Schüler weigert sich aus religiösen Gründen, mit Mädchen zusammenzuarbeiten

  • Hallo zusammen,

    ich unterrichte in einer Klasse momentan im Fach Sport das Thema Ringen und Kämpfen; zur Gleichgewichtsschulung standen die Schülerinnen und Schüler auf einer Bank und sollten sich, gegenüberstehend, von dieser herunterschieben. Dazu müssen sie sich an den Oberarmen anfassen, um den anderen aus dem Gleichgewicht zu bringen.

    Ein Schüler weigerte sich, das gegenüberstehende Mädchen von der Bank zu schieben (er ist 17); er begründete dies mit seiner Religion, die ihm verbiete, Frauen anzufassen. Es sei ihm unmöglich, ich könne ihn nicht zwingen. Ich habe kurz mit ihm diskutiert, aber er blieb dabei. Er sei Moslem und dürfe dies nicht. Er hat sich dann auf die Bank gesetzt.


    In der darauffolgenden Stunde hat mein neuer Kollege eine Gruppenarbeit durchgeführt (er wusste zu diesem Zeitpunkt nichts von dem Vorfall) und diesen Schüler mit zwei Mädchen in eine Gruppe eingeteilt. Der Schüler ging dann zum Kollegen und sagte, er würde es bevorzugen, mit Jungen zusammenzuarbeiten, Grund sei seine Religion. Nach kurzer Diskussion hat er dann alleine gearbeitet.


    Heute habe ich nochmal mit ihm über Mittwoch gesprochen und ihm klar unsere (Schul-)Vorstellung von Zusammenarbeit usw. erklärt. Er war null einsichtig, hat wiederholt gesagt, er arbeite nicht mit Mädchen zusammen. Irgendwann habe ich das Gespräch abgebrochen, weil er zu mir meinte, man könne ihn nicht dazu zwingen, er arbeite entweder alleine oder nur mit Jungs.


    Wie würdet ihr weiter vorgehen?

  • Im Sportunterricht halte ich die Weigerung für unproblematisch. Ich unterrichte keinen Sport, habe da keinerlei Bezug zu, aber wenn es körperlicher wird, halte ich es nicht für möglich und schon gar nicht für sinnvoll da irgendetwas zu verlangen. Ich glaube auch, dass man bei einer Schülerin, die nicht von Jungs angefasst werden möchte, dies eher einsehen würde.


    Die Geschichte mit der Gruppenarbeit ist aber in meinen Augen anders zu beurteilen. Hier würde ich mich mit den Kollegen zusammenschließen um einen gemeinsamen Umgang mit dem besagten Schüler zu finden.

    Ihr habt bei 17-Jährigen koedukativen Sportunterricht?

    Ich kenne aus NRW nur koedukativen Sportunterricht.

  • hatten wirist das ernst gemeint? ja klar

    Ja, ist ernst gemeint. Und so "klar" finde ich das nicht. Aus meiner Zeit als Schüler kenne ich koeduktiven Sportunterricht nur aus der Grundschule. Wofür es durchaus auch Gründe gibt, denke ich.

    Aber erinnere ich mich richtig, dass wir zu der Thematik vor ein paar Jahren schon einmal einen eigenen längeren Thread hatten?

    Edit: Ja, hatten wir. Scheint tatsächlich auch wieder eine länderspezifische Frage zu sein, wenn es hier heißt, in NRW gäbe es Sport nur koedukativ.

  • Beim Thema Ringen und Kämpfen würde ich selbst in der Grundschule Klasse 4 keine gemischten Gruppen mehr machen.

    Eins generelle Verweigerung mit der Zusammenarbeit mit Mädchen (ohne Anfassen) würde ich auch nicht durchgehen lassen. Er sagte ja er darf keine Mädchen/Frauen anfassen, aber zusammenarbeiten ist ja was anderes.

  • wir haben einige Themen im Sportunterricht, bei denen man ums Anfassen nicht drumherumkommt: Hilfestellung beim Turnen, Akrobatik zum Beispiel. Und nein, wenn es bei einem Mädchen so gewesen wäre, hätte ich die gleiche Sichtweise. Es ist kein Umarmen oder enger Kontakt gewesen. Aber er konnte sich ja hinsetzen.


    Wenn es ums "richtige" Ringen geht, gehen die Partner so zusammen, wie sie wollen. Es war eine Übung im Klassenverband.

    Nehmen wir einfach Sport mal raus. Die Weigerung, an einem Tisch mit den Mädchen zu einer Aufgabe zu arbeiten finde ich auch schwierig. Ich frage mich nur, wie ein möglicher Umgang sein soll, wenn das so weitergeht.

  • Das Anfassen im Sportunterricht abzulehnen, finde ich auch in Ordnung. Egal aus welchen Gründen, man sollte niemanden anfassen müssen oder sich anfassen lassen müssen, wenn man es als unangenehm findet oder schlicht nicht möchte.


    Im normalen Unterricht sehe ich die Sache auch anders. Unterschreiben Schüler bei euch vor Aufnahme einen Schulvertrag und steht da ggf. was zum Thema Wertekonsens, Gleichbehandlung oder dergleichen drin? Wenn ja, könnte man sich bei einem volljährigen Schüler evtl. darauf berufen, dass er sich mit seiner Unterschrift auch zu gewissen Verhaltensgrundsätzen verpflichtet hat.

