Gesamte Ausbildung der Grundschullehrkräfte "neu denken"

  • "Paul kommt fast immer wesentlich später aus der Schule, hat ständig Konferenzen, zwei Klassenleitungen (BK), korrigiert zu Hochzeiten die Wochenenden durch und muss mehr vorbereiten. Er ist jedes Jahr irgendwie im Abi. Ich hab's da echt chillig."


    Scheint alles eine Frage der Perspektive zu sein.

    Joa, oder auf das BK (oder die weiterführende Schule), wo man tätig ist... Anekdotische Gegenbeispiele aus dem BBS-Bereich: Ich kenne viele BBS-Lehrkräfte hier in NDS, die nicht jedes Jahr "irgendwie im Abi" sind, die definitiv nicht ständig Konferenzen haben (die finden meines Wissens zumindest an beruflichen Schulen deutlich seltener statt als an anderen Schulformen, allen voran viele Grundschulen, wo ich weiß, dass sich die Lehrkräfte einmal wöchentlich zu Besprechungen treffen) und die auch nicht mehr vorbereiten müssen als Grundschullehrkräfte (dazu das zweite Gegenbeispiel eines Kollegen, dessen Lebensgefährtin ebenfalls Grundschullehrerin ist und die ständig irgendwas vor- oder nachzubereiten hat; aber vielleicht ist die ja einfach akribischer als andere GS-Lehrkräfte...). Zudem sind zwei Klassenleitungen an einer beruflichen Schule oft so verteilt (wenn es sie überhaupt gibt; an meiner Schule nur sehr selten), dass man einen Vollzeitbildungsgang und eine Teilzeitklasse als Klassenlehrkraft hat, wobei die Teilzeit-/Berufsschulklassen i. d. R. kaum "Arbeit machen".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich finde es anmassend zu schreiben man habe "Mathe studiert" obwohl auf dem berufsqualifizierenden Zertifikat mutmasslich sowas wie "Staatsexamen Lehramt Grundschule" steht.

    Vermutlich ist das mehr eine terminologische Diskussion als eine inhaltliche, die auch vom jeweils unterschiedlichen eigenen Werdegang abhängt.

    Wir haben im Studium damals auch gesagt, ich studiere Fach X und Fach Y, und auch jetzt spricht man mit Kolleg:innen in dieser Form darüber, 'was' man studiert hat, wenn das mal Thema ist.

    Dennoch war und ist uns natürlich allen klar, dass das jeweils einer von mehreren Schwerpunkten im Sonderpädagogik-Studium war und wir selbstverständlich keine Physiker:innen, Anglist:innen oder Historiker:innen sind, sondern Sonderpädagog:innen mit einem von mehreren Schwerpunkten in ein oder zwei Fachwissenschaften und -didaktiken.

    Ich denke, das ist auch bei den Grundschulkolleg:innen nicht anders und diese pragmatisch-verkürzte Ausdrucksweise im Kolleg:innenkreis (zu dem ich im weiteren Sinne auch das Forum hier zählen würde) hat nichts mit Überheblichkeit oder Anmaßung zu tun.

  • Ich meine das nicht, ich frage mich das. In NRW gibts viele BK-Studiengänge, die eine große und eine fachverwandte kleine berufliche Richtung haben. zB Maschinenbau und Fertigungstechnik. Oder E-Technik und Nachrichtentechnik.

    Das verstehe ich jetzt nicht. Bei diesen KuK fragst du dich dann also auch, ob sie ihre kleine berufliche Fachrichtung nicht "fachsicher" unterrichten? Wie gesagt: In NDS müsste das dann auf alle BBS-Lehrkräfte, die eine berufliche Fachrichtung und ein Unterrichtsfach studiert haben (eine andere Möglichkeit gibt es eben nicht!) zutreffen. Hm...

