Referendariat im fortgeschrittenen Alter

  • Du bleibst noch immer eine Antwort darauf schuldig, in welcher Hinsicht das denn für den Beruf als Lehrkraft förderlich wäre.

    —> die Antwort sollte offensichtlich und selbstredend sein, wenn man nach dem „warum Schule“ fragt 😃

  • —> die Antwort sollte offensichtlich und selbstredend sein, wenn man nach dem „warum Schule“ fragt 😃

    Nein, ist sie nicht. Und Andeutungen dieser Art tragen auch wenig zur Diskussion bei. Mach es doch einfach mal ganz konkret: Welche Vorteile vorheriger Tätigkeit in der Wirtschaft siehst du konkret für deine Tätigkeit an einer allgemeinbildenden Schule des Sekundarbereichs? Wegen mir auch begrenzt auf deine Fächer.

  • Nun ja, in BY gibt es zB Bestrebungen, dass vor Referendariat Eintritt ein paar Jahre „draußen“ gearbeitet werden muss…

    Kann das einer der mitlesenden Bayern bestätigen? Ich höre davon zum ersten Mal und halte es für (wohlwollend) ein Gerücht oder (weniger wohlwollend) eine Erfindung. Kann mir auch nicht vorstellen, wie das umgesetzt werden sollte.

  • Ich war 38, als ich ins Ref gestartet bin. Hab mit ner 1,xx abgeschlossen. Obwohl ich vorher 2 Jahre unterrichtet habe (wie, will keiner wissen).


    PS: Meine "draußen"-Arbeit ist bisher und auch im Ref eher förderlich gewesen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe das Ref mit Mitte 40 begonnen.


    Hatte vorher eine lange Familienpause gemacht (mehrere Kinder). 1.StEx lag 21 Jahre zurück.

    War kein Problem.


    Der Vorteil: deutlich mehr Lebenserfahrung und Belastabrkeit als die Mitreffis, die frisch von der Uni kamen.

    Der Nachteil: zu meiner Zeit hatte es im Studium nur ein Praktikum gegeben und keine Didaktik-Veranstaltungen.


    mein persönlicher Vorteil: mein Mann war auch Lehrer, ich war also immer nah dran geblieben

  • Das ist eine immer wieder vorgebrachte Floskel. Welche konkrete zusätzliche und schulfremde Lebenserfahrung schätzt du denn für förderlich für das Lehramt ein?

    Naja, man wird mit dem Alter schon etwas gelassener in Bezug auf bestimmte Situationen, ist mit sich selbst eher im Reinen und kann sich selbst besser einschätzen. Und gerade die Selbsteinschätzung ist auch im Hinblick auf die Unterrichtsplanung sehr relevant.

  • Danke euch! Natürlich muss man sich unterordnen können, aber so ists doch überall wenn man wo neu beginnt. Mir ging es auch weniger ums bestehen, mehr um den „Sinn“ dahinter.

    Mit dem fortgeschrittenen Alter meine ich so Ende 30 ;)

    Ich habe das Ref mit 44 angefangen und mit 46 erfolgreich und gut bestanden.^^

    Nein, es war keine leichte Zeit, aber ich habe den Schritt nie bereut.

  • Du bleibst noch immer eine Antwort darauf schuldig, in welcher Hinsicht das denn für den Beruf als Lehrkraft förderlich wäre.

    Das Kennenlernen und Erleben von andere Berufs- und Lebensbereichen sind wertvolle Erfahrungen, die zur Persönlichkeitsbildung betragen. Es wird der Horizont erweitert, man kann deutlich authentischer auftreten wenn man schonmal etwas anderes gemacht hat.


    Viele Lehrkräfte, die ich kennengelernt habe, hätte es bitter nötig die Bildungsblase für eine Zeit zu verlassen.



    On topic: Ich war 32, als ich ins Ref gestartet bin. Bin also nicht besonders alt gewesen, wenn ich mir die anderen hier anschaue. :D War aber trotzdem in Ordnung.

  • Der Vorteil: deutlich mehr Lebenserfahrung und Belastabrkeit als die Mitreffis, die frisch von der Uni kamen.

