätten die Lehrerinnen anders reagiert und der Todesfall hätte vermieden werden können. Offensichtlich haben sie sich selbst entsprechend eingelassen, was der Richter als Geständnis gewertet hat.

    Ja, wichtig scheint mir aber hier auch, dass - anders als von einigen geäußert - die Verurteilung mit hoher Sicherheit nicht ausschließlich aufgrund der fehlenden schriftlichen Abfrage erfolgte, sondern mit dieser groben Pflichtverletzung lediglich die ursprüngliche Annahme, als medizinische Laien seien sie nicht in der Lage gewesen, den Ernst der Situation zu erkennen und daher nicht zur Verantwortung zu ziehen, entkräftet wurde.

  • Man kann sich vor so groben Fehlern wie hier durchaus schützen, indem man diese Standards auch einhält.

    Welche Standards?

    Ich bin z.B. verwundert darüber, dass ihr Vorerkrankungen überhaupt abfragt. Ok, ich unterrichte ausschließlich in der Sek. 2, aber bei uns wurden Vorerkrankungen noch nie abgefragt. Warum auch? Steht ja nirgendwo in einer Verordnung, dass man dies tun muss.


    Ich habe ein solches Vorgehen auch weder im Referendariat noch in späteren Fortbildungen kennengelernt.


    Entsprechend käme ich gar nicht auf die Idee so etwas abzufragen. Ganz im Gegenteil bin ich bis gestern davon ausgegangen, dass ich die Krankengeschichte gar nicht abfragen darf von wegen Datenschutz und Persönlichkeitsrecht.

  • Man hat ja nicht alle vier Lehrer:innen nochmal angeklagt, sondern nur die beiden. Man musste ihnen daher etwas vorwerfen, was den anderen nicht vorzuwerfen ist. Was sie darüber hinaus selbst vor Gericht geäußert haben, kann das Feld natürlich wieder erweitert haben. Dass aber im Endeffekt eine Korrektur erfolgen sollte, denke ich auch.

  • Der Fehler lag aber schon am Anfang. Es ist aber die Frage, hätten sie wissen müssen, dass man schriftlich abfragt? Wird das auf Fortbildungen so vermittelt?

    Man braucht meines Erachtens keine spezielle Fortbildung für Klassenfahrten, um als Lehrkraft zu wissen, dass man so viel wie möglich schriftlich dokumentieren muss für den Fall, dass doch einmal etwas schief gehen sollte. Darauf wird schließlich ständig hingewiesen im Schulalltag. Sei es am Schuljahresanfang, wenn daran erinnert wird, dass Sicherheitsbelehrungen erfolgen und im Tagebuch dokumentiert werden müssen, sei es aber eben auch konstant im Schuljahresverlauf, wenn es wieder irgendwelche Hinweise an alle Klassen weiterzugeben gilt infolge aktueller Vorfälle, die dann eben auch im Tagebuch dokumentiert werden müssen. Das ist an meiner Schule so mindestens 3-4x pro Schuljahr explizit Thema auf GLK und DB, wobei die SL jedes einzelne Mal darauf hinweist, dass die schriftliche Dokumentation letztlich auch schlicht unserem Schutz dient als Lehrkräfte.


    Gibt es tatsächlich Schulen, in denen niemals Schuljahresverlauf darüber gesprochen wird, dass und warum man bestimmte Dinge, wie z.B. Sicherheitsbelehrungen schriftlich dokumentieren muss? Und ergibt sich daraus nicht völlig unmissverständlich, dass man auch an zahlreichen anderen Stellen sinnvollerweise schriftlich abfragt, um eben auch schriftlich dokumentieren zu können was z.B. abgefragt und geantwortet wurde von den Eltern?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Notfallinformationen für eine Klassenfahrt abfragen – datenschutz-schule.info

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin z.B. verwundert darüber, dass ihr Vorerkrankungen überhaupt abfragt. Ok, ich unterrichte ausschließlich in der Sek. 2, aber bei uns wurden Vorerkrankungen noch nie abgefragt. Warum auch? Steht ja nirgendwo in einer Verordnung, dass man dies tun muss

    Bei Diabetis geht es nicht um eine "Vorerkrankung", sondern um eine aktuelle Erkrankung zur Zeit der Klassenfahrt.

  • Ich finde, dass die verschiedenen Berichterstattungen in den Medien die Fakten doch etwas verzerrt haben - zuungunsten der Kolleginnen.


    - Die Eltern sind getrennt, der Vater ist gar nicht mehr sorgeberechtigt. Im Vorfeld der Fahrt war er nicht beteiligt.


    - Die Fahrt nach London war eine freiwillige Fahrt gemischter Klassen ohne die angestammten Lehrer, die verurteilten Lehrkräfte kannten Emily vorher nicht.


