Nach "oben" heiraten und sozialer Status von Lehrerinnen

  • Physiker- Romanisten- Party hieß das große Paarungsevent des Jahres in meinem Erststudium. Es gab weitere große Fachschaftsparties alljährlich, aber keine andere, bei der völlig unmissverständlich zwei Studiengänge mit einseitigem Geschlechterüberhang verbandelt werden sollten. Ich gehe davon aus, dass es das an allen Hochschulen in Varianten gegeben hat.

    Meine Kollegin erzählt Ähnliches. Damals PH und irgendeine Ingenieurshochschule, an der es fast nur Männer gab. Sie hat aber ihren Mann woanders im Aufzug kennengelernt.

  • Wobei Partys eine größere Schnittmenge mit meinen beiden Punkten aufweisen ;) :D

    Bei mir war es WG-Party.... zuerst kannte ich einen Geographen, durch den ich das katholische Männerwohnheim kennenlernte ^^^^^^- dort wohnte auch mein Mann. Wir haben alle (so 5-7 Personen) Chilly gekocht und so ging es weiter.... War mir ehrlich gesagt wurscht, wer mal was verdienen wird oder nicht. Aber meine Schwiegermutter fragte mich damals beim 1. Treffen mit ihr tatsächlich, was ich mal verdienen würde. Ich wusste es tatsächlich nicht und sagte so was wie 3000 DM Brutto, was für mich damals unendlich viel Geld, aber eigentlich untertrieben war, sogar für damalige Verhältnisse..

  • So gut, dass er mehr verdient als ich (trotz Kinderzuschlag für drei Kinder und Mietenstufe 5).

    Vermutlich weil du in Teilzeit bist und dadurch auch weniger Kinderzuschlag erhältst. Das soll jetzt überhaupt nicht gegen dich gehen. Ich wollte es nur nochmals erwähnen, dass diejenigen, die so auf Teilzeit und Kinderzuschläge schimpfen, vielleicht vergessen, dass letztere ja auch nur anteilig zur Arbeitszeit ausgezahlt werden, d.h. bei einer 50%-Stelle erhält man nur 50% der Kinderzulagen. Also kein Grund, sich aufzuregen.

  • Ich glaube, dass das gar nicht ausgeschlossen wird - ganz im Gegenteil. Wir müssen hier klar unterscheiden zwischen dem deskriptiven "nach oben heiraten" und dem präskriptiven "nach oben heiraten". Letzteres wäre die gesellschaftliche "Norm" bzw. Forderung, die in der Tat aus dem vorletzten Jahrhundert stammt aber bis ins letzte Jahrhundert nachgewirkt hat.

    Ersteres ist einfach nur eine beobachtende, aber keinesfalls wertende Beschreibung. Man schaut sich die Ehen an und vergleicht den sozialen Status vor der Ehe. Die Motivlage wird dann analysiert, daraus werden aber keine Forderungen an Frauen oder Männer bezüglich ihrer PartnerInnenwahl abgeleitet.

    a) Natürlich wird hier immer wieder gewertet, etwa dass Frauen auf die Suche nach Männern gingen, die mehr verdienten, um dann Teilzeit arbeiten zu können und so dem armen kinderlosen Kollegen die Last aufzubürden, Frühaufsicht zu übernehmen.

    b) Indem du sagst, du beschriebest lediglich, behauptest du, eine Wahrheit auszusprechen. Genau das ist aber hier Gegenstand der Diskussion, es ist eben NICHT mehr so, dass Frauen Stenotypistin werden (müssen!) und dann ihren Chef heiraten, der das Parkett fürs Reihenhäuschen finanziert.

    c) Im Laufe des Lebens, meist durch Kinder, kommt es jedoch auch heute immer noch häufig dazu, dass Mütter mehr zu Hause arbeiten/erziehen etc. und Väter erwerbstätig sind, was dann die Ungleichheit nach wie vor zementiert. Insbesondere nach Scheidung, wenn Frauen allein erziehen und kaum Rentenpunkte anhäufen können.

