Arbeiten, wenn man krank ist

  • dass sie kritische Äußerungen tätigt, wie etwas folgende: "Es ist unkollegial, im Krankheitsfall kein Material zuschicken. ALLE anderen Kolleginnen tun das."

    Das einfachste ist es, so etwas zu ignorieren. Ansonsten kann man natürlich eine passende Antwort parat haben. Ich pflege an solchen Stellen schon mal zu fragen, ob ich das schriftlich bekommen könne.

  • Antimon

    Vielleicht ist die Aussage in ihrer Formulierung ein wenig zugespitzt, aber in der Sache stehe ich tatsächlich dahinter.

    Es gibt doch in der Regel - von einzelnen Sonderfällen abgesehen - nur zwei Varianten:

    1. Ich falle für einen überschaubaren Zeitraum aus. Den kann ich immer wieder reinholen, indem ich an manchen Stellen straffe und andere Inhalte weglasse.
    2. Ich falle für einen längeren Zeitraum aus. Dann muss jemand in Vertretung die Klasse übernehmen und ich muss mich darauf verlassen können, dass der Kollege Profi ist und das hinbekommt. Bei uns kommt es immer mal wieder vor, dass Kurse während der Oberstufenzeit plötzlich aus rein organisatorischen Gründen einen anderen Kursleiter bekommen. Also, nicht krankheitsbedingt. Dann schaue ich dem Kollegen ja auch nicht über die Schulter um sicherzugehen, dass der das auch ja richtig macht. Und ja, in solchen Fällen gibt es eine Übergabe, aber die kann manchmal mit wenigen Sätzen geschehen, im Sinne von "XY hab ich nur knapp angerissen, das muss noch vertieft werden. Und diese oder jene Arbeitsform habe ich noch gar nicht gemacht." Aber das können Kollegen auch schnell im Gespräch mit den Kursen herausfinden.

    Ich schreibe von Oberstufenkursen, weil ich nur da überhaupt die Dringlichkeit im Ansatz bemerke. Bei unteren Klassen sehe ich das Problem kaum.

    Dass es prüfungspsychologisch ein Problem für SchülerInnen sein kann, wenn der Prüfer kurzfristig ausfällt, kann ich nachvollziehen. In diesem Fall würde ich auch - sofern ich fit genug bin - vielleicht beruhigende Emails o.ä. schreiben. Generell halte ich es aber gerade in solchen Fällen für wichtig, dass ich mich dann gar nicht mehr in die Vorbereitung einmische. Es gibt einen Kollegen, der das übernimmt, der im Kontakt mit dem Prüfling steht und seine Erwartungen und Vorgehensweisen kommuniziert. Alles, was ich da von der Seite reinrufe, kann nur zu Chaos und Verwirrung führen.

  • Das einfachste ist es, so etwas zu ignorieren. Ansonsten kann man natürlich eine passende Antwort parat haben. Ich pflege an solchen Stellen schon mal zu fragen, ob ich das schriftlich bekommen könne.

    Diese Aussage kann häufig in der Schule hilfreich sein. Meiner Frau gebe ich das regelmäßig als Tipp, was sie aber zu selten nutzt. Letztes SJ hat es aber bei einer dieser typischen "nicht so anstellen, das machen doch alle KuK so"-Geschichten dazu geführt, dass ganz zuvorkommend plötzlich die Rückmeldung kam: "Natürlich Frau Golum. Das wird von der SL in die Wege geleitet!" In dem Fall: Privatkonto vs. Schulkonto bei Klassenfahrten.

