• Und weil das Arbeitsrecht Möglichkeiten bzw. den Betrug nicht immer aufdeckt, sollen Arbeitgeber:innen generell auf die per EU-Gesetz festgeschrieben Erhebung der Arbeitszeit verzichten?

    Nein, natürlich nicht. Es ist aber ein Beispiel dafür, warum das Notieren der Arbeitszeiten seitens des Arbeitnehmers noch lange nicht zu einem Anspruch auf Überstundenausgleich führen wird. Im Gegenteil dazu wird es seitens des Arbeitgebers die klare Vorgabe geben, keine Überstunden (bis auf die durch Einsatz in Vertretungen u.ä. angeordnete Mehrarbeit) aufzubauen und seine Arbeit innerhalb der Arbeitszeitvorgaben zu schaffen....so wie übrigens jetzt auch schon. Und gleichzeitig wird es die deutliche Anweisung geben, frühzeitig bei sich abzeichnenden Überschreitungen der Arbeitszeitgrenzen proaktiv mit den Dienstvorgesetzten zu beraten, was zu tun ist....so wie übrigens jetzt auch schon.

  • Passiert in der freien Witschaft aber eben auch nur dann, wenn man sich dumm anstellt.

    Die Arbeitgeber sind ja nicht blöd. Sie wissen, dass sie besch… werden.

    Solange jemand seine Arbeit gut macht, werden sie im Regelfall nicht genauer hinschauen.

    Wenn sich aber jemand erstmal unbeliebt gemacht hat (- durch auffällige Minderleistung), steht ein breites Spektrum an legalen Methoden zum Nachweis des Arbeitszeitbetrugs zur Verfügung - von technischen Überwachungstools, über Privatdetektiven bis hin zu offener, professioneller Arbeitszeiterfassung: Dem Arbeitnehmer wird ein Zeiterfasser zugeteilt, der über mehrere Tage hinweg minutengenau jede Tätigkeit erfasst und protokolliert. Wenn der Arbeitnehmer dann auf einmal für vergleichbare Tätigkeiten deutlich weniger Zeit benötigt als zuvor, wird es eng.

  • [...] Die erfassten Daten werden irgendwann zu so etwas wie "Empfehlungen", später dann zu Vorgaben, und dann verbringt man zusätzlich auch noch eine Stunde pro Woche damit, zu begründen, warum die eigene Arbeitszeit über der "Richtlinie" liegt. [...]

    Das glaube ich auch.

    Der nächste Schritt nach einer individuellen Arbeitszeiterfassung wird die Normierung der vorgesehenen Tätigkeitszeiten sein. Da wir in einem defizitären System arbeiten, welches nicht aus wirtschaftlicher Not sondern aus bewusster politischer Entscheidung defizitär ist, wird diese Normierung der Tätigkeiten eher nicht zu unseren Gunsten passieren.

    Konkret wird das dazu führen, dass z.B. den Deutsch und Englischlehrkräften gesagt werden wird "deine Korrektur darf nur X Minuten dauern".... wobei X sicher nicht der erhofften Zeit der Lehrkräfte entsprechen wird.

    Der nächste Schritt logische danach wird dann eine Abkehr vom Alimentierungsprinzip sein.

  • Konkret wird das dazu führen, dass z.B. den Deutsch und Englischlehrkräften gesagt werden wird "deine Korrektur darf nur X Minuten dauern".... wobei X sicher nicht der erhofften Zeit der Lehrkräfte entsprechen wird.

    Dann passt man eben die Qualität der Korrektur an. Wenig Zeit = oberflächliche Korrektur. Ich verwende jetzt schon eine Stoppuhr, damit ich nicht versehentlich zu viel Zeit mit einer Arbeit verbringe.

    (Ich bin trotzdem gegen eine Zeiterfassung)

  • Man soll sich nicht psychisch unter Druck setzen, auf Krampf eine bestimmte Zeit einzuhalten, aber eine Orientierung hilft, um zu verhindern, dass eine Tätigkeit zeitlich völlig ausufert. Davon abgesehen, dass manche gerne Orientierungswerte haben, weil zu viel Eigenverantwortung sie völlig überfordert.

