9-Euro-Ticket

  • Also, wir halten mal fest: viele Menschen sind vom Auto abhängig. ÖPNV ist keine Alternative. Und? Das 9-Euro-Ticket? Wird es daran etwas ändern?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich fände es super, wenn Du in den ÖPNV investieren würdest

    Was konkret meinst du damit? Dass ich damit Tickets für den ÖPNV kaufe?


    Sicherlich bestätige ich durch den Abruf der Prämie die Politik. Ich finde es allerdings naiv zu glauben, dass der Staat das Geld in den ÖPNV investieren wird, wenn Menschen die besagte Prämie nicht nutzen. Das Geld fließt ja auch sonst schon gerne in Rettungsaktionen, deren Sinnhaftigkeit man hinterfragen kann.


    Ich weiß auch nicht, warum es für dich verwunderlich ist, dass ich deine Schilderungen auf mich beziehe - schließlich zitierst mich ja auch immer wieder und kommst mit Wertungen, die offensichtlich auch mein Verhalten betreffen. Aber wenn das deine Argumentationsstrategie ist, um Menschen zur Abkehr vom Auto zu bewegen, dann wünsche ich dir weiterhin viel Erfolg. Bei mir klappt's auf diese Weise jedenfalls nicht.

  • Der Punkt ist: es gibt Sachen, die ich lieber mit dem ÖPNV machen würde. Aber wenn ich keine Monatskarte habe und dann 12€ zahle um zum Hautarzt/ HNO/ Shoppen hin und zurück zu fahren (Nachbarstadt), dann ist es doch wieder günstiger das Auto zu nehmen und Parkgebühren zu bezahlen.

    Sport der Kinder ist ähnlich. Tanzen liegt so ungünstig, da wäre ich mit dem Rad schneller, die 4jährige lasse ich aber die Strecke nicht fahren. Schwimmen der Tochter würde gehen, ist aber mit 12€ auch zu teuer. Schwimmen beim Sohn ist mit dem Rad für ihn zu anstrengend und mit dem Bus dauert es ewig und ist teuer.

    Eine Monatskarte für 10 Fahrten im Monat (112€) würde sich zwar im Verhältnis zu den einzelnen Fahrten lohnen, ist aber noch immer deutlich teurer als das Auto.


    Zu Kita, Grundschule, Hausarzt, Kinderarzt, Gyn, Friseur kommen wir zum Glück zu Fuß.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

    Einmal editiert, zuletzt von yestoerty ()

  • Ich würde mir so ein günstiges Dauerticket dauerhaft wünschen.


    Allerdings muss ich ehrlicherweise sagen, dass ich die Unabhängigkeit und den Comfort meines Autos schätze, nachdem ich nach meiner Kindheit 20 Jahre ausschließlich mit Rad, Bus, Bahn und zu Fuß unterwegs war.


    Bis auf ein paar Radwege der Marke "Pinsel-Lösung" hat sich in meiner Stadt die Infrastruktur jenseits des Autos auch seit den 90ern nicht verbessert. Eher im Gegenteil... das ÖPNV-Netz ist ausgedünnter und der Bahnhof hat quasi keine Aufenthaltsbereiche mehr.

  • Bei mir gibt es nur Busse und Anruf-Sammeltaxis (MB Sprinter mit ca. 15 Sitzplätzen) und letztere fahren zwischen Samstagmittag und Montagmorgen gar nicht. Am Sonntagmorgen gibt es noch den „Katholiken-Express“ der die Gläubigen zur Kirche fährt. Aber ansonsten ist bei mir der ÖPNV am Wochenende gar nicht existent.

    Das hast Du schon mehrfach geschrieben und ich glaube Dir, dass Du bei so einer Wohnlage auf ein Auto angewiesen bist. Ebenso, wie ich es laleona glaube. Schaue ich mich jedoch in meiner Stadt um, dann sehe ich, dass viele Menschen TROTZ ausgezeichnetem ÖPNV ein eigenes Auto besitzen. Weil es bequemer ist. Weil es eine Art Statussymbol ist. Weil es "irgendwie dazugehört". Und genau diese Leute sind das Ziel von Aktionen wie dem 9-€-Ticket.

