Religionsunterricht an staatlichen Schulen?

    • Offizieller Beitrag

    Meinst du vielleicht das?

    Zitat

    Es ist nicht schwer, eine Muttersprache zu lernen, das kannst du mit dem Fremdsprachenerwerb nicht vergleichen. Oder bewunderst du etwa deutsche Kinder und dich selbst, wie toll du die Deklinationen auf Deutsch beherrschst?


    Es ist was anderes.
    Klar wird die Muttersprache "aufgesaugt" (obwohl ich ziemlich bin, dieses Wort nicht benutzt zu werden).
    Ich bin NICHT eine Verfechterin davon, viele Fremdsprachen so früh wie möglich einzuführen, das habe ich sicher nirgendwo geschrieben. Aber die Förderung der MUTTERsprache (!!) (Auch wenn es für DICH und die Gesellschaft eine FREMDsprache ist) ist das Wichtigste.
    Und da ich auch etwas von "doppelter Halbsprachigkeit" (vgl. Gogolin) schrieb, bin ich mir (im Einklang mit der Wissenschaft) dessen bewusst, dass Kinder ihre Muttersprache ohne bewusstes, klares Verständnis von und für Regel lernen (dasselbe gilt eben auch mehrheitlich für die ZWEITsprache, also die Sprache der Gesellschaft, in der man aufwächst, es sei denn, die Zweitsprache ist eben post-Spracherwerb dazugekommen und ist eine FREMDsprache), es aber nicht ohne Unterstützung geht. Das ist auch bei Einsprachler*innen so: Sie lernen am Modell und wenn das Modell keine Bildungssprache benutzt, braucht man mehr Modelle. Das Scheitern der Mehrsprachigkeit liegt also eher an den Sprachmodellen und Unterstützung.

  • Am Ende können wir auch keine Wunder vollbringen und wenn beim Schüler schlichtweg die Grenze des Wollens und des Könnens erreicht ist, muss man das akzeptieren. Wenn er die Schule am Ende ohne gesicherte Lesekompetenzen verlässt, muss er sich überlegen, ob er so sein ganzes Leben irgendwie verbringen will oder vielleicht doch noch einmal zur Volkshochschule geht und einen Kurs belegt. Manche bekommen im Erwachsenenalter noch einen Motivationsschub, bei Anderen ist halt wirklich Hopfen und Malz verloren.

    Ich hatte ja weiter oben schon geschrieben, dass eine „macht was ihr wollt“ Einstellung in den Grundschulen nicht vorstellbar ist und dass es nicht ausreicht, ein Angebot auszulegen.


    Gymshark

    Zu diesem Beitrag bescheinige ich dir persönlich ein geradezu erschreckendes und extrem herabwürdigendes Menschenbild, das du da zeichnest.

    Nahezu alle Schüler:innen sind in der Grundschule in der Lage, lesen zu lernen, wenn sie Hilfe beim Üben erhalten.

    Kinder mit Unterstützungsbedarf Lernen benötigen länger, diese Zeit wird ihnen über den Unterstützungsbedarf gewährt.

    Selbst die Kinder mit Unterstützungsbedarf Geistiger Entwicklung, die bisher bei uns an der Schule waren, haben es geschafft, lesen zu lernen. Letztere hatten aber Helfende an ihrer Seite, die für sie allein da sind und täglich mit ihnen wiederholen und üben können. Und sie benötigen sehr viel Zeit, da reicht ein Jahr nicht aus, in Klasse 3 oder 4 freut man sich dann über die Fortschritte. Sie lesen auch dann keine Bücher, aber sie bleiben keine Analphabeten.


    Sich darauf zurückzuziehen, dass einige es einfach nicht könnten, ist … mir fehlen angemessene Worte, aber ich finde die Einstellung mehr als herabwürdigend.


    Es wird Kinder geben, die es nicht erlernen können, bestimmt, aber es sind bei Weitem nicht 25% der Kinder, die kognitiv nicht dazu in der Lage sein sollen.


    Von „wollen“ kann noch weniger die Rede sein, gerade die beeinträchtigten Kinder wollen oft unbedingt und üben engagiert und kommen doch nur langsam voran, was nicht am Wollen, sondern an der kognitiven Beeinträchtigung liegt.

    Und ja, es gibt auch in der Grundschule Kinder ohne Neugier, ohne Interesse, abgestumpft, gezeichnet, übermüdet, hungrig, manche grenzenlos, das sind solche, die vor lauter Schrecken und Sorgen im eigenen Leben gar nichts mehr wollen oder wagen.


