Wie wird bei Klausuren mit AI gespickt?

  • Gymshark Sicher, verstehe ich Dich. Ich bin ja nicht blöd. Ich finde es merkwürdig, dass Dir eben nicht klar ist, dass Schüler den Unterricht in seiner aktuelle Form zu großen teilen einfach uninteressant und als nicht wichtig empfinden, da sie nicht die Weitsicht haben, dass ihnen bestimmte Dinge einfach später fürs Leben helfen werden.

    Das liegt m. E. am Alter, aber auch an vielen Dingen, die einfach heute nicht mehr in die Lehrpläne hineingehören. Deswegen bin ich verblüfft, dass Du echt meinst, man müsse ihnen nur die Wichtigkeit klarmachen, dann fluppt das schon. Machst Du das etwa nicht? Ich mache das ständig, aber trotzdem lernen sie Dinge, die aktuell keine Relevanz für sieh haben, nur widerwillig.

  • Ich sehe den Einsatz von KI in Prüfungen nur als Symptom für ein gravierenderes Problem mit dem wir uns viel stärker auseinandersetzen sollten als es bisher der Fall war. Sissymaus , ich verstehe deine Argumente und klar spielt das Alter da mit rein.

    Den absoluten Mathecrack (und ich habe in meinen Klassen mindestens 1-3 Schüler (m/w/d), die einfach von sich aus sich gerne mit mathematischen Problemen und Fragestellungen auseinandersetzen.) muss ich nicht davon überzeugen, im Matheunterricht sein Gehirn selbst anzustrengen. Es gibt auch schwache Schüler, die im Fach nicht fit sind, aber die dennoch irgendwo die Sinnhaftigkeit hinter dem Ganzen sehen und deswegen am Ball bleiben wollen. Und dann gibt es die, die entweder auf nix Bock haben (aber auch das stimmt nicht - sie haben auf Schule keinen Bock) oder den Sinn dahinter nicht sehen.

    Der Satz "Afrikanische Kinder wären froh, wenn sie zur Schule gehen könnten." ist zwar abgedroschen und ziemlich klischeebehaftet, aber dennoch müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass wir in Deutschland eine zunehmend wohlstandsverwahrloste junge Generation haben, bei der ein Teil der Schüler (m/w/d) den Großteil seiner Jugend in Bildungseinrichtungen einfach nur absitzt und damit jede Menge Potential sinnlos verschwendet.

  • Viele, die zur KI greifen, haben starke Defizite. Einige wollen "nur" ihre Noten aufbessern, würden es aber auch so schaffen.

    Was soll man bei denen erreichen, die die KI nutzen, um überhaupt eine Chance zu haben?

    Es ist halt erschreckend, wie viele in der Oberstufe keinen vernünftigen Text schreiben können, egal welches Thema. Kein Wunder, dass sie KI benutzen!

    Ein weiterer Grund ist Faulheit. Wieso soll man sich anstrengen, wenn die KI etwas in Minuten erledigt? Dann hat man mehr Zeit für alles andere (Videospiele oder was auch immer).

    Ich finde das naiv. Das erinnert mich an die ganzen Schulen mit Modellen, bei denen Schüler jeden Tag selbst entscheiden, was sie lernen. Klappt bei den Motivierten, der Rest zieht sich irgendwo raus oder meidet gezielt bestimmte Themen und am Ende schönt man die Ergebnisse oder stockt das Personal so massiv auf, dass jeder einzelne individuelle Beratungsgespräche erhält, damit das System irgendwie hält. Aber meist läuft's einfach durch geschickte Auslese und dem Vorteil einer Privatschule, Leuten den Schulvertrag aufkündigen zu können.

    Denn es darf ja nicht sein, dass der Mensch vllt doch nicht stets von sich aus motiviert ist und manche Dinge eben widerwillig gemacht werden sollen/müssen.

  • Das gibt es bereits in Klasse 1. Auch ohne AI. Entweder Taschenrechner(-App) oder Eltern/Geschwister haben die Aufgaben gemacht.

