Abschaffung von Noten

  • Bei uns ist das Problem nicht die Leistungsstärke bzw. -schwäche der Schüler sondern das Fehlen von Grundtugenden. Das fängt schon damit an wirklich täglich pünktlich zur Schule zu kommen.


    Na also, das hat aber nix mit Ziffernnoten zu tun. Entweder, sie kommen aus dem Knick, dann sollte es aktuell doch möglich sein, einen Ausbildungsplatz zu finden. Oder sie sind intellektuell oder aus psychischen Gründen nicht in der Lage, daran ändert die Art des Zeugnisses aber nichts.

  • Und die anderen 70% haben keine Lehrstelle bekommen, weil die Noten zu schlecht waren und sie deswegen gar nicht erst eingeladen wurden? Oder gab es zu wenige Ausbildungsplätze?


    Oder waren die zu leistungsschwach für diese Ausbildung, bzw. haben sich dann anderweitig orientiert?

    Diese 70-75% der Klasse haben nach Verlassen der BFS "Fahrzeugtechnik" entweder eine Ausbildung in einem anderen Beruf aufgenommen, noch eine andere BFS an unserer Schule besucht oder (das betrifft allerdings nur ganz wenige) haben die Klasse nochmal wiederholt. Im Bereich "Fahrzeugtechnik" sind sie nicht verblieben, weil sie im Laufe des Schuljahres gemerkt haben, dass ihnen dieser berufliche Bereich doch nicht zusagte oder weil - wie du schon annahmst - ihre Leistungen im beruflichen Bereich "Fahrzeugtechnik" den Ausbildungsbetrieben nicht gut genug waren oder - wie plattyplus schrieb - sie vom Arbeits- und Sozialverhalten her nicht für eine Ausbildung in Frage kamen. Manche haben sie wohl auch im Praktikum nicht gerade mit Ruhm bekleckert (und hatten dadurch keine Chance mehr, in ihrem Praktikumsbetrieb eine Ausbildung machen zu können).

    Ausbildungsplätze würden aber prinzipiell in dem Bereich genügend zur Verfügung stehen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wieso sollte es dem Grundgesetz entgegenstehen den NC für z.B. Germanistik auf 0,9 anzuheben?

    Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2017 entschieden, dass der NC in seiner bisherigen Form mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Das BVerfG hatte u.a. gerügt, dass durch die Reduktion der Zulassungsentscheidung auf die Abiturnote das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf freie Berufswahl verletzt würde.

  • Freie Berufswahl ist doch immer beschränkt, oder? Der Hauptschulabsolvent mit 3,8 als Abschlussnote dürfte es eher schwer haben, eine Ausbildung bei der Bank oder in einem Forschungsinstitut als Laborant zu bekommen.

  • Freie Berufswahl schön und gut, aber für mich bedeutet es auch, dass ich für manche Berufe eben auch bestimmte Qualifikationen benötige. Das Gericht hat so entschieden, aber wenn ich Pilot werden möchte, kann ich das auch nicht mit einem 4er Abizeugnis und vielleicht ist das auch gut so.

  • Bei uns ist das Problem nicht die Leistungsstärke bzw. -schwäche der Schüler sondern das Fehlen von Grundtugenden. Das fängt schon damit an wirklich täglich pünktlich zur Schule zu kommen.

    Guess what, das ist überall so.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Man hat stets die freie Wahl sich in der Schule anzustrengen und die geforderten Voraussetzungen zu schaffen, um dann einen angestrebten Beruf frei wählen zu können. Wer das nicht tut, entscheidet sich frei dafür, seine späteren Wahlmöglichkeiten einzuschränken. Wer das nicht kann (intellektuell oder körperlich) hat halt auch einfach mal Pech gehabt.


    Zum Glück darf noch nicht jeder jeden Beruf voraussetzungslos frei wählen.

  • Ausbildungsplätze würden aber prinzipiell in dem Bereich genügend zur Verfügung stehen.

    Eben, darum ging es. Plattyplus meinte, in bestimmten Branchen würde immer noch stark gesiebt und außerdem wäre sicher kein Betrieb bereit, ein Wortgutachten statt Ziffernnoten zu lesen, was wir Sonderpädagogen aber uns nicht vorstellen könnten in unserer unendlichen Naivität. Dass 'unsere' SuS zu 'euch' ins BVJ wandern und dann auf dem Arbeitsmarkt die allergeringsten Chancen haben, völlig egal, was im Zeugnis steht, muss man vielleicht erklären. Ich lese da vor allem die Sorge raus, irgend einem Benachteiligten könnte was geschenkt werden, dass man sich selbst so unendlich hart erarbeitet hat.

  • Freie Berufswahl ist doch immer beschränkt, oder? Der Hauptschulabsolvent mit 3,8 als Abschlussnote dürfte es eher schwer haben, eine Ausbildung bei der Bank oder in einem Forschungsinstitut als Laborant zu bekommen.

    Es besteht ein riesen Unterschied zwischen "der Beruf ist so anspruchsvoll, dass bestimmte Mindestvoraussetzungen zu erfüllen sind" und "wir schränken