Zuckerfest und co feiern?

  • Wenn die Religionen alle so ähnlich wären, hätten wir nur halb so viele Konflikte auf der Welt. Ähnlich kann man das wohl nur als Außenstehender finden.

    Als Außenstehender sieht das tatsächlich so aus.
    Strukturelle Mechanismen gleich, Gesellschaftsbild gleich, psychosoziale Druckmittel/Bindung gleich, Wahrheitsgehalt gleich, Anspruch gleich, historische Fossilierung gleich. Ist auch kein Wunder, weil die drei großen Religionen in einer evolutionären Entwicklungslinie stehen und einige andere aus der selben Weltregion stammende Religionen zumindest verwandt sind.

    Dass man als Insider natürlich viele Unterschiede sieht ist klar. Irgendwie muss man sich ja abgrenzen und die Eigenständigkeit der eigenen Religion legitimieren.

    Das Konfliktargument ist spannend. Ist die Feindlichkeit anderen gegenüber den Religionen inhärent oder nicht?

  • Wenn die Religionen alle so ähnlich wären, hätten wir nur halb so viele Konflikte auf der Welt. Ähnlich kann man das wohl nur als Außenstehender finden.

    Wie ähnlicher sie sind, umso mehr muss man sich abgrenzen, umso mehr Konflikte gibt es, zumindest wenn einem die eigene Sache sehr wichtig ist, gilt nicht nur für Religionen. Tolerant sind die meisten nur, wenn es ihnen nicht wichtig ist.

    Deshalb haben sich früher katholische und evangelische sehr bekämpft oder heute noch manche muslimische untereinander.

    Und ich bin sicher nicht außenstehend, sehe Unterschiede klar. Außenstehende sind nur vermutlich toleranter, eben weil es ihnen nicht (so) wichtig ist.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • dass es zwischen den Religionen erstmal wenig Unterschiede gibt.

    Auch das finde ich seltsam, wenn ich schon sehe, welch große Unterschiede es sogar zwischen einzelnen Denominationen des Christentums, des Islams usw. gibt.

    Aber das ist wahrscheinlich eine Frage der Perspektive.

  • ...

    Das Konfliktargument ist spannend. Ist die Feindlichkeit anderen gegenüber den Religionen inhärent oder nicht?

    Den Zusammenhang verstehe ich nicht. Menschen sind grundsätzlich feindselig anderen Gruppen gegenüber. Je fanatischer sie einer Idee hinterherrennen, desto feindseliger werden sie. Das kann Religion sein oder was beliebig anderes.

    Ich bezog mich auf den Diskussionsstrang, dass in Ethik muslimische und konfessionslose SuS festgestellt hätten, dass Religionen im Grunde alle gleich seien. Daraufhin schrieb Rosalaune, dass er sich frage, welcher Art der Unterricht sein müsse, dass man zu diesem Schluss käme. Und das frage ich mich auch, die Unterschiede sind offenbar für Gläubige so riesig und wichtig, dass sie sich dafür abschlachten.

  • Je fanatischer sie einer Idee hinterherrennen, desto feindseliger werden sie.

    Ja, und das ist dann präsent,

    dass die anderen, die es nicht fanatisch verfolgen, ohne Feindseligkeit schaffen, gemeinsam zu leben, sich Gottteshäuser zu teilen, sich zu Festen besuchen, einander schöne Feiertage wünschen, an Bräuchen und Traditionen interessiert sind und dem anderen die Religion oder Konfession lassen können, ist eben nicht so publik und nicht so brisant.

    Es gibt eine Menge Orte, wo das recht gut gelingt, und Projekte, die genau das fördern.

    Wenn es fanatisch wird, braucht es ein Stopp und zwar auch oder gerade aus der eigenen Religion/Konfession, das gilt gerade auch regional, ist aber schon da schwierig wegen der Absonderung und sozialen Kontrolle, die man z.B. bei evangelikalen Gruppierungen hat.

    Das Stopp kann eben auch sein, dass man die Gemeinsamkeiten betont, aber das ist dann auch der Grund, wenn hier benannt wird, dass der schulische Religionsunterricht abgewählt wird, weil er zu offen ist.

  • In meinen Ethikkursen feiern wir immer Weihnachten und das Ende des Ramadans.

    Prickelnd. Da kommen Kinder in den Ethikkurs, um nicht am Religionsunterricht teilnehmen zu müssen und dann werden dort religiöse Feste gefeiert. Das ist durch den Lehrplan gedeckt?

    „Fakten haben keine Lobby.“

    (Sarah Bosetti)

  • Das ist durch den Lehrplan gedeckt?