    Ja, das gibt es. Aber diese Schüler verließen uns in der Vergangenheit am Gymnasium spätestens nach Klasse 8.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Zur Oberflächlichkeit der KI:

    Man kann die KI auch vorher mit Unterrichtsmaterialien trainieren. Dann fotografiert man die Aufgabenstellung im gleichen Chat ab und sagt der KI, dass sie die bisherigen Erkenntnisse (Texte, pdf-Dateien, Grafiken) miteinbeziehen soll.

    Die KI fängt dann erst wirklich an zu "glänzen", wenn man ihr vorab Materialien gibt, auf die sie zurückgreifen kann.

    So mache ich das mit meiner Einzelhandelsklasse in LF05: https://opsh.lernnetz.de/chat/b84eaefa-…72-d68cc4d73db2

    Der von mir erstellte ChatBot bezieht den fachlichen Anteil seiner Antworten ausschließlich aus den 41 Seiten Infoblättern, die ich ihm gegeben habe.

    Und ich ermuntere die SuS auch, sich vom Bot Klausurfragen erstellen zu lassen. Inkl. Antworten.

    Kurze Erläuterung dazu in meiner Präsentation: Präsentation LFT F.pptx

    Falls Ihr den ChatBot ausprobiert hier ein Hinweis: Alle Fragen und Antworten werden gespeichert. Also benehmt Euch. ;)

  • Wie ist die rechtliche Grundlage für "Kopftücher beiseite schieben" lassen? Bei uns traut sich das niemand.

    Ich habe mich auch gefragt, ob ich eigentlich die erste war, die sich mit dieser Thematik befasst hat. Da habe ich mich natürlich über die SL abgesichert.

  • Ja, ganz andere Prüfungsformate. Alles andere ist auf Dauer lächerlich

    Mein Reden. Auch die Unterrichtsformate werden sich ändern müssen. Es ist ja nicht so, dass man KI nicht haben will. Viele Ausflüchte von wegen "das stand da nicht" oder "haben wir nicht gemacht" gelten nicht mehr. Begrifflichkeiten und Missverständnisse lassen sich schnell aufklären, Ideen lassen sich schnell prüfen, Zusammenhänge herstellen, ich finde das sehr inspirierend.

    Gestern las ich in einem alten Biologiebuch und dachte nur, ja, nett, aber zu Schulzeiten hätte mich das krass gequält. Hätte mich wirklich interessiert, wie sich Algen vermehren? Vermutlich nicht. Wir konfrontieren die Lernenden oft mit Dingen, die für sie gerade gar nicht aktuell sind und für die sie sich nicht erwärmen können, egal, wie wir uns anstrengen, das interessant zu machen.

    Das Fatale ist ja, dass die Zeit, die SuS sparen, indem sie KI für Hausaufgaben etc. nutzen, dann für sinnloses Gedaddel verwendet wird. Jedenfalls bei denen, die eh nicht motiviert sind, ihr Hirn zu verwenden. Die Schere geht also immer weiter auseinander zwischen denen, die was können und die von KI profitieren und denen, denen die Grundlagen fehlen und bei denen die Versäumnisse so weit zurückliegen, dass da kaum ein Aufholen möglich ist.

  • Zumindest in den Nebenfächern bedeutet das für mich noch mehr alternative Leistungsmessungsformate einzusetzen, bei denen KI höchstens Hinweise geben kann, die aber argumentiv immer personalisiert werden müssen, um zur Aufgabenstellung zu passen und einer mündlichen Überprüfung (Kolloquium) standhaften zu können.

    In den Nebenfächern schreibe ich überwiegend unangekündigte Kurztests. Oftmals nur 2-3 Fragen, gerne mit Kurzantwort ohne Gelabere

    Vorteil 1: schnell zu korrigieren

    Vorteil 2: die SuS können aus dem Stegreif keine Schummelvorbereitung treffen

    Vorteil 3: Selbst der Toilettengang kann unterbunden werden, wenn eh nur 15 Minuten Prüfungszeit ist

  • Ja, ganz andere Prüfungsformate. Alles andere ist auf Dauer lächerlich

    Wie zum Beispiel? Mündliche Prüfungen wären das eine, aber mir fällt es schwer, mir ein schriftliches Prüfungsformat vorzustellen, bei dem die KI nicht helfen könnte, egal wie personalisiert die Antwort sein muss. Mit den richtigen Prompts kriegt die KI auch das hin.