  • ... hier im Dorf: Das Kind 1km mit dem Auto zum Kiga fahren, ganz normal. Zum Bäcker. Zum Hund-Gassi-führen (letzteres ist mir wirklcih ein Dorn im Auge).

    Es gibt hier genau 1 Familie, die ihr Kind wie wir Tag für Tag bei jedem Wetter mit den Radl zum Kiga bringen. Und wenn ich dann mit meinem Kind da hoch radle (wir wohnen "unten"), so ca. 20 Min., dann zählen wir manchmal die Fußgänger. Meistens sind es 1-2, manchmal keiner, selten 3. Alle alles mit dem Auto.

    Eine Flüchtlingsfrau hat das in einem andren Zusammenhang geschrieben, ihr fiele auf, wie wenig Menschen gehen würden. Radeln ja, aber gehen ausschließlich mit Hund. Passt da mal auf. Und ich meine jetzt nicht den Shoppingbummel in der Innenstadt. Und dann werden die Hunde zum Entleeren noch in besonders schöne Ecken MIT DEM SUV gefahren und dann wird da auf der Wiese geparkt.

    Sorry, das nervt mich tierisch. Können die kleinen Hundelein nicht vor der Haustür urinieren, muss man die echt mehrere Km weit fahren und dann die Wiesen zuparken?

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • ich hab mich über die Pläne zum Ticket sehr gefreut, bis mir eingefallen ist, dass ich vor zwei Monaten von der Stadt aufs Land gezogen bin, weil wir mit den Kindern mehr Platz brauchten und keine Wohnung gefunden haben. ich bin ernsthaft schockiert darüber, WIE schlecht der ÖpNV auf dem Land ist - das hätte ich nicht gedacht: abgesehen davon, dass er so gut wie nie fährt, geht es damit auch nirgends hin, wo es nüztlich wäre. Um in die mitdemauto 20 min entfernte Großstadt zu fahren, bräuchte man von Tür zu Tür hier annähernd 2 Stunden und zahlt noch > 20 Euro. Fahrradfahren ist lebensgefährlich auf den Landstrassen und zu allem Überfluss fliegen hier noch die Flugzeuge im Landeanflug drüber. mir ist diese Ungerechtigkeit Stadt-Land nie so präsent gewesen; ich hab mein Leben lang in der Stadt gewohnt und meinen Führerschein nicht gebraucht (die letzten Jahre bin ich in der Stadt allerdings mit dem Rad zur Schule, weil einmal Umsteigen im ÖPNV immer gleich ne potentielle Verlängerung der Fahrtdauer um 20 min bedeutet)

  • ... hier im Dorf: Das Kind 1km mit dem Auto zum Kiga fahren, ganz normal. Zum Bäcker. Zum Hund-Gassi-führen (letzteres ist mir wirklcih ein Dorn im Auge).

    Es gibt hier genau 1 Familie, die ihr Kind wie wir Tag für Tag bei jedem Wetter mit den Radl zum Kiga bringen. Und wenn ich dann mit meinem Kind da hoch radle (wir wohnen "unten"), so ca. 20 Min., dann zählen wir manchmal die Fußgänger. Meistens sind es 1-2, manchmal keiner, selten 3. Alle alles mit dem Auto.

    Eine Flüchtlingsfrau hat das in einem andren Zusammenhang geschrieben, ihr fiele auf, wie wenig Menschen gehen würden. Radeln ja, aber gehen ausschließlich mit Hund. Passt da mal auf. Und ich meine jetzt nicht den Shoppingbummel in der Innenstadt. Und dann werden die Hunde zum Entleeren noch in besonders schöne Ecken MIT DEM SUV gefahren und dann wird da auf der Wiese geparkt.

