• Du hattest explizit nach älteren Schülern gefragt. Dass das ein wenig anders ist als bei Grundschülern, nehme ich wohl auch an.


    meine Schüler:innen dürften bis zum Besuch einer SekII-Schule auch gelernt haben, dass man Lehrkräfte in SekI und SekII-Schulen siezt

    Das ist eben der Punkt, mir sind in 10 Jahren Gymnasium fast jedes Jahr duzende Fünftklässler begegnet, also lernen sie das HIER zumindest offensichtlich nicht alle zuverlässig. Und dafür fehlte und fehlt mir das Verständnis, weil es einfach etwas so Grundlegendes ist, dass schwer nachvollziehbar ist, wieso die Grundschulen hier so nachlässig zu sein scheinen.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Du hattest explizit nach älteren Schülern gefragt. Dass das ein wenig anders ist als bei Grundschülern, nehme ich wohl auch an.


    Warum schreibst du dann:

    Zitat

    Ich hoffe doch, dass auch Grundschullehrer eine gesunde und angemessene Distanz wahren. Vertrautheit, wie sie innerhalb von Familie und Freundeskreis herrscht (= wo man das Du verwendet), fände ich im Schulkontext gänzlich fehl am Platz.

  • Nur eine Randbemerkung:

    Kinder, die in Obhut genommen werden, haben einen Anspruch darauf, eine erwachsene Person ihres Vertrauens zu kontaktieren. Ratet mal, wen junge Kinder in den meisten Fällen auswählen. Richtig: die/den Erzieher*in oder Lehrer*in

    Schon allein daran merkt man, dass Lehrkräfte für Kinder keine reinen Wissensvermittler*innen sind.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Nur eine Randbemerkung:

    Kinder, die in Obhut genommen werden, haben einen Anspruch darauf, eine erwachsene Person ihres Vertrauens zu kontaktieren. Ratet mal, wen junge Kinder in den meisten Fällen auswählen. Richtig: die/den Erzieher*in oder Lehrer*in

    Schon allein daran merkt man, dass Lehrkräfte für Kinder keine reinen Wissensvermittler*innen sind.

    Das ist ja auch naheliegend, wenn neben der Familie die meiste Zeit in Institutionen verbracht wird.


    Ich frage mich da allerdings gerade, ob ich das als Lehrkraft im Fall des Falles überhaupt möchte. Natürlich legt man in so einem Fall nicht auf und lässt das Kind vor die Wand rennen, aber in meinen Aufgabenbereich fällt es auch nicht.

  • meine Schüler:innen dürften bis zum Besuch einer SekII-Schule auch gelernt haben

    mir sind in 10 Jahren Gymnasium fast jedes Jahr duzende Fünftklässler begegnet, also lernen sie das HIER zumindest offensichtlich nicht alle zuverlässig.

    Dann lernen sie es in Klasse 5 oder 6 sicher noch, es ist ja womöglich kein Aufnahme-Kriterium für den Besuch eines Gymnasiums, Lehrkräfte siezen zu können.

    aber in meinen Aufgabenbereich fällt es auch nicht.

    Findest du? In Klasse 5?

  • Ja, finde ich. Ich bin Lehrer und kein Therapeut oder Sozialpädagoge und hätte mir diese Berufe auch nicht ausgesucht. Schon allein um seine Arbeitszeit nicht komplett ausufern zu lassen, muss man sich hier meines Erachtens abgrenzen und die Kinder an die passenden Stellen für solche Probleme weiterleiten. Es ist natürlich wichtig ggf. vermittelnd tätig zu werden und dafür zu sorgen, dass sie die nötige Hilfestellung bekommen, aber ICH bin nicht derjenige, der sie aktiv leisten möchte.


    Ich hatte mal eine Schülerin, bei der ich das leider zunächst nicht konsequent gemacht habe und die hinterher arge Schwierigkeiten hatte, Grenzen zu akzeptieren. Das ging so weit, dass sie mir über Paypal Geld geschickt hat, um Kontakt und Reaktionen zu erzwingen - sehr nervig!

