Lehrkräftemangel

  • Drei meiner vier Großeltern kommen aus ehemaligen Ostgebieten, die hatten hier keinerlei Integrationsprobleme. Ich finde den Vergleich auch etwas komisch. Es ist aber sicher ein Unterschied, ob man ins Rheinland bzw. nach Westfalen gewandert ist oder in den Schwarzwald. Dort war mein Ex Abkömmling von Vertriebenen aus Ostgebieten und sogar er wurde er im Dorf teilweise noch nicht als Einheimischer angesehen, obwohl er dort geboren ist. Auch in Deutschland sind Mentalitäten und der Umgang mit Zugewanderten regional höchst unterschiedlich.

  • Auch in Deutschland sind Mentalitäten und der Umgang mit Zugewanderten regional höchst unterschiedlich.


    Mir ging es auch weitgehend darum, wie leicht es einem fällt, sich in der Kultur zurecht zu finden und die Sprache zu sprechen; und davon ausgehend seinen Lebensunterhalt bestreiten und politisch partizipieren zu können. Ob man da nun in der Dorfkneipe willkommen ist oder blöd angeguckt wird, fällt nicht so essentiell in's Gewicht, wenn es natürlich auch sehr unschön ist.


    Mein Großvater war zunächst in Niedersachen, dann Bayern (Franken), dann Hessen. Größere Probleme gab es m.W. nirgendwo. Aber mag sein, dass es da problematischere Gegenden in Deutschland gibt, wobei ich immer dachte, die Bayern wären da sehr eigen. Andererseits gibt es wohl auch solche, die meinen, Franken gehöre nicht direkt zu Bayern. :D

  • Das Thema heisst "Lehrkräftemangel". Mach doch bitte wirklich nen neuen Thread auf, wenn du über Migranten so allgemein diskutieren willst. Ich traue much fast zu wetten, dass das dann aber sonst keiner will.

  • Auch in Deutschland sind Mentalitäten und der Umgang mit Zugewanderten regional höchst unterschiedlich.

    Das glaube ich allerdings auch. Meine Großeltern väterlicherseits sind damals aus Pommern geflüchtet und wurden in einem Privathaus auf dem Land hier in Norddeutschland einquartiert. Sie erzählten, dass sie - wie auch mein Vater und sein Bruder, die beide in der Dorfgrundschule eingeschult wurden- damals durchaus Probleme mit der Integration im Dorf hatten. Sie blieben eine ganze Zeitlang die "Flüchtlinge" und hatten größtenteils nur Kontakte zu ebenfalls Vertriebenen.


    EDIT: 'tschuldigung fürs nochmalige OT. Bin jetzt erstmal offline und mache einen Ausflug.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Die Vielfalt der Tätigkeiten, die @alpha beschreibt, kann man auch als Vorteil des Berufes sehen,


    da aber immer mehr ausßerunterrichtliche Tätigkeiten seitens der Landesschulbehörde hinzu kommen UND gleichzeitig die Erwartungshaltung von Eltern und Schüler:innen steigt,

    der Ausgleich aber ausbleibt und die Arbeitszeit weiterhin nur über das Deputat bestimmt ist, das nicht geringer wurde, wird das Lehramt insgesamt unattraktiver.

    Um vielleicht noch mal zur Ursachen"forschung" zurückzukommen: Ich glaube der zitierte Beitrag von Palim trifft es ziemlich gut. So wie sich die Gesellschaft stetig ändert, ändern sich halt auch die Anforderungen an den Beruf. Das ist erst mal weder verwunderlich noch irgendwie schlecht sondern eigentlich eine banale Tatsache. Nur "vergisst" die Politik die Rahmenbedingungen dem irgendwie auch anzupassen.


    Wenn's um Fachinhalte geht, scheint das allen logisch zu sein dass man alten Schmu halt mal rausschmeissen muss, wenn was Neues dazukommt bzw. dass die didaktische Aufarbeitung heute anders ausschaut als vor 20 Jahren. Die Fachlehrpläne werden dahingehend ständig überarbeitet. Auf die schnöde Idee z. B. die Pflichtlektionenzahl fürs Vollpensum zu reduzieren, zusätzliche Lektionen für die Klassenleitung zu vergüten, Verwaltungsaufgaben an administratives Personal zu übertragen, Lehrpersonen entsprechend den aktuellen Anforderungen besser auszubilden (!!) etc. pp. kommen die Zuständigen irgendwie nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Meiner Erfahrung nach schaffen es die Sek-II-er demgegenüber dann einfach besser eine leck-mich-doch-Haltung einzunehmen. Wer auf Niveau Volksschule unterrichtet fühlt sich wahrscheinlich eher den Kindern verpflichtet und reisst sich zu immer schlechteren Bedingungen immer noch mehr Beine aus. Da hilft eigentlich nur eine starke Arbeitnehmervertretung, die die Kolleginnen und Kollegen beim Heben der Mistgabel unterstützt. Ich kann nur für die Gewerkschaft im Baselland sprechen, die hat in den letzten Jahren einiges erreicht. Steter Tropfen und so.

