Erprobungsstufe Schulwechsel

  • Hallo zusammen!


    Ich bin an einer Realschule in NRW. Am Ende der Klasse 6 etntscheidet die Versetzungskonferenz auch darüber, ob ein nicht versetztes Kind bei uns wiederholen darf oder auf die Hauptschule (bzw. Gesamtschule) abgehen muss. Solche Fälle, bei denen ein Wechsel der Schulform ohne Wiederholung ausgesprochen wurde dürfen ja Widerspruch einlegen. Einige haben bereits angekündigt, das auch zu tun. Hat jemand Erfahrungen, welche Erfolgsaussichten so ein Widerspruch hat? Die Kolleg*innen in der Konferenz haben mehrheitsfähig darüber abgestimmt und sind eben der Meinung, dass das Kind auch mit einer Wiederholung die Erporbungsstufe nicht erfolgreich schaffen würde. Weil eben viele Defizite da sind. Was müssen wir als Schule tun, um das nachzuweisen? Hat jemand Erfahrungen mit diesem Verfahren? Wie genau muss das vor wem begründet werden?

  • Was steht in der BASS dazu?


    kodi könnte vielleicht inhaltliche Antworten haben, über die eigene Recherche im Schulgesetz hinaus, die euch nicht erspart bleibt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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    Weil eben viele Defizite da sind. Was müssen wir als Schule tun, um das nachzuweisen? Hat jemand Erfahrungen mit diesem Verfahren? Wie genau muss das vor wem begründet werden?

    Ohne es rechtssicher zu belegen:
    Habt ihr alle Förderangebote ausgeschöpft? bei allen Defiziten einen Förderplan geschrieben, der den Eltern auch vorliegt und in die Akte wanderte?
    Gibt es bei euch Förderangebote, wurde das Kind "eingeladen", hat er teilgenommen?

  • Natürlich wurde im Unterricht individuell auf den Schüler eingegangen. Aber es schreibt doch keiner einen individuellen Förderplan für jeden einzelnen Schüler. Wüsste nicht, dass es (mit Ausnahme der Inklusion) verpflichtend ist... Bis auf die Ergänzungsstunden, die für Förderstunden genutzt werden, haben wir dem Kind auch das Angebot "Schüler helfen Schülern" angeboten. Bei den Elternsprechtagen waren die Eltern nicht da. Das Angebot, am Ende der 5 freiwillig zu wiederholen, wurde abgelehnt. Die mangelhaften Leistungen zum Halbjahr wurden auch gemahnt.

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    Natürlich wurde im Unterricht individuell auf den Schüler eingegangen. Aber es schreibt doch keiner einen individuellen Förderplan für jeden einzelnen Schüler. Wüsste nicht, dass es (mit Ausnahme der Inklusion) verpflichtend ist...

    Tja, wir am - wie hier so oft angeblich bösen, nicht differenzierenden - Gymnasium tun das. Seit Jahren.
    Doch, Förderpläne bei defizitären Leistungen sind Pflicht. (und selbst wenn es drin steht: "Nachhilfe nehmen, alles wiederholen", was aber meiner Meinung nach unverschämt wäre.)

    vgl. Dazu Beitrag 7

  • Meines Wissens nach müssen in dem Fall eines Einspruchs alle Lehrkräfte, die an der Nichtversetzung "beteiligt" waren (also z.B. ein Defizit oder auch nur keinen Ausgleich gegeben haben) schriftlich darlegen, welche individuellen Fördermaßnahmen getroffen wurden und weshalb das Kind trotzdem die erforderlichen Kompetenzen nicht erreicht hat.


    Wenn ihr mangelhafte Leistungen auf den Halbjahreszeugnissen hattet, müsstet ihr auch eine Förderempfehlung geschrieben haben, die das Kind mit dem Zeugnis erhalten hat. Das wäre dann z.B. schonmal eine solche Fördermaßnahme. Andere könnten z.B. individualisierte Rückmeldung unter Klassenarbeiten, Beratungsgespräche mit Kind oder den Eltern sein, Angebot von Förder-AGs, Angebot von differenzierten Hausaufgaben (als zusätzlicher Übungsmöglichkeit), Korrekturen von Berichtigungen, Angebot weiterer Übungsmaterialien zur selbstständigen Bearbeitung, Einsammeln von (Haus-) Aufgaben samt Rückmeldung, etc. sein.


