BOT Verweigerung Betreuung Bundeswehr

  • Hast du mal miterlebt, wie Jugendoffiziere arbeiten? Was ist für dich dee Unterschied zwischen Information und Werbung.

    Ich habe verschiedene Jugendoffiziere erlebt.

    Es stand immer die Information im Vordergrund. Es wurde der Auftrag und die rechtliche Basis dargestellt. Es wurde über die Ausbildung und die Aufgaben informiert. Karrierewege wurden vorgestellt aber auch sehr explizit die Konsequenzen für Leib und Leben im Einsatz sowie die Aufgabe der Soldaten/innen, im Ernstfall töten zu müssen.

    Werbung im Sinne von: Kommt zu uns! oder: BW ist toll! oder ähnliches habe ich da nie gehört. JOs haben ihre persönliche Motivlage und ihren eigenen Werdegang vorgestellt, aber dies nicht schillernd ausgemalt sondern wertfrei geschildert. Was betont wurde: Die Kameradschaft.

    Ich selbst als ehemaliger Wehrdienstleistender, der die BW-Zeit als absolut gruselig empfunden hat, habe meinen SuS auch meine abweichenden Erlebnisse geschildert, die frei sind von jeder Romantik, sondern vielmehr geprägt durch Unteroffiziere mit fragwürdigem Vorgesetztenverhalten, elende Langeweile, Egoismus, sinnlose Befehle und Aufgaben etc.

    Ich bin seit der Zeit auch sehr kritisch in Bezug auf die BW, erkenne aber klar die Notwendigkeit dieser Institution und sehe ihre Verankerung in unserem Staat und ihre Verantwortung für diesen.

    Was ich - off topic - übrigens als wichtig sehe: Die Wehrpflicht. Warum? Nicht weil sie so toll ist, sondern weil sie die BW mit normalen Menschen (gerade nicht den klassischen Kommissköppen) konfrontiert und damit wirklich den/die Bürger/in in Uniform in die Kasernen bringt.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Das Problem liegt einfach darin begründet, dass das Angebot der Bundeswehr dem ein oder anderen ggf. sehr attraktiv vorkommt. Wer also gerne sein Medizinstudium finanziert hätte, es aber für den NC nicht reicht, da gibt es auch noch ein paar NC freie Plätze die für die Bundeswehr reserviert sind.

    Um mal ein attraktives Beispiel zu nennen. Was viele jedoch übersehen, das Recht auf körperliche Unversehrtheit wird mit dem Eintritt in diesen Beruf eingeschränkt (ja auch bei der Polizei oder der Feuerwehr). Sollte es zu einem V -Fall kommen, dann gilt das Prinzip von Befehl und Gehorsam. Also auch wenn ich der Ansicht bin, dass "mein Team" keinerlei faire Chance hat und daher ein Rückzug die bessere Option wäre, da die andere Option nur mit 90%iger Sicherheit dazu führt, dass ich im Sarg zurückkehren werde, darf ich die Entscheidung zum Rückzug nicht treffen. Ich bin auf Gedeih und Verderb den Entscheidungen meiner vorgesetzten Stelle unterworfen. Darüber muss ich mir im Zweifel im Klaren sein. Und ich habe eben manchmal den Eindruck, dass der testosteron gesteuerte Tatendrang in Verbindung mit den möglichen beruflichen Optionen durch aus geeignet ist, den Blick auf die Realitäten zu verstellen. Insoweit kann ich verstehen, wenn Lehrkräfte die BW möglichst nicht in der Schule haben wollen. Frei nach Reinhard Mey, "meine Schüler gebe ich nicht"

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Das Problem liegt einfach darin begründet, dass das Angebot der Bundeswehr dem ein oder anderen ggf. sehr attraktiv vorkommt. Wer also gerne sein Medizinstudium finanziert hätte, es aber für den NC nicht reicht, da gibt es auch noch ein paar NC freie Plätze die für die Bundeswehr reserviert sind.

    Die Studienplätze sind zwar formal NC-frei, das Auswahlverfahren der Bundeswehr für die Offizierslaufbahn muss man aber dennoch bestehen und dort wird auch auf die Noten geschaut. Jemand mit einem 3er Schnitt wird nicht mal eingeladen. Als ich bei der Bundeswehr war, lag der Mindestschnitt, für diejenigen, die Medizin studieren wollten bei 2,0. Ich traue Abiturienten im Allgemeinen duraus zu, dass sie wissen, was sie tun, wenn sie zur Bundeswehr gehen. Wir sind hier nicht in den USA, wo der Militärdienst für viele die einzige Möglichkeit ist, ein Studium zu finanzieren.