  • Also wenns danach geht hab ich unter Stand und meine Frau hochgeheiratet.

    Mein Gehalt ist ebenfalls höher als das meiner Frau (Verwaltung halt). Aber da wir beide gleichsam unser Geld als Paar investieren ist das vollkommen schnippe


    Wohl dem, der gelernt hat, zu ertragen, was er nicht ändern kann.

    Der Himmel ist nicht mein Limit, ich bin es.

  • Wieso triggert euch das so?

    Meine Erfahrung ist, dass ein hoher sozialer Status für Männer tatsächlich ein großer Dating-/Beziehungsvorteil ist. Das reduziert aber doch nicht die Partnerwahl darauf und wirkt sich auch fast immer nur unbewusst aus.

  • Mich nervt einfach der abwertende Ton, der hier im Forum bei einigen Usern damit einher geht. Persönlich fühle ich mich nicht angegriffen, denn ich passe nicht in das beschriebene Bild von Frau, aber ich finde es trotzdem nicht okay, die Teilzeit-arbeitenden Frauen so darzustellen, als wären sie nur auf finanziellen Vorteil aus bei der Partnerwahl und würden sich irgendwie aushalten lassen.

  • Für Lehrkräfte, deren Eltern selbst schon studiert haben, ist Lehramt in der Regel kein Aufstieg, oft Fortführung oder Abstieg. Hier mag die Chance, einen gutverdienenden Akademiker zu erwischen, ein wenig höher sein. So hoch wie früher aber nicht mehr.

    Da bin ich ein sehr gutes Beispiel, ich bin das schwarze Schaf in einer Familie aus vor allem Ärzten und Juristen. Als Lehrämtlerin bin ich definitiv sozial abgestiegen, kann mir nur einen Bruchteil des Luxus leisten und werde auch entsprechend beäugt. Das Satz "Warum hast Du denn nur Lehramt gemacht, Du hattest doch so super Noten?" ist da noch das harmloseste.
    Deshalb ist es mir so unendlich wichtig, dass ich zumindest in einem Teilbereich denen etwas voraus habe: Freizeit. Deshalb reagiere ich auf Zusatzarbeit und überhaupt die (für das Gehalt) völlig überzogenen Arbeitserwartungen seitens des Dienstherrn und der Schulleitung extrem allergisch. Wenn ich schon sozial abgestiegen bin, dann möchte ich wenigstens deutlich "chilliger" Leben, auch, wenn ich mir weniger leisten kann. Dann möchte ich eben nachmittags zum Sport und in die Sonne (und eben nicht, weil ich abends dafür korrigiere), dann will ich einfach mehr Frei- und Lebenszeit. Das muss der Lehrerberuf schon bieten, sonst ist er ja total daneben!

    Mich nervt einfach der abwertende Ton, der hier im Forum bei einigen Usern damit einher geht. Persönlich fühle ich mich nicht angegriffen, denn ich passe nicht in das beschriebene Bild von Frau, aber ich finde es trotzdem nicht okay, die Teilzeit-arbeitenden Frauen so darzustellen, als wären sie nur auf finanziellen Vorteil aus bei der Partnerwahl und würden sich irgendwie aushalten lassen.

