Gewalt gegen Lehrer

  • Liebe Kollegen,

    Da es bei einigen von euch falsch angekommen ist:

    Ich freue mich natüelich nicht über Gewalt, aber ich freue mich hier mit euch Erfahrungen zu teilen und eigene einordnen zu können.


    Daher ist es auch gut, dass die Studien und ihr Setup

    von der Kollegin

    verlinkt wurden.

  • Sowohl in der Berufs- als auch Technikerschule habe ich übrigens den Eindruck, dass sich die Manieren in den letzten 3-4 Jahren ganz rapide bessern. Ganz im Gegensatz zur gängigen Meinung und vielen Berichten von Allgemeinbildnern. Ich frage mich, wo das herkommt.

    Das kann ich für die Bildungsgänge, in denen ich schon seit Jahren unterrichte, nicht bestätigen. Bei meinen SuS sind die "Manieren" - vermutlich auch mit der Zusammensetzung der Klassen zusammenhängend - immer unterschiedlich; das schwankt von Jahr zu Jahr. Mal gibt es total unauffällige SuS bzw. Klassen, dann wieder viele "verhaltensoriginelle" SuS. Eine besonders augenfällige Verbesserung oder Verschlechterung habe ich daher nicht feststellen können.


    Gewalt gegen Lehrkräfte habe ich zum Glück auch noch nie erlebt. Vor etlichen Jahren wollte mal ein Schüler auf einen Kollegen losgehen, der ihn beim Rauchen erwischt hatte, wurde aber von Klassenkameraden zurückgehalten. Da gab's eine Ordnungsmaßnahmenkonferenz mit "Strafe" und der Schüler hat sich bei dem Kollegen entschuldigt (ihm - also dem Schüler - war die Sache im Nachhinein wohl doch etwas peinlich).

    Im letzten Jahr wurde eine Kollegin bei der Aufsicht von einem ihr unbekannten Schüler fotografiert, was sie natürlich nicht wollte. Als sie ihn aufforderte, das Foto vom Smartphone zu löschen, kamen blöde, anmaßende Sprüche. Zudem hat ihr der Schüler einen falschen Namen genannt, wie sich 'rausstellte, als sie den Schulleiter über diesen Vorfall informieren wollte. Der Schüler konnte aber trotzdem "identifiziert" werden, hatte dann ein Gespräch mit dem Schulleiter und der betroffenen Kollegin und hat sich dann einige Tage später von der Schule abgemeldet, wie der Kollegin mitgeteilt wurde (ob das nun mit dem Vorfall im Zusammenhang stand, weiß ich nicht).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Die üblichen Anzüglichkeiten, Beleidigungen, etc., lasse ich mal weg. Davon gibt es im Berufsschulalltag genug.

    Mir sind noch keine untergekommen. Ich unterrichte aber ja hauptsächlich in Vollzeitklassen (allerdings z. T. auch SuS ohne Abschluss) und im kaufmännischen Bereich. Vielleicht liegt es daran.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Kurzzusammenfassung aus dem Unterricht/Schulleben von 6 Wochen Unterricht an einer Brennpunktschule (Sek I):


    - wurde im Unterricht von den SuS eigentlich ständig respektlos oder aggressiv angesprochen

    - wurde mehrfach mit Zeug beworfen (Papierflieger, Papierbälle, Kleinteile)

    - allgemeines Mobbing gegen L bzw. der Versuch davon

    - wurde im Unterricht lautstark beleidigt (nicht verbal unter der Gürtellinie, aber doch deutlich als Beleidigung)

    - musste in einer Schlägerei dazwischen gehen und habe einen S an den Oberarmen fest gehalten, da er weiter nach dem anderen S schlug, der Schläger hieb dann mit den Unterarmen/Händen gegen mich (nicht stark, aber deutlich als Attacke wahrzunehmen)

    - ein Kollege berichtete, dass er von einem S gegen das Schienbein getreten wurde (ich weiß allerdings nicht, ob bewusst oder "zufällig", weil der S vielleicht um sich trat)

    - eine Kollegin berichtete, dass auf der Treppe direkt hinter ihr von oben eine größere Menge an Flüssigkeit auf die Treppe klatschte... (würde ich zumindest als Mobbing einstufen, und hatte die Kollegin auch so angenommen)


    Ich bin froh, dass dieses Thema mal etwas mehr in die Öffentlichkeit kommt und hoffe, dass die Nachrichtenmeldung nicht nur ein Lückenfüller war.

