Schüler hat massiven Nachteil durch zu guten Abschluss

  • Ich finde es ehrlich gesagt traurig, dass er ein Jahr nach dem anderen wiederholen muss

    Er muss überhaupt nicht wiederholen. Er ist längst nicht mehr schulpflichtig. Es wäre wirklich das beste, wenn man ihn an Stellen verweist, die ihm helfen können. plattyplus habt ihr kein Beratungsteam oder Beauftragte für Inklusion, die hier etwas anleiern können? Bei uns gibt’s mittlerweile so viele Personen, die helfen könnten, da das immer häufiger vorkommt.

  • Gerade bei Autist*innen ist es nicht ungewöhnlich, dass ein (höherer) Schulabschluss noch möglich ist, aber die Integration in den Beruf scheitert. In Studien sind nur zwischen 20 und 30% der Autist*innen in der Lage berufstätig zu sein. Der Mann braucht also wirklich Unterstützung dabei, zu lernen, zu erscheinen, denn dafür kann es ja 1000 Gründe geben, dass das nicht klappt. Die Diagnose Autismus gibt es ja auch nur, wenn es Unterstützungsbedarf gibt und Autismus ist nichts, was man wegerziehen oder überwinden kann. Sondern man kann nur schauen, dass mit dem Autisten Strategien entwickelt werden, wie ein gesundes Arbeitsleben trotzdem möglich sein kann. "Man" ist hier aber wohl nicht die Schule, so dass ich nur hoffen kann, dass der Mann die Hilfe bekommt, die er braucht, z.B. in einem Autismus-Zentrum.

    Zu argumentieren, der Schüler hätte einen zu hohen Schulabschluss, macht mich aber traurig. So viele autistische Kinder landen in Förderschulen GE, bei normaler Intelligenz. Hier ist mal jemand, der es durchs System geschafft hat und dann so zu argumentieren ist traurig. Von Seite der Betriebe und der Schule.

  • Die Schule handelt hier eindeutig falsch, wenn sie ihn immer wieder aufnimmt, anstatt ihn an die richtige Stelle zu vermitteln.

    Deswegen wünsche ich mir eine Antwort von plattyplus, welche Schritte zur Vermittlung bereits getan wurden und ob ein Beratungsgespräch stattgefunden hat.

  • Unser Problem ist, dass der Schüler mit attestierter Fachoberschulreife (= Realschulabschluss nach Klasse 10) ohne Qualifikationsvermerk zu uns gekommen ist. Er ist inzw. Mitte 20 und wird uns absehbar ohne jeglichen Abschluss in ein Bürgergeld-Leben verlassen, weil er für die passende Ausbildung formal überqualifiziert ist und deswegen überall nicht rein kommt bzw. dort, wo er formal rein kommt, sehr schnell festgestellt wird, dass er das geforderte Niveau nicht ansatzweise erreichen kann

    Wenn der Schüler dann die Ausbildung nicht schafft, liegt es ja aber nicht an seinem Abschluss. Oder meinst du, er bewirbt sich auf zu schwierige Ausbildungen, weil er denkt, er kann das?

  • Wenn der Schüler dann die Ausbildung nicht schafft, liegt es ja aber nicht an seinem Abschluss. Oder meinst du, er bewirbt sich auf zu schwierige Ausbildungen, weil er denkt, er kann das?

    Entschuldigung, dass ich erst jetzt antworte. Am Freitag ist die Situation bei mir dermaßen eskaliert, dass mich meine Kollegen mitten am Schultag nach Hause geschickt haben bevor ich komplett zusammenbreche. Ich habe einfach zu viele dieser Schüler mit außergewöhnlichem Förderbedarf.

    Das Problem ist, dass der Schüler bei uns in Vollzeit ist, weil er gar keinen Ausbildungsplatz bekommt. Er schafft es weder eine Bewerbung zu schreiben noch an Ausbildertagen, da kommen die Betriebe zu uns, bauen Stände auf und die Schüler können sich direkt mündlich bewerben, überhaupt zu erscheinen.

    Der Mann braucht also wirklich Unterstützung dabei, zu lernen, zu erscheinen, denn dafür kann es ja 1000 Gründe geben, dass das nicht klappt.

    Das Problem ist, dass meine Kolleginnen schon mitunter Angst vor ihm haben. Wenn man nur im geringsten Druck ausübt und sei es nur in der Form, dass ihn jemand an die Hand nimmt und zum Ausbilderstand geht, tickt er manchmal aus und das mit 25 Jahren, 1,90m und ca. 100kg. Da höre ich von mehreren Kolleginnen, dass sie nicht mit ihm alleine in einem Raum sitzen wollen, eben weil sie selber Angst haben.