    Alles oben genannte berichte ich nur aus Erzählungen von Kollegen, ich selbst musste mich zum Glück noch nie damit beschäftigen.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

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    SGV § 7 (Fn 18) Zeugnisse, Lern- und Förderempfehlungen | RECHT.NRW.DE


    Zitat


    (5) Die Schülerin oder der Schüler erhält eine individuelle Lern- und Förderempfehlung (§ 50 Absatz 3 Schulgesetz NRW). Die Schule informiert die Eltern in geeigneter Weise über Möglichkeiten zur notwendigen Förderung und bietet den Eltern ein Beratungsgespräch an. Der Schülerin oder dem Schüler ist in der Regel die Gelegenheit zur Teilnahme an dem Beratungsgespräch zu geben.



    BASS 2023/2024 - 1- 1 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW - SchulG) (schul-welt.de)


    Zitat von https://bass.schul-welt.de/6043.htm#1-1p50

    (3) Die Schule hat ihren Unterricht so zu gestalten und die Schülerinnen und Schüler so zu fördern, dass die Versetzung der Regelfall ist. Schülerinnen und Schülern der Grundschule und der Sekundarstufe I, deren Versetzung gefährdet ist, wird zum Ende des Schulhalbjahres eine individuelle Lern- und Förderempfehlung gegeben. Sie sollen zudem die Möglichkeit der Teilnahme an schulischen Förderangeboten erhalten mit dem Ziel, unter Einbeziehung der Eltern erkannte Lern- und Leistungsdefizite bis zur Versetzungsentscheidung zu beheben. Eine Lern- und Förderempfehlung erhalten Schülerinnen und Schüler der Grundschule und der Sekundarstufe I auch im Falle der Nichtversetzung zum Ende des Schuljahres.

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    Natürlich wurde im Unterricht individuell auf den Schüler eingegangen. Aber es schreibt doch keiner einen individuellen Förderplan für jeden einzelnen Schüler. Wüsste nicht, dass es (mit Ausnahme der Inklusion) verpflichtend ist... Bis auf die Ergänzungsstunden, die für Förderstunden genutzt werden, haben wir dem Kind auch das Angebot "Schüler helfen Schülern" angeboten. Bei den Elternsprechtagen waren die Eltern nicht da. Das Angebot, am Ende der 5 freiwillig zu wiederholen, wurde abgelehnt. Die mangelhaften Leistungen zum Halbjahr wurden auch gemahnt.

    DAS wären gleichwohl Gründe, weswegen dem Widerspruch durch die BR nicht stattgegeben werden könnte.

    Zunächst werden die formalen Aspekte überprüft, d.h. sind die Konferenzbeschlüsse gültig, das Zeugnis korrekt ausgestellt etc. Im Anschluss würde dann das überprüft, was oben durch Midnatsol dargelegt wurde.


    Da die Wiederholung oder der Schulwechsel Gegenstand einer Ermessensentscheidung sind, wird zudem geprüft, ob das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt wurde. (Die BR überprüft selbstredend nicht, ob das Kind geeignet ist für eine Schulform oder nicht. Die Leistungs- und Notenentwicklung sowie die (Nicht-)Kooperation der Eltern sind eigentlich ein Pluspunkt für Euch.

  • Wenn der Widerspruch eingelegt wird, geht der zunächst an die Schule. Die SL wird dem vermutlich keine Abhilfe schaffen, da ihr ja eine ordnungsgemäße Erprobungsstufenkonferenz durchgeführt habt.

    Dann geht der Widerspruch an die Bezirksregierung und wird dort rechtlich und schulfachlich geprüft.

    Dazu muss dann eine Dokumentation über alle Fördermaßnahmen, Beratungen und Beratungsangebote eingereicht werden. Im wesentlichen geht es da darum, ob das Kind Förderangebote erhalten hat und ob die rechtlichen Vorgaben hinsichtlich Beratung und Information eingehalten wurden.


    Wir führen deshalb in der Erprobungsstufe für jeden Schüler eine entsprechende Dokumentation.


    Das gewinnt auch deshalb jenseits des Widerspruchs zunehmend Relevanz, weil die Schulplatzsuche inzwischen meistens über die Bezirksregierung und Zuweisungen läuft, da es eigentlich keine "freien" aufnehmende Schulen mehr gibt und da inzwischen jede Abschulung in Frage gestellt wird.

  • Legt man den WIderspruch eigentlich gegen die Mitteilung, die 6 Wochen vor dem Zeugnis kommt oder erst gegen das Zeugnis, wenn die Entscheidung endgültig ist? Weil das Kind kann sich ja theoretisch noch verbessern und dann hat sich das eh vielleicht erledigt.


    Und was passiert, wenn dem WIderspruch stattgegeben wird, wir aber auch keine freien Plätze in den Klassen haben? Wird dann die Klassengröße gesprengt oder muss man schauen, ob andere Realschulen Aufnahmekapazitäten haben?