    Es werden keine Wunder erwartet?

    Doch.

    Aber anders, als du es zeichnest:

    Erwartet werden sollte dass man die Aufgaben in der Grundschule ernst nimmt und dafür die notwendige personelle Ausstattung gewährt, um Kindern schon frühzeitig im Lernprozess Unterstützung zu geben. Das wäre aus heutiger Sicht ein Wunder, auch wenn es eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

    Weil dies seit 20 Jahren nicht erfolgt, gebärdeten man sich nun erstaunt … und erwartet einmal mehr, dass Lehrkräfte in der Grundschule dies mit vorhandenen Mitteln retten.

    Dieses „Wunder“ werden die Grundschullehrkräfte nicht liefern können.


    Bestimmt suchen die Lehrkräfte an Grundschulen, wie sonst auch, nach Möglichkeiten und Lösungen, was sich auch hier im Forum abzeichnet. ( Quittengelee Liste folgt).


    Das fehlende Personal werden die Lehrkräfte nicht einstellen können und den Lehrkräftemangel müssen sie seit vielen Jahren auffangen, Abordnungen und anderes Personal einarbeiten und Material wie Wissen teilen.

    Es geht also einmal mehr auf dem Rücken der Grundschullehrkräfte, die es nicht schaffen, sich genügend abzugrenzen, um bei einer 40-h-Woche zu landen, weil sie die lesenden Kinder sehen wollen und wissen, was den ihnen anvertrauten Kindern möglich wäre, wären die Bedingungen bessere.

    Am Ende werden sich die Grundschullehrkräfte aber sicher nicht hinstellen und behaupten, die Kinder wären schlicht zu dumm und hätten nicht gewollt.

  • OT: Ich erinnere mich an den Deutschunterricht in der 3. Klasse. Einmal pro Woche wurde laut gelesen. Ein Text aus dem Lesebuch und gefühlt 20mal. Das war für mich die schlimmste Stunde der Woche. Hausaufgabe: Diesen Text üben :explodier:Als Kind dachte ich: Warum lesen die alle so schlecht und stottern so rum? Warum können die das NACH der Hausaufgabe immer noch nicht? Jetzt kann ich ja sagen, dass ich diese Hausaufgabe fast immer geschwänzt habe, aber ich habe andere Dinge gelesen. Mein Grundschullehrer hatte einen Wandschrank mit altersgerechten Kinderbüchern und jeden Samstag durften wir eins ausleihen und mit nach Hause nehmen (Ausleihkarte), wenn wir das alte zurückgegeben hatten. DAS habe ich geliebt, denn ich besaß wenig eigene Bücher. Was ich sagen will: Auch früher gab es genug schlechte Leser :flieh:

  • Wer sich weiter über das Thema Fremdsprachenunterricht in der Primarstufe informieren möchte, dem würde ich übrigens wirklich empfehlen, mal hierauf zu klicken:


    https://lvb.ch/lvbinform/2022-…e-erkenntnisse-zum-thema/


    Die KuK haben die Übersicht mit sehr viel Fleiss zusammengetragen, natürlich sicherlich tendenziös zugunsten der vorherrschenden Meinung ausgewählt. Ich kenne die Leute ja aber, da sind einige dabei, die selbst an der Sek I z. B. Französisch unterrichten und seit Jahren am Verzweifeln sind. Ich halte es für einen bemerkenswerten Vorgang, dass ausgerechnet in der so stolz mehrsprachigen Schweiz das Konzept des frühen Fremdsprachenunterrichts in absehbarer Zukunft eingestampft werden wird.


    In unserem Setting ist der Befund eindeutig: Es ist nicht nur nicht nützlich, es schadet. Wir haben einfach sehr viele Migrantenkinder, die zwingend darauf angewiesen sind, an der Primarschule Deutsch zu lernen, zu Hause passiert es nicht. Die nationalen Auswertungen der PISA-Studien (bei IGLU sind wir nicht dabei) zeigen, dass das grundsätzlich auch funktioniert. Die Lesekompetenz der migrantischen Kinder 1. Generation hat von PISA 2000 bis PISA 2018 praktisch zur 2. Generation Migrantenkinder aufgeschlossen während in Deutschland diese Lücke riesig geworden ist. Bedauerlicherweise bleibt einfach auch bei uns immer noch ein signifikanter Unterschied zu Kindern, die die jeweilige Landessprache als Muttersprache sprechen. Migrantische Kinder ab der 3. Klasse Primar dann auch noch mit einer weiteren Fremdsprache zu belästigen kann einfach nicht gut gehen. Einige deutschschweizer Kantone haben das "Frühfranzösisch" schon rausgeschmissen, andere haben Französisch immerhin an der Sek I im Leistungszug A (entspricht der deutschen Hauptschule) in den Wahlpflichtbereich verbannt.