  • Ich kenne aus NRW nur koedukativen Sportunterricht.

    Ich aus NDS ebenfalls.

    Nehmen wir einfach Sport mal raus und die Weigerung, an einem Tisch mit den Mädchen zu einer Aufgabe zu arbeiten.Ich frage mich nur, wie ein möglciher Umgang sein soll, wenn das so weitergeht.

    Ich finde das auch sehr schwierig und haben einen solchen Fall noch nicht erlebt. Habt ihr eine Schulsozialarbeit, die ihr ansprechen könntet? Die wären für mich an meiner Schule die ersten, die ich einbeziehen würde.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • ja, unterschreiben die alle; steht auch dick im Schulprogramm.

    Ich frage mich nur, wie man das ändern kann - so wie ich den Schüler einschätze, wird er es nicht ändern. Man kann das ja auch nicht üben.

  • Wenn es ums "richtige" Ringen geht, gehen die Partner so zusammen, wie sie wollen. Es war eine Übung im Klassenverband.

    Nehmen wir einfach Sport mal raus. Die Weigerung, an einem Tisch mit den Mädchen zu einer Aufgabe zu arbeiten finde ich auch schwierig. Ich frage mich nur, wie ein möglicher Umgang sein soll, wenn das so weitergeht.

    Wenn du Sport einfach rausnimmst, dann ändert sich die gesamte Situation ja. Ich habe auch keine Lust jemanden anzufassen, wenn ich nicht möchte. Umgekehrt darf auch jemand anderes mich nicht anfassen wollen. Ich verstehe dein Problem ehrlich gesagt überhaupt nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Da ich selbst einen asiatischen Migrationshintergrund habe, hätte ich mit dem Schüler über Rosinenpickerei in unserem Land bzw. unserer Kultur gesprochen. Es kann nicht angehen, dass er als Moslem zentrale Annehmlichkeiten (Sicherheit, Wohlstand, Stabilität, Bildungschancen) eines Landes der Kuffar in Anspruch nimmt, aber einige zentrale gesellschaftliche Normen aus religiösen Gründen mit den Füßen tritt. Uns geht es hier nicht deshalb so gut, obwohl bei uns die Frauen gleichberechtigt sind, sondern WEIL sie gleichberechtigt sind.

    Und es wird Zeit, dass diese jungen Männer das endlich kapieren.

  • Ich frage mich nur, wie man das ändern kann - so wie ich den Schüler einschätze, wird er es nicht ändern. Man kann das ja auch nicht üben.

    Da es sich um eine eklatante Verweigerung gegenüber zentralen Aussagen des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule handelt (vgl. § 2 SchulG NRW), ist ein Gespräch darüber mit dem volljährigen Schüler und der Stufen- oder Schulleitung mittelfristig nicht zu vermeiden, wenn ein Gespräch mit z. B. einer Sozialpädagogin nichts gebracht hat. Die Frage ist, wie weit man das eskalieren kann mit § 53?

    Wenn der Schüler jetzt in der Sek. II ist, frage ich mich zudem, wie die Vorgeschichte aussieht. Der Schüler wird in dieser Hinsicht ja nicht erst im neuen Schuljahr auffällig geworden sein, oder?

  • Wie würdet ihr weiter vorgehen?

    Ich würde Schulsozialarbeit und Schulleitung einschalten und dem Schüler klar zu Ausdruck geben, daß jede Nicht-Leistung mit der Note 6 bewertet wird. Über das Gespräch, das die Information zu den Folgen der Nicht-Leistung beinhaltet, würde ich ein Gesprächsprotokoll anfertigen und dieses in die Schülerakte als Aktennotiz aufnehmen. Das Protokoll sollte vom Schüler unterschrieben und ihm in Kopie ausgehändigt werden. Weigert er sich dies zu untzerschreiben, wäre zumindest seine Unterschrift hinter dem Vermerk: "Ich bestätige den Empfang am (Datum):" angebracht. Verweigert er auch dies, dann übergibst Du ihm das Protokoll unter Zeugen.

  • Der Schüler könnte auch in ein Land seiner Wahl auswandern und eine aufgeklärte Gesellschaft nicht mit seinen atavistischen Vorstellungen behelligen. Braucht irgendjemand solche Typen?

  • Da der Schüler offensichtlich schon länger bei euch ist, würde ich den Kontakt zur Oberstufenkoordination und seinen ehemaligen Klassenleitungen aufnehmen. Die Probleme haben diese bestimt schon durchgekaut, auch sollte die Oberstufenleitung dir rechtlich abgesicherte Handlungsmöglichkeiten und Beurteilungsmöglichkeiten bieten.

  • Also wenn ich ein junger Mann wäre, hätte ich auch ohne jeden religiösen Hintergrund ein Problem damit, ein Mädchen an den Armen zu greifen und von einer Bank zu schieben. Was wäre, wenn die Dame rumzappelt, der Mann aus Versehen woanders hingreift oder dieses hinterher auch nur behauptet wird?

    Mir selbst als Schülerin wäre es vermutlich höchst unangenehm gewesen, völlig egal mit wem. Ich mag es einfach nicht, von irgend jemandem angefasst zu werden.


    Über die Verweigerung einer Gruppenarbeit ohne Körperkontakt denke ich natürlich anders. Dazu ist alles geschrieben, was man schreiben darf 🙊

Werbung