    Sorry, das nervt mich tierisch. Können die kleinen Hundelein nicht vor der Haustür urinieren, muss man die echt mehrere Km weit fahren und dann die Wiesen zuparken?

    Hm, die mit dem Hund hat vielleicht ein Hüftleiden und das SUV haben sie sich gekauft, weil der Mann Jäger ist und es auf dem Waldweg brauchen kann.


    Das meine ich. Dieses Rechtfertigen, warum man das Auto selbst nutzt und auf der anderen Seite das Rumhacken auf denen, die es aus anderen Gründen nutzen. Finde ich mäßig hilfreich, das verfestigt doch nur die Position.


    Ich fand z.B. den Hinweis von Meer interessant, dass sie oder er es sogar genießt, den Stress, den Verkehr auch mit sich bringt, komplett hinter sich gelassen zu haben.


    Übrigens zur privilegierten Stadt: Fahrradfahrer*innen leben dort ziemlich gefährlich, weil PKW-Nutzende soundsooft rücksichtslos oder unkonzentriert sind und weil sie städtebaulich im Verkehr benachteiligt sind.

    Gestern hat jemand an der Ampel auf dem Fahrradweg gestanden und als ich ihn bat, das zu beachten, weil Radfahrer nicht mehr durchkommen, meinte der Fahrer, dass dies ein FAHRRAD-S-C-H-U-T-Z-STREIFEN sei und kein FAHRRADWEG. Achso.

  • Ich meinte auch das Parken auf Wiesen und Waldwegen. All das war vor der Pandemie nicht, das hat massiv zugenommen. Also vorher war´s hier vor Ort gar nicht. Dass so viel gesparkt wird wild, war sogar einen Zeitungsartikel wert.

    Aber ja, der Balken vor den eigenen Augen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich finde es immer niedlich, wenn kinderlose Menschen (am besten noch aus Großstadt xy) einem erzählen wollen, wie gut sie alles ohne Auto hinkriegen.

    [...]

    Seit der Geburt meines Kindes wurde mir sehr bewusst, wie wenig Stunden so ein Tag hat und dass 30 Minuten Zeitersparnis mitunter den Tag retten.

    Ich finde die Vorstufe vor den Kindern schon lustig, wenn es darum geht, daß man doch gefälligst an seinen Dienstort umziehen soll, der Umwelt und der kürzeren Anfahrt zum Arbeitsort wegen. Ist denn heute wirklich die Hausfrauen-Ehe noch Standard? Weil nur mit so einer Hausfrauen-Ehe, wo dann die Ehefrau ihrem Mann folgt egal wohin, ist sowas machbar.


    Oder andersrum: Ich finde es total weltfremd, wenn mir besagte Leute aus der Großstadt erzählen, daß ich meine Beziehung aufgeben soll, weil ich nach Westen zur Arbeit fahre, mein Mädel nach Osten zur Arbeit fährt und unser beider Fahrstrecken ökologisch nicht verantwortbar wären, weil zu lang. Das Thema "Kinder" verkompliziert die Situation dann noch zusätzlich.


    Aber wir können natürlich das Eherecht aus den 1950ern wieder einführen, wo der Ehemann bestimmt, ob die -Frau arbeiten darf oder nicht usw. usw. ...
    Ist es das, was diese "niedlichen" Zeitgenoss*innen wollen?

    • Offizieller Beitrag

    Als ich noch in NDS wohnte, in einer Kleinstadtmit Großstadtanbindung, war es ein Leichte, alles per Rad zu machen, außer vll den Wochengroßeinkauf für eine 6 köpfige Familie. Alle Kinder konnten früh Frahrrad fahren und mussten ab dem GS Alter nie mit dem Auto geholt oder gebracht werden. Und ich meine wirklich nie.