  • Subjektiver Erfahrungsbericht: bei uns wurden die Klassengrößen gesprengt oder es kam direkt die Ansage, das Kind doch bitte durchrutschen zu lassen, um die Klassengrößen des Nachfolgejahrgangs nicht zu sprengen (und irgendwer kippt dann meist eh immer um und liefert die gewünschten Noten... und der Rest fragt sich, wofür er sich die Mühe gemacht hat, authentische Noten zu erheben und Förderpläne zu schreiben).


    Widersprüche können sich meines Erachtens nur gegen Verwaltungsakte richten, also gegen das finale Zeugnis.

  • Was ist, wenn die abgehenden Schüler keinen Widerspruch einlegen, auch abgehen wollen, aus einer anderen Stadt komemn und die dort in Frage kommenden Schulen alle sagen, sie hätten keine Kapazitäten?


    Meiner Meinung nach hat das Kind, nachdem er für die Realschule nicht geeignet ist, einen Anspruch auf einen Hauptschul- oder Gesamtschulplatz. Da es in dem Ort nur eine auslaufende Hauptschule gibt, müssten eigentlich die Gesantschulen ran. Dass die nicht alle "hier" schreien, ist klar. Aber irgendwo muss das Kind doch hin...? Ist dann die Meldung bei der Bezirksregierung oder bei der Stadt als Schulträger angebracht?

  • Vielleicht kommt die Kommune ja auf die Idee Euch den 132 c aufs Auge zu drücken. :autsch:

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Legt man den WIderspruch eigentlich gegen die Mitteilung, die 6 Wochen vor dem Zeugnis kommt oder erst gegen das Zeugnis, wenn die Entscheidung endgültig ist? Weil das Kind kann sich ja theoretisch noch verbessern und dann hat sich das eh vielleicht erledigt.

    Ich komme zwar aus dem Berufsschulbereich, aber bei uns ist es so, daß gegen das Zeugnis (und nicht gegen die Mitteilung) Widerspruch eingelegt werden kann, eben weil das Zeugnis im Hinblick auf die Versetzung bzw. Nichtversetzung oder Abschulung einen Verwaltungsakt darstellt. Der Widerspruch bezieht sich auf den Verwaltungsakt und nicht auf die Noten.


    Ich hatte mal einen Widerspruch gegen meine Note auf dem Halbjahrszeugnis. Der Widerspruch wurde aus formalen Fehlern abgelehnt. Man könne gegen ein Halbjahrszeugnis keinen Widerspruch erheben, weil mit dem Halbjahrszeugnis kein Verwaltungsakt verbunden ist.

  • Subjektiver Erfahrungsbericht: bei uns wurden die Klassengrößen gesprengt oder es kam direkt die Ansage, das Kind doch bitte durchrutschen zu lassen, um die Klassengrößen des Nachfolgejahrgangs nicht zu sprengen (und irgendwer kippt dann meist eh immer um und liefert die gewünschten Noten... und der Rest fragt sich, wofür er sich die Mühe gemacht hat, authentische Noten zu erheben und Förderpläne zu schreiben).

    Bei uns gibt es dann in der Konferenz aber auch Kollegen, die in einem solchen Fall von der Note 5 auf die Note 6 gehen, um dem ganzen Geschacher ein Ende zu machen, auch wenn das bedeutet, daß man zieg Seiten Begründung schreiben muß.

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    okay, falsch ausgedrückt. Bei jedem Defizit.
    Also natürlich nicht bei jedem Schüler (wobei ich davon ausgehe - bzw. spreche gerade für mich -, dass auch Schüler*innen mit "befriedigenden" Leistungen Feedback gegeben wird, was sie verbessern können.). Ich arbeite zumindest durchgehend in der Sek1 mit "Checklisten" vor den Klassenarbeiten (mit allen zu erwerbenden Kompetenzen bzw. Kenntnissen), und bei der Rückgabe der Arbeit kommt ein gespiegelter Feedbackbogen, was alles gut lief und was gemacht werden kann ("Du hast in der Übung zum passé composé Probleme gehabt, wiederhole die Grammatik Seite X, die Übungen Seite XY, aber wichtig, das baut auf die Verben avoir und être auf, diese solltest du auch wiederholen")
    Da meine Zeit nicht unendlich ist, ist es ein fein schrittiger Raster, wo ich ankreuzen und streichen kann, was passt. Die Raster mache ich einmal pro Lektion, ermöglichen Transparenz und da ich das wunderbare Glück habe, ständig dasselbe zu unterrichten (Sarkasmus), sind sie wieder verwendbar. Trotzdem kann ich immer noch drunter schreiben "ich merke, dass du dir ganz viel Mühe gibst, konzentriere dich bitte insbesondere auf die Formen mit avoir"

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