  • Gestern las ich in einem alten Biologiebuch und dachte nur, ja, nett, aber zu Schulzeiten hätte mich das krass gequält. Hätte mich wirklich interessiert, wie sich Algen vermehren? Vermutlich nicht. Wir konfrontieren die Lernenden oft mit Dingen, die für sie gerade gar nicht aktuell sind und für die sie sich nicht erwärmen können, egal, wie wir uns anstrengen, das interessant zu machen.

    Schüler lernen ja gerade nicht, um die nächsten paar Wochen irgendwie zu überleben, sondern für's Leben. Da ist die Vermehrung von Algen, auch wenn das Beispiel vermutlich aus der Luft gegriffen war, unter den Gesichtspunkten Artenschutz und Klimawandel durchaus höchst relevant.

    Es ist nicht mein Fach, aber ich habe erst letztens etwas zum Artenschutz von Wasserschildkröten gesehen, was super spannend war. Das ist ein Thema, was für unsere Jugendliche auch relevant ist, denn es geht auch um ihre Umwelt.

    Kinder und Jugendliche müssen einfach wieder stärker daran erinnert werden, dass sie auch mal Dinge machen müssen, die nicht konstant Spaß bereiten. Das gehört zum Erwachsenwerden dazu. Wir haben ja im Job oder im Haushalt auch Momente, bei denen es "Augen zu und durch" heißt. Das Leben kann nicht nur aus Tik Tok und Burgern bestehen.

  • Wie zum Beispiel? Mündliche Prüfungen wären das eine, aber mir fällt es schwer, mir ein schriftliches Prüfungsformat vorzustellen, bei dem die KI nicht helfen könnte, egal wie personalisiert die Antwort sein muss. Mit den richtigen Prompts kriegt die KI auch das hin.

    das müsste eben noch neu entwickelt werden. Man könnte sich auch fragen ob schriftliche Abschlussprüfungen überhaupt zukunftsfähig sind.

  • Den absoluten Mathecrack (und ich habe in meinen Klassen mindestens 1-3 Schüler (m/w/d), die einfach von sich aus sich gerne mit mathematischen Problemen und Fragestellungen auseinandersetzen.) muss ich nicht davon überzeugen, im Matheunterricht sein Gehirn selbst anzustrengen. Es gibt auch schwache Schüler, die im Fach nicht fit sind, aber die dennoch irgendwo die Sinnhaftigkeit hinter dem Ganzen sehen und deswegen am Ball bleiben wollen. Und dann gibt es die, die entweder auf nix Bock haben (aber auch das stimmt nicht - sie haben auf Schule keinen Bock) oder den Sinn dahinter nicht sehen.

    Der Satz "Afrikanische Kinder wären froh, wenn sie zur Schule gehen könnten." ist zwar abgedroschen und ziemlich klischeebehaftet, aber dennoch müssen wir uns damit auseinandersetzen, dass wir in Deutschland eine zunehmend wohlstandsverwahrloste junge Generation haben, bei der ein Teil der Schüler (m/w/d) den Großteil seiner Jugend in Bildungseinrichtungen einfach nur absitzt und damit jede Menge Potential sinnlos verschwendet.

    Ich bin dafür, dass Schüler die keinen Bock auf Schule haben, eben direkt (egal wie alt) in eine Ausbildung müssen wo sie täglich hart arbeiten müssen. Wenn sie auch da "nix machen" und keinen "Bock haben" muss das Elterngeld gestrichen werden und die Eltern sind hoffentlich so klug ihrem Kind alle Annehmlichkeiten bis auf Wasser und Brot wegzunehmen.

    Wer was leisten kann, muss das auch, sonst gibt es einfach nichts. Und genau so ist es in den "ärmeren" Ländern. Da ist Schule und gute Arbeit ein Mittel Wohlstand zu erreichen und jeder leckt sich die Finger danach.