    Der Nachteil: zu meiner Zeit hatte es im Studium nur ein Praktikum gegeben und keine Didaktik-Veranstaltungen.


    mein persönlicher Vorteil: mein Mann war auch Lehrer, ich war also immer nah dran geblieben

    Ah, da kann ich anschließen: Ich habe mich den jüngeren Mitrefis von der Belastbarkeit nie unterlegen gefühlt - im Gegenteil. Nachteil war dann leider auch derselbe: Gerade in meinem Zweitfach Deutsch lag mein Studium als Quereinsteiger (mit eben Mitte 40 und jahrelanger Berufserfahrung in der Wirtschaft) schon ewig zurück - und "damals" hatte ich nichts in punkto Didaktik gehört: Hätte mir auch ehrlicherweise eh nichts gebracht, die Didaktik hat sich ja Mitte der 90er noch einmal sehr geändert. Aber das wurde dann mein Problem im Ref: Konnte ich in Wirtschaft gut mit Praxiserfahrung punkten UND hatte da das Glück, dass immer nach an den jeweiligen Lehrbüchern gearbeitet wurde und das auch o.k. war, erwartete meine Fachleiterin in Deutsch didaktische Pläne fernab irgendwelcher Lehrbücher. Damit war ich gänzlich überfordert am Anfang - und da waren einfach die jüngeren Refis, deren Lehramtsstudium in Deutsch noch nicht lange abgeschlossen war, mir total überlegen: Gleichzeitig hatte ich auch das Gefühl, dass ich mir das nicht mal eben "draufschaffen" kann - ich wusste ehrlicherweise gar nicht, wo ich da hätte anfangen sollen. Dementsprechend schlecht war auch die 1. Mitschau - und ich total deprimiert. AUch weil ich nicht wusste, wie ich meine Kompetenzlücken auffüllen sollte. Ich war sehr verzweifelt - die 1. Mitschau in Wirtschaft ging zwar durch die Decke; aber Deutsch war und blieb ein riesiges Problem. Und gerade auch in den Fachseminaren am Anfang war ich mehr als "lost". Der "Durchbruch" kam durch einen ehemaligen Refi an meiner Ausbildungsschule, dem ich irgendwann mehr oder weniger offen mein Leid klagte. Der leitete mir "damals" kommentarlos einige umfangreiche Abschnittsplanungen zu diversen Kompetenzen in Deutsch weiter - und irgendwann machte es "aha" bei mir und ich wusste, wie ich es anzugehen hatte. Ich habe ihm dann immer wieder danach auch Rückfragen gestellt - er war mein eigentlicher Mentor. Dann lief es..Aber ehrlich, wenn es ihn nicht gegeben hätte... Ich weiß es nicht....Und bin umgekehrt auch stolz auf mich, dass ich mich durchgekämpft hatte und nicht gleich geschmissen hatte...


    Das ist auch ein Punkt - gerade diese Erfahrungen in Deutsch, wo ich immer wieder dachte, dass ich als "Seiteneinsteigerin" gerade in Deutsch nicht den Unterricht hätte machen können, den ich jetzt machen kann. Ich hätte mich an irgendwelchen Lehrbüchern "festgehalten" - es wäre wesentlich weniger phantasievoll und kreativ wie jetzt. Ich hätte keinen roten Faden (man nennt es ja vollständige Handlung) dringehabt - und die SuS hätten daher auch nicht so viel und gerne gelernt wie jetzt. In Wirtschaft finde ich die Unterschiede weniger deutlich - aber auch hier tragen gelernte Anschlussbildung, Handlungs- und Problemorientierung sicherlich zu einem "besseren" Unterricht bei als ohne Referendariat. Das für diejenigen, die sich fragen, wie sinnvoll ein Referendariat ohne Lehramtsstudium als Quereinsteiger ist. Ehrliche Antwort: Noch notwendiger als bei den "normalen Refis" wahrscheinlich, die wenigstens schon Praktika in der Schule absolviert haben ... Daher kann ich "im Nachhinein" auch verstehen, dass auch in absoluten Mangelfächern (Informatik und Metalltechnik) den Quereinsteigern der Seiteneinstieg (also den direkten Einstieg in die Schule ohne Referendariat) verwehrt wurde. Die mussten alle nochmal das Ref machen - oder es lassen.

  • Das Kennenlernen und Erleben von andere Berufs- und Lebensbereichen sind wertvolle Erfahrungen, die zur Persönlichkeitsbildung betragen. Es wird der Horizont erweitert, man kann deutlich authentischer auftreten wenn man schonmal etwas anderes gemacht hat.

