Gymnasiallehrkräfte an Grundschulen

  • Aus aktuellem Anlass

    "In Verbindung mit der Wiedereinführung des neunjährigen Bildungsgangs an den Gymnasien ergibt sich die Notwendigkeit der Schaffung eines Einstellungskorridors für diese Schulform. Besetzbare Stellen stehen mit dem Schuljahr 2020/2021 zur Verfügung. Bewerberinnen und Bewerber sollen mit ihrer Einstellung an der Zielschule für eine gewisse Zeit teilabgeordnet werden, um an Schulen anderer Schulformen Ausfälle im Präsenzunterricht aufzufangen

    Das Ministerium für Schule und Bildung wird den Schulen einen aktualisierten Überblick über alle Maßnahmen, die zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung beitragen können, geben. Die Änderungen des Lehrerausbildungsgesetzes, die u.a. einen dauerhaften Einsatz von SII-Lehrkräften im Beamtenverhältnis an Grundschulen ermöglicht, werden in Kürze eingepflegt."


    Quelle: https://www.schulministerium.n…jahresstart-2020_2021.pdf


    Haben hier anwesende Grundschullehrkräfte (oder auch SII Lehrkräfte) bereits Erfahrungen mit diesen Abordnungen gemacht?

    Von meinen Kolleginnen und Kollegen könnte es sich keiner vorstellen an einer Grundschule zu unterrichten.

    Ehem. ReferendarInnen meiner Schule, die in NRW nicht sofort an einem Gym/ Gesamtschule eine Anstellung finden, "wandern" lieber in andere BL aus oder begnügen sich mit einer SI-Schule oder tingeln als Vertretungskraft ...

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe (vielleicht ein Einzelfall) mit einem Bekannten von mir mal gesprochen. Gymnasiallehramt, derzeit in befristeten Stellen unterwegs. Er sprach mich auf die Möglichkeit an, als Gymnasiallehrer an die Grundschule zu gehen, damit er eine feste Stelle bekäme.


    Allerdings sagte er auch ziemlich deutlich, dass dies eigentlich "unter seinem Niveau" sei. ... ich beglückwünsche mich immer noch dazu, dass er den Abend überlebt hat. ;)


    kl. gr. frosch

  • Wir haben zwei SIIer von denen eine gerade das 2. StEx auf Primar gemacht hat. Der andere wird sich jetzt nächstes Jahr anschliessen. Ich sag immer: wenn es einem nicht passt, bleibt man nicht dabei.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

    • Offizieller Beitrag

    eine ähnliche Regelung existiert schon: wir entlassen seit ein paar Jahren (2-3?) jedes Jahr mindestens einen Reffi, der den Deal abschließt, mehrere bekommen den angeboten und einige sind schlau genug, um zu wissen, dass es durchaus leere Versprechen sind. Die neue Schule nach 3-4 Jahren muss nämlich Sek2-Stellen haben, es muss kein Gym sein (auch Sekundarschulen ohne Oberstufe haben Sek2-Stellen zum Beispiel).

    Dass jetzt das Gym selbst die Stelle ausschreiben würde, wäre schon ein Vorteil, weil man dann zumindest nach Bedarf ausschreiben könnte, selbst wenn es nur der Bedarf in 3 Jahren ist. Unsere Angst ist aktuell, dass wir bald noch weniger ausschreiben können (unsere letzte Einstellung müsste 3-4 Jahre her sein) und weiterhin nur über Versetzungen auf unseren Stellensoll kommen. Allerdings haben die Rückkehrer*innen aus der Elternzeit oder aus der Grundschule nicht alle Mathe/Info studiert und schwuptiwups, es grüßt Frau Studienrätin Deutsch/Geschichte Nummer 8. (beliebige Fächerkombination einsetzen, die man nicht selbst freiwillig zu diesem Zeitpunkt ausgeschrieben hätte)

  • Bei uns in Hessen steht das jetzt auch an. Referendare, die fertig werden, sollen für Grundschulen gewonnen werden. Bei uns am Gymnasium hat das eine Referendarin auch gemacht, durchläuft wohl eine Zusatzqualifikation seit einem Jahr und fühlt sich an der Grundschule sehr wohl. Außerdem sollen im Notfall Gymnasiallehrer an Grundschulen zwangsabgeordnet werden und die fehlenden Stellen am Gymnasium ersetzt. Ich frage mich nur: mit wem?!


    Ich kenne viele Kollegen, die einer Abordnung an die Grundschule nicht aus Dünkel ablehnend gegenüberstehen, sondern weil sie wissen, dass man als Gymnasiallehrer nicht mal eben so einfach Kompetenz für das Lehramt an Grundschulen hat.