    Eine Feier vielleicht nicht, aber beim letzten Mal, als ich nach einem Plan gesucht habe, waren etwa 1/3 der Inhalte religiöse Themen, was auch die Vermittlung von Festen, Feiern und Hintergründen enthält.

    Wenn man im ev. RU den Sederabend erläutert, „feiert“ man das Fest nicht, vermittelt aber, ggf. auch mit Speisen, worum es geht, ebenso „feiert“ man dann nicht Weihnachten, vermittelt aber, was in verschiedenen Familien dazugehören kann - das ist ja auch nicht überall gleich, siehe Kartoffelsalat-Diskussion.

    Die eigentliche Frage wäre ja, ob man z.B. zum Zuckerfest eine „Feier“ oder Rituale entwickelt, vergleichbar zu anderen Ritualen der Schule zu Advent oder vor Ostern.

    Wenn alle dann am Weihnachtssingen teilnehmen oder einer Aufführung vor Weihnachten, könnte man dann auch am Fastenbrechen teilnehmen.
    Und auch wenn vor Ostern nicht (mehr) viele Fasten, weil das Fest für sich stehen kann, kann man durchaus vermitteln, dass es in verschiedenen Religionen ähnliches gibt, Fastenzeiten mit Hintergründen und Feste am Ende der Fastenzeit. Dann ist „Fasten“ eben nicht auf den Islam begrenzt und „anders“, sondern durchaus auch in der eigenen Religion vertreten, auch wenn man es selbst noch nicht kannte.

  • ...
    Die eigentliche Frage wäre ja, ob man z.B. zum Zuckerfest eine „Feier“ oder Rituale entwickelt, vergleichbar zu anderen Ritualen der Schule zu Advent oder vor Ostern.

    Wenn alle dann am Weihnachtssingen teilnehmen oder einer Aufführung vor Weihnachten, könnte man dann auch am Fastenbrechen teilnehmen.
    ...

    Das stimmt, wenn man es eben nicht so ernst nimmt alles. Ich würde mich zum Beispiel freuen, würde mich jemand zum Fastenbrechen oder seinem Lichterfest einladen. Aber ich kann nicht überzeugt irgendwas umsetzen, was mit mir nichts zu tun hat. So wie ich immer Süßigkeiten im Schrank habe, die halal sind, aber selbst Gummibärchen esse.

    Inwiefern kann ich selbst guten Gewissens ein Fest ausrichten, was mit mir nichts zu tun hat? Damit hadere ich irgendwie.

  • Inwiefern kann ich selbst guten Gewissens ein Fest ausrichten, was mit mir nichts zu tun hat? Damit hadere ich irgendwie.

    Dann mach es halt nicht. Zwingt dich jemand?
    Ich finde ja ganz persönlich, dass nichts davon in Schule gefeiert werden sollte. Thematisiert: ja, ok, ist eventuell nicht ganz unwichtig, dass man wenigstens mal von den religiösen Traditionen erfährt, da sie ja doch bei vielen Menschen großen Raum einnehmen.

    Will man alle möglichen Religionen berücksichtigen, kommt man aus dem Feiern kaum raus. Ob das sinnvoll ist? Ich weiß nicht. https://www.mkjfgfi.nrw/system/files/m…lender-2026.pdf

  • Also dass ich mit meinem Beitrag solch eine Welle auslöse, hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Kommentare wie "Prickelnd" lassen dann doch ein sehr merkwürdiges Licht auf die ganze Sache werfen.

    Scheinbar kennt ihr euch nicht mit dem Teilrahmenplan Ethik in meinem Bundesland aus. Ich bezweifle, dass die anderen Bundesländer etwas völlig anderes in ihren Lehrplänen stehen haben. Ich hatte erwähnt, dass ich in einer Grundschule arbeite und welche Inhalte in dem für mich relevanten Lehrplan stehen.

    Das, was für einige hier völlig undenkbar erscheint, ist bei mir Unterrichtsalltag. Es nennt sich auch gelebte Integration.

    Ich bin vor 10 Jahren im Referendariat gewesen und selbst dort gehörte es zur Lehrkräfteausbildung, alle Weltreligionen im Fach Ethik zu behandeln und Rituale und Traditionen exemplarisch zu zeigen und ggf. einmal anzuwenden. Hättet ihr es gewusst, dass es einen Ramadan-Kalender gibt, der unserem Adventskalender ähnelt? Dass die abrahamitischen Weltreligionen eigentlich denselben Ursprung haben? Dass jede dieser Weltreligionen einen Gott hat, ein Glaubenshaus, betet, Gläubige Dinge in ihrem Leben gemacht haben sollen (Säulen des Islams, Sakramente...), es ein Buch Gottes gibt usw.