    Das mag vielleicht in der älteren Generation so sein. Allein schon in meiner Generation brauchen wir einfach keinen Versorger mehr. Wir wählen unseren Partner in der Regel nicht mehr danach aus, ob er viel Geld hat. Das was vorher ein guter Job und Geld auf dem Konto war und einer Frau quasi ein Leben in Sicherheit und Annehmlichkeiten versprochen hat, ist heutzutage nicht mehr nötig, weil wir viel mehr unser eigenes Geld verdienen und unabhängig sind. Jetzt muss der Mann physische Attribute bieten um überhaupt eine Chance zu haben, er muss groß sein, sportlich, ein hübsches Gesicht und volles Haar haben. Wo früher ein kleiner Mann, kahler oder ein aus anderen gründen physisch unattraktiver Mann noch durch beruflichen Erfolg etwas kompensieren konnte, ist dies heute fast nicht mehr möglich. Klar, im Idealfall ist der Typ auch noch vermögend, aber das Guthaben eines Mannes sind heute physische Attribute. (Innere Werte sind genauso wichtig oder unwichtig wie damals ist mein Eindruck).
    Wir wählen viel stärker die gute Genetik und lassen unseren biologischen Instinkten viel mehr Freilauf.

    Es gibt Untersuchungen, dass nur noch 10% der Männer überhaupt als attraktiv wahrgenommen werden, alle anderen sind (faule) Kompromisse, und eigentlich konkurrieren die Frauen alle um diese wenigen, physisch attraktiven Männer. Das Resultat ist ein Datingmarkt mit extrem vielen Incels. Aber so ist die Biologie, wie haben die Eizellen und können 1x pro Jahr schwanger werden, ein Mann kann das ganze Jahr durch Frauen schwängern. Deshalb begehren wir biologisch nur 10% aller Männer, während Männer mit 90% der Frauen sich etwas vorstellen könnten. Die finanzielle Unabhängigkeit hat das deutlich zum Vorschein gebracht, je jünger die Menschen, desto krasser wird es deutlich.
    Da kann man nur froh sein mit zwei X-Gononosomen geboren zu sein, das ist einfach brutal! Ich beneide keinen Mann!

  • Das wiederum entspricht so überhaupt nicht meiner Wahrnehmung, egal wie weit ich den Bekanntenkreis ausweite.

    Fairerweise ist es das, aber was ich bei schwulen Männern beobachte. Da sieht der Partner häufig aus wie ein Klon des anderen.

  • Das Thema an sich ist sicher interessant, eher amüsant ist die Art einiger Formulierungen. :)

    Herr Bernd, was treibt dich an?

    Wirklich ganz einfach, so wie ich geschrieben habe: Das Thema interessiert mich. Natürlich auch, weil ich mit meinem gesellschaftlichen Status als Grundschullehrer durchaus hadere. Deswegen habe ich alle Beiträge hier mit Interesse gelesen und die unterschiedlichen Sichtweisen: ob es „oben“ und „unten“ noch gibt, woran man gesellschaftlichen Status festmachen soll, und ob es Status überhaupt noch gibt oder ob er eine Rolle bei der Partnerwahl spielt.

    Ich selbst glaube, statusbegründetes Verhalten immer wieder wahrzunehmen. Schon Gymnasiallehrer haben einen anderen Status als Grundschullehrer, vielleicht einen ähnlichen wie Grundschulrektoren oder -konrektoren, ob man das an den Gehaltsstufen festmachen kann oder nicht. Ein promovierter Arzt hat einen höheren Status als ein Oberstudienrat, selbst wenn dieser eine anspruchsvollere Dissertation verfasst haben sollte, vielleicht gleich einem Richter oder einem Professor. Chefarzt nochmal drüber.

    Ich glaube, dass wir alle Statusdenken verinnerlicht haben, oder zumindest die meisten, zumindest ab einem gewissen Alter. Selbst wenn man es für sich selbst leugnet oder aktiv ausblenden will. Bei Rassismus geht das ja auch nicht so einfach, nur weil man ihn rational für falsch hält. Aber darüber man kann trefflich diskutieren. Ich mag es, wenn man komplex erscheinende Zusammenhänge einfach und stimmig erklären kann. Klingt oft amüsant, ist im Grunde genommen aber Wissenschaft. Die Grundschulstudentin, die sich so viel besser mit dem Medizinstudenten unterhalten konnte als mit dem Krankenpfleger, der auch auf der Party war. Kann natürlich auch die gleiche Wellenlänge gewesen sein.