    Erst als die Tochter abends weg wollte, machten andere Eltern (!) Druck, wir könnten sie doch nicht im Dunkeln mit anderen Mädels mit dem Rad fahren lassen. Daraufhin bekam sie auch Angst. :sauer: (OT: Muss ich erwähnen, dass beim Sohn das Thema kaum eines war?)


    Aber: es gab in der Kleinstadt ein gutes Freizeitangebot, das per Rad erreichbar war -auch bei Regen natürlich. Keine Berge *träum*, viele Radfahrer und für Teenager die Großstadt in der Nähe.


    Nun wohne ich im Mittelgebirge auf dem Dorf, wenig Busverkehr, schon gar nicht am WE, noch weniger zu meinem Arbeitsort, viele Berge, nur Hobbieradfahrer. Erzähle mir noch mal einer, dass man in der Situation dauerhaft aufs Auto verzichten könne.


    Viele Eltern tun sich übrigens als Kinderkutschierer zusammen.

  • Diese ganzen "Ich muss aber"-Geschichten sind ja schön und gut. Tatsächlich halte ich es für irrelevant, ob du (ja, du) ein Auto haben musst oder nicht. Die wichtigere Frage: Brauchen alle, die ein Auto haben, eines? Wenn das jemand glaubt, können wir uns gerne darüber unterhalten.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Oder andersrum: Ich finde es total weltfremd, wenn mir besagte Leute aus der Großstadt erzählen, daß ich meine Beziehung aufgeben soll, weil ich nach Westen zur Arbeit fahre, mein Mädel nach Osten zur Arbeit fährt und unser beider Fahrstrecken ökologisch nicht verantwortbar wären, weil zu lang. Das Thema "Kinder" verkompliziert die Situation dann noch zusätzlich.

    Sich in die Beziehungen von Dritten einzumischen, ist wirklich anmaßend und unverschämt. Aber kommt das wirklich so oft vor? Natürlich schützt man die eigene Partnerschaft so gut es geht - ich denke auch, dass die meisten Menschen dafür Verständnis haben.


    Trotzdem würde ich auf lange Sicht schon versuchen, die Fahrwege irgendwie zu reduzieren. Nicht einmal "nur" aus ökologischen Gründen - es gehen ja einfach auch jede Menge Zeit und Geld für weites Pendeln drauf.

  • FAHRRAD-S-C-H-U-T-Z-STREIFEN

    „Schutzstreifen“, mit „Schutz“ wie in „Schutzstaffel“ oder „Schutzhaft“. Wer wird denn da geschützt? Die Radlerinnen jedenfalls nicht.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ist denn heute wirklich die Hausfrauen-Ehe noch Standard? Weil nur mit so einer Hausfrauen-Ehe, wo dann die Ehefrau ihrem Mann folgt egal wohin, ist sowas machbar.

    Ach, das geht nur so herum? Nö, es reicht auch, wenn die männliche Partnerin der weiblichen hinterherzieht.


    mein Mädel

    Danke, reicht. Vielleicht können manche wirklich nur in eine Richtung denken.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Sorry, das nervt mich tierisch. Können die kleinen Hundelein nicht vor der Haustür urinieren, muss man die echt mehrere Km weit fahren und dann die Wiesen zuparken?

    Dann aber bitte direkt vor der eigenen Haustür. Es gibt auch Leute, die beim Tritt aus der Haustür jedes Mal aufpassen müssen, ob gerade eine Hundeurinpfütze vorhanden ist, weil Passanten die Hunde direkt vor der Haustür urinieren lassen. Zum Glück nicht unser Haus, aber auch beim Vorbeigehen scheußlich.

    • Offizieller Beitrag

    Kurze Anmerkung: Danke für den Tritt in diesem Thread gegen meinen Inneren Schweinehund. Meine Fahrradtasche für morgen habe ich gerade gepackt. Das Wetter soll in den nächsten Wochen gut werden.


    Fährt jemand mit? Sollen wir einen "Mit dem Fahrrad zur Schule"-Motivationsthreadaufmachen?

Werbung