    Zitat

    Und ich habe eben manchmal den Eindruck, dass der testosteron gesteuerte Tatendrang in Verbindung mit den möglichen beruflichen Optionen durch aus geeignet ist, den Blick auf die Realitäten zu verstellen.

    Nochmal: es gibt Auswshlverfahren bei der Bundeswehr. Da werden, zumindest für die SaZ Laufbahnen, diejenigen, die sich als nächster Rambo sehen recht zuverlässig aussortiert. Darauf, dass Bewerber bereits einen hinreichend differenzierten Blick auf die Aufgaben als Soldat haben, wird auch Wert gelegt. Das klappt nicht immer einwandfrei, aber dass irgendwer versucht Kinder für den Krieg zu "klauen" ist schon arg polemisch und einfach falsch.

    Zitat

    Frei nach Reinhard Mey, "meine Schüler gebe ich nicht"

    Diese Schüler sind nicht deine. Das sind eigenständige junge Erwachsene. Wie kommst du auf die schräge Vorstellung, dass man als Lehrer irgendwen "geben" oder "nicht geben" könnte?

  • Schmidt

    Natürlich bin ich nicht derjenige der gibt oder nimmt, möchte aber auch nicht dass gerade Schule die Institution ist, die den Dienst bewirbt. Das mag mit meiner grundsätzlich eher pazifistischen Gesamthaltung zu tun haben, ich kann aber verstehen, wenn es Menschen anders sehen. Ich würde in der Schule eher für mein stimmen und wenn die Mehrheit anderer Meinung ist könnte ich damit leben. Allerdings würde ich auch nicht den Stand betreuen wollen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Dass das Rekurtierungaalter nicht 18, sondern 17 ist, dürfte doch allen klar sein, die sich zu diesem Thema äußern. Mit 17 ist zudem die Einwilligung der Eltern notwendig. Ich sehe nach wie vor nicht, wo das Problem sein soll.

    War mir nicht klar und ist ganz offensichtlich ein Thema, dass in anderen Staaten anders gehandhabt wird und deswegen die UN darauf kritisch hinweist.

    Das Problem liegt darin, dass die Bundeswehr ganz grundsätzlich Soldat*innen an der Waffe für den Einsatz im Krieg ausbildet und somit eine andere Rolle einnimmt, als der Bäcker oder auch die Polizei auf der Berufebörse.

  • Schmidt

    Natürlich bin ich nicht derjenige der gibt oder nimmt, möchte aber auch nicht dass gerade Schule die Institution ist, die den Dienst bewirbt.

    Der Dienst wird vorgestellt, nicht beworben. Wenn die durchaus differenzierte Darstellung der Jugendoffiziere junge Erwachsene anspricht, dann ist daran nichts falsch.

    Zitat

    Das mag mit meiner grundsätzlich eher pazifistischen Gesamthaltung zu tun haben, ich kann aber verstehen, wenn es Menschen anders sehen.

    Meine Grundhaltung ist auch pazifistisch. Ich habe weder Lust auf Mord und Totschlag noch auf Krieg. Mir wäre wenig lieber, als eine überflüssige Bundeswehr. In dieser Situation sind wir aber leider nicht.

  • Und wenn die BW am BOT nur über die zivilen Berufe informieren würde? Dann wäre es nach deiner Argumentation in Ordnung, oder, Quittengelee ?

    Gute Frage, ich denke nicht, weil es um die Sonderstellung der Armee geht. Es wird ja nicht für das Studium Ingenieurswissenschaften geworben, sondern darum, Ingenieur im Dienst der Bundeswehr zu werden, um über den Einsatz von Wehrmaterial zu entscheiden oder sowas.

    Es geht m.E. grundsätzlich darum, ob die BW Minderjährige für die Armee begeistern sollte.

    Aber frag besser den TE oder andere, die sich weigern würden, einen Stand derselben zu betreuen. Ich habe lediglich aufgegriffen, dass ein Argument nicht automatisch bescheuert ist, nur weil es von einer bestimmten Gruppe geäußert wird.

  • Die BW hat ein Nachwuchsproblem und dass man als staatliches Organ dann auch an staatlichen Institutionen informiert und wirbt, um Abhilfe zu schaffen, ist doch nur logisch. Wo sonst erreicht man die Zielgruppe denn in der Breite eines Jahrgangs?