  • nicht mal eben so einfach Kompetenz für das Lehramt an Grundschulen hat

    Genau das. Meine Tochter ist jetzt ein Jahr in der Grundschule und die Didaktik dort ist vollkommen anders. Ganz ehrlich : es mag sicher einige geben, die dort hervorragend aufgehoben sind. Aber ich hab eigentlich keine Lust, dass in der Grundschule Leute rum wurschteln, die das weder können noch wirklich wollen. Das Resultat von Lehrern, die nicht vernünftig mit ihren Schülern umgehen sehe ich im Matheunterricht der 11. Klasse FHR jeden Tag.


    Ich denke, da kann man schon früh ganz viel kaputt machen, was später keiner mehr beheben kann

  • Wenn ihr mich fragt, sollte man angehenden Gymnasiallehramtsstudenten noch stärker auf diesen Umstand hinweisen, denn ob jeder Deutsch/Philosophie-Anfänger weiß, worauf er sich damit einlässt? Zu oft lese ich leider immer noch "Wenn du nach Interesse studierst und voll dabei bist, findest du schon eine Stelle." :/ .

  • Die Gymnasialkräfte werden in NRW meines Wissens zunächst nur angestellt und analog zu A12 besoldet, bis sie nach drei Jahren dann die Verbeamtung mit A13 und Planstelle am Gy bekommen.

    Es ist aber auch die Rede von Abordnungen („Vorgriffstellen“ für Gymnasien mit Teilabordnungen). Das kann schon für Unfrieden in Kollegien sorgen, wenn unterschiedlich besoldet wird.

  • Haben hier anwesende Grundschullehrkräfte (oder auch SII Lehrkräfte) bereits Erfahrungen mit diesen Abordnungen gemacht?

    An meiner Schule hat eine SekII-Kollegin ein Jahr lang bestens und sehr selbständig als Grundschullehrerin gearbeitet und während der letzten Monate sogar die Klassenleitung einer 4. Klasse übernommen (KL war "vorerkranktes Risiko"). Es gab keine Probleme und es hat uns allen sehr leid getan, dass sie jetzt ihre feste Stelle an einer weiterführenden Schule antreten konnte... wir haben es ihr natürlich sehr gegönnt! Sie war sich gegen Ende aber gar nicht mehr so sicher, ob sie die Altersgruppe ihrer Schüler ändern wollte.

  • Ich finde, 4. Klasse geht ja noch ganz gut. Schwieriger ist die Umstellung bestimmt in Klasse 1 im Anfangsunterricht. Ging mir ja selbst so, als ich von jahrelang in 3 und 4 wieder in 1 und 2 musste.

  • An meiner Schule ist jemand, der nach dem Referendariat umschult und nun fertig ist. Bayern bietet Umschlungsmaßnahmen für diejenigen an, die nach dem Referendariat erstmal keine Stelle bekommen. Ich kann mir die Kollegin schlecht am Gymnasium vorstellen, sie ist irgendwie die geborene Grundschullehrerin.

    Aber die Hintergrundgeschichte ist folgende: Sie wollte Grundschullehramt studieren, kam aber wegen des Numerus clausus nicht rein. Dann hat sie zwei Fremdsprachen fürs Gymnasiallehramt studiert. Das Studium hat ihr wohl Spaß gemacht und das Unterrichten am Gymnasium auch. Noch besser gefällt es ihr an der Grundschule, weil man da nach ihrer Aussage wirklich "Lehrer" im Sinne von "pädagogisch" sein kann. Sie ist in Jahrgangsstufe 1/2.

  • Wir haben nach vielen, vielen Jahren der Abordnungen und Versetzungen von SekI-Schulen jetzt im 2. Jahr Abordnungen vom Gymnasium.

    Darunter auch eine junge Vollzeitlehrkraft, die nun für ein Jahr mit viel Engagement eine 2. Klasse übernommen und geführt hat.


    Es braucht seitens des GS-Kollegiums vor allem zu Beginn viel Unterstützung. Wenn es dann läuft, wechselt die Person. So hat man ständig neue KollegInnen, die man einarbeitet, häufigen Wechsel in den Klassen, was die Eltern aufbringen kann, und ein sehr kleines Stamm-Kollegium, das sich auch alle anderen Aufgaben teilen muss.


    Trotzdem finde ich, dass unsere Gymnasialkolleginnen wirklich gute Arbeit gemacht und sich voll auf die Aufgabe eingelassen haben.

    Ich hätte sie alle gerne an der Schule behalten.

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