  • Mich hat mal eine Schülerin (ca. 16 Jahre alt, Berufsschulklasse zum Nachholen des Hauptschulabschlusses) Fo..e genannt. Ich, damals noch jung und etwas temperamentvoller, habe (leider) zurückbeleidigt. War zwar nicht pädagogisch wertvoll, aber sehr wirksam.

    Sonst habe ich selbst an mir keine Gewalt erlebt, aber bei Kollegen mitbekommen.

  • ...

    Ich bin froh, dass dieses Thema mal etwas mehr in die Öffentlichkeit kommt und hoffe, dass die Nachrichtenmeldung nicht nur ein Lückenfüller war.


    Ganz genau. Es ist wichtig, das offen zu benennen und nicht unter den Teppich zu kehren.


    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Warum eigentlich nur "Schülerinnen und Schüler"? Und warum nur "von Lehrkräften"? Ich denke, das könnte man ruhig auf die ganze Gesellschaft ausdehnen.

  • Zitat

    (Miss Jones) ...bestell dem Spamdackel aber bitte auch direkt ne Wochenladung Habmichliebpillen dazu, sonst überlebt der das nicht...


    Habmichliebpillen? Wenn's um Respektlosigkeiten und massive Unterrichtsstörungen geht?


    So waren leider die Reaktionen 2017 zu diesem Thema. :daumenrunter:

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Gewalt von Schülern gegen Lehrer hab ich selten beobachtet bzw. erlebt. Das waren dann immer psychisch hochbelastete oder kranke Kinder und Jugendliche, ist auch kein neues Phänomen und, wie ich finde, nicht häufiger geworden, im Gegenteil. Unter den Schülern gibt es allerdings viel Gewalt, je nach Schule und Einzugsgebiet direkter oder subtiler, aber allgegenwärtig. Gefühlt habe ich andauernd damit zu tun.

    In den Nuller- und Zehnerjahren gab es medienbedingt eine große Verunsichung unter den Eltern, die immer wieder zu unangemessenen Auftritten vor allem von Vätern gegenüber Kolleginnen und Kollegen geführt hat, was sich in den letzten Jahren meiner Beobachtung nach aber wieder auf das normale Maß eingependelt hat (drei Prozent Verrückte). Seit Corona erlebe ich im Gegenteil plötzlich viel Wertschätzung und viel mehr Verständnis von Elternseite. Wäre ja schön, wenn sie wieder mit uns an einem Strang ziehen statt sich gegen uns aufhetzen lassen würden.

  • Ich komme mir gerade vor wie in der Oase der Glückseligkeit. Ich habe in meinen 20 Jahren Lehrerdaswin noch nie Gewalt erlebt, weder physisch noch psychisch. Bei uns im Kollegium habe ich auch nichts in dieser Richtung miterlebt.


    Sarek

  • Kurzzusammenfassung aus dem Unterricht/Schulleben von 6 Wochen Unterricht an einer Brennpunktschule (Sek I):

    [...]

    - musste in einer Schlägerei dazwischen gehen und habe einen S an den Oberarmen fest gehalten, da er weiter nach dem anderen S schlug, der Schläger hieb dann mit den Unterarmen/Händen gegen mich (nicht stark, aber deutlich als Attacke wahrzunehmen)

    [...]

    Nur als Anmerkung zu deinem einen Spiegelstrich: Wenn man in eine aktive Schlägerei eingreift, besteht IMMER das Risiko, selber was abzubekommen. Das machts nicht besser oder so, aber ich würde prinzipiell ein derartiges Eingreifen nur raten, wenn man körperlich dazu in der Lage ist.

    Ich hatte eine solche Schlägerei auch schon auf dem Weiterbildungskolleg (das einzige Mal in den letzten 3 Jahren, das ich sowas erlebt habe), das waren zwei erwachsene Menschen, die sich boxen wollten (beide Anfang 20). Da habe ich mich nicht dazwischen gestellt, sondern die beiden nur angebrüllt, was zum Glück gereicht hat.


    Inwiefern es im Rahmen der Nothilfe notwendig ist, über Festhalten/Ergreifen hinausgehende Maßnahmen zu nutzen (also klassisch, sich bewaffnen), kann niemand im Vorhinein sagen. Ich persönlich würde mich eher um Mithilfe anderer Menschen bemühen, bevor ich solche Maßnahmen ergreife.

  • Bei mir blieb es bisher immer bei verbalen Angriffen, der einzige Versuch des körperlichen (Stuhl in den hängen über den Kopf) konnte ich verbal entschärfen.