  • Die Arbeitgeber sind ja nicht blöd. Sie wissen, dass sie besch… werden. [...]

    Dem Arbeitnehmer wird ein Zeiterfasser zugeteilt, der über mehrere Tage hinweg minutengenau jede Tätigkeit erfasst und protokolliert.

    Zum ersten Teil: Und daher spricht es eher gegen Zeiterfassung.

    Zum zweiten Teil: Das gilt aber nur bei Berufen, wo man soetwas "gut" messen kann. Also wenn du z.B. am Fließband arbeitest, dann ist das leicht. Das trifft bei uns Lehrern auch zu, nämlich beim ganz normalen Unterrichten. Da werden wir aber schon seit hunderten von Jahren von ~60 Augen minutengenau getrackt. (Fast) alle Lehrer, Schüler und Eltern wissen doch ganz genau welcher Kollege ständig zu spät kommt oder zu früh aufhört im Unterricht.

    Beim zweiten Teil wird es aber wesentlich schwieriger. Weil das, was wir da außerhalb des Unterrichts machen, schwere zu "tracken" ist. Guck dir mal das Video an, dass ich in #160 verlinkt habe. Da sagt er (er ist ja Arbeitgeber), dass im durchaus bewußt ist, dass es Dinge gibt, woran einer mal locker über 1 Woche arbeitet ohne Forschritt zu machen und ein anderer mal Nachts im Bett eine tolle Idee hat und das Problem nach wenigen Minuten gelöst hat. Und so geht mir das in Info auch ab und zu, wenn ich Schülerarbeiten bewerten muss. Da sehe ich auch nicht immer sofort den Fehler in deren Programmen. Manchmal gucke ich 2 Sekunden auf das Programm und sehe den Fehler und machmal brauche ich mehrere Minuten um den Fehler zu finden. Es ist mir auch schon ein paar mal passiert, dass ich den Unterricht zu Hause nach über 1h immer noch nicht verstanden hatte und abgebrochen habe und mir Stunden später in der Nacht im Halbschlaf doch noch die Fehlerquelle aufgefallen ist. Soetwas kannst du durch tracken nicht entdecken. Insbesondere das Fortbilden in Info wird "witzig". Soll ich dir mal sagen wie viele Stunden ich mich alleine mit Fortbildung in Info beschäftige. Da kann ich übrigens zig Kurse bei openHPI belegen, dass meine Arbeitszeit das Arbeitszeitkontingend bei weitem sprengt. Ist dann die Frage ob das noch "nur" Unterrichtsvorbereitung oder doch schon Hobby ist. Und ob ich zu Hause jetzt für die Korrektur 1h oder 5h benötigt habe: siehe noch mal einen meinen früheren Beiträge. Ich weiß, dass einige meine Kollegen echt extrem langsam arbeiten. Das machen die aber, glaube ich zumindest, nicht alle absichtlich. Und wenn mich ein Arbeitgeber tracken würde, dann bestimmt nicht, weil ich zu wenig arbeite. Es gibt kaum einen anderen Kollegen, der so selten krank meldet wie ich. So oft wie ich mich in 25 Jahren krank gemeldet habe, melden sich der größte Teil meiner Kollegen in einem halben Jahr krank.

  • Ich habe meiner Beispiele nicht aus der Fliessbandarbeit (- die wird ohnehin nicht im Homeoffice gemacht und eignet sich daher nicht für Arbeitszeitbetrug im großen Stil), sondern von qualifizierter Sachbearbeitung in einer Versicherung (das Arbeitsumfeld meiner Frau).

  • Die arbeitet dann am Fließband Akten ab. Ist auch nicht so viel anderes. Ich habe mein Beispiel mir ja auch nicht ausgedacht, sondern extra einen qualifizierten Arbeitgeber verlinkt und dessen Aussage wiedergegeben.

