Pädagogische Notengebung

  • Hallihallo liebes Forum.

    Ich habe eine Frage:

    Wenn ein S eigentlich immer 1 und 2+ schreibt aber in der letzten Klausur (4. von 4) bei einer großen Aufgabe Schwierigkeiten hatte und nun insgesamt mündlich eine 1 hat und schriftlich eine 2 (mit 87%, 91,45% wären eine 1, Berufsschule) - Kann ich ihm ermöglichen, mit einer Zusatzleistung auf dem Zeugnis eine 1 zu erreichen? Seine mündliche Note kann er ja nicht mehr verbessern.

    Im Kollegium hörte ich den Begriff "pädagogische Notengebung". Leider habe ich in meinem Studium keinerlei pädagogische Ausbildung genossen. Deswegen habe ich keine Vorstellung, was pädagogische Notengebung ist und wie man das begründet.

    Gibt es so etwas wie eine Handreichung o.ä.? Bin für jeden Tip dankbar. Möchte mich korrekt verhalten und ihm aber eine 1 ermöglichen :)

  • Da es rein mathematisch überhaupt gar keinen Sinn macht, Ordinalzahlen miteinander zu verrechnen, geschweige denn einen Durchschnitt zu bilden, kannst du natürlich in der Gesamtnote eine 1 geben, obwohl eine Einzelleistung nicht so gut ausgefallen ist, wie sonst. Wieso sollte das nicht erlaubt sein?


    Eine Zusatzleistung würde ich nicht erlauben. Wenn man das anfängt, hat man ganz schnell am Ende des Halbjahres / Schuljahres x Schüler*innen, die noch ein Referat, etc. machen wollen.

  • Ich würde einfach für einen besonders gelungenen UB eine zusätzliche mündliche Note geben (sofern die ausreicht). Muss halt nur bei eventuellen Nachfragen begründet werden können. Alternativ in der Klassenkonferenz die rechnerisch abweichende Note mit dem pädagogischen Spielraum und der Ganzjahresleistung begründen.

  • Das mit den Ordinahlzahlen verstehe ich nicht...

    In Niedersachsen gibt es vorgebene Notenschlüssel. Von der IHK für die Berufsschule, vom KM fürs BG. x % = Note y.

    Ich errechne die Noten so:

    Der besagt Schüler ist an Position 3.

    Die Tabelle unten links ist der offizielle Notenschlüssel, die anderen beiden unteren Tabellen sind meine persönlichen Skalen für die mündliche Leistung.

  • Ich habe drei Paar Schuhe. Ein Paar in Größe 39, zwei Paar in Größe 40. D.h. meine Schuhgröße ist 39,67? Nein, eben nicht. Das macht keinen Sinn. Ich habe Schuhgröße 40 und die 39 ist halt ein Ausreißer…

  • Im Schulrecht in Ba-Wü wird auf das pädagogische Augenmaß bei der Notenvergabe ausdrücklich hingewiesen.

    Dort wird sinngemäß ausgeführt, dass die Notengebung nie/nicht nur ein rein arithmetisches Produkt sein darf. Es geht um die Berücksichtigung sämtlicher gezeigter Schülerleistungen des zugrundeliegenden Zeitraums in allen Dimensionen und deren sinnvolle Gewichtung.


    Bei der Benotung handelt es sich übrigens um „normales“ Verwaltungshandeln und keinen Verwaltungsakt, was die Überprüfbarkeit durch Dritte zwar erschwert, aber bei Anwendung von nachvollziehbaren Kriterien durch die Lehrkraft Freiräume schafft.

  • Alles sehr abhängig von Bundesland und Schulform. In der nordrhein-westfälischen Oberstufe wäre damit ein "sehr gut" möglich (§13,1 APO-GOst), ähnlich wie es mein Vorredner für BaWü ausführte. In der Sek I müsste die schriftliche Leistung streng genommen stärker berücksichtigt werden, meine SL würde mir aus einer pädagogischen 1 aber ganz sicher keinen Strick drehen.

  • Das mit den Ordinahlzahlen verstehe ich nicht...

    In Niedersachsen gibt es vorgebene Notenschlüssel.

    Das Problem mit der Rechnerei ist, dass du einem Wert einen anderen zuordnest und dann versuchst, mit dem zugeordneten Wert zu rechnen. In einem Land, in dem es für 100% ein "A" und für 75% ein "B" gibt, müsstest du (A+B):2 rechnen. Welcher Buchstabe wäre das?


    Vorschlag zur pädagogischen Entscheidung: überlege es dir im Wortlaut. 1 ist im Wortlaut sowas wie "übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße" eine 2 sowas wie "erfüllt die Anforderungen voll". Wenn die Leistung übers Jahr verteilt auf die Unterrichtsziele bezogen immer hervorragend ist, dann gibt's die 1, würde ich sagen...


    Edit: Und ja, es gibt für jedes Bundesland und jede Schulart Verordnungen zur Leistungsbewertung.


    Editedit: Humblebee müsste es für deinen Fall genau wissen :_o_)

  • Der IHK Notenschlüssel gilt doch letztlich auch nur für die Bewertung von Einzelleistungen, die auf der Vergabe von Rohpunkten basieren. Er sagt nichts darüber aus, wie in deinem pädagogischen Ermessen eine Gesamtbeurteilung zu bilden ist. Bei einem Schüler wie hier, der im schriftlichen Bereich "gute" bis "sehr gute" Leistungen und im Bereich der sonstigen Mitarbeit "sehr gute" Leistungen erbracht hat, spricht m.E. nichts gegen das Gesamturteil "sehr gut".