    Mich befremdet auch, wie infantilisiert man heutzutage mit 16-18jährigen umgeht - das sind keine Kleinkinder, die können Informationen aufnehmen und Entscheidungen treffen.

    Dass sich junge Menschen für Wehrdienst und Bundeswehr entscheiden, ist angesichts der Weltlage letztlich auch in unser aller Interesse.

  • Das Problem liegt darin, dass die Bundeswehr ganz grundsätzlich Soldat*innen an der Waffe für den Einsatz im Krieg ausbildet und somit eine andere Rolle einnimmt, als der Bäcker oder auch die Polizei auf der Berufebörse.

    So ist die Profession eben. Dem muss sich jeder ganz klar sein, der zur Bundeswehr gehen möchte. Warum das grundsätzlich in Schule nicht vorkommen darf verstehe ich nicht. Losgelöst von der eigenen Meinung, die bei der Berufswahl der Schülerinnen und Schüler keine Rolle spielen darf.


    Wenn es danach ginge dürfte bei mir Niemand vom Finanzamt oder einer Versicherung in die Schule kommen.

    Gute Frage, ich denke nicht, weil es um die Sonderstellung der Armee geht. Es wird ja nicht für das Studium Ingenieurswissenschaften geworben, sondern darum, Ingenieur im Dienst der Bundeswehr zu werden, um über den Einsatz von Wehrmaterial zu entscheiden oder sowas.

    Es geht m.E. grundsätzlich darum, ob die BW Minderjährige für die Armee begeistern sollte.

    Aber frag besser den TE oder andere, die sich weigern würden, einen Stand derselben zu betreuen. Ich habe lediglich aufgegriffen, dass ein Argument nicht automatisch bescheuert ist, nur weil es von einer bestimmten Gruppe geäußert wird.

    Verstehe ich immer noch nicht. Darf man sich erst mit 18 über die Bundeswehr informieren, wenn man sich dafür interessiert?

  • Rein fiktiv: Dass eine Ausbildung bei der Bundeswehr bei den BOT ähnlich beworben wird, wie eine Ausbildung in "normalen" Ausbildungsbetrieben und die SuS in dem Alter kaum eine Differenzierung zwischen Staats- und Eigeninteressen machen - zumal es sich in einigen Klassen überwiegend um minderjährige SuS handelt.

    Ist glücklicherweise wirklich nur ein fiktiver Fall, da in den Klassen, in denen ich unterrichte, keine Berührspunkte mit der Bundeswehr habe - aber schön, dass hier so kontrovers darüber diskutiert wird und dass anscheinend Einigkeit darüber besteht, dass es rechtlich keine Möglichkeit gibt, die Verpflichtung zur Betreuung zu tauschen.

    Wenn ich eine Ausbildung bei der Bw mache, bediene ich die Interessen des Staates, und wenn ich sie woanders mache, bediene ich meine eigenen Interessen?

  • Wenn ich eine Ausbildung bei der Bw mache, bediene ich die Interessen des Staates, und wenn ich sie woanders mache, bediene ich meine eigenen Interessen?

    Ja klar, deswegen ich bin ich Lehrkraft, um die Interessen meines Bundeslandes zu bedienen.

  • chemikus08 Das Recht auf körperliche Unversehrtheit wird auch durch die Einschulung aufgegeben. Stichwort: Pflichtimpfung.

    Grundrechte werde häufig eingeschränkt. Die Einschränkungen beim Militär sind natürlich nochmal eine andere Hausnummer als sonst wo, geschenkt. Ich möchte auch selbst nicht Teil der Bundeswehr sein, aber auch manchmal ehemalige SaZ in meinen Klassen sitzen und kann durchaus verstehen wieso die zur Bundeswehr gingen. Auch wenn es nicht meine Entscheidung gewesen wäre.

    Ich denke, diese grundsätzliche Ablehnungshaltung kommt sehr häufig von Menschen, die überhaupt keine Berührungspunkte haben.

  • Danke für die anregende Diskussion!
    Da es sich nur um einen hypotethsichen - und im Rahmen dessen um den rechtlichen Aspekt - Fall handelt, kann ich leider nicht auf alle Antworten eingehen.