  • Mir fällt dazu gerade ein, dass schon unsere Kindergärtnerin Frau A. war und ebenfalls gesiezt wurde. Die Duzerei von Erwachsenen passt eigentlich von klein auf nirgends.

    Zu meiner Kindergartenzeit haben wir die Kindergärtnerinnen - wie auch Nachbarinnen oder Freundinnen unserer Eltern und Großeltern - oft "Tante" genannt 8|. Die Leiterin meines Kindergartens war "Tante Helga", unsere Gruppenleiterin "Tante Elke", unsere Nachbarinnen u. a. "Tante Frieda" und "Tante Ilse".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Nochmals zur Ausgangsfrage:

    Ich habe das so gemacht und so ist auch der allgemeine Konsens an meiner Schule:

    Wenn die Schüler im dritten Schuljahr zu uns kommen, dann reden sie uns fast durchgehend mit "Du" (Du, Frau Caro) an. (Ausnahme: Diejenigen, die von zuhause her das "Sie" gelernt haben.) Das lasse ich erst einmal so. Irgendwann im 3. /4. Schuljahr (meistens im 4. Schuljahr) je nach Stoffverlauf führen wir die Anredepronomen ein. Das ist der geeignete Zeitpunkt, den Schülern den sprachlichen Unterschied bewusst zu machen. Eine Kollegin von mir macht das Thema bewusst im 3. Schuljahr, ich habe es meistens im 4. Schuljahr gemacht.

    Wenn das Thema gemacht wird, merkt man bei einigen Kindern, dass es ihnen schwer fällt, überhaupt zu begreifen, was der Unterschied ist. Ich habe da noch richtig die Nachfragen der Schüler im Ohr: "Muss ich den jetzt im Laden auch siezen... usw. ?" Kinder, wo sich im Umfeld alle duzen, fällt es doppelt so schwer.


    Im 4. Schuljahr - vor allem im 2. Halbjahr - mache ich die Kinder gehäuft darauf aufmerksam, dass sie die Lehrer eigentlich siezen sollten und ab der Sekundarstufe das üblich wäre. Sie können das jetzt schon üben. Hier habe ich meine Ansicht im Lauf der Jahre geändert - vor 10 Jahren habe ich noch wesentlich konsequenter agiert und sie öfter auf die Anrede hingewiesen. In den letzten Jahren habe ich aber gemerkt, dass es den Kindern immer schwerer gefallen ist, sich umzustellen und habe oft mal Fünf grade sein lassen.


    Erfahrungen: Ich hatte jetzt nicht so viele Kinder mit Migrationshintergrund, die große Sprachschwierigkeiten hatten. Kinder, wo Eltern mit darauf geachtet hatten, hatten wenig Probleme mit der Umstellung, die meist im 2. Halbjahr des 4. Schuljahrs greift. Viele fanden es auch komisch, mich jetzt zu siezen und beließen es beim "du, Frau Caro". An der gewachsenen Beziehung zwischen den Kindern und mir gab es keinen Bruch, denn bestimmte Verhaltensweisen waren - egal welche Anrede benutzt wurde - angesagt.


    Anekdotisch: Ich selbst hatte wohl in dieser Beziehung ein "traumatisches" Erlebnis, weil ich mich daran immer noch erinnere und das Bild vor mir habe. Nach ein paar Wochen in der Schule teilte uns die sehr beliebte Erstklasslehrerin mit, dass wir sie jetzt "siezen" müssten. Das habe ich als Erstklässlerin wie einen Vertrauensmissbrauch empfunden.

  • Eben, es hat auch etwas mit Gewohnheit zu tun. Tatsächlich wundere ich mich, dass es so vielen Kindern sprachlich schwer fällt, den Unterschied zu erkennen. Das hätte ich nicht gedacht.