    Es kann nicht sein, dass Kinder hier etwas bekommen ohne etwas zu leisten. Das ist 100% Versagen der Eltern. Und ich bin nicht bereit "spannenderen" Unterricht zu machen um solche Kinder zu "motivieren". Die brauchen das Gegenteil, denen müsste nicht mehr geboten werden, sondern ganz krass weniger.

  • Ich bin dafür, dass Schüler die keinen Bock auf Schule haben, eben direkt (egal wie alt) in eine Ausbildung müssen wo sie täglich hart arbeiten müssen.

    Richtig so! Erziehungsheim rules!

    Das ist 100% Versagen der Eltern.

    So ist es. Sie sollten ebenfalls direkt ins Erziehungsheim einziehen.


    Deine Stammtischparolen helfen einfach kein Stück weiter.

  • Firelilly mag sich sicherlich zu drastisch ausgedrückt haben, aber der Grundtenor stimmt. Ich erlebe das gerade bei meinen Kindern in unterschiedlichen Ausprägungen. Und bei meinen Schülerinnen ebenfalls.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Richtig so! Erziehungsheim rules!

    So ist es. Sie sollten ebenfalls direkt ins Erziehungsheim einziehen.


    Deine Stammtischparolen helfen einfach kein Stück weiter.

    Einfach alle, die nicht das machen was gewollt wird oder anders aussehen in Erziehungsheime... ach Moment hatten wir das nicht schonmal? Hat das gut geklappt?

    Firelilly mag sich sicherlich zu drastisch ausgedrückt haben, aber der Grundtenor stimmt. Ich erlebe das gerade bei meinen Kindern in unterschiedlichen Ausprägungen. Und bei meinen Schülerinnen ebenfalls.

    Kinder/Teenager brauchen ihre Zeit sich zu entwickeln. Da hat jeder sein eigenes Tempo/Zeitpunkte. Dass nicht jeder die Schule super interessant findet ist doch irgendwie logisch. Das sich von Seiten der Lehrkräfte da wirklich drüber gewundert bzw. aufgeregt wird, verwirrt mich echt.

  • Firelilly mag sich sicherlich zu drastisch ausgedrückt haben, aber der Grundtenor stimmt. Ich erlebe das gerade bei meinen Kindern in unterschiedlichen Ausprägungen. Und bei meinen Schülerinnen ebenfalls.

    Ich bin verwirrt, dass Du dieser Aussage im Grundtenor zustimmst. Wie soll denn das in der PRaxis aussehen? Grundschulkinder werden aus dem Unterricht geholt und an Montagetische gesetzt, wo sie arbeiten, bis sie freiwillig lernen? Und wenn sie das nicht tun, gibts kein Essen mehr? Oder Gewalt? Oder was genau soll die Konsequenz sein?

    Worüber wir gern diskutieren können: Schulpflicht bis 18 (NRW). Und dieses unsägliche Anmelden an immer neuen Bildungsgängen am BK (auch NRW). Aber bis dahin kann ich doch nicht Kinder zum lernen zwingen!

  • Das Fatale ist ja, dass die Zeit, die SuS sparen, indem sie KI für Hausaufgaben etc. nutzen, dann für sinnloses Gedaddel verwendet wird.

    Das Leben kann nicht nur aus Tik Tok und Burgern bestehen.

    (Videospiele oder was auch immer).