    Bezüglich Deutschland bin ich ganz bei Moebius : Das ganze ist ein Symptom verfehlter Migrationspolitik. Hierzu:


    Zu diesem Beitrag bescheinige ich dir persönlich ein geradezu erschreckendes und extrem herabwürdigendes Menschenbild, das du da zeichnest.

    Ich bin mir unterdessen ziemlich sicher, dass da jemand schreibt, der gar keine Praxiserfahrung hat. "Französisch" als Schulfach im Profil ist ebenso ziemlich sicher nur ein Platzhalter.

  • Einer dieser typischen Artikel, in dem nicht unterschieden wird *wie* die 2., 3., ... Sprache gelernt wird. Dazu hat chilipaprika sich schon ausführlich geäussert. Ich kenne die Ergebnisse unserer nationalen Erhebungen: Es funktioniert überall dort ganz hervorragend, wo mehrere Sprachen *im Alltag* gesprochen werden. Bemerkenswerterweise zeigen die Kinder in den mehrsprachigen Kantonen ja auch bessere Leistungen in Mathematik.

  • In Bayern hat man in der 1. Klasse in der Woche nur 23 Stunden Unterricht, in der 2. nur 24, wenn ich mich nicht irre. Also im Schnitt nicht mal 5 Stunden Unterricht pro Tag. Mein Kind hatte regelmäßig um 11.10 Uhr Unterrichtsschluss. Da müsste eigentlich schon noch Luft sein, mehr zu lesen oder auch nur zu rechnen. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass in anderen Ländern einfach grundsätzlich mehr Unterrichtszeit stattfindet.

  • Ich habe es vorhin noch mal nachgeschlagen,

    Hamburg hat 108 Stunden in der Pflichtstundentafel der Grundschule,

    Bayern 104,

    dazwischen die anderen Länder,

    Niedersachsen 94,

    Brandenburg 93,

    Hessen, SH und Berlin 92 (Schlusslichter).


    Die Aufteilung innerhalb der Grundschule ist auch verschieden, manchmal flexibel,

    In NDS kann man in der 1. Klasse 20 Stunden setzen und 22 in der 2. Klasse

    oder beide Male 21 Stunden.


    „Nur“ ist also relativ.

    Entscheidend wird auch sein,

    - ob man 5, 6 oder 7 Stunden Deutsch erteilt,

    - ob man zusätzliche Förderstunden für alle hat,

    - ob man zusätzliche Förderstunden für kleine Gruppen hat,

    - ob man als Klassenleitung viele oder wenige Stunden hat und die Zeit für die Klassenangelegenheiten überwiegend aus den Deutschstunden genommen werden müssen (Klassenleitung hat D/Sp) oder andere Zeiten möglich sind, weil man nahezu alle Fächer hat und dann einfacher etwas verschieben kann.

  • Also im Schnitt nicht mal 5 Stunden Unterricht pro Tag.

    Und das ist gut so!

    Es hat schon Gründe, dass man 20-30 Fünf- bis Siebenjährige nicht in einem Raum fünf Unterrichtsstunden oder sogar länger zum Lernen einpfercht. Da scheinen sich die Bundesländer sogar mal einig zu sein. In der 2. Klasse gibt es zu Recht nur ganz selten mal in den hinteren Randstunden Unterricht in "Nebenfächern". Mag ja sein, dass manche Lehrer*innen dann noch "Luft nach oben" haben (Respekt!), die meisten Kinder aber bestimmt nicht.

  • NRW - Gesamtunterrichtszeit in Wochenstunden für die

    Schuleingangsphase: 1. Jahr: 21-22, 2. Jahr: 22-23

    Klasse 3: 25-26, Klasse 4: 26-27

    Wie man sieht, taucht die 30 nicht auf. Es kommt nicht auf die Länge an, auch hier...:pfeifen:

  • Ich weiß, dass ich es in der Ausbildung in einer Vollen Halbtagsschule anders erlebt habe.

    Dort hatten alle 1.+2. Klassen 5 Stunden und die 3.+4. täglich 6 (so erinnere ich es zumindest).


