Längere Krankheit

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    gibt es Erfahrungen zum Umgang mit längerfristig kranken Kollegen?

    Mir wurde wegen Depressionen und Burnout vom Psychotherapeuten empfohlen, mich länger aus dem Dienst herausnehmen zu lassen: "Überlegen Sie es sich gut. Sie müssen uns nur ein Zeichen geben. Dann nehmen wir Sie sofort aus dem Dienst, damit Sie Zeit haben, wieder zu sich zu finden."

    Er meinte auch, dass man da meist über einen Zeitraum von mehreren Monaten sprechen würde mit Therapie und Kur. Man dürfte nicht aus falsch verstandenem Pflichtgefühl sich zu lange auszehren lassen bis man gar keine Lebensfreude mehr hat.


    Hat jemand Erfahrung damit oder kennt ähnlich gelagerte Fälle aus dem Kollegium?

    Ich habe Angst, dass das dann in der Akte liegt und wenn ich mich später mal auf interessantere Stellen bewerben will (Auslandsschuldienst, Beförderung) die abgelehnt werden weil Zweifel an der Belastbarkeit bestehen. Bzw. man keine Begründung bekommt für die Ablehnung und dann wieder in so einem Hamsterrad rennt. Ich habe noch gut 20 Jahre zu arbeiten an einem Gymnasium. Aber das Gefühl, dass die dauernde Überforderung und Reizüberflutung mich krank macht.


    LG

  • Ich kann Dir hierzu was aus eigener Erfahrung aber auch unter dem Blickwinkel Schwerbehindertenvertretung was sagen.

    Es macht vielfach Sinn sich für längere Zeit rauszuziehen. Auch der Gesichtspunkt, dass psychische Instabilität auch zu Fehlverhalten führen kann ist da für unseren Beruf wichtig.

    Auf jeden Fall empfehle ich eine enge Zusammenarbeit mit der Personal oder Schwerbehindertenvertretung. Insbesondere bei Krankheitszeiten über einem halben Jahr ist ein strukturiertes Vorgehen erforderlich, um das Risiko für eine vorzeitige zur Ruhesetzung zu verringern. Beivtarifbeschäftigten Kollegen muss man wissen, dass die Krankenkasse bis zu 78 Wochen Krankengeld zahlt . (Zusammenrechnung von Krankheitstagen beachten) Krankheit ist kein Grund für Sanktionen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Schwerbehinderung ist vielleicht eine gute Lösung. Bei uns gab es KollegInnen, die nach dem Burnout eher vermeintlich leichtere Aufgaben zugewiesen bekamen - z.B. Vertretung oder keine Klassenleitung. Das war nicht immer der Wunsch der Beteiligten.


    Mir fällt noch ein, dass man einfach die Stunden reduziert, wenn es finanziell noch machbar ist. Ich habe das gemacht, als ich gemerkt habe, dass es mir zu viel wird. Ein Burnout wurde bei mir durch die Teilnahme an Supervisionsgruppen verhindert. Da habe ich viel daraus gelernt und viele herausfordernde Situationen hatten für mich nicht mehr diese Tragweite.


    Die Aussage der Therapie halte ich grundsätzlich erstmal für richtig. Dennoch: Passt der Therapeut? Kann man dir so helfen, dass es bei dir etwas löst? Da gibt es ganz unterschiedliche Ansätze - lösungsorientiert, tiefenpsychologisch, Verhaltenstherapie, Aufstellung usw. Bei der Supervision hatten z.B. Aufstellungen für psychisch belastete Teilnehmer immer einmal wieder eine befreiende Erkenntniswirkung, mit denen man weiterarbeiten konnte.

  • Ich kann Dir hierzu was aus eigener Erfahrung aber auch unter dem Blickwinkel Schwerbehindertenvertretung was sagen.

    Es macht vielfach Sinn sich für längere Zeit rauszuziehen. Auch der Gesichtspunkt, dass psychische Instabilität auch zu Fehlverhalten führen kann ist da für unseren Beruf wichtig.

    Auf jeden Fall empfehle ich eine enge Zusammenarbeit mit der Personal oder Schwerbehindertenvertretung. Insbesondere bei Krankheitszeiten über einem halben Jahr ist ein strukturiertes Vorgehen erforderlich, um das Risiko für eine vorzeitige zur Ruhesetzung zu verringern. Beivtarifbeschäftigten Kollegen muss man wissen, dass die Krankenkasse bis zu 78 Wochen Krankengeld zahlt . (Zusammenrechnung von Krankheitstagen beachten) Krankheit ist kein Grund für Sanktionen.

    Ich merke tatsächlich, wie ich zunehmend impulsiv handele. Das kannte ich gar nicht von mir zuvor. Mit der Hand auf den Tisch hauen, extrem provokante Schüler packen und einfach umsetzen.


    Kann man so ohne weiteres als Beamter vorzeitig zwangsweise zur Ruhe gesetzt werden mit Anfang/Mitte 40?

  • Nach drei Monaten darf der Beamte amtsäztlich untersucht werden. Kommt der Amtsarzt zu dem Schluss, dass in den nächsten sechs Monaten die volle Dienstfähigkeit nicht wieder hergestellt werden kann, so ist der Beamte zur Ruhe zu setzen. Und ja, mir sind entsprechende Fälke bekannt. Wer allerdings geschickt handelt, kann zusätzlich Zeit gewinnen

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • (…) extrem provokante Schüler packen und einfach umsetzen.

