Anerkennung einer Behinderung problematisch für Beförderung?

  • Aufgrund einer Krankheit könnte ich eine GdB 20 beantragen (eventuell auch höher). Auf meine tatsächliche Arbeit hat die Behinderung aber keinen Einfluss.

    Ich würde mich aber auch gerne im Rahmen eines Personalentwicklungsgespräches für eine Beförderung auf eine A14 Stelle bei der SL ins Gespräch bringen.


    Meine Frau rät mir aufgrund ihrer Erfahrung als Führungskraft dringend davon ab die Behinderung anerkennen zu lassen. Behinderte gelten wohl in Konzernen mindestens als problematisch.


    Wie seht Ihr das denn. Reicht alleine der Stempel "behindert" aus mich im Rahmen von Beförderungen zu benachteiligen? Eine Schwerbehinderung liegt ja nicht vor...


    Als konkreter Vorteil fällt mir der Steuervorteil ein, den ich auf die LSK eintragen lassen kann und der zu einem sofort höheren Netto-Einkommen führt...


    Spielt eine (Schwer-)Behinderung im Bewerbungsverfahren im Vergleich zu anderen Bewerbern ohne GdB eigentlich eine Rolle?


    Viele Grüße!

  • Meine Frau rät mir aufgrund ihrer Erfahrung als Führungskraft dringend davon ab die Behinderung anerkennen zu lassen. Behinderte gelten wohl in Konzernen mindestens als problematisch.

    Hier unterscheidet sich der ÖD zum Glück deutlich. Ob 20% schon einen Vorteil bringen, vermag ich im Gegensatz zu anderen hier nicht zu sagen. Aus meiner bisherigen Schulerfahrung kann ich aber durchaus sagen, dass mir kein Fall der Benachteiligung bekannt wäre (wie gesagt, wenn eher das Gegenteil, aber in den beiden mir direkt bekannten Fällen ging es um einen GdB von 50%).

    There are only 10 sorts of people - Those who know binaries and those who don't.

  • Darf kein Problem sein. Schlimm finde ich die Erfahrungen deiner Frau. Kein Wunder, dass Deutschland beim Thema Inklusion schon häufiger eine Rüge erhielt.


    Ich kenne auch einen Schulleiter im Rollstuhl und einen mit Spastik, die brauchen halt mehr Ruhezeiten und teilen sich ihre Arbeit anders ein.

  • Wie seht Ihr das denn. Reicht alleine der Stempel "behindert" aus mich im Rahmen von Beförderungen zu benachteiligen? Eine Schwerbehinderung liegt ja nicht vor...

    Offiziell wird man sich im ÖD immer hüten behinderte Menschen qua Behinderung zu benachteiligen, da das ein klarer Fall von Diskriminierung wäre. Dennoch gibt aber natürlich auch im ÖD bei vielen Menschen- auch solchen in Führungspositionen- Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderung, die sich auf Bewertungen auswirken können. Wenn du deine SL gut genug kennst, um einschätzen zu können, dass diese reflektiert, anständig und wertschätzend genug ist, um dich als Menschen mit deiner Arbeitsleistung zu sehen, nicht nur deinen GdB, dann legst du diesen offen, wenn ihn erhältst, ansonsten behältst du diesen für dich. Ermäßigungsstunden oder andere schulrelevante Vorteile durch den GdB gibt es bei einem GdB von 20 erst einmal nicht, insofern verlierst du auch nichts, wenn du das nicht direkt preisgibst.


    Zitat

    Spielt eine (Schwer-)Behinderung im Bewerbungsverfahren im Vergleich zu anderen Bewerbern ohne GdB eigentlich eine Rolle?

