Ich kann (auch) nicht mehr

  • Ich rate jedem davon ab, Kinder in halbgare Ganztags"angebote" zu stecken. Wir haben in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert ein reges Vereinsleben und -angebot. Dort lernen die Kinder deutlich mehr, ob es jetzt Sport oder Musik oder sonst etwas ist, als in diesen Aufbewahrungsangeboten, dass ja bloß beide Elternteile der Wirtschaft zur Verfügung stehen. Als '94er-Jahrgang bin ich heilfroh, dass mich meine Eltern nicht in solchen Abstellgleisen haben versauern lassen. Ganztag funktioniert in der derartigen Form nicht vernünftig und ist für viele maximal eine Notlösung, weil es nicht anders geht. Ein Kind sollte keinen 8h-Arbeitstag haben. Im Ganztag sehe ich eine habituelle Ökonomisierung unschuldiger Kinder, um schon mal an die Maloche zu gewöhnen.

  • Bin zwar nun schon seit ein paar Jahren als Ganztagskoordinator an einem Gym raus und deshalb möglicherweise auch nicht mehr auf dem Laufenden:

    Aber ist der Ganztagsbetrieb an einem Gym nicht mehr Sache des Schulträgers, der das an einen außerschulischen Betreiber delegieren kann - und eben nicht in Verantwortung der Schule selbst?

    Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis. (B. Brecht)

    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

    Einmal editiert, zuletzt von Websheriff (20. Mai 2025 21:23)

  • es hängt vielleicht davon ab, ob OGS oder GGS, aber unserer GGS ist komplett in schulischer Hand, bei der OGS im Anschluss weiß ich nicht, wer der Träger ist. Die Orga liegt definitiv bei unserem Koordinator, ich weiß aber nicht, ob das Personal von der Stadt bezahlt wird, die Lernzeit in diesen Zeitfenstern werden von Lehrkräften getragen.

  • https://bass.schule.nrw/9107.htm

    Danach liegt die Orga einer NRW-Schule im Gebundenen Ganztag weiterhin in der Hand des Schulträgers bzw. des von ihm beauftragten Trägers, soweit es außerunterrichtliche Aktivitäten betrifft.

    Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis. (B. Brecht)

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  • Mein persönlicher (!) Eindruck, und mehr kann ich ja gar nicht geben, weil ich nicht in der Grundschule arbeite und keine Kinder dort habe, ist der, dass diese Ganztagsgeschichte in Deutschland einfach wild zusammengeschustert ist und zu wenig Gesamtkonzeption hat. In anderen Ländern sind Kinder auch den ganzen Tag in der Schule, da ist der Schultag aber anders rhythmisiert, so dass sich Unterricht und Freizeitangebote mehr abwechseln. Hier erscheint es mir oft so, dass der Unterricht in den Vormittag gepresst wird und dann Nachmittags eher so "Beschäftigung" und "Bespaßung" angeboten wird statt erfüllende Freizeitgestaltung. In vielen dieser anderen Länder kommen die Kinder dann am späten Nachmittag nach Hause und hatten aber ihren Sport und ihre Hobbys schon in den Schulalltag integriert. Das scheint mir in Deutschland schon am Angebot zu mangeln, wo es halt dann irgendwie noch eine Basketball AG und eine Schülerzeitungs-AG gibt statt ein vielfältiges Angebot, mit dem sich auch ein Großteil der Kinder identifizieren kann.

    Aber vielleicht läuft das ja inzwischen besser?

    Nein, vieles läuft nicht besser. Wir sind keine Ganztagsschule, aber sehr viele Kinder sind den ganzen Tag im Hort und die Betreuerinnen dort dürfen nach ihrer eigenen Aussage nicht bei den Hausaufgaben helfen, so dass die abends zu Hause auch noch erledigt werden müssen. Zuerst probieren es die Eltern, dass die Kinder die Hausis in der Schule machen. Da diese aber bei einigen recht fehlerhaft ausfallen, gibt es abends Kämpfe mit den Eltern, warum sie alles nochmals verbessern bzw. schöner anfertigen sollen, wenn es doch schon in der Schule gemacht wurde. Daher gehen einige Eltern dazu über, die Kinder anzuhalten, in der Schule zu spielen und erst abends zu lernen, um die Doppelung zu vermeiden.