    Eine ehemalige Kollegin, Mittelschule und Ende 20, war Brasilienfan, hatte dort bei den Ärmsten der Armen ein Sozialjahr gemacht, kochte in der wöchentlichen Kochrunde brasilianischen Eintopf statt Lachs oder Rouladen, und heiratete am Ende den promovierten Wirtschaftsjuristen („Ich steh total auf Anzugträger.“) Nein, keine enttäuschte Liebe, ich war damals schon mit meiner Frau zusammen.

    Also, ich selbst glaube an Status, an Habitus, an nach „oben“ und nach „unten“ heiraten, selbst wenn das nicht mehr dasselbe bedeutet wie vor 100 Jahren, und es auch unterbewusste Entscheidungen, falsche Hoffnungen und unerwartete Entwicklungen, positiv wie negativ, geben kann.

  • Eine ehemalige Kollegin, Mittelschule und Ende 20, war Brasilienfan, hatte dort bei den Ärmsten der Armen ein Sozialjahr gemacht, kochte in der wöchentlichen Kochrunde brasilianischen Eintopf statt Lachs oder Rouladen, und heiratete am Ende den promovierten Wirtschaftsjuristen („Ich steh total auf Anzugträger.“)

    Nervig, dass Frauen immer ein berechnendes Vorgehen unterstellt wird. Sollte sie jemanden aus den Favelas heiraten, nur weil sie da ein soziales Jahr gemacht hat?

  • Da sieht der Partner häufig aus wie ein Klon des anderen.

    So ist es.

    Abgesehen davon glaube ich, dass man eher in seinem sozialen Umfeld bleibt, was die Partnerwahl angeht. Das sehe ich sogar bei meinem Schwager, der Jazzmusiker ist. Da gab es im Laufe der Jahrzehnte, die ich ihn nun kenne sehr viel Partner/innenwechsel (Frauen und Männer, unterschiedliche Hautfarben, aus allen Ländern der Welt - er kommt auch viel herum), aber vom sozialen Status und der Bildung her waren sie eher auf seiner "Ebene", also Akademiker/innen.

  • Um den Fall von oben in Brasilien aufzugreifen:
    Wie hätten wohl die Chancen darauf gestanden, dass man dauerhaft glücklich ist und bleibt, wenn die besagte Frau einen Bewohner einer Favela geehelicht hätte? Diese Liebe hätte von Anfang an vor einem Vielfachen an Herausforderungen gestanden als das bei einer Ehe mit einem anderen Partner gewesen wäre.
    Die Idee, dass Liebe alle Hindernisse überwindet, ist eine unglaublich romantisch verklärte Idee, die ihren Ursprung aus Zeiten hat, in denen es bei Ehen nie um Liebe ging sondern um Versorgung und Stammhalter und um klare soziale Hierarchien. Und irgendwann sind die Kompromisse, die man eingehen muss, auch einfach so viele, dass man sich selbst verliert.

    Wenn dann auch noch das gesellschaftliche Klima oder das soziale Umfeld diesbezüglich wenig begünstigend sind, steht eine solche Ehe unter einem ganz schlechten Stern.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Nervig, dass Frauen immer ein berechnendes Vorgehen unterstellt wird. Sollte sie jemanden aus den Favelas heiraten, nur weil sie da ein soziales Jahr gemacht hat?

    Das nicht, aber ein Entwicklungshelfer oder Sozialarbeiter hätte wellenlängentheoretisch besser zu ihr gepasst. Wahrscheinlich konnte der Wirtschaftsjurist besser zuhören, wenn sie ihm von ihrem Jahr in den Favelas erzählt hat.

  • Das nicht, aber ein Entwicklungshelfer oder Sozialarbeiter hätte wellenlängentheoretisch besser zu ihr gepasst.

    Manchmal wollen die einen aber nicht. Ging mir z.B. so.

    Wir können die Beweggründe von fremden Menschen wie immer nicht wissen.

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