    Ich bin kein Freund von diesem pauschalen Generationenbashing. Ich behaupte, der überwiegende Großteil von Schülerinnen und Schüler hat schon immer nur das Nötigste getan - wobei die Definition dessen, was das "Nötigste" ist, von den Umständen abhängen kann. Wenn man Druck durch das Elternhaus bekommen hat, wenn man hochfliegende Studienpläne hat (bei uns war damals Psychologie immer der Studiengang, dem man nachgesagt hat, dass man überhaupt nicht reinkommt) oder wenn man einfach nur ums schulische Überleben gekämpft hat, kann das auf unterschiedliche Einsatzniveaus herauslaufen. Und das erlebe ich unverändert noch heute so. Die wenige, die aus intrinsischer Motivation mehr als "das Nötigste" gemacht haben, wurden schon zu meiner Schulzeit als Streber beschimpft. Und natürlich haben hat der Großteil der Schüler schon damals alle Möglichkeiten genutzt, um sich Arbeit zu sparen. Hausaufgaben abgeschrieben, in der Oberstufe, als es keine Hausaufgabenkontrollen im dem Sinne mehr gab, dass der Lehrer durch die Reihen ging, haben wir Hausaufgaben auch einfach auf den Kopierer gelegt, um uns das Abschreiben zu ersparen. Referatsthemen von den älteren Geschwistern recyclet etc. Und was habe ich mit der Zeit, die ich dadurch gespart habe, getan? Ja, manchmal habe ich gelesen oder mich mit Freunden getroffen, aber mal ehrlich, ich habe auch viele Stunden unnütz vor MTV verbracht oder am C64 gedaddelt oder später auf meinem 486er Doom gezockt. Ich will damit sagen: Die Schüler heute sind von der Persönlichkeit her gar nicht so anders als wir das damals waren. Sie haben halt jetzt mehr Möglichkeiten, sich das Leben einfacher zu machen und sich die Zeit zu vertreiben. Im Übrigen wissen wir gar nicht so genau, was die Schüler alles so am Handy treiben, im negativen wie im postiven Sinne. Meine Schüler sind politisch deutlich besser informiert als wir das waren, aufgrund von Insta Reels oder TikToks der Kanäle klassischer Medien (Tagesschau; Spiegel). Gleichzeitig sind sie aber gerade deswegen auch anfälliger für Missinformation, weil diese Infos aus qualitativ hochwertigen Medien halt zwischen Videos anderer Kanäle aufploppen. Ein Jugendlicher, der zwei Stunden am Tablet "daddelt" hat vielleicht zwei Stunden doomscrolling hinter sich, oder er hat zwei Stunden lang auf dem Tablet eine Zeichnung erstellt oder ein Video geschnitten oder eine Kurzgeschichte geschrieben. Wir bekommen das alles nur nicht so mit, weil es auf dem gleichen Werkzeug passiert und nicht allein der Ortswechsel vom Schreibtisch zur TV Couch wie früher schon anzeigt, ob man etwas "Sinnvolles" macht oder nur rumgammelt. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen.

    Gestern las ich in einem alten Biologiebuch und dachte nur, ja, nett, aber zu Schulzeiten hätte mich das krass gequält. Hätte mich wirklich interessiert, wie sich Algen vermehren? Vermutlich nicht. Wir konfrontieren die Lernenden oft mit Dingen, die für sie gerade gar nicht aktuell sind und für die sie sich nicht erwärmen können, egal, wie wir uns anstrengen, das interessant zu machen.

    Auch das ist eine Wahrheit, die man nie vergessen darf. Ich nehme an, der Großteil der älteren Kollegen hier im Forum hat ein klassisches Gymnasium durchlaufen. Hier haben die Eltern, als man 9 Jahre alt war, die Entscheidung für die Schulform getroffen und man hat das halt dann neun Jahre durchgezogen, ohne das großartig zu hinterfragen. Irgendwann in der 10. Klasse hat man mal kurz überlegt, ob man nicht mit mittlerer Reife abgehen soll, dann haben die Eltern etwas von Chancen im Leben und späterem Verdienst erzählt und man hat schulterzuckend halt weiter gemacht. Ich übertreibe hier nur mininmal. Ich würde behaupten, die wenigsten haben sich jemals ganz grundsätzlich die Frage gestellt, ob sie sich für den Schulstoff interessieren. Punktuell vielleicht im positiven Sinne, da hat man mal ein Thema oder sogar ein ganzes Fach interessant gefunden, aber zumindest ich habe nie hinterfragt, ob ich Kurvendiskussionen, Redoxgleichungen oder Sprachanalyse interessant finde. Vielleicht mal kurz, ob man das im Leben nochmal braucht, aber doch nicht, ob es interessant ist. Man hat es halt hingenommen, dass man das jetzt lernen muss. So ging es mir und ich weiß, dass es vielen in meinem Umfeld auch so ging, weil wir uns schon häufiger darüber unterhalten haben, dass es schade ist, dass man Bildungsinhalte, die wir jetzt im Alter um die 50 Jahre spannend finden, damals, als sie auf dem Silbertablett serviert wurden, nicht ernster genommen hat als bis zur nächsten Arbeit. Auch das ist heute also nicht anders.