    Die Diagnose Autismus gibt es ja auch nur, wenn es Unterstützungsbedarf gibt und Autismus ist nichts, was man wegerziehen oder überwinden kann. Sondern man kann nur schauen, dass mit dem Autisten Strategien entwickelt werden, wie ein gesundes Arbeitsleben trotzdem möglich sein kann. "Man" ist hier aber wohl nicht die Schule, so dass ich nur hoffen kann, dass der Mann die Hilfe bekommt, die er braucht, z.B. in einem Autismus-Zentrum.

    Da ist gleich das nächste Problem. Ich weiß zwar von den Eltern, dass er ein Authist ist, aber sie wollen die entsprechenden Atteste uns als Schule nicht vorlegen, weil diese ja ihren Sohn stigmatisieren und damit benachteiligen würden.

    Wie gesagt bin ich selber gesundheitlich angeschlagen, weil ich zu viele solcher Pflegefälle zu bearbeiten habe. Entsprechend ziehe ich mich da inzw. auf den Standpunkt zurück: Wenn die Eltern oder der Mann selber entsprechende Atteste nicht liefern will, ist er gesund und auch entsprechend wie ein Gesunder zu behandeln. Dann auch mit allen Konsequenzen.

  • Das tut mir leid für dich plattyplus, aber bzgl. deines "Falls" besteht immer noch die Frage, die Sissymaus gestellt hatte:

    Die Schule handelt hier eindeutig falsch, wenn sie ihn immer wieder aufnimmt, anstatt ihn an die richtige Stelle zu vermitteln.

    Deswegen wünsche ich mir eine Antwort von plattyplus, welche Schritte zur Vermittlung bereits getan wurden und ob ein Beratungsgespräch stattgefunden hat.

    Gab es keinerlei Beratung, weil dieser Schüler sich komplett verweigert?

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Also ist gar nicht klar, ob er Autist ist. Dann ist es doch einfach: Wer handgreiflich wird und nicht mehr schulpflichtig ist, fliegt schnell. Ihr müsst das natürlich auch durchziehen.
    Bei uns wäre er direkt wegen Gefahr im Verzug der Schule verwiesen und dann in der einer Teilkonferenz raus. Natürlich würden wir noch die Möglichkeit der Beratung geben, aber anschließend wäre er weg.

  • 25 Jahren

    Na zum Glück ist er dann ja auch nicht mehr Berufsschulpflichtig. Daher würde ich hier auch als Schule solche Vorfälle sammeln und dann ggf. zu einem Ende kommen.

    Gibt ja auch Maßnahmen außerhalb von Schule.

  • Die Beratungsgespräche haben alle sowohl mit ihm als auch mit den Eltern stattgefunden, da trotz seines Alters die Frage im Raum steht, ob er seine Situation kognitiv überhaupt überblicken kann.

    Sei es, wie es ist. Dadurch, dass er aktuell kein Betriebspraktikum ableistet, das zur Zulassung zur Abschlussprüfung zwingend nachzuweisen ist, obwohl ich ihm dann doch noch eine Praktikumsstelle besorgen konnte, ist das der zweite Sargnagel neben den 5ern auf dem Zeugnis. Erreichen der Höchstverweildauer, keine Möglichkeit zu wiederholen, kein Praktikum…. Tschüss!


    Ich ärgere mich gerade, wie viel Zeit ich in diesen einen Schüler verschwendet habe und wie sehr die anderen Schüler unter seiner Anwesenheit leiden mussten. Meine Zeit ist schließlich auch begrenzt und je mehr Zeit ich in solche aussichtslosen Fälle investiere, desto mehr kommen die normalen und unauffälligen Schüler zu kurz.

  • Ich ärgere mich gerade, wie viel Zeit ich in diesen einen Schüler verschwendet habe und wie sehr die anderen Schüler unter seiner Anwesenheit leiden mussten. Meine Zeit ist schließlich auch begrenzt und je mehr Zeit ich in solche aussichtslosen Fälle investiere, desto mehr kommen die normalen und unauffälligen Schüler zu kurz.

    Also weil du ihn nicht „reparieren“ konntest im Sinne einer Integration in den Arbeitsmarkt war er es nachgerade nicht wert, was du an Zeit in ihn investiert hast?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Die Beratungsgespräche haben alle sowohl mit ihm als auch mit den Eltern stattgefunden, da trotz seines Alters die Frage im Raum steht, ob er seine Situation kognitiv überhaupt überblicken kann.