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  • Warum ist es eigentlich manchen Gy-Lehrkräften so wichtig, sich über alle anderen Lehrämtler zu stellen, indem sie ständig betonen, dass sie doch sooooo viel anspruchsvoller studiert haben als alle anderen? Von Lehrkräften aller anderen Schularten liest und hört man diese Angebereien so gut wie nie!

    Ist auch mein Gedanke. Diesen Unsinn hört man eigentlich grundsätzlich nur von Gymnasiallehrkräften.

    Das waren interessanterweise auch die einzigen, die darüber angesäuert waren, dass die Besoldung der Primar- und S1-Lehrkräfte in NRW auf A13 angehoben worden sind.


    Aber wenn man selbst nur am Gymnasium war, alle Praktika am Gymnasium gemacht hat, und dann noch am Gymnasium unterrichtet im Anschluss, ist es vermutlich leicht sich als was besseres zu fühlen und andere Lehrkräfte abzuwerten.

  • Das verstehe ich jetzt nicht. Bei diesen KuK fragst du dich dann also auch, ob sie ihre kleine berufliche Fachrichtung nicht "fachsicher" unterrichten? Wie gesagt: In NDS müsste das dann auf alle BBS-Lehrkräfte, die eine berufliche Fachrichtung und ein Unterrichtsfach studiert haben (eine andere Möglichkeit gibt es eben nicht!) zutreffen. Hm...

    Nein, ich denke, dass diese Lehrkräfte eben ein ganzes Fach studiert haben. Ich frage mich das wirklich. Nicht weil ich das keinem zutraue, aber die Frage ist für mich durchaus relevant. Aber Du beantwortest mir sie eigentlich mit: Ja, das geht schon.
    Wir haben wirklich kaum grundständige Lehrkräfte im technischen Bereich. Daher hab ich da eigentlich keinen Vergleich.

  • Statt zu überlegen, ob Analysis I für angehende Mathematiklehrer der Primarstufe wirklich nötig ist, würde ich eher das Pferd anders herum aufsatteln, nämlich der Frage folgend, welche fachlichen und didaktischen Kenntnisse sie hinsichtlich ihrer Unterrichtspraxis brauchen.


    Dazu würde ich zählen:

    - Beherrschung der fachmathematischen Inhalte der Klassen 1-4 bzw. 1-6 (vor allem Arithmetik, Geometrie, Stochastik, Sachrechnen)

    - Kenntnis der fachlichen Hintergründe dieses Schulstoffes, inklusive historischer Bezüge

    - Kenntnis über Entwicklung mathematisches Verständnis bei Kindern, inklusive Vorläuferfähigkeiten

    - didaktische Grundprinzipien des Mathematikunterrichts allgemein und mit Fokus auf den zuvor genannten Schulstoff (inklusive zugehöriger Kompetenzbereiche)

    - Umgang mit Kindern mit Schwierigkeiten beim Mathematiklernen


    Zusätzliche Inhalte kann man immer noch draufpacken, aber das sind die Mindestanforderungen, über die ein fertig ausgebildeter Mathematiklehrer der Primarstufe verfügen sollte.

  • Vermutlich ist das mehr eine terminologische Diskussion als eine inhaltliche, die auch vom jeweils

    Dass es das nicht ist, könnte ich dir mit unzähligen Zitaten belegen. Ich erinnere dich daran, dass du erst kürzlich mit mir zusammen über die Aussage gestolpert ist, jemand habe "Theologie studiert", die Person aber einfach nur Religion an der Grundschule unterrichtet.