    - Es fand ein Elternabend statt, auf dem die Vorerkrankungen abgefragt wurden. Ob Emilys Mutter anwesend war, ist mir nicht bekannt. Eine schriftliche Abfrage hat nicht stattgefunden. Die angestammten Lehrkräfte wurden von den begleitenden Lehrkräften über die Teilnehmer informiert, eine Rückinfo fand nicht statt.


    - Die Gruppe war wohl am Donnerstag schon in London unterwegs und abends chinesisch essen. Daraufhin hat nicht nur Emily sich übergeben, sondern mindestens noch ein weiteres Mädchen.


    - Am Freitagmorgen sollten Freundinnen bei Emily bleiben (und auch dem anderen Mädchen), die 4 Lehrkräfte waren mit den knapp 60 Kindern den Tag über unterwegs. Wussten die Freundinnen von dem Diabetes? Warum hat keines der Mädchen etwas gesagt, auch Emily nicht?


    - Laut den 4 Lehrkräften wurden abends alle Zimmer besucht, aber mehr Info habe ich dazu nicht.


    - Nach der Nacht zum Samstag wurde der Rettungsdienst verständigt, Emily kam ins KH. Am Samstagmorgen hat Emilys Mutter den ersten Kontakt zu ihrer Tochter aufgenommen.


    Wir reden faktisch von einem Tag, nicht von drei - den ganzen Donnerstag war Emily mit dabei, am Freitag blieb sie im Hostel, am Samstagmorgen wurde der RTW verständigt.

    Ehrlich gesagt: Ich unterrichte ältere Schüler, aber das hätte mir durchaus auch passieren können. Ich wüsste nicht einmal, wo meine Schule die Schülerakten aufbewahrt, ich habe in 20 Jahren noch nie eine gesehen.


    Für mich bleiben noch einige Fragen ungeklärt, die vielleicht in der Prozessakte stehen. Gerade die Rolle der Mutter wundert mich sehr.

    Die Kolleginnen hätten sicherlich genauer hinschauen können, aber das können wir immer und jederzeit. Ob das für eine Verurteilung ausreicht, daran habe ich echte Zweifel.

  • ...

    Und ja, bzgl. einer Suizidankündigung hätte ich vorher sicher nicht mit den Achseln gezuckt und nichts unternommen, sondern allermindestens das ein oder andere Gespräch geführt und dokumentiert.

    Wieso vorher? Es ging um eine Fahrt, auf der etwas vorgefallen ist. Zum Glück ist nichts passiert, zum Glück passieren Todesfälle auf Klassenfahrten äußerst selten. Die grobe Fahrlässigkeit kann man doch aber nur am akuten Verhalten der Personen festmachen. Wenn sie nichts unternehmen zum Beispiel, 3 Tage ein Kind krank im Herbergszimmer zurücklassen. Lehrpersonen zu verurteilen, weil sie im Vorhinein eine Information nicht erfragt haben, die sie nicht erfragen mussten, finde ich nach wie vor zweifelhaft. Zumal aus dem Wissen um eine Diagnose keinerlei Handlungswissen für den Laien erfolgt.

    Gibt es tatsächlich Schulen, in denen niemals Schuljahresverlauf darüber gesprochen wird, dass und warum man bestimmte Dinge, wie z.B. Sicherheitsbelehrungen schriftlich dokumentieren muss? Und ergibt sich daraus nicht völlig unmissverständlich, dass man auch an zahlreichen anderen Stellen sinnvollerweise schriftlich abfragt, um eben auch schriftlich dokumentieren zu können was z.B. abgefragt und geantwortet wurde von den Eltern?

    Das hat doch rechtlich gesehen keine Relevanz. Relevant wäre, wenn es einen Klassenfahrtenerlass gäbe, in dem stünde, dass chronische Erkrankungen abzufragen sind. Ich vermute, warum das nicht so ist, könnte darin begründet liegen, dass Lehrkräfte eben gerade nicht für die korrekte Behandlung von diversen Erkrankungen verpflichtet werden können. Dazu zählt z.B. auch die Gabe von Notfallmedikamenten. Mann kann nicht verlangen, dass Lehrkräfte über alle existierenden Erkrankungen Bescheid wissen. Dass Diabetes in wenigen Tagen tödlich enden kann, weiß nicht jede Lehrkraft und es gibt unzählige Erkrankungen von denen man noch nicht mal gehört hat, diese Verantwortung darf man m.E. Lehrpersonen nicht auferlegen. Oder wenn auf einem Zettel xy-Syndrom gestanden hätte, hätte man dann auch verlangt, dass sich die Lehrerinnen erst informieren, was dieses Syndrom alles an Folgen nach sich zieht?


    Sie müssen aber erste Hilfe leisten, allein dafür sollten sie nach meinem Empfinden und zum Schutz aller Lehrpersonen verurteilt werden, wenn es so sein soll, auch mit einer Haftstrafe oder einer Schmerzensgeldhöhe, von der sich die Eltern eine 6-monatige Reha leisten können.

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