  • WillG Ich glaube, deine Situation mit den Oberstufenkursen ist in der Regel eine ganz andere als meine Situation mit meinen Klassen. Das ist systembedingt. Mir wird zu Beginn des vierjährigen Gymnasiums eine Klasse zugeteilt, die ich bis zur Matura behalte. Oder 3 Jahre lang im Grundlagenfach. Ich kenne ja das deutsche Schulsystem aus der Perspektive der Schülerin und weiss natürlich, dass es auch in unteren Klassenstufen üblich ist, dass die Fachlehrperson von einem aufs andere Schuljahr wechselt, das passiert bei uns nur ausnahmsweise, wenn z. B. eine Lehrperson pensioniert wird. In der Oberstufe habt ihr ein Kurssystem, wir unterrichten hier im Klassenverband. In diesem Kontext kann ich nachvollziehen, was du schreibst. Dass meine zwischenmenschliche Beziehung zu den Jugendlichen aber eine andere, im Sinne von weniger flüchtig ist, ist klar, oder? Wir sind sicher nicht ganz so eng wie eine Lehrperson mit den Kindern an einer Primarschule aber sicher enger als in einem Kurssystem.


    Darüber hinaus unterrichte ich an zwei verschiedenen Schulformen, das macht diesbezüglich auch noch einmal einen Unterschied. Für die Gymnasiast*innen ist es tatsächlich viel weniger ein Drama, wenn da kurzfristig die Lehrperson wechselt als für die Fachmittelschüler*innen. Das habe ich wirklich krass gemerkt, als ich letztes Jahr im Herbst nach meinem Unfall nach 6 Wochen wieder an die Schule gekommen bin. Die jüngeren Schüler*innen am Gymnasium waren da durchaus besorgt und haben mal nachgefragt. Im Grund geht man da aber relativ schnell "vergessen", was auch völlig in Ordnung ist. Ich bin ja absolut einig mit dir, dass man als Lehrperson jederzeit ersetzbar ist. Meine FMSis kamen an meinem 1. Arbeitstag aber JEDER EINZELN bei mir vorbeigetrabt um mal zu fragen, wie es mir denn so ginge. Das ist die absolute Regel, dass zu denen die zwischenmenschliche Distanz viel kleiner ist als an der Maturabteilung. Und das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit.

  • Beitrag Nr 361 wurde übrigens ausschliesslich von Frauen geliked:



    Ich überlege gerade, was das eigentlich über mich aussagt. Wahrscheinlich sind es doch die Hormone ^^

  • zu denen man im Laufe der Zeit eine Beziehung aufbaut.

    Äh, was? Beziehung? Welcher Art soll die sein? Mir begegnen jeden Tag etwa hundert verschiedene junge Menschen. Ich kriege mit Mühe und Not deren Namen zusammen. Ich kann die überhaupt nur als Individuen wahrnehmen, wenn sie mir gegenübersitzen. Wenn ich nicht da bin, habe ich zu denen keine weitere Beziehung als die Call-Center-Mitarbeiterin zu den Kundinnen, mit denen sie gerade nicht spricht.

  • Äh, was? Beziehung? Welcher Art soll die sein? Mir begegnen jeden Tag etwa hundert verschiedene junge Menschen. Ich kriege mit Mühe und Not deren Namen zusammen. Ich kann die überhaupt nur als Individuen wahrnehmen, wenn sie mir gegenübersitzen. Wenn ich nicht da bin, habe ich zu denen keine weitere Beziehung als die Call-Center-Mitarbeiterin zu den Kundinnen, mit denen sie gerade nicht spricht.

    Wow. Soviel emotionale Distanz habe nicht mal ich. Und mir wird schon öfter mal vorgeworfen, vollkommen unempathisch zu sein.

    • Offizieller Beitrag

    Äh, was? Beziehung? Welcher Art soll die sein? Mir begegnen jeden Tag etwa hundert verschiedene junge Menschen. Ich kriege mit Mühe und Not deren Namen zusammen. Ich kann die überhaupt nur als Individuen wahrnehmen, wenn sie mir gegenübersitzen. Wenn ich nicht da bin, habe ich zu denen keine weitere Beziehung als die Call-Center-Mitarbeiterin zu den Kundinnen, mit denen sie gerade nicht spricht.

    Das merkt man.

  • Wow. Soviel emotionale Distanz habe nicht mal ich. Und mir wird schon öfter mal vorgeworfen, vollkommen unempathisch zu sein.