  • Es kann sein, dass die eine Unterrichtsvorbereitung oder Fortbildung mal länger oder kürzer dauert. Das ist, um beim Beispiel mit der Sachbearbeitung zu bleiben, auch bei den Akten der Fall. Im Durchschnitt sollte es sich aber ausgleichen. Wenn jemand regelmäßig deutlich länger braucht, sollte das in irgendeiner Art und Weise auffallen, und das geht nur, wenn du einen Orientierungswert überhaupt erst hast.

    Es geht nicht darum, dass die Tätigkeit mit Orientierungswert 12 Minuten immer nur so lange dauern darf. Sie darf auch mal 15 Minuten dauern. Dann sollte sie aber das nächste Mal eher auch mal nur 9 Minuten dauern und dann beim dritten Mal vielleicht sogar die besagten 12 Minuten.

  • Ich sage mal jain.

    Weil: a) Wir ja i.d.R. verschiedene Fächer, Klassenstufen und verschieden gute Schüler haben. Klar, so eine Mathe 6 habe ich i.d.R. extrem schnell durchgeguckt. Am längsten dauern meistens di Arbeiten im mittleren Bereich. Je nach Fach und Klassenstufe sind da schon deutliche Unertrschiede, dass erkenne ich schon an mir.

    b) Vergleich mit einem Kollegen ist gar nicht so einfach. Selbst bei der genau gleichen Klassenarbeit kann das ganz anders aussehen (wenn z.B. der andere Lehrer exakt die Aufgaben schon so mehrfach im Unterricht gemacht hat (und ja, dass habe ich schon erlebt)).

    c) Wir wissen wie viel wir pro Woche arbieten müssen und wie viel davon schon für den Unertricht draufgegangen ist. Für die restliche Arbeit bleibt also nur noch die restliche Zeit über. Ist also nicht so, als wenn wir da keinen Orientierungswert hätten.

  • Es gibt kaum einen anderen Kollegen, der so selten krank meldet wie ich. So oft wie ich mich in 25 Jahren krank gemeldet habe, melden sich der größte Teil meiner Kollegen in einem halben Jahr krank.

    Was hat denn eine Erkrankung mit Arbeitszeiterfassung zu tun?

    Ach ja, es gibt, auch in Studien belegt, eine Menge Lehrkräfte, die trotz Erkrankung arbeiten.

  • Was hat denn eine Erkrankung mit Arbeitszeiterfassung zu tun?

    Das bezog sich auf den Beitrag von Paraibu: "Wenn sich aber jemand erstmal unbeliebt gemacht hat (- durch auffällige Minderleistung), steht ein breites Spektrum an legalen Methoden zum Nachweis des Arbeitszeitbetrugs zur Verfügung - von technischen Überwachungstools, über Privatdetektiven bis hin zu offener, professioneller Arbeitszeiterfassung:"

    Ist doch bekannt wer gerne mal "krank" ist und dann z.B. zu Hause Arbeiten korregiert und am Tag nach der Krankheit zurück gibt. Das fällt ja zum Teil selbst den Schülern auf. Kenne bisher keinen Fall wo da was passiert ist.

    In den Stunden, die ein Lehrer dann mal weniger zu tun hat, kann er sich ja auch z.B. einfach aufschreiben "Stand für Elternrückfragen und Beratung bereit". Wenn sich keiner meldet, dann ist das ja keine Falschaussage. Oder wollt ihr jetzt den Mitabreitern von Beratungsstellen, Hotlines, Kassen, Versicherungen, ... das Gehalt kürzen, wenn mal kein Kunde da ist bzw. keiner anruft.

  • Ich kenne nur Kolleg:innen, die absolut unglücklich sind, wenn sie krank fehlen müssen.

    Einige haben Migräne und niemand möchte mit ihnen tauschen.
    Es geschieht häufiger, dass wir Kolleg:innen krank nach Hause schicken, weil sie wirklich nicht fehlen wollen.