    Bei Schwerbehinderten und diesen Gleichgestellten ist die Schwerbehindertenvertretung in das Bewerbungsverfahren mit einbezogen und kann bei Bewerbungsgesprächen mit anwesend sein (wenn von den Bewerbern und Bewerberinnen gewünscht). Das spielt also insofern eine Rolle, als eben versucht wird eine Ungleichbehandlung im Einstellungsverfahren infolge von Behinderung(ein) zu verhindern. Dennoch gibt es derartige Ungleichbehandlungen, vor allem, wenn man nicht für sich selbst kämpfen und seine Rechte durchsetzen kann infolge der Behinderung. Lass dich am besten von deiner örtlichen Schwerbehindertenvertretung (die beratend auch KuK ohne GdB) vertraulich beraten. Die kennen deine SL womöglich aufgrund der Zusammenarbeit bereits und können dir insofern auch Hinweise geben, ob du ggf. deinen GdB erst nach erfolgter Beförderung offenlegen solltest, um dir Stress zu ersparen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Hier unterscheidet sich der ÖD zum Glück deutlich. Ob 20% schon einen Vorteil bringen, vermag ich im Gegensatz zu anderen hier nicht zu sagen. Aus meiner bisherigen Schulerfahrung kann ich aber durchaus sagen, dass mir kein Fall der Benachteiligung bekannt wäre (wie gesagt, wenn eher das Gegenteil, aber in den beiden mir direkt bekannten Fällen ging es um einen GdB von 50%).

    Soweit die Theorie. In der Praxis arbeiten im ÖD auch nur Menschen, die oftmals dieselben Vorurteile haben, wie die Menschen an anderen Arbeitsstellen, so dass man als behinderter Mensch an sehr vielen Stellen hart kämpfen muss, um seine Rechte durchzusetzen. Was ich im Vergleich zu meinem vorherigen Arbeitsleben als anders wahrnehme im ÖD ist, dass es eben ein besseres Netzwerk an Mitkämpfern gibt, sei es durch andere KuK mit Behinderung an der eigenen Schule, die sich gegenseitig unterstützen und beraten bei Bedarf, sei es durch die Schwerbehindertenvertretungen auf Bezirks- und Landesebene. Das ist tatsächlich ein deutlicher Unterschied im ÖD, der dabei hilft, die eigenen Rechte durchsetzen zu können.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Als Schwerbeschädigten gilt man ab 50%, ab dieser Grenze hat man Anspruch auf bestimmte Unterstützungs- und Entlastungsmaßnahme.

    Ab 30% kann man Gleichstellung beantragen, sofern man nachweisen kann, dass die Behinderung einem bei der Ausübung des Dienstes beeinträchtigt.

    20% sind irrelevant, du kannst den Arbeitgeber darüber informieren (daraus ergeben sich keine Rechtsfolgen), es muss nicht einmal vermerkt werden.

    Aus diesem Grund ist die Hürde von 20% auf 30% oft relativ schwer zu nehmen, unter 20% wird vieles anerkannt.


    In einem Bewerbungsverfahren darf es grundsätzlich keinen Nachteil darstellen, als Schwerbeschädigter oder mit Gleichstellungsvermerk kann man die Beteiligung der Vertrauensperson beantragen, die achtet dann schon mit darauf. Wie der einzelne Vorgesetzt persönlich damit umgeht, steht aber natürlich immer auf einem anderen Zettel.

  • Bei uns an der Schule kann man die Lehrkräfte mit GbB an einer Hand abzählen. Ist also vielleicht nicht repräsentativ. Bei der Einstellung macht das keinen Unterschied. Bei der Beförderung ebenfalls nicht.

    Tatsächlich haben wir jemanden, den wir echt gern befördern würden, weil er einen tollen Job macht - das hat er aber schon mehrfach abgelehnt. Andere haben die Beförderung. Wieder andere (ohne GdB) würden gern befördert werden (würden sogar dafür klagen), die bestimmt keine Beförderung erhalten werden. In der Schule zählt halt Eignung, Leistung, Befähigung... (jeweils mit Blick auf die Fächer und Aufgabengebiete).

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns an der Schule kann man die Lehrkräfte mit GbB an einer Hand abzählen.

    Weil du das weißt (Einblick in Interna) oder weil du es vermutest? Ich kenne einige Menschen mit GdB, da würde man im Alltag und auch nach Jahren gemeinsames Arbeiten nicht darauf kommen.
    Zum Thema: bei GdB 20 würde ICH gar nichts sagen. Kein Vorteil, kein Risiko.