    Ein Kollege wurde vor zwei Wochen im Zuge der pausenaufsicht von einem Schüler erst zu Boden gebracht und dann gewürgt. Ein anderer hat im Unterricht beim Anschreiben an dieTafel einen Schlag in den Nacken bekommen (ohne danach rauszufinden u zu können, wer es war). Gibt hier so einige Vorfälle. Auch diese körperliche Drohungen und Androhungen von durchschneiden der bremsleitung. 🥺

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Zitat
    • Ich persönlich würde mich eher um Mithilfe anderer Menschen bemühen, bevor ich solche Maßnahmen ergreife.


    Mehrfaches Anschreien ("sofort aufhören") allein hat nichts bewirkt, und ich war alleine in der Aufsicht. Da kann man nicht erst noch jemanden holen...


    Ich bin gewiss nicht scharf drauf, mich da (körperlich) rein zu hängen (so als Frau mit 1,55m Größe). Aber was soll man sonst in solch einer Situation tun?

  • Mehrfaches Anschreien ("sofort aufhören") allein hat nichts bewirkt, und ich war alleine in der Aufsicht. Da kann man nicht erst noch jemanden holen...


    Ich bin gewiss nicht scharf drauf, mich da (körperlich) rein zu hängen (so als Frau mit 1,55m Größe). Aber was soll man sonst in solch einer Situation tun?

    Wenn deutliche Ansprache nichts hilft: 110 und fertig. Zusehen, daß keine Außenstehende reingezogen werde.

  • ... ganz unabhängig davon, dass Kiffen - auch in der Öffentlichkeit - nun mal nicht verboten ist.

    Nein, aber der Besitz von Rauschmitteln. Wenn einem nicht gerade ein BTM wie GHB gegen den eigenen Willen eingeflößt wird (dafür ist dieStraffreiheit des Konsums gedacht), dann wird man kaum um den Besitz (= die tatsächliche Gewalt über eine Sache) herumkommen.

    Ein anderer hat im Unterricht beim Anschreiben an dieTafel einen Schlag in den Nacken bekommen (ohne danach rauszufinden u zu können, wer es war). Gibt hier so einige Vorfälle. Auch diese körperliche Drohungen und Androhungen von durchschneiden der bremsleitung. 🥺

    Ich hoffe doch sehr, dass der Kollege Strafanzeige gestellt hat. Die Mitschüler, die dies billigend in Kauf nehmen, sind dann übrigens im Strafverfahren der Beihilfe verdächtig. Dann bricht die schweigende Mauer schnell zusammen.

  • Bei mir blieb es bisher immer bei verbalen Angriffen, der einzige Versuch des körperlichen (Stuhl in den hängen über den Kopf) konnte ich verbal entschärfen.


    Ein Kollege wurde vor zwei Wochen im Zuge der pausenaufsicht von einem Schüler erst zu Boden gebracht und dann gewürgt. Ein anderer hat im Unterricht beim Anschreiben an dieTafel einen Schlag in den Nacken bekommen (ohne danach rauszufinden u zu können, wer es war). Gibt hier so einige Vorfälle. Auch diese körperliche Drohungen und Androhungen von durchschneiden der bremsleitung. 🥺

    Kann man eigentlich sein Bundes Land verklagen, wenn Leib und Leben bei der Arbeit nicht geschützt werden?

  • Zitat

    Wenn deutliche Ansprache nichts hilft: 110 und fertig.


    Finde ich einerseits überzogen und andererseits gar nicht hilfreich.


    Wenn sich zwei Jungs aus der 5. oder auch 7. Klasse auf dem Pausenhof kloppen, stehe ich doch nicht daneben, hole mein Handy raus, rufe die Polizei an und warte, bis die in einer halben bis dreiviertel Stunde mal eine Streife vorbeischicken? Das ist realitätsfern. Diese Prügeleien entstehen in Bruchteilen von Sekunden, oft heult und schreit oder wimmert schon einer der Beteiligten, und nach wenigen Sekunden ist alles vorbei. Trotzdem wartet man als Lehrer nicht ab. Insbesondere an dieser Schule gibt es infolge von Prügeleien häufiger Unfälle (ein S fällt z.B. ungünstig), bei der ein Krankenwagen geholt werden muss. Diese Prügeleien dort sind leider an der Tagesordnung, man lässt sie aber auch nicht einfach laufen...


    Was es eher bräuchte und in diesen Situationen hilfreich wäre, wäre eine zweite Aufsicht (könnte mit eingreifen, oder Hilfe holen, oder wäre Zeuge, ...). Dafür fehlt aber das Personal.

  • OK - ich gestehe: ich las Sek 2 im ersten Posting, da reden wir von einer anderen Altersstufe. Da würde ich mich nicht mehr körperlich einmischen.


    In der Sek 1 würde ich auch versuchen einzugreifen!

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