    Das liest sich für mich so, als solltest du dich so schnell wie möglich krankschreiben lassen und herausnehmen, ehe du dir schwerwiegendere Probleme verursachst, die sich dann womöglich nicht mehr so leicht lösen lassen. Das liest sich zumindest so, als würdest du bereits physisch aggressiv reagieren auf und umgehen mit SuS, sprich eindeutig übergriffig werden. Schütz dich vor weiteren Problemen, aber auch deine SuS, für die du mitverantwortlich bist.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Chemikus führe das geschickte Vorgehen doch aus :)

    Wen das betrifft möge sich doch einfach von seiner örtlichen Schwerbehindertenvertretung beraten lassen, was im Einzelfall tatsächlich möglich und sinnvoll ist. Das halte ich für hilfreicher, als einen pauschalen Weg vorzuzeichnen, der dann womöglich mangels ausreichender Beratung im Einzelfall unzureichend umgesetzt wird /werden kann.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Autofillpanne

  • Nach drei Monaten darf der Beamte amtsäztlich untersucht werden. Kommt der Amtsarzt zu dem Schluss, dass in den nächsten sechs Monaten die volle Dienstfähigkeit nicht wieder hergestellt werden kann, so ist der Beamte zur Ruhe zu setzen. Und ja, mir sind entsprechende Fälke bekannt. Wer allerdings geschickt handelt, kann zusätzlich Zeit gewinnen

    Was ist mit der Teildienstunfähigkeit, die gibt es doch auch noch.

  • Jeff

    Ja klar, wenn Du soweit wieder fit bist, dass Du wenigstens die Hälfte arbeiten kannst. Ich habe jetzt hier komplette AUbunterstelkt.

    An alle Deutschlehrer:
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  • Mir war es wichtig, sie zu erwähnen, weil die komplette Dienstunfähigkeit ja der ziemliche finanzielle Gau sein kann. Der Vorteil der Teildienstunfähigkeit liegt ja nicht nur daran, dass man die Stunden die man nicht mehr arbeiten kann, zur Hälfte bezahlt bekommt, sondern vor allem darin, dass bestimmte Tätigkeiten, wie Klassenleitungen oder andere Dinge ausgeschlossen werden können.

    So kann man weiter in seinem Beruf arbeiten, wenn auch mit Einschränkungen.

  • Auch Mehrarbeit ist ausgeschlossen

    An alle Deutschlehrer:
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  • wenn ich mich später mal auf interessantere Stellen bewerben will (Auslandsschuldienst, Beförderung) die abgelehnt werden weil Zweifel an der Belastbarkeit bestehen. Bzw.

    Zu dem Auslandsschuldienst habe ich jetzt keine Erfahrungen, wie da die Belastung aussieht, aber mit den Krankheitsbildern Depressionen und Burnout eine Beförderungsstelle in Betracht zu ziehen, halte ich für, vorsichtig ausgedrückt, nicht sinnvoll.

    • Offizieller Beitrag

    Im Rahmen einer Bewerbung für den Auslandsschuldienst oder einer Beförderung wird eine entsprechende dienstliche Beurteilung - im Falle der Beförderung in Verbindung mit einer Revision - anlassbezogen erstellt. Die hat mit zurückliegender Erkrankung o.ä. erst einmal nicht viel zu tun.

    Gleichwohl sollte man vor dem Hintergrund des aktuellen Leidensbildes vielleicht nicht unbedingt an die Karriere denken. Wer gesundet, kann wieder belastbar sein und dadurch auch konkrete Karrierepläne machen und diese verwirklichen. Wer nicht gesund ist, bei dem sind die Chancen eines "Scheiterns" womöglich höher und die Auswirkungen dieses Scheiterns auf die Psyche umso gravierender.

    Daher würde ich empfehlen, eins nach dem anderen zu machen. Erst die Gesundheit - die ist das wichtigste - dann die Karriere.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Liebes Rosenbeet , ich verstehe deine Sorge, dass du aufgrund der Erkrankung benachteiligt werden könntest. Die Vorstellung, dass die Behandlung und Bekanntwerden einer Diagnose zwangsläufig zu irgendetwas führen oder nicht führen könnte, hindert manchmal Kollegen daran, sich rechtzeitig in Behandlung zu begeben. Wenn ich Sorgen hätte, dass eine Krankschreibung plus Reha dafür sorgt, dass ich für immer an diesen Arbeitsplatz mit seinen Problemen gebunden wäre, könnte ich auch nicht entspannt in eine Klinik fahren.


    Aber. Die Krux an der Sache: Erst wenn du eine Behandlung erfährst und es dir wieder gut geht, kannst du überhaupt neu bewerten und entscheiden. Vielleicht möchtest du dann ins Ausland gehen, dann findest du einen Weg. Vielleicht möchtest du dich bewerben, dann wirst du von dir überzeugen, egal welche Diagnose du mal hattest. Vielleicht bewertest du aber deine jetzige Stelle auch neu, kannst wieder Freude an dieser Arbeit finden. Und vielleicht passiert auch etwas ganz anderes, weil du andere Menschen kennenlernst und neue, jetzt noch nicht vorstellbare Ideen entwickelst. Ich würde die Chance nutzen, mich um mich zu kümmern und das in Ruhe herauszufinden. Du sagst selbst, es sind noch 20 Jahre, da darf ein halbes Jahr Auszeit gut und gerne der Genesung dienen, meinst du nicht?

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