    Edit: Fehler bei der GdB-Schreibweise korrigiert

  • Weil ich es weiß.

    (Bei allen würde man es nicht vermuten.)

    Da, wo notwendig, wird bei uns darauf geachtet / in der Organisation darauf eingegangen. (So wie auf andere Erkrankungen etc. ebenfalls.) Ansonsten führt das weder zu Vor- noch zu Nachteilen. Ggf. zu Rechten (diejenigen, die diese Erleichterungen nicht haben, mögen evtl. von "Vorteilen" sprechen).

  • Das zu verbessern juckt mir immer in den Fingern, wenn ich das hier lese. :flieh:


    (diejenigen, die diese Erleichterungen nicht haben, mögen evtl. von "Vorteilen" sprechen)

    Genau damit bin ich regelmäßig konfrontiert. Hauptsächlich im privaten Kreis aber auch seitens einer Kollegin. Das muss man aushalten können.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Was ich mich immer schon gefragt hab:

    Wieso gibt es so GdB, wie z.B. 20, ohne dass die einen Nachteilsausgleich nach sich ziehen?

    Ist das dann nur eine psychologische Anerkennung einer Einschränkung oder hat der in anderen Bereichen eine Relevanz?

  • Das gibt es, weil mehrere Einschränkungen kumulieren, zwei Dinge, die für sich genommen je 20 geben würden, können zusammen dann 30 ergeben (es wird nicht einfach addiert).

    Im übrigen gibt es eine grundsätzliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Wenn ich einen GdB 20 habe, kann es unter umständen trotzdem Sinn machen, diesen weiter zu geben, man erhält zwar keine Stundenentlastung oder anderes "handfestes", kann aber sicher besser argumentieren, wenn man bestimmte kleinere Entlastungen benötigt. Ein Kollege, der durch eine Sehbeeiträchtigung einen GdB von 20 hat, kann sicher argumentieren, dass man ihn bitte nicht in den am schlechtesten beleuchteten Klassenraum stecken soll.

  • Darf kein Problem sein. Schlimm finde ich die Erfahrungen deiner Frau.

    Stimmt, aber was sein dürfte und was ist, ist ein Unterschied. Ich würde mich vor der geplanten Beförderung vielleicht nicht unbedingt dafür entscheiden, das beim Dienstherrn anzugeben. Ist aber nur ein Gefühl, ich weiß es nicht.

    Auf meine tatsächliche Arbeit hat die Behinderung aber keinen Einfluss.

    Das weiß halt niemand. Bei Lehrkräften fragt man sich doch immer, ob psychische Erkrankungen die Ursache sind und dann rechnet man mit erhöhtem Ausfall und Schwierigkeiten.


    Aber ich arbeite nicht an Entscheidungsstellen, das ist nur mein Eindruck davon, was Kolleg*innen sich immer alles zusammenreimen oder nicht wirklich vorstellen können.

  • Hm, ich würde schon vermuten. Dass Ruhe mit der nichtbehinderten Kollegin tauschen würde.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Das weiß halt niemand. Bei Lehrkräften fragt man sich doch immer, ob psychische Erkrankungen die Ursache sind und dann rechnet man mit erhöhtem Ausfall und Schwierigkeiten.

    Warum bedeutet jemand mit psychischer Erkrankung pe se einen erhöhten Ausfall und Schwierigkeiten?

    Also solche KuK gibt es bestimmt, aber so pauschal?

  • Mir fällt kein psychisches Krankheitsbild ein, welches mit niedrigeren Ausfallraten als bei nicht erkrankten einhergeht. Insofern ist die Aussage nachvollziehbar. Dass eine psychische Erkrankung nicht automatisch mit hohen Ausfällen (Achtung: das ist was anderes als erhöht) einhergeht, steht dem nicht entgegen.


    Zur Sache: Ein GdB von 20 darf in der Theorie und sollte auch in der Praxis einer Beförderung nicht im Wege stehen. Einen "Vorteil" im Sinne einer besonderen Förderung stellt er aber auch nicht dar.

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