    Was hat das alles mit dem Thema zu tun? Es ist menschlich und völlig normal, Aufgaben, die keine intrinische Freude bereiten, weitestgehend durch Technologie übernehmen zu lassen. Wenn ich wandern gehe, dann ziehe ich gerne mit Karte und Kompass los, weil ich Spaß daran habe, mir das Terrain zu erarbeiten. Wenn ich nach Hamburg fahren muss und dort in der Großstadt ein Ziel finden muss, gebe ich das natürlich ins Navi ein. Ist doch klar, alles andere wäre ja auch doof. Machen wir alle so und ich nehme an, dass Menschen, die nicht regelmäßig aus Spaß an der Freude eine Karte in der Hand haben, vielleicht auch Schwierigkeiten hätten, damit effizient umzugehen (- die Analogie hinkt natürlich, aber ihr wisst, was ich meine -). Müssen die das aber können? Ist das noch eine wichtige Kulturtechnik, wenn es doch Navis und Google Maps gibt?
    Und das gleiche gilt für den Taschenrechner. Natürlich kann ich mehrere zweistellige Zahlen im Kopf addieren, aber wenn ich eine Englischarbeit in der Unterstufe korrigiere und am Ende die Punktzahlen der sechs Aufgaben zusammenrechnen muss, mach ich das oft mit dem Taschenrechner. Ich hab sowieso schon den Kopf voll, es geht (vielleicht ein bisschen) schneller und die Gefahr von Fehlern ist reduziert. Aber natürlich ist es irgendwie klar, dass man trotzdem noch Kopfrechnen können muss.

    Vor dieser Entscheidung stehen wir, halt jetzt drastischer und plötzlicher als sonst: Welche Kulturtechniken sind überholt, weil sie niemand wirklich mehr brauchen wird, und welche sollten wir erhalten, weil sie wichtig sind, um sich handlungssicher in der Welt zu bewegen. Wir sollten diese Hinterfragung schonungslos und ohne falsche Nostalgie betreiben (- "Aber es ist doch sooo schön, Briefe mit der Hand zu schreiben!" -) und darauf aufbauend unsere Lehrpläne und in der Folge unsere Prüfungsformen hinterfragen. Und völlig neu denken.

  • Danke WillG für diesen Beitrag, der mir aus der Seele spricht. Ich kann übrigens auch nicht mit dem Rechenschieber umgehen. Mein Vater hat mir prophezeit, dass ich immer Schwierigkeiten haben werde, weil ich nicht lerne, Größen abzuschätzen. Ja, da mag er Recht haben, aber dafür konnte ich anderes. Und bin trotzdem durchs Leben gekommen.

    Schule muss sich einfach mit verändern. Aber das sehe ich grad gar nicht. Stattdessen wird der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen, weil die Kids ungern lernen. Und obwohl das bereits immer schon so war. Ich hab die Schule furchtbar gehasst und erst ab dem Alter von 18/19 Lust gehabt, mich mit lernen zu beschäftigen.

  • Firelilly hat insofern Recht, als dass man vielleicht von der Schulpflicht hin zum Privileg des Schulbesuchs kommen müsste. Wer sich nicht angemessen verhält und kein angemessenes Arbeitsverhalten zeigt, könnte in ein praktisches Jahr oder dergleichen ausgelagert werden. Von da geht es entweder in Ausbildung oder, falls derjenige in dem Jahr seine Haltung überdenkt, zurück an die Schule. Allerdings angezählt und bei erneutem Fehlverhalten wars das. Finde ich als Gedankenspiel gar nicht so verkehrt.

    Man müsste natürlich überlegen, was in diesem praktischen Jahr sinnvollerweise ganz konkret passiert, was auch nachhaltig Beschäftigungsperspektiven schaffen kann. Jeden Totalverweigerer, Nullbockmenschen und Störer zwangsweise in der Schule zu behalten, finde ich jedenfalls auch nicht sinnvoll.

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