    Mein Sohn (der, der irgendwann bei Lidl Regale einräumen wird), kennt sehr wohl den Unterschied. Manchmal siezt er mich im Spaß, wenn er eine ungeliebte Aufgabe erledigen soll und ich ihn bereits mehrmals daran erinnern musste. Im Alltag hat er in unserem links-/grün- und migrantengeprägten Lebensumfeld aber selten Gelegenheit zum Siezen, so dass er gar nicht daran denkt.

    Auch ankdotisch: Ich wurde so erzogen, dass ich meine Tanten siezen "musste". Als ich 18 wurde, haben sie mir das du angeboten. Ich bring es noch heute, mit 40, nicht über die Lippen.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • In der Grundschule finde ich sowohl das Du als auch das Sie in Ordnung. Hängt immer davon ab was die Lehrkraft da bevorzugt und den Schüler*Innen beibringt. Ab der 5. Klasse solle den Schüler*Innen beigebracht werden, dass gesiezt wird. Wenn ein Du ausrutscht ist es aber nicht schlimm, das nehme ich niemandem persönlich und finde es nicht respektlos wenn es so gewöhnt ist. Ich würde freundlich darauf hinweisen. In der Oberstufe hätte ich früher niemals jemanden geduzt, auch wenn es angeboten wurde.

  • Anekdotisch: Ich selbst hatte wohl in dieser Beziehung ein "traumatisches" Erlebnis, weil ich mich daran immer noch erinnere und das Bild vor mir habe. Nach ein paar Wochen in der Schule teilte uns die sehr beliebte Erstklasslehrerin mit, dass wir sie jetzt "siezen" müssten. Das habe ich als Erstklässlerin wie einen Vertrauensmissbrauch empfunden.

    Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht mehr, wie das bei mir in der Grundschule war. Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich in der 3. Klasse einen neuen Lehrer bekam und dass der mal zu mir sagte: "Kann mich gar nicht daran erinnern, dass wir ein Bier zusammen getrunken haben." Als Kind habe ich überhaupt nicht verstanden, was der meint. Heute vermute ich, dass ich ihn wahrscheinlich geduzt habe.

  • Ich denke, das ist nicht neu. Ich entsinne mich, dass ich meine Freundin damals ganz verwirrt angeschaut hatte als sie unsere Lehrerin mit "du" ansprach. Für mich war das auch in der 3. Klasse schon befremdlich, aber es fiel ihr wirklich schwer. Das kam aber auch bei ihr mit der Zeit.


    Heutzutage finde ich nur das kollektive "du" sehr merkwürdig. Unsere Deutschlehrer sprechen ständig die gesamte Klasse mit "du" an ("Du holst jetzt dein Heft aus der Tasche..."). Als Kind hätte mich das total verwirrt. Ich verstehe zwar die Idee dahinter, für mich hört es sich aber total bescheuert an. 🤷‍♀️

  • Das geht mir genauso. Alle meine jungen KollegInnen sprechen so und auch viele ältere

    Konferenzleitungen. Ich empfinde das irgendwie als übergriffig.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Ja, finde ich. Ich bin Lehrer und kein Therapeut oder Sozialpädagoge und hätte mir diese Berufe auch nicht ausgesucht.

    Völlig OT: Maylin hielt es hier nicht für nötig zu gendern. Aber ich werde "verwirrend" markiert, wenn ich sage dass es Frauen gibt, die sich Busfahrer nennen.

  • Ich muss mal lauschen, was ich sage. Meines Wissen "ihr". Aber ich weiß noch, dass meine Mentorin vor 25 Jahren sagte "Du, damit sich jedes Kind angesprochen fühlt." Das war die Begründung.

    Genau, so hat man es uns im Seminar gesagt.
    Ich fand aber immer, dass es doof klingt und mache es nicht...


  • Ich fand aber immer, dass es doof klingt und mache es nicht...

    In Bayern war es eigentlich üblich, hier in BaWü nicht. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich bei den Erstklässlern ins du verfalle und wundere mich selbst darüber. Das passiert, wenn ich etwas Schwieriges erkläre...

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