    Zur Unterscheidung zwischen Staatsinteresse und Eigeninteresse. Im Zweifelsfall würde der Staat sein Existensrecht über das der Soldaten stellen. Ich kenne die Vorträge der Bundeswehr während der BOT nicht und kann daher nicht einschätzen, inwiefern dort ein differenziertes Bild des Berufs dargestellt wird. Wenn ich mir einige Werbeplakate und Youtube-Formate anschaue, dann wird das Bild der Bundeswehr dort aber sehr rosig gezeichnet. Ich bezweifle, dass einige SuS in der Lage dazu sind, die potentiellen Gefahren, die mit solch einem Job einhergehen, korrekt einzuschätzen.

  • Wer glaubt, bei einem Krieg wie in der Ukraine, ginge es nur oder auch nur primär um das Existenzrecht des Staates, hat eine ausgesprochen naive oder bewusst ignorierende Haltung darüber, wie es der Bevölkerung unter den Folgen der Besatzung eines Angriffskrieges ergeht.

  • Danke für die anregende Diskussion!
    Da es sich nur um einen hypotethsichen - und im Rahmen dessen um den rechtlichen Aspekt - Fall handelt, kann ich leider nicht auf alle Antworten eingehen.

    Zur Unterscheidung zwischen Staatsinteresse und Eigeninteresse. Im Zweifelsfall würde der Staat sein Existensrecht über das der Soldaten stellen. Ich kenne die Vorträge der Bundeswehr während der BOT nicht und kann daher nicht einschätzen, inwiefern dort ein differenziertes Bild des Berufs dargestellt wird. Wenn ich mir einige Werbeplakate und Youtube-Formate anschaue, dann wird das Bild der Bundeswehr dort aber sehr rosig gezeichnet. Ich bezweifle, dass einige SuS in der Lage dazu sind, die potentiellen Gefahren, die mit solch einem Job einhergehen, korrekt einzuschätzen.

    Das Eigeninteresse des Staates - hier Staatsinteresse genannt - ist doch nicht losgelöst von dem der Soldaten oder seiner Bürger - insbesondere dann, wenn der Staat seine Bürger schützen will und muss.

    Deine Argumentation wäre eine Absage an der Existenz des Militärs wie auch an der aktiven Teilnahme an selbigem. Das kann man fordern. Die Realitäten sind aber andere - insbesondere, wenn mein Gegenüber meine Rechte nicht anerkennen möchte, sie mit den Füßen tritt oder mir meine Existenz schlichtweg abspricht.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Wer glaubt, bei einem Krieg wie in der Ukraine, ginge es nur oder auch nur primär um das Existenzrecht des Staates, hat eine ausgesprochen naive oder bewusst ignorierende Haltung darüber, wie es der Bevölkerung unter den Folgen der Besatzung eines Angriffskrieges ergeht.

    Das ist n billiges Strohmannargument und wurde so nie behauptet. Nur: im Zweifelfall ist es dem Staat recht egal, welche Werte an der Front verteidigt werden, sofern seine Existenz bedroht ist. Soldatinnen und Soldaten werden nach der Sinnhaftigkeit eines Fronteinsatzes schon mal gar nicht gefragt - und ich bezweifle, dass die Perspektive an BOT seitens der BW dargeboten wird. Lasse mich aber gerne eines besseren Belehren.

  • Wenn ich mir einige Werbeplakate und Youtube-Formate anschaue, dann wird das Bild der Bundeswehr dort aber sehr rosig gezeichnet. Ich bezweifle, dass einige SuS in der Lage dazu sind, die potentiellen Gefahren, die mit solch einem Job einhergehen, korrekt einzuschätzen.

    Bei der Außenwerbung stellt jeder Arbeitgeber seinen Betrieb möglichst positiv dar. Es wird vielleicht nicht unbedingt gelogen, aber Schwachstellen werden im Zweifelsfall eher kleingeredet und die Schokoladenseiten besonders hervorgehoben.

    In der Privatwirtschaft nennt sich das Employer Branding und es werden in größeren Betrieben eigens hierfür Stellen geschaffen. Auch bei der Werbung für den Lehrberuf stellt der Staat die Tätigkeit möglichst positiv dar (Im Zweifelsfall sieht man auf Werbebildern eher leuchtende Kinderaugen, die den Anschein erwecken, als wäre die anstehende Unterrichtsstunde ihr Highlight der Woche - nur bedingt repräsentativ für den Schulalltag.). Ich kann da die Bundeswehr verstehen, dass sie bei der Mitarbeitergewinnung eher ihr Gegenstück zu den leuchtenden Kinderaugen auf Werbematerial demonstriert.

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