    Die Tage waren anders eingeteilt und die zusätzliche Zeit ging ins Üben, die Klassenleitung hatte diese Stunden und es gab individuelle Aufgaben (vergleichbar mit Wochenplan-Aufgaben).


    Derzeit sehe ich, dass Kinder nach einer Pause, bei uns ist in der 5. Stunde die Betreuung für die Verlässlichkeit, im Anschluss doch wieder recht gut mitarbeiten können, wenn sie dann in der 6. Stunde in einer kleinen Gruppe Förderung erhalten. Das planen wir nur in Ausnahmen, aber ab dem 2. Halbjahr klappt das auch bei Erstklässlern recht gut.

  • Deutsches Schulportal der Robert Bosch Stiftung schrieb:


    "Soziale Herkunft und Migrationshintergrund: Die sozialen und migrationsbedingten Unterschiede bei den Lesekompetenzen sind seit 2001 kaum verändert und fallen im internationalen Vergleich besonders hoch aus. In den letzten 20 Jahren hat sich hier in Hinblick auf die Bildungsgerechtigkeit nichts getan. Kinder, die zu Hause manchmal oder nie Deutsch sprechen, erreichen deutlich schlechtere Leseleistungen als Kinder, die zu Hause Deutsch sprechen. Der Leistungsnachteil beträgt etwa ein Schuljahr (40 Punkte). Andere Länder zeigen, dass das nicht so sein muss. In Italien etwa liegt der Leistungsnachteil der Kinder, bei denen die Testsprache nicht zu Hause gesprochen wird, nur bei 24 Punkten, in Polen bei 13 Punkten. Ähnlich groß ist der Unterschied in Deutschland je nach sozioökonomischem Hintergrund. Der Vorsprung der Kinder aus Haushalten mit mehr als 100 Büchern beträgt 42 Punkte gegenüber jenen Kindern aus Elternhäusern mit weniger als 100 Büchern."


    Was würdest du vermuten, Moebius , warum es in Polen und Italien leichter ist, in der Zielsprache hohe Lesekompetenzen zu erreichen als in Deutschland mit Migrationshintergrund?


    Noch klarer dieses Statement und es ärgert mich, wenn nicht wenigstens mal anerkannt wird, dass es so ist:


    "Die Schwelle für eine Gymnasialempfehlung durch die Lehrkraft liegt bei Kindern aus Arbeiterfamilien bei 559 erreichten Punkten in der Lesekompetenz, Kinder aus Akademikerfamilien brauchen dagegen nur 510 Punkte für eine solche Prognose."



    • Offizieller Beitrag

    Die Zahl für Berlin ist veraltet, wir haben 96. Seit ein paar Jahren gibt es eine zusätzliche Deutschstunde zur Leseförderung. In Klasse 1 sieben Deutschstunden, danach 8.

    Hinzu kommt, dass wir keinen verpflichtenden Religionsunterricht haben.

    Im Prinzip ist das der richtige Ansatz.


    Danach kommt es dann aber: Förderstunden fallen weg, weil es nicht genug Lehrkräfte gibt, Vertretung muss aus Förderstunden bewältigt werden.


    Hinzu kommt, dass ich als Klassenleiterin das zweite Jahr in Folge fast nur 4. bis 6. Stunde in der Klasse bin. Das merkt man deutlich.

  • Ja, an Berlin sollte sich der Rest der Republik ein Vorbild nehmen.

    Dann fehlen Kindern aber die religiös-weltanschaulichen Grundlagen, um viele Grundprinzipien in unserer Gesellschaft zu verstehen. Oder würdest du empfehlen, dass Eltern diese vermitteln sollen?

  • Dann fehlen Kindern aber die religiös-weltanschaulichen Grundlagen, um viele Grundprinzipien in unserer Gesellschaft zu verstehen. Oder würdest du empfehlen, dass Eltern diese vermitteln sollen?

    Ich finde Ethik für alle wäre eine gute Lösung. Da sollten alle (Welt-) Religionen neutral Thema sein und eben Werte & Normen, philosophieren, etc.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Ich finde Ethik für alle wäre eine gute Lösung. Da sollten alle (Welt-) Religionen neutral Thema sein und eben Werte & Normen, philosophieren, etc.

    Finde ich eine gute Idee!


    Was sind die Inhalte von Lebenskunde? Ich stelle mir unter dem Begriff eher eine Art Arbeitslehre vor, was wahrscheinlich damit nicht gemeint ist.

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