    Wenn man das WE oder Wochen durchkorrigiert, ist es kein Wunder, wenn man krank ausfällt. Gleiches gilt für Wochen mit Beratungsgesprächen oder Berichtszeugnissen und anderen zeitintensiven Aufgaben, die zusätzlich zum Unterricht und Schulalltag zu bewältigen sind. Gerade deshalb wäre eine Arbeitszeiterfassung gut.

  • Klar gibt es die auch. Ich habe ja nicht behauptet, dass es alle absichtlich machen. Ich bin ja nicht derjenige der mit Privatdedektiv gedroht hat.

    Es gibt aber eben auch die anderen. So ist das nunmal. Ich bin immer so ehrlich und bin zur Schule gegangen. Anderen juckt der Zeh und dann bleiben die zu Hause. So ist das eben. Und ich kenne mehrere Lehrer, die mir gegenüber sogar gesagt haben, das sie blau gemacht haben. Solche Leute gibt es eben. Und die wird es bei Zeiterfassung auch geben.

    Also ich habe immer am WE oder in der Woche korregiert und bin deshalb nie ausgefallen. Und ich kenne einige Kollegen, die ebenfalls am WE und in der Woche die Arbeiten nachgucken und ebenfalls nie ausgefallen sind.

  • Ich kenne nur Kolleg:innen, die absolut unglücklich sind, wenn sie krank fehlen müssen.

    Einige haben Migräne und niemand möchte mit ihnen tauschen.
    Es geschieht häufiger, dass wir Kolleg:innen krank nach Hause schicken, weil sie wirklich nicht fehlen wollen.

    Wenn man das WE oder Wochen durchkorrigiert, ist es kein Wunder, wenn man krank ausfällt. Gleiches gilt für Wochen mit Beratungsgesprächen oder Berichtszeugnissen und anderen zeitintensiven Aufgaben, die zusätzlich zum Unterricht und Schulalltag zu bewältigen sind. Gerade deshalb wäre eine Arbeitszeiterfassung gut.

    Naja, Korrekturen kenne ich besser als kaum ein anderer. Leider. Ich unterrichte ausschließlich in der Oberstufe und habe z.B. um die Weinachtszeit herum 120 Aufsätze korrigiert. Ich habe trotzdem keine Mehrarbeit geleistet. Indem ich 2-3 Wochen völlig unvorbereitet unterrichtet habe, konnte ich mir viel Zeit für die Korrektur freischaufeln. Und die Schüler haben trotzdem etwas gelernt. Man muss sich die Zeit eben so einteilen, dass es passt. Nichts anderes würde uns die Arbeitszeiterfassung lehren. Ich zweifle stark, dass dadurch Aufgaben entfallen oder Deputate reduziert werden würden. Wir würden aber definitiv stärker kontrolliert werden und weniger autonom sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Kairos (14. Juli 2025 07:07) aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Warum korrigierst du überhaupt um die Weihnachtszeit herum? Diese Zeit sollte eigentlich für andere (nämlich private) Tätigkeiten genutzt werden.

    Wie verteilt ihr, an eurer Schule, denn die Oberstufenklausuren? Liegen die nicht zum Teil im Dezember?

  • Warum korrigierst du überhaupt um die Weihnachtszeit herum? Diese Zeit sollte eigentlich für andere (nämlich private) Tätigkeiten genutzt werden.

    Die Vorweihnachtszeit im Dezember liegt regelmäßig noch in oder nah an der "Vorabitur"-Zeit bei uns, sodass da eine gute Reihe Korrekturen notwendig sind. Auch in der Sek I werden in dem Zeitraum (und damit noch mit genug Abstand zum Halbjahreswechsel und den damit verbundenen Zeugnissen) Klausuren geschrieben. Ich glaube kaum, dass diese Phase bei euch an der Schule bewusst mit einem geringeren Arbeitszeitumfang gestaltet wird und dafür entsprechende Arbeitszeiten in den Januar oder geballt in den Herbst verlagert werden.

Werbung