    Es geht darum Gemeinsamkeiten herzustellen, um dann die Unterschiede herauszuarbeiten. Und das geschieht auf eine ganz natürliche Art und Weise durch die Beiträge der Kinder.

    Und stellt euch vor: Das Thema Krieg sowie Hass und Hetze taucht hier immer wieder auf. Nicht zuletzt auch dadurch, dass es leider in unserer Welt - und auch in der Lebenswelt der Kinder - immer aktuelle Beispiele gibt.

    Entschuldigt den Roman, doch ich musste kurz in den Rechtfertigungsmodus. Die kleinen Stellen in manchen Kommentaren zeigen doch eben genau die Engstirnigkeit, die in den vergangenen Beiträgen genannt wurde. Es braucht Offenheit und Berührung, um Toleranz gegenüber Andersgläubigen zu haben. Nur wenn mir etwas völlig fremd erscheint, baue ich Mauern auf.

  • Dann mach es halt nicht. Zwingt dich jemand?
    Ich finde ja ganz persönlich, dass nichts davon in Schule gefeiert werden sollte. Thematisiert: ja, ok, ist eventuell nicht ganz unwichtig, dass man wenigstens mal von den religiösen Traditionen erfährt, da sie ja doch bei vielen Menschen großen Raum einnehmen.

    Will man alle möglichen Religionen berücksichtigen, kommt man aus dem Feiern kaum raus. Ob das sinnvoll ist? Ich weiß nicht. https://www.mkjfgfi.nrw/system/files/m…lender-2026.pdf

    Das ist es! Dann hat man jede Woche was, worauf man sich freuen kann:wink_1:

  • Ich thematisiere im U die religiösen Gebräuche der KINDER. Diese erzählen von ihrer (!) Lebensrealität, allgemein und auch von der religiösen Lebensrealität. Da kommt bei manchen Weihnachten vor, bei manchen das Zuckerfest etc. Nur das jüdische Mädchen traut sich tatsächlich nicht, etwas von sich zu erzählen, traurig. Ich oute sie freilich nicht, sondern erwähne im Gespräch, was im Judentum so gefeiert wird.

    Also, es kommt von den Schülern und wird aufgegriffen und ein bisschen einsortiert, berichtigt etc. Bei mir im Unterricht nach Bedarf, im Religionsunterricht mehr (den gebe ich nicht).

  • Hättet ihr es gewusst, dass es einen Ramadan-Kalender gibt, der unserem Adventskalender ähnelt? Dass die abrahamitischen Weltreligionen eigentlich denselben Ursprung haben? Dass jede dieser Weltreligionen einen Gott hat, ein Glaubenshaus, betet, Gläubige Dinge in ihrem Leben gemacht haben sollen (Säulen des Islams, Sakramente...), es ein Buch Gottes gibt usw.

    Nö. Hätte ich nicht. Ich weiß auch vieles aus dem Christentum nicht. Ich weiß übrigens auch nichts über Quantenphysik oder das das Auftragen einer Teerschicht auf Straßen oder über das Häkeln von Luftmaschen. Alles muss ich wirklich nicht wissen, deswegen bin ich da auch eher auf der Schiene: lass weg aus der Schule. Dass es trotzdem hier und da sinnvoll sein kann, insbesondere, wenn Konflikte in Klassen zwischen Religionen auftreten, möchte ich nicht bestreiten.

  • Nur das jüdische Mädchen traut sich tatsächlich nicht, etwas von sich zu erzählen, traurig. Ich oute sie freilich nicht, sondern erwähne im Gespräch, was im Judentum so gefeiert wird.

    😭 Das wiederum finde ich wirklich traurig in der heutigen Zeit.

  • Interessant. Ich hatte gedacht, Ethik wählen diejenigen Schüler, die mit dem religiösen Kram gerade bewusst nichts zu tun hsben möchten.

    und die, die sich vom Ethik-Lehrer aus irgendwelchen Gründen bessere Noten versprechen oder sie/ihn sympathischer finden als die Relilehrer

  • und die, die sich vom Ethik-Lehrer aus irgendwelchen Gründen bessere Noten versprechen oder sie/ihn sympathischer finden als die Relilehrer

    Das geht auch umgekehrt. Es gab als ich selbst in der Oberstufe war zwei Kurse katholische Religion. Bei der einen Lehrerin musste man anspruchsvolle Texte analysieren und auch Fakten lernen. Bei dem anderen war das Notenspektrum bei 2- beendet. Da sind auch einige spontan katholisch geworden, aber nur, wenn sie in den passenden Kurs kamen.

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