    Wenn "ihr" ernst genommen werden wollt, hört als erstes bitte auf euch aufzublasen zu "wir können alles und sind die obertollsten". Und hört auf, irgendwas zu erfinden, was gar nicht geschrieben wurde. Ich schrieb nicht ein einziges Mal irgendwas von "minderwertig" im Zusammenhang mit dem Lehramt Grundschule, das Gegenteil ist der Fall. Es schrieb auch nie jemand, dass Primarlehrpersonen per se zu blöd für die vollständige Induktion sind. Der Kern des Themas ist, dass es nicht *nötig* ist, um Kindern das Rechnen beizubringen. Ich habe im Hauptstudium Fachinhalte gelernt, die mit dem Grundverständnis der Schulchemie einfach nichts zu tun haben. Nichts davon "hilft" mir bei der Unterrichtsvorbereitung. Da hilft mir hingegen - ich schrieb es bereits - meine Forschungsarbeit während der Promotion. Dass eine solche fürs Lehramt nötig sei, möchte jetzt bitte niemand behaupten. Ich habe einfach Glück, dass das, was ich gemacht habe, sinnvoll für die Schule idt.

  • Nein, ich denke, dass diese Lehrkräfte eben ein ganzes Fach studiert haben. Ich frage mich das wirklich. Nicht weil ich das keinem zutraue, aber die Frage ist für mich durchaus relevant. Aber Du beantwortest mir sie eigentlich mit: Ja, das geht schon.
    Wir haben wirklich kaum grundständige Lehrkräfte im technischen Bereich. Daher hab ich da eigentlich keinen Vergleich.

    Ich stehe gerade wirklich auf dem Schlauch, insbesondere was deinen ersten Satz betrifft. Wen genau meinst du jetzt mit "diese Lehrkräfte"? Alle grundständigen BBS-Lehrkräfte in NDS und/oder die BK-Lehkräfte, die eine große und eine kleine berufliche Fachrichtung studiert haben und/oder diejenigen, die zwei große berufliche Fachrichtungen oder zwei Unterrichtsfächer studiert haben (das ist doch in NRW auch im Rahmen des BK-Lehramtsstudiums möglich, richtig?)? Und wie meinst du das mit "ein ganzes Fach studiert haben"?

    Dass ihr kaum grundständige Lehrkräfte im technischen Bereich habt, scheint in NRW - oder speziell an deiner Schule - anders zu sein als hier. An meiner Schule gibt es in der Abteilung "Technik" viele Theorie-Lehrkräfte, die das Lehramt BBS mit einer technischen beruflichen Fachrichtung studiert haben (hier in NDS sind möglich: Bautechnik, Holztechnik, Elektrotechnik, Metalltechnik und Farbtechnik; zudem gibt es noch "Farbtechnik und Raumgestaltung"). Unser Schulleiter gehört übrigens ebenfalls dazu: Der hat nach einer Ausbildung und einem Ingenieurstudium noch das BBS-Lehramt in der beruflichen Fachrichtung Metalltechnik mit dem Unterrichtsfach Politik studiert ;) .

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  • Vielleicht denken gar nicht alle Gymnasiallehrer, dass Grundschullehrer „schlechter“ fachlich ausgebildet sind, aber die, die so denken, sagen/ schreiben es? Im auf den Gymnasien tummeln sich doch gerade die, die aus Liebe zum Fach studiert haben, mit dem man leider oft nichts anderes als Lehrer werden kann.


    Wer so richtig Wert auf sein Fach legt, der bekommt halt schnell Hörnchen, wenn er merkt, dass fachlich etwas völlig falsch unterrichtet wurde. Und ja, fachliche Plinsen gibt es auch am Gymnasium.


    In Fach Englisch wäre ein gutes Beispiel, wo ich die Hände über dem Kopf zusammen schlage:

    Grammatisch falsch gebildete Fragen auf Arbeitsblättern. Und zwar alle, nicht eine. Habe ich bei zwei Personen gesehen: der Fachleiterin für Englisch Grundschule bei einer Fortbildung für Gymnasiallehrkräfte, sowie bei einer Referendarin am Gymnasium. Das ist Grammatik Klasse 5-7, kann mündlich sicher mal passieren, aber schriftlich bei ausgewähltem Material???