    Alles liegt wie immer an fehlendem Fachpersonal, das auch beim Lernen helfen dürfte. Ich erlebe immer wieder die Gespräche von Eltern und Hortbetreuern, bei denen klargestellt wird, dass Unterstützung bei den Hausaufgaben nicht zum Aufgabengebiet gehört. :nein:

  • Natürlich brauchen einen die Kinder in der ersten Dekade, und auch später noch, aber nicht immer als Vollzeit-Daheimbleibe-Elternteil. Sie können durchaus einige oder viele Stunden in den Kindergarten gehen, und ab Grundschulalter dann (meiner Meinung nach) auch in eine Nachmittagsbetreuung. So schlecht, wie es hier klingt, sind die Betreuungen, die ich kenne, nicht. Und man ist ja trotzdem nachmittags ab einer gewissen Uhrzeit für die Kinder da.

    Aber: Bleibt jedem selbst überlassen (wenns finanziell drin ist. Manche bzw viele Familien haben die Wahl ja gar nicht, weil ein Gehalt nicht ausreicht). Man sollte sich halt definitiv vorher bewusst sein, dass man finanzielle Einbußen hat, wenn man jahrelang zuhause bleibt. Die ersten Jahre verstehe ich, aber irgendwann sind die Kinder größer und man kann wieder arbeiten gehen, also finde ich. Es ist ja alles Ansichtssache, und Familien sind verschieden, muss am Ende natürlich jeder selbst wissen.

    Wir in unserem Lehrerberuf haben es mit eigenen Kindern vergleichsweise gut getroffen. Wir brauchen uns schon mal nicht zu sorgen, wer in den Ferien die Kinder betreut, obwohl das an meiner Schule in allen Ferien bis auf 3 Wochen im Jahr geregelt ist.

    Wir sind meist auch nicht bis 16 oder 17 Uhr an unserem Arbeitsplatz, zumindest nicht täglich, erhalten auch in Teilzeit noch eine vergleichsweise ansprechende Besoldung und wissen, wie wir unsere Kinder schulisch unterstützen können.

    An meiner Schule erlebe ich es - das mag vielleicht auch nur Zufall der letzten Jahre sein - dass gerade Kinder aus Ärztehaushalten (beide Partner sind Ärzte ist gemeint) die armen Würstchen sind, die gefühlt zu allen Öffnungszeiten bei uns sind, Vesper nur vom Bäcker kennen, noch nicht gefrühstückt haben und was gesunde Ernährung angeht nicht mit gutem Beispiel vorangehen und auch sonst sehr auf sich gestellt sind. Das ist vmtl. anderswo anders, aber junge Eltern sind sehr viel Stress ausgesetzt, um alles unter einen Hut zu bekommen. Jetzt sind meine Kinder aus dem Haus, früher war es in meinem Leben auch stressiger, trotzdem fühle ich mich was den Beruf angeht privilegiert, weil ich immer viel von zu Hause erledigen konnte und die Kinder bei mir sein konnten. Die waren auch nach der Schule in der Betreuung, aber nicht jeden Tag und oft nur 1 oder 2 Stunden.

    Was Willg schreibt, ist richtig. Es wäre wünschenswert, wenn die Kinder nachmittags die Zeit in der Schule gut nutzen könnten mit Unterstützung beim Lernen, Musikunterrichtsangeboten, Sportangeboten, AGs... Das wäre auch eine gute Entlastung der Eltern.

  • Und in offenen Ganztagesschulen, die gemischte Klassen mit Ganztagesschükern uns Regelschülern bilden, ist die Rhythmisierung vorgegeben: vormittags Unterricht und nach dem Mittagessen Lernzeit und Angebote (freies Spielen, Basteln, vorlesen, evtl. ein Sportangebot, wenn Sporthalle verfügbar ist). Wenn man Glück hat, gibt es noch eine Schach-AG oder Blockflötenunterricht.

    Vereine können oft si früh nichts anbieten, weil Sporthallen noch von weiterführenden Schulen belegt sind und Ehrenamtliche nachmittags selbst arbeiten.

  • Bei uns werden im Ganztagsbereich Hausaufgaben gemacht. Es ist immer ein Lehrer und mehrere Schüler aus der Oberstufe anwesend, die einerseits für Ruhe sorgen, andererseits helfen. Wir haben auch eigene Räume dafür. Weitere Räume sind mit Gesellschaftsspielen, Leseecke, Tischkicker usw. ausgestattet. Unsere Klassenzimmer sind auch nachmittags durch Unterricht von höheren Klassen belegt und stehen nicht zur Verfügung. Die Spielräume dürfen erst nach Erledigung der Hausaufgaben aufgesucht werden. Dank digitalem Klassenbuch weiß die Aufsicht Bescheid. Wir empfehlen daher bei Kindern, die oft ihre Hausaufgaben vergessen, die Hausaufgabenbetreuung. Zusätzlich werden durch Sportvereine usw. Kurse gegen kleine Gebühr angeboten.