  • Auf die schnöde Idee z. B. die Pflichtlektionenzahl fürs Vollpensum zu reduzieren, zusätzliche Lektionen für die Klassenleitung zu vergüten, Verwaltungsaufgaben an administratives Personal zu übertragen, Lehrpersonen entsprechend den aktuellen Anforderungen besser auszubilden (!!) etc. pp. kommen die Zuständigen irgendwie nicht. Das Gegenteil ist der Fall.

    Nazürlich kommen die nicht auf diese Idee. Weniger Deputat bedeutet man braucht mehr Lehrkräfte. Mehr Lehrkräfte heißt mehr Kosten. Mehr Kosten gehen nicht, weil kein Geld da.


    Dann lieber mehr Arbeitsleistung verlangen, dies mit Wohlwollen für die Zukunft der Kinder begründen und hoffen, dass sich niemand beschwert (sind ja eh Beamte)


    Alle anderen von dir genannten Optionen sind ebenfalls mit zusätzlichen Kosten verbunden. Da werden die Länder auch nicht grade "spendierfreudig" sein.

  • Guter Punkt! Im anglophonen Raum gibt es teaching assistants. Ich könnte mir einen Einsatz analog zu medizinischen Fachangestellten in Arztpraxen zur Unterstützung von Lehrern insbesondere bei administrativen Aufgaben vorstellen. Kleinere Klassen oder eine Reduzierung des Pflichtdeputats wären sicher auch sinnvolle Maßnahmen, aber könnten erst realisiert werden, wenn im Rahmen von Vergrößerung der Aufnahmekapazitäten für Lehramtsstudiengänge und den Vorbereitungsdienst auch tatsächlich mehr Lehrer zur Verfügung stehen.

  • Meiner Erfahrung nach schaffen es die Sek-II-er demgegenüber dann einfach besser eine leck-mich-doch-Haltung einzunehmen.

    Das nehme ich auch so wahr.

    Wer auf Niveau Volksschule unterrichtet fühlt sich wahrscheinlich eher den Kindern verpflichtet und reisst sich zu immer schlechteren Bedingungen immer noch mehr Beine aus.

    Dass die Kinder jünger sind und in diesem Alter Erziehung ein stärkeres Gewicht in der Schule hat, trägt dazu bei.

    Man ist als Lehrkraft erheblich näher an den Kindern und die Kinder teilen sehr viel mit einem. Eine an uns abgeordnete Gym-Lehrkraft hat es einmal erstaunt oder überrascht festgestellt, dass die Kinder ihr Leben mitteilen und teilen - auch ungefragt und unberücksichtigt dessen, ob man das als Lehrkraft möchte.


    Dass die Lehrkräfte jenseits der SekII schlechter ausgebildet sein sollen, kann ich dagegen nicht erkennen.

  • Nazürlich kommen die nicht auf diese Idee. Weniger Deputat bedeutet man braucht mehr Lehrkräfte. Mehr Lehrkräfte heißt mehr Kosten. Mehr Kosten gehen nicht, weil kein Geld da.


    Erzählst du das der aktiven Gewerkschaftlerin jetzt wirklich?


    "Die Länder" bzw. "die Kantone" aka die jeweils verantwortlichen Politikerinnen und Politiker werden für die Versäumnisse in den nächsten Jahren sehr teuer bezahlen *müssen*. Das Geld wird dann schon da sein und natürlich ist es auch jetzt da. Kommt halt drauf an, wie man budgetiert.

  • Guter Punkt! Im anglophonen Raum gibt es teaching assistants. Ich könnte mir einen Einsatz analog zu medizinischen Fachangestellten in Arztpraxen zur Unterstützung von Lehrern insbesondere bei administrativen Aufgaben vorstellen.

    Das wünsche ich mir auch schon länger, wobei man schärfen muss, welche Aufgaben sie übernehmen und wie eine Ausbildung aussieht - und sehr entschieden gesagt werden muss, dass diese Fachangestellten nicht als Ersatz, sondern als Unterstützung eingesetzt sind.

    Derzeit sieht es eher so aus, als würden unausgebildete Kräfte den Unterricht übernehmen - und dabei auch Gelder einsparen.

  • Guter Punkt! Im anglophonen Raum gibt es teaching assistants.

    Haben wir in der Schweiz auch, schrieb ich weiter oben schon. (Ich ergänze: Für bestimmte Fachbereiche zur direkten Unterstützung der Unterrichtsvorbereitung, für alle haben wir immerhin zwei ausgebildete Informatiker und einen ausgebildeten Elektrotechniker, der sich um die komplette elektronische Infrastruktur kümmert aber auch gerne mal dies, das und jenes bastelt was man eben so gebrauchen kann.)