    Vielleicht tragen auch Aussagen von Kommilitonen dazu bei, dass man die fachliche Ausbildung von SEK 1 Lehrkräften für schlechter hält. Als Begründung für den Verzicht auf die SEK 2 Lehrbefähigung habe ich mehrfach gehört, man traue sich Mittelenglisch oder Mittelhochdeutsch nicht zu (was wohl im Vergleich zu Mathe eher als machbar einzuschätzen ist). Außerdem wolle man nicht noch zwei Jahre länger studieren ( damals noch 6 Semester in NRW für SEK 1).


    Ich persönlich finde es sehr gut, dass das Studium für GS und Sekundarstufe 1 genau so lang ist wie Sekundarstufe 2 in NRW, gerne mit einer Verschiebung von Fachwissen zu pädagogischen Dingen, die im Alltag auch gebraucht werden können. Und dann bitte auch gleiche Bezahlung, damit auch die guten Schüler das Studium in Betracht ziehen, die in der freien Wirtschaft Chancen auf noch mehr Geld hätten. Mir sagte mal eine sehr gute Schülerin nach den Praktikum an der Grundschule: für das Geld arbeite ich nicht so viel. Schade, sie wäre fachlich und menschlich eine tolle Lehrerin geworden.

  • Wenn "ihr" ernst genommen werden wollt, hört als erstes bitte auf euch aufzublasen zu "wir können alles und sind die obertollsten".

    Kannst du das mal anhand eines oder mehrerer Zitate aus Beiträgen belegen? Ich lese solch eine Einstellung von GS-Lehrkräften hier nirgends heraus.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Mach ich, wenn ich daheim bin, geht am Laptop besser als am Handy. Wird dann halt peinlich für die Zitierten.

  • Mach mal, ich kann damit leben

    und sehe die sprachliche Bedeutung wie bei Plattenspieler

    und ziehe zudem einen Vergleich zu anderen Studienfächern, in denen man auch einen Anteil an einem Fach studiert, ohne allein dieses Fach zu studieren. Das hatte ich neulich schon mal angemerkt.


    Dass du, Antimon , dich in Physik deutlich abgrenzt, spricht dafür, dass du dich mit den Inhalten sehr genau beschäftigst, aber auch, dass du nicht bereit bist, dich einzuarbeiten - so wie du es selbst schreibst: Du könntest dich einlesen (Können), das ist dir aber nicht wichtig oder nicht wertig genug (Wollen).

    Das ist so plausibel und es nimmt dir jeder ab. Und ich schätze es so ein, dass du dich auch dann durchbeißen würdest, wenn du plötzlich in der Grundschule etwas unterrichten solltest. Das magst du nicht wollen, aber womöglich könntest du es dennoch.


    Das ist etwas anderes, als darzustellen, dass bestimmte Leute nicht in der Lage wären, Mathe zu lernen, weil sie dazu nicht geeignet sind (unbegabt - also können) und allein deshalb das Lehramt SekI oder Grundschule wählen würden, weil es angeblich leichter ist (immer noch Können).


    Es ist auch unabhängig davon, dass man in bestimmten Schulformen um z.B. Mathe gar nicht herum kommt, während man in anderen Schulformen sehr wohl Schwerpunkte wählen kann und diese einen von Mathe fernhalten (Wollen). Wer also einen Bogen um bestimmte Fächer machen will (Mathe, Sprachen, Nawi, Sport, Musik), sollte gerade nicht das GHR-Studium wählen, das später fachfremdes Unterrichten erforderlich macht, sodass schnell auch eines dieser Fächer dabei sein kann (Können und Wollen).

  • Das ist etwas anderes, als darzustellen, dass bestimmte Leute nicht in der Lage wären, Mathe zu lernen, weil sie dazu nicht geeignet sind (unbegabt - also können) und allein deshalb das Lehramt SekI oder Grundschule wählen würden, weil es angeblich leichter ist (immer noch Können).