    Ich habe vor vielen Jahren einmal eine Gesamtschule mit verpflichtendem Ganztag besuchen dürfen. Dort waren die Unterrichtsstunden auf den ganzen Tag verteilt, unterbrochen von "Freizeitveranstaltungen". Das geht bei uns mit offenen Ganztag natürlich nicht. Die Ausstattung dort war phantastisch. Im Prinzip war es eine Art Campus, mit vielen kleinen Häuschen, vielen Sportmöglichkeiten, Schulgarten, vielen Rückzugmöglichkeiten, viel Grün. Nur Aufsicht führen wollte ich dort nicht.

    Kurz, jede Schule ist anders. Gerade, wenn beide Eltern arbeiten, bieten Ganztagsschulen oft mehr Möglichkeiten als zu Hause alleine rumsitzen und mit dem Handy zu spielen.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Wir haben zu wenig Räume, zum Essen laufen wir beispielsweise in die Mensa einer anderen Schule. Es könnte sich einiges verbessern. Aber viele Kinder lieben die Hortbetreuerinnen und haben ein enges Verhältnis. Manchmal ist es für uns schwierig, wenn da andere Regeln gelten als bei uns, z.B. was Pausenhofgrenzen angeht usw. So müssen wir oft sagen: Vormittags so und nachmittags so...

    Die Stadt hat kein Geld für Ganztagsschulen und alle im Lehrerzimmer ziehen die Köpfe ein, wenn das Wort nur fällt, weil niemand Lust hat, den ganzen Nachmittag noch in der Schule eingespannt zu sein. Wenn es mehr Lehrkräfte pro Schule gäbe und sich die Zeiten verteilen würden, fände ich Ganztagsschule gar nicht verkehrt.

  • Es ist wie bei der Inklusion:

    Wenn es richtig gemacht wird, d.h. mit ausreichend Personal und finanziellen Mitteln um ein durchdachtes Konzept umzusetzen, dann ist es toll.

    Wenn es wegen Personal-, Raum- und Geldmangel fast zur reinen Betreuung wird, dann eher nicht.

  • schreit lieber nicht so laut nach gebundenem ganztag! ich finde gerade das tolle an unserem beruf, dass wir nachmittags zu hause arbeiten können (oder auch mal nicht und dafür an einem anderen tag mehr).

    auch bei den kindern merke ich, dass sie sich nach dem unterricht sehr auf den "feierabend" im hort freuen. erst die arbeit, dann spiel und austausch mit den freunden. diese struktur mögen sie gern. ich weiß nicht, ob man sie den ganzen tag lang immer wieder zum lernen zwischendurch motivieren könnte. ich merke schon einbußen nach zu langen hofpausen. sie müssen sich dann immer wieder in den arbeitsmodus bringen. dann doch lieber vormittags etwas powern und nachmittags relaxen und quatsch machen (die kinder und wir)!

  • schreit lieber nicht so laut nach gebundenem ganztag! ich finde gerade das tolle an unserem beruf, dass wir nachmittags zu hause arbeiten können (oder auch mal nicht und dafür an einem anderen tag mehr).

    auch bei den kindern merke ich, dass sie sich nach dem unterricht sehr auf den "feierabend" im hort freuen. erst die arbeit, dann spiel und austausch mit den freunden. diese struktur mögen sie gern. ich weiß nicht, ob man sie den ganzen tag lang immer wieder zum lernen zwischendurch motivieren könnte. ich merke schon einbußen nach zu langen hofpausen. sie müssen sich dann immer wieder in den arbeitsmodus bringen. dann doch lieber vormittags etwas powern und nachmittags relaxen und quatsch machen (die kinder und wir)!

    An weiterführenden Schulen ist ganztags Unterricht auch ohne Ganztagsschule normal. Ich hatte als Schülerin vor 40 Jahren auch schon drei- bis viermal nachmittags Unterricht (in Klasse 11 hatte ich damals 41 Stunden, davon 38 Pflicht).