    Mag sein. Ich aber glaube nicht unempathisch zu sein, zumindest nicht „vollkommen“. Ich habe durchaus Verständnis für die Sorgen und Nöte der jungen Menschen. Ich verstehe sehr wohl, dass diese nicht mitten im Kurs die Lehrerin oder gar kurz vor der Prüfung die Prüferin wechseln möchten. Deswegen existiert da keine „Beziehung“. Ich mache deren Probleme nicht zu meinen. Und insbesondere hängt mein Wohlergehen nicht von der Lösung der Probleme ab. WillG hat schon etwas ähnliches gesagt: ich nehme ich selbst nicht zu wichtig und verlasse mich darauf, dass jemand das Schiff übernimmt und die Segel passend in den Wind stellt. Ich bin dann 'raus.


    Noch viel mehr als die Unterrichtsversorgung einzelner Klasse treibt mich die Sorge um die Menschen in der Ukraine um oder um die Protestierenden im Iran. Zu denen habe ich auch keine Beziehung. Ich weiß von denen nur das, was ich den Medien entnehmen kann.


    Wie die „Beziehung“ aus der anderen Richtung wahrgenommen wird, sieht man, wenn man die jungen Menschen jubeln hört, wenn sie erfahren, dass (vermutlich wegen Krankheit einer Kollegin) Unterricht ausfällt.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Wie die „Beziehung“ aus der anderen Richtung wahrgenommen wird, sieht man, wenn man die jungen Menschen jubeln hört, wenn sie erfahren, dass (vermutlich wegen Krankheit einer Kollegin) Unterricht ausfällt.

    Sich über entfallenden Unterricht (kurzfristig) zu freuen und sich gleichzeitig auch Sorgen um (langzeit-)erkrankte Lehrkräfte zu machen, schließt sich bei den Schülern, mit denen ich zu tun habe, nicht aus.

  • Eine Beziehung aufbauen wäre sicherlich eine schöne Sache. Aber wie macht ihr das bitte bei hunderten SuS? Da klappt es doch maximal zu ein paar Wenigen, die die Ausnahme darstellen.

  • Wie die „Beziehung“ aus der anderen Richtung wahrgenommen wird, sieht man, wenn man die jungen Menschen jubeln hört, wenn sie erfahren, dass (vermutlich wegen Krankheit einer Kollegin) Unterricht ausfällt.

    Hä? Natürlich freuen sich SuS, wenn der Unterricht ausfällt. Und natürlich machen sich SuS Sorgen um ihre Lehrer (mit denen sie eine Beziehung aufgebaut haben), wenn die wegen Krankheit längerfristig ausfallen. Dass das nicht deren Lebensmittelpunkt wird und ihnen keine schlaflosen Nächte ist ok. Die SuS sind auch nicht mein Lebensmittelpunkt und machen mir auch keine schlaflosen Nächte.

  • Ich weiß, was Seph meint. Es gibt einmal die menschliche und einmal die professionelle Ebene. Manche Schüler mögen einen Kollegen und das unterrichtete Fach nicht. Da hält sich die Trauer bei Unterrichtsentfall zweifelsfrei in Grenzen. Andererseits gibt es Schüler, die mit einem Fach einfach auf Kriegsfuß stehen, aber den Lehrer aufgrund seiner Persönlichkeit mögen. Dann sind sie zunächst froh, wenn Unterricht ausfällt, machen sich aber gleichzeitig Sorgen um ihn.

  • Differenziert nach Alter, geistiger Reife des Schülers, Größe der Klasse, Größe der Schule, Anzahl der unterrichteten Stunden pro Woche, Interesse am Fach, ...

    In unsrer Schulart läuft nix ohhne Beziehung, das ist die Grundlage für alles.

    Je älter die Schüler werden, je... etc.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich habe schon versucht ganze Klassen zu überreden zu irgendeiner Podiumsdiskussion zu gehen nur damit ich sie los bin :D

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