    Sei es, wie es ist. Dadurch, dass er aktuell kein Betriebspraktikum ableistet, das zur Zulassung zur Abschlussprüfung zwingend nachzuweisen ist, obwohl ich ihm dann doch noch eine Praktikumsstelle besorgen konnte, ist das der zweite Sargnagel neben den 5ern auf dem Zeugnis. Erreichen der Höchstverweildauer, keine Möglichkeit zu wiederholen, kein Praktikum…. Tschüss!


    Ich ärgere mich gerade, wie viel Zeit ich in diesen einen Schüler verschwendet habe und wie sehr die anderen Schüler unter seiner Anwesenheit leiden mussten. Meine Zeit ist schließlich auch begrenzt und je mehr Zeit ich in solche aussichtslosen Fälle investiere, desto mehr kommen die normalen und unauffälligen Schüler zu kurz.

    Ehrlich gesagt ist eine solche Beratung unsere Pflicht. Auch wenn dies manchmal frustrierend sein mag.

    Man könnte jetzt schauen, wer hat beraten und wie und welche Möglichkeiten wurden in einem Beratungsgespräch aufgezeigt. Inwieweit wurde er an die Hand genommen um z.B. Termine bei der Agentur für Arbeit oder woanders zu machen? Manche SuS sind einfach nicht in der Lage dies selbst zu machen.

    Autisten haben oft große Schwierigkeiten mit einem Umgebungswechsel, vielleicht hat er aus diesem Grund schon versucht den Weg immer bei euch zu suchen.

    Wie sehen denn seine Strukturen sonst aus? Gab oder gibt es autismusspezifische Therapie z.B. etc.?

    Ich frage mich in solchen Situationen immer, was hätten wir anders oder besser machen können? Insbesondere auch, um aus unseren eigenen Fehlern für andere SuS zu lernen.

  • Also weil du ihn nicht „reparieren“ konntest im Sinne einer Integration in den Arbeitsmarkt war er es nachgerade nicht wert, was du an Zeit in ihn investiert hast?

    Weil ich mehrere solcher Fälle in der Klasse habe und z.B. die einwöchige Klassenfahrt für die ganze Klasse ausgefallen ist, weil niemand es verantworten konnte diese Schüler ohne extra Betreuung mitzunehmen. Das meine ich mit "die normalen Schüler müssen darunter leiden" und das dann für nichts und wieder nichts. DAS ärgert mich.

    Zielgleiche Inklusion in der Form, dass wir einfach einen Stuhl zusätzlich dabei stellen, funktioniert einfach nicht und dafür sind wir auch nicht ausgebildet.

  • Inklusion wäre auch schon ein Stückchen weiter, wenn man nicht in normale und unnormale Schüler aufteilt. Dass die Ressourcen fehlen ist sicherlich richtig, aber die Haltung trägt auch dazu bei.

    Bis das eigene Kind plötzlich nicht der „Norm“ entspricht (was auch immer das sein soll).

    Und ja: Schüler, die man wegen fehlender Begleitung nicht mitnehmen kann, bleiben dann einfach zuhause. Ist doch ein Berufskolleg, da geht sowas problemlos.

  • Inklusion heißt ja gerade nicht Gleichmachung oder Unsichtbarmachung. Genauso wie Geschlechtergleichberechtigung nicht bedeutet, dass es keine Geschlechterunterschiede gibt oder diese nicht mehr benannt werden dürfen. Das ist auch wichtig bei dem Thema.

  • Weil ich mehrere solcher Fälle in der Klasse habe und z.B. die einwöchige Klassenfahrt für die ganze Klasse ausgefallen ist, weil niemand es verantworten konnte diese Schüler ohne extra Betreuung mitzunehmen. Das meine ich mit "die normalen Schüler müssen darunter leiden" und das dann für nichts und wieder nichts. DAS ärgert mich...

    Bei allem Verständnis für deine Erschöpfung oder Enttäuschung, die SuS ändern sich nicht. Entweder du findest einen Umgang damit, oder du gehst vor die Hunde.

    Du könntest Beratung suchen oder SuS mit Behinderungen in eine solche schicken. Reha-Beratung der Arge wurde schon 3x genannt. Du könntest die Klassenfahrt nur mit einer kleinen Gruppe machen und diejenigen, die verhaltensauffällig sind, gemäß eurem SchulG ausschließen. Du könntest dich an die Schulleitung wenden, dass diese sich kümmert, wenn ein Mensch mit Diagnose mit Mitte 20 drei Ehrenrunden dreht.

    Du kannst dich natürlich weiter ärgern, dass ein 10 Jahre altes Zeugnis für deinen Geschmack zu gute Noten enthält, oder dass es junge Erwachsene mit Problemen gibt (die, wenig überraschend, in beruflichen Schulen häufiger auftauchen als am Gymnasium.) Aber es nützt dir halt so gar nichts.

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