    Dass die Lehrkräfte jenseits der SekII schlechter ausgebildet sein sollen, kann ich dagegen nicht erkennen.

    Ich schreibe an dieser Stelle über die Situation bei mir vor Ort. Ob die Ausbildung in Deutschland insbesondere im Bereich Grundschule und Sek I angemessen in Bezug auf die realen Bedingungen an den Schulen sind, vermag ich nicht zu beurteilen.

  • Eigentlich habe ich gerade danach gesucht, in welchen Regionen der Mangel am Eklatantesten ist und dabei was anderes Interessantes gefunden: Einen Spiegelartikel von 1975.


    Klassen mit bis zu 50 Kindern und 70% Lehrkräfte ohne ausreichende Qualifikation. Tageweiser Unterrichtsausfall, Fächerkürzungen... Und natürlich die Schüler, die 'Grimassieren' oder 'notorisch unruhig' sind und das 'Gastarbeiterkind' fehlen nicht.... Und wusstet ihr, dass man in manchen Bundesländern Hefte, Bleistifte und Fahrkarten erstattet bekam?

    https://www.spiegel.de/politik…02-0001-0000-000041406314

  • Lustig, dass es auch damals schon hiess:


    "Und das Aberwitzige, nicht nur für Bayern, liegt in dem Umstand, daß die Misere weniger im Mangel an Lehrern begründet ist als im erklärten Willen, die Pädagogen einzusparen."


    Aber zwischenzeitlich muss es doch auch in Deutschland mal besser gewesen sein als jetzt, oder? Ich weiss es ehrlich nicht. Wohl kenne ich aber die Entwicklungen in der Schweiz und die zeigen eindeutig in die falsche Richtung. Ich habe im Aargau 2013 noch mit 22 Wochenlektionen fürs Vollpensum unterrichtet, unterdessen sind es 24 Wochenlektionen für eine 100-%-Stelle. Der Klassenteiler liegt im Baselland für die Sek II immer noch bei 24 SuS, die sogenannte "Richtzahl", wie voll die Klassen also im Durchschnitt wirklich werden sollen, ist uns aber innerhalb der letzten paar Jahre von 20 SuS auf 23 SuS hochgesetzt worden. Man versucht uns also schleichend den Klassenteiler zu verschieben und meint, das merkt keiner. Dann wird mal eben Informatik als neues Grundlagenfach eingeführt und man "vergisst", dass die Stunden wohl auch bezahlt werden müssten. Schwupps wird einfach der Projektunterricht nur noch halb entlöhnt. Ist ja selbständige Arbeit, wieso dann also die anwesenden Lehrpersonen voll bezahlen, gell? Eine Reallohnerhöhung gab es fürs gesamte Staatspersonal zuletzt 2001 (ja, vor 21 Jahren, ich habe mich nicht vertippt), Teuerungsausgleich wird uns seit 12 Jahren keiner mehr gewährt. Die Altersentlastung (Reduktion des Arbeitspensums bei gleichbleibendem Lohn) für Lehrpersonen ab dem 55. Lebensjahr wurde im Baselland 2015 gestrichen. Über die Kürzungen der Pensionsansprüche lasse ich mich jetzt mal nicht aus, das ist kompliziert und versteht man nicht, wenn man das System nicht kennt.

  • Aber zwischenzeitlich muss es doch auch in Deutschland mal besser gewesen sein als jetzt, oder?

    War es,

    Ende 70/ Anfang 80 wurden Lehrkräfte schon vor dem Ref als Vertretungslehrkräfte eingestellt, das Ref wurde gekürzt,

    danach gab es dann etwa in den 90ern (?) Einstellungsstopp und die ausgebildeten Lehrkräfte fanden keine Stelle.

    Es gab Vertretungsstellen und man musste mühsam Woche für Woche zusammensammeln. Hatte man 3 Jahre zusammen, musste einem eine feste Stelle angeboten werden - aber die Behörde konnte einem 1 Woche vorher kündigen, so ging man wieder leer aus.

    Es gab auch Jahre in denen die Lehrkräfte verpflichtend auf eine gekürzte Stelle gesetzt eingestellt wurden, das weiß ich aus mehreren BL.

  • Ich glaube, darin liegt ein Teil des Problems, die Politiker:innen sind der Meinung, es handle sich um einen Zyklus, der von allein abläuft, sodass man nur das Jammertal abwarten müsse, bis es wieder zur Lehrkräfteschwemme käme.

    Schlimm.

    Der Artikel ist von 69, es wird Mangel seit den 50ern benannt, der Überhang war in den 90ern…


    Unser Mangel baut sich seit 2000 auf, da konnte man noch vom vorherigen Einstellungsstopp profitieren, Prognosen gehen von Verbesserung in den 30er aus, aber ohne Änderungen kann ich nicht erkennen, warum es dann mehr Lehrkräfte geben sollte, außer dass weit weniger Lehrkräfte in den 90er eingestellt wurden und dann altersgerechte pensioniert werden.

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