    Auch jetzt als Lehrerin hatte ich schon bis zu viermal nachmittags Unterricht, bei ca. 50 Slots (also 50 nicht gleichzeitig stattfindenden Stunden dank Kurswahl) an 5 Tagen ist es anders nicht möglich (aber Samstag wie zu meiner Schulzeit will heute niemand mehr). Und ich hatte auch schon in der 11. Stunde Chemie-LK (und vor Jahren einmal in der 12. Stunde einen Basiskurs).

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  • An weiterführenden Schulen ist ganztags Unterricht auch ohne Ganztagsschule normal. Ich hatte als Schülerin vor 40 Jahren auch schon drei- bis viermal nachmittags Unterricht (in Klasse 11 hatte ich damals 41 Stunden, davon 38 Pflicht).

    Auch jetzt als Lehrerin hatte ich schon bis zu viermal nachmittags Unterricht, bei ca. 50 Slots (also 50 nicht gleichzeitig stattfindenden Stunden dank Kurswahl) an 5 Tagen ist es anders nicht möglich (aber Samstag wie zu meiner Schulzeit will heute niemand mehr). Und ich hatte auch schon in der 11. Stunde Chemie-LK (und vor Jahren einmal in der 12. Stunde einen Basiskurs).

    Wobei ich finde, dass man hier wirklich differenzieren muss zwischen glasklaren Unterrichtsstunden und diesen Ganztagsbetreuungsangeboten. War es denn bei dir wirklich so, dass du als 5. oder 6. Klässlerin drei bis viermal nachmittags Unterricht hattest?

    Das fing bei uns erst so ab Klasse 9 aufwärts an. Da ist es auch nochmal was anderes. Aber 5-8 soll doch bitte nach intensivem Unterricht auch ab Mittag frei haben, um sich eigenen Interessen zu widmen, abseits des staatlichen Zugriffs.

  • Nihilist hat allgemein geschrieben, nicht nur für GrundschulkollegINNen.

    Aber auch 32 oder 34 Stunden Klasse 5 bzw. 6 sind nicht an 5 Stunden vormittags unterzubringen. Früher gab es noch am Samstag Unterricht. Da hat es gereicht. Das vergessen viele (auch Eltern).

    Und ich hatte schon Mathematik in Klasse 6 am Nachmittag. Es kann nicht nur Sport stattfinden (so viele Sportlehrer und Hallen haben wir nicht).

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  • Als ich selbst zum Gymnasium ging gab es bei uns keinen Samstagsunterricht mehr,wohl aber sechste Stunden (da ging die Schulzeit dann von 7.50 Uhr bis 13.05 Uhr) und ab der 7.Klasse dann sogar einmal pro Woche eine siebte Stunde (die ging dann bis 14.05 Uhr). Früher gab es einfach auch noch nicht diese Forderung nach Mittagspause nach fünf Schulstunden.

    Ich persönlich (und ich glaube auch viele Schüler:innen) fänden es angenehmer sechste Stunden direkt im Anschluss zu haben statt zwangsweiser Mittagspausebund danach noch weiter machen zu müssen.

  • Einerseits wird hier so oft über daheimbleibende Mütter und Teilzeit arbeitende Frauen gemeckert, andererseits werden dann Kinder zweier arbeitender Elternteile als "arme Würstchen" und jegliche Nachmittagsangebote als staatlichen Zugriff, den es möglichst zu vermeiden gilt, bezeichnet, was mich wieder zu dem Schluss führt, dass man es (als Mutter) ja sowieso nur falsch machen kann. Ich übertreibe bewusst, aber der Tenor war da.

  • bezeichnet, was mich wieder zu dem Schluss führt, dass man es (als Mutter) ja sowieso nur falsch machen kann

    Als Eltern bitte. Wie das alles organisiert ist liegt in der Verantwortung beider Eltern. Da gibt es auch keine Patentlösung für.

    Es findet sich auch immer jemand, der irgendwas am Lebensentwurf anderer auszusetzen hat. Auch wenn man gar keine Kinder hat.


    bisschen OT: ich beobachte oft besonders Frauen, die andere Frauen wegen abweichender Lebensentwürfe "angreifen". Sei es wegen gewollter Kinderlosigkeit oder zu viel bzw. zu wenig Arbeit. Das machen Männer untereinander nicht. Meiner Meinung nach müssen Frauen in diesem Punkt noch einiges lernen. Das gilt natürlich nicht für alle Frauen, aber eben solche, die sich wie beschrieben übergriffig verhalten.

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