    Ja - und in der Berufsschule in Berufsschulklassen ist das einfach de facto ein enormer Vorteil, der auch vor anderen Lehrkräften ohne vorherige Berufserfahrung in einem anderen Bereich als Lehramt, nicht wegzudiskutieren ist.
    Einfaches Beispiel: Ich unterrichte gerade ein Lernfeld in Wirtschaft, wo es die Aufgabe der SuS gewesen wäre, einen Briefkopf selbst zu gestalten. Aufwendig erklärt, hin und her. Ich habe darauf verzichtet, dass meine SuS das machen. Und habe der Lehrerin, die das Lernfeld in der Parallelklasse unterrichtet und "normal" auf Lehramt studiert hat, und es aufwendig gemacht hat, auf Rückfrage erklärt, dass ich ja nun in insgesamt ca. 10 Firmen gearbeitet hätte während und nach meines Studiums: Und dass es in KEINER dieser Firmen von Nöten gewesen wäre, einen Briefkopf selbst zu erstellen, da dieser - üblicherweise von der Assistentin des Geschäftsführers und im jeweiligen CD - vorab erstellt werde und im jeweiligen Ablagesystem unter "Briefvorlage.docx" zu finden sei. Wichtiger sei es, den SuS zu erklären, wo die jeweiligen Adressen und anderen Abschnitte einzutragen seien und warum.

  • Viele Lehrkräfte, die ich kennengelernt habe, hätte es bitter nötig die Bildungsblase für eine Zeit zu verlassen.

    Ja - vor allem, weil man gerade als Quereinsteiger und aus der Wirtschaft glaubhaft sagen kann: Es kommt nicht nur auf Noten und Leistung an - sondern es geht auch um Sozial- und Teamkompetenz, Durchhaltevermögen - und Ambiguitätstoleranz.

  • Ich wusste ganz lange Zeit nicht, was genau Didaktik eigentlich ist, und was der Unterschied zwischen Didaktik und Methodik. Gut, das Thema Methodik konnte ich im Seiteneinsteiger-Seminar dann recht schnell für mich abgrenzen. Und dann wurde mir auch klar, was Didaktik meint - und habe festgestellt, dass meine früheren Studien, Ausbildungen, Berufserfahrungen - obwohl die mit Didaktik namentlich nicht das geringste zu tun hatten - SEHR weitergeholfen haben. Didaktik existiert nicht nur im Lehramt, sondern der Sache nach als Schlüsselqualifikation in vielen anderen Berufen bzw. Aufgabenbereichen. Mir wurde das dann recht schnell klar, und meine Unterrichtsentwürfe wurden von Anfang an mit "Hervorragend" bewertet. Was DAS betrifft, geht es also auch durchaus (ggf.) ohne Didaktik-Studium, und auch im gehobenen Alter (mit Mitte 40 und so ;) ).

  • Zitat

    üblicherweise von der Assistentin des Geschäftsführers und im jeweiligen CD


    Korrekt. Es sei denn, man ist später selbst besagte Assistentin... ;) (die dann aber vermutlich auch eine Ausbildung im Bereich Marketing o.ä. hat, bzw. wird das vom Unternehmen ausgelagert und es macht eine entsprechende externe Agentur)

  • Ich wusste ganz lange Zeit nicht, was genau Didaktik eigentlich ist, und was der Unterschied zwischen Didaktik und Methodik. Gut, das Thema Methodik konnte ich im Seiteneinsteiger-Seminar dann recht schnell für mich abgrenzen. Und dann wurde mir auch klar, was Didaktik meint - und habe festgestellt, dass meine früheren Studien, Ausbildungen, Berufserfahrungen - obwohl die mit Didaktik namentlich nicht das geringste zu tun hatten - SEHR weitergeholfen haben. Didaktik existiert nicht nur im Lehramt, sondern der Sache nach als Schlüsselqualifikation in vielen anderen Berufen bzw. Aufgabenbereichen. Mir wurde das dann recht schnell klar, und meine Unterrichtsentwürfe wurden von Anfang an mit "Hervorragend" bewertet. Was DAS betrifft, geht es also auch durchaus (ggf.) ohne Didaktik-Studium, und auch im gehobenen Alter (mit Mitte 40 und so ;) ).

    Das hat mir aber eher im Wirtschaftsbereich weitergeholfen - in Deutsch war ich "lost". Da gab es keinerlei Kompetenzen aus meinem vorherigen Berufsleben die mir da weitergeholfen hätten...