    Ich glaube, das hat Antimon nicht geschrieben. Sie sagt m.E. sinngemäß, dass ein Mathestudium nicht vonnöten ist, um Grundschulmathe zu verklickern und daher auch eine Fachschule mit Realschulabschluss reicht, um das bisschen Zahlenraum zu vermitteln.


    Warum das nicht für alle Lerämter gilt, ist mir nur noch nicht klar. Die Pro- und Contraargumente gelten für jede Schulart und jedes Fach. Um das bisschen Hochsprung/Gedichtinterpretation/Englischübersetzung/Kunststoffeigenschaften zu vermitteln, muss man doch kein Staatsexamen machen. Das könnten genausogut ein Physiotherapeut, eine Leseratte, ein Engländer und ein Chemielaborant erklären.

  • Um das bisschen Hochsprung/Gedichtinterpretation/Englischübersetzung/Kunststoffeigenschaften zu vermitteln, muss man doch kein Staatsexamen machen. Das könnten genausogut ein Physiotherapeut, eine Leseratte, ein Engländer und ein Chemielaborant erklären.

    Genau, das könnte doch eigentlich jedes Elternteil.
    Ach, da haben ja viele im Lockdown gemerkt, dass es so einfach dann doch nicht ist. :pfeifen:

  • dass du nicht bereit bist, dich einzuarbeiten

    Das ist kompletter Quark. Darüber habe ich jetzt aber wirklich keine Lust weiter zu diskutieren. Ich studiere ab Herbst noch mal Informatik, so viel dazu.

  • Das sind, bis auf eine, alles ganz normale GS-Lehrerinnen, weder faul noch überengagiert. Die eine, die nicht "normal" ist ist von dem Gymnasium in der gleichen Stadt an die GS abgeordnet worden und nach anfänglichen Bedenken will sie nicht wieder ans Gym zurück, da sie unfassbar mehr Freizeit hat als vorher (Deutschkorrekturen fallen aus, Abi fällt weg, Nachmittagsunterricht fällt weg etc.). Und die ist keineswegs faul.


    Alles was du als Aufgaben aufzählst fällt genau so bzw. in ähnlicher Form an meinem BK und an meiner alten Gesamtschule ebenfalls an. Und das on top zu Korrekturen, Prüfungsvorbereitung, Abi, gebundenen Ganztag usw. Sorry. Aber das ist als Argumentationsgrundlage echt Quatsch.

    Also wir haben eine (zweite bzw. dritte) Abordnung vom Gymnasium. Junger Sportlehrer. Macht seinen Job gut. Arbeitet aber auch am Gymnasium weit unter 40 Stunden pro Woche. Und nun?


    Ich glaube nicht, dass Du Aufgaben an einer Grundschule mit der an einer GTS oder gar an einem BK vergleichen kannst. Wir reden hier von unselbstständigen Erstklässlern. Jede Grundschullehrkraft kennt den Unterschied, ob ich gerade eine vierte oder erste Klasse habe. Und Du möchtest mir ernsthaft erzählen, dass Inklusion, Differenzierung und ES in einem BK oder in einer Gesamtschule genauso schwierig wie in der ersten Klasse umzusetzen sind? Vielleicht kommst Du mal vorbei und zeigst uns das. Wenn die Kinder in die 5. Klasse kommen, haben die schon vier gelernt was Schule ist. In der Regel liegen schon Diagnosen und Förderpläne vor und vor allem sie sind deutlich selbstständiger. Es wird sich kaum ein Kind in die Hose machen, weil es nicht weiß wo die Toiletten sind etc.. Und wie viele Elterngespräche führst Du so pro Jahr am BK?


    Am Ende geht es auch nicht darum, wer nun mehr arbeitet. Letztlich wird das Profil an jeder Schule etwas anders sein. Aber an keiner Schulform ist es wenig Arbeit, wenn nicht gerade die richtigen Fächer studiert hat.