  • Naja, naiv würde ich sagen: Wenn Die Grenze für ein A bei 100 % liegt, dann bekommt man für 87,5 ein B.

    Wozu gibt es denn sonst Notenschlüssel?

    Nur für den Fall, dass sich gefragt wird, ob ich Euch veralbern möchte: Nein.

  • Ich würde einfach für einen besonders gelungenen UB eine zusätzliche mündliche Note geben (sofern die ausreicht). Muss halt nur bei eventuellen Nachfragen begründet werden können. Alternativ in der Klassenkonferenz die rechnerisch abweichende Note mit dem pädagogischen Spielraum und der Ganzjahresleistung begründen.

    Bayrischer gehts nicht.


    In NRW gibt man einfach die 1, wenn man man sie gerechtfertig findet. Fertig.

  • Ich würde einfach für einen besonders gelungenen UB eine zusätzliche mündliche Note geben (sofern die ausreicht). Muss halt nur bei eventuellen Nachfragen begründet werden können. Alternativ in der Klassenkonferenz die rechnerisch abweichende Note mit dem pädagogischen Spielraum und der Ganzjahresleistung begründen.

    Herrlich, wie du die Absurdität des bayerischen Systems - und gleichzeitig dessen Unterlaufung durch die bayerischen Kollegen, die ja dem Schüler prinzipiell auch nix böses wollen - auf den Punkt bringst.

  • ...Wenn Die Grenze für ein A bei 100 % liegt, dann bekommt man für 87,5 ein B.

    Das geht aber nur bei einer Klausur. 87,5% aller Verrechnungspunkte erreicht, per Notenschlüssel wird eine 2 erteilt/zugewiesen. Du möchtest aber mehrere Klausuren mit unterschiedlichen Anforderungen und mündliche Noten mit noch mal anderen Kriterien miteinander verrechnen. Im Grunde machen das sowieso die allermeisten Kolleg*innen so, in Bayern ist es sogar Pflicht und Eltern erwarten es in aller Regel auch. Wenn man sich für die schlechtere Note entscheidet, wird natürlich eine Erklärung erwartet und da sollte man dann eine Begründung finden, die über ein 'pädagogisch fand ich das halt richtig' hinausgeht. Ich wette, das ist auch in NRW nicht anders.

  • Im Kollegium hörte ich den Begriff "pädagogische Notengebung". Leider habe ich in meinem Studium keinerlei pädagogische Ausbildung genossen. Deswegen habe ich keine Vorstellung, was pädagogische Notengebung ist und wie man das begründet.

    Alles Wichtige dazu wurde von meinen "Vorschreiber*innen" bereits erläutert.

    Ich wundere mich allerdings sehr, dass ihr über das Thema "Notengebung" - und in diesem Zusammenhang auch über "pädagogische Noten" - bislang nicht in euren Veranstaltungen im Studienseminar gesprochen habt!? Das ist doch ein wichtiger Punkt in eurer Ausbildung und wird für dein Studienseminar hier unter "6. Lernerfolg überprüfen und Leistungen bewerten" auch aufgeführt: Begleitung und Betreuung der LiV (studienseminar-ol-bbs.de). Wir haben damals sowohl im Pädagogischen Seminar als auch in den Seminaren der beruflichen Fachrichtung und des Unterrichtsfachs diese Thematik behandelt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Alles Wichtige dazu wurde von meinen "Vorschreiber*innen" bereits erläutert.

    Ich wundere mich allerdings sehr, dass ihr über das Thema "Notengebung" - und in diesem Zusammenhang auch über "pädagogische Noten" - bislang nicht in euren Veranstaltungen im Studienseminar gesprochen habt!? Das ist doch ein wichtiger Punkt in eurer Ausbildung und wird für dein Studienseminar hier unter "6. Lernerfolg überprüfen und Leistungen bewerten" auch aufgeführt: Begleitung und Betreuung der LiV (studienseminar-ol-bbs.de). Wir haben damals sowohl im Pädagogischen Seminar als auch in den Seminaren der beruflichen Fachrichtung und des Unterrichtsfachs diese Thematik behandelt.

    Wenn Du etwas weiter runterscrollst, dass siehst Du eine kleine Grafik (übrigens auch von 2015), die LF1 bis LF5 darstellt. Wir sind aktuell im PS bei LF5. Ich habe grade nochmal die wenigen Wahlmodule durchsucht, die uns angeboten bzw. zu denen wir verpflichtet waren. Nichts mit Notengebung dabei...

  • Klinger : Die Grafik sehe ich. Ist aber leider so winzig klein und nicht vergrößerbar, so dass ich sie nicht lesen kann. :(

    Nichtsdestotrotz würde ich an deiner - eurer! - Stelle unbedingt in nächster Zeit in deinem PS ansprechen, dass dich diese Thematik interessiert und ja wohl auch für alle anderen wichtig ist. Es kann m. E. nicht angehen, dass die Leistungsbewertung und Notengebung nicht im Seminar thematisiert wird.

    Ich glaube, ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit einem eurer Seminarleiter sprechen, mit dem ich persönlich bekannt bin ;) !

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  • Möchte mich korrekt verhalten und ihm aber eine 1 ermöglichen :)

    Wo kein Kläger, da kein Richter.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

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