  • Korrekt. Es sei denn, man ist später selbst besagte Assistentin... ;) (die dann aber vermutlich auch eine Ausbildung im Bereich Marketing o.ä. hat, bzw. wird das vom Unternehmen ausgelagert und es macht eine entsprechende externe Agentur)

    Die Assistentin - oder wer auch immer - erstellt die Briefvorlage aus dem Unternehmenslogo, dem Slogan des Unternehmens,etc. Üblicherweise gibt es genaue Vorgaben hinsichtlich Abständen, etc. Das Logo, den Slogan in den Unternehmensfarben, etc. stellt dann meistens die Hausagentur. Und ja, es ist auch mehr als sinnvoll, dass das einer macht und dann im System für alle ablegt, als dass 1000 Leute (im Extremfall jetzt) jeweils neu einen Briefkopf erstellen. Was eine Zeit- und Ressourcenverschwendung...

  • Ich habe das Ref mit Mitte 40 begonnen.


    Hatte vorher eine lange Familienpause gemacht (mehrere Kinder). 1.StEx lag 21 Jahre zurück.

    War kein Problem.

    Persönliche Frage: Bist du dann noch verbeamtet worden - oder bist du angestellt?

  • Hier auch , Quereinstieg mit deutlich über 30 ins Referendariat. Kein Lehramtsstudium , daher keine Ahnung von dem ganzen Didaktik/ Methodik - Kram. Wir waren ein ganzer Schwung Quereinsteiger im Seminar, in der Schule waren wir zu zweit (ungefähr 10 Refis insgesamt).Die andere hat nach einigen Momenten aufgesteckt, war nicht so belastbar.

    Ich fand es nicht so schlimm, einzig die Seminarorganisation war chaotisch und ich habe mit der Kinderbetreuung Probleme gehabt, da ständig anderer Termine dazukamen.

    Inhaltlich war es nicht so wild, man musste sich die etwas eigenartige Terminologie aneignen. Lehrende sind eine ganz spezielle Sorte Mensch und SeminarleiterInnen auch.

    Ich kam aus einem erfolgreichen Arbeitsverhältnis und war es gewohnt viel effizienter und ergebnisorientierter zu arbeiten als die ehemaligen Studis , was mich bis heute in Teamkonstellationen verzweifeln lässt. Ich habe das Gefühl in der Schule wird mit der Ressource « Arbeitszeit » total verschwenderisch umgegangen, das ist in der Wirtschaft so nicht machbar. Aber da ändert man auch nichts dran, ich versuche dann für mich elegante Lösungen zu finden ohne mich aufzureiben.

    Ich musst mich mit den Seminarleitern etwas zurecht ruckeln, die waren nicht auf selbstbewusste Gleichaltrige eingestellt, aber das hat sich dann gut gefunden. In der Schule habe ich mich schon etwas aus der Gruppe der Referendare ausgeklinkt, ich hatte aber mit kleinen Kindern etc. auch einfach keine Zeit für Lerngruppen, Kaffetrinken, Kneipenabend und stundenlange Planungen einzelner Stunden. Mit den KollegInnen war es super, die konnten mit meiner Selbstständigkeit gut umgehen. Ich habe halt Verantwortung für meine Sachen übernommen, während die Jüngeren wohl mehr Unterstützung brauchten.

    Insgesamt war es eine gute Zeit, manchmal nervig, aber lange nicht so stressig empfunden, wie es von manchen anderen beschrieben wird. Ich habe die Entscheidung nicht bereut. Ich hatte vorher eine Vertretungsstelle und es war wirklich klug das Referendariat zu machen und der Arbeit eine vernünftige Basis zu geben.

  • Kann das einer der mitlesenden Bayern bestätigen? Ich höre davon zum ersten Mal und halte es für (wohlwollend) ein Gerücht oder (weniger wohlwollend) eine Erfindung. Kann mir auch nicht vorstellen, wie das umgesetzt werden sollte.

    Davon habe ich noch nichts gehört.


    Es gibt das Betriebspraktikum (mWn 8 Wochen) für Studierende und Lehrer:innen an beruflichen Schulen müssen eine Ausbildung vorweisen, bzw. Ein 48-wöchiges Praktikum im Bereich der beruflichen Fachrichtung.


    An beruflichen Schulen muss man darüber hinaus mWn auch, um befördert zu werden, immer wieder Praktika in der beruflichen Fachrichtung nachweisen.

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