    Man kann auch mal ganz neutral auf die Arbeitszeitstudie des Landesniedersachsen gucken. Rechnet man bei der 40-Stunden-Woche Niedersächsischer Beamte die Ferien raus, müssten Lehrkräfte 46:38 h arbeiten. Die Studie kommt nun auf:

    Grundschule 47:58

    Gesamtschule 46:42

    Gymnasien 49:43

    Danach wäre es ziemlich dumm von der Gesamtschule an der Grundschule zu wechseln. Während die Grundschullehrer 1,5 pro Woche zu viel arbeiten, sind es bei den Gymnasialkräften 3 h. Wenn wir mal davon ausgehen, dass Lehrkräfte aller Schulformen gleich ehrlich antworten, kann ich nicht sehen, dass es da eine Schulform gibt, die von der Arbeitszeit deutlich attraktiver bin. Das heißt aber nicht, dass beispielsweise die Abi-Zeit für Gymnasiallehrkräfte toll ist. Ich möchten keinen Deutsch-Leistungskurs machen. Das macht aber auch nur ein kleiner Teil der Lehrkräfte. Genauso gibt es für Grundschulkräfte Zeiten, die sehr anstrengend sind. Das erste halbe Jahr mit einer neuen Erstklasse kann extrem fordernd sein. Insbesondere wenn du am ersten Schultag feststellt, dass das eine oder andere angeblich so liebe Kind doch eine extreme Herausforderung ist. Bis Gutachten, Schulhelfer oder ggf. Schulwechsel möglich ist, vergeht dann mal ein Jahr. Und dann hast du halt mal ein Jahr ein extrem auffälliges ES-Kind ohne Schulhelfer, weil halt Diagnosen oder Gutachten fehlen. Aber das ist auch nicht schlimm. Personal wäre sowieso nicht da.

  • Und was hat das mit der Einarbeitung in anderen Fächern, die du nicht machen möchtest (aber evtl. machen sollst) zu tun?!?

    Das Problem habe ich gerade. In Baden-Württemberg werden z. Z. jährlich keine 100 NwT-Kollegen mit ihrem Studium fertig, benötigt werden aber ca. 2000. Unser Lehrplan wird in keinem anderen Bundesland so angeboten, es kann nur an 4 Unis in Baden-Württemberg studiert werden. Ein (!) Kollege fühlt sich bei uns berufen, alle anderen sagen ehrlich, dass kann ich nicht.


    (Vor 2016 habe ich gerne NwT unterrichtet, leider hat sich das Fach bei uns sehr einseitig entwickelt. Bio- und Chemieanteile gibt es nicht mehr, Physik wenige.)


    Es wäre so, wenn ein Sprachlehrer ab morgen eine ihm fremde Programmiersprache unterrichten müsste (oder ein Englischlehrer Japanisch), sind doch alles Sprachen.


    Eine Einarbeitung würde mehrere Jahre Vollzeit kosten, wenn ich dafür vom Unterricht bei voller Bezahlung freigestellt würde, okay. (Bei uns steht das Fachliche im Vordergrund, nicht das Pädagogische. Um das mache ich mir keine Sorgen.)


    Es geht um die Zeit, nicht um den Willen.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Und was hat das mit der Einarbeitung in anderen Fächern, die du nicht machen möchtest (aber evtl. machen sollst) zu tun?!?


    Was schreibst du für ein dummes Zeug? Wo, an genau welcher Stelle schrieb ich, ich wolle mich nicht einarbeiten? Wir haben studierte Physiker an der Schule, selbstverständlich haben die den Vortritt im Schwerpunktfach. Ich habe das in Stellvertretung schon gemacht, weil es nicht anders ging. Natürlich kann ich und ich würde auch, wenn es sein müsste. Ich unterrichte unterdessen mehr Physik als Chemie und ich unterrichte es sogar lieber als Chemie. Abgesehen davon kenne ich absolut jedes Unterrichtsgefäss und jedes Leistungsniveau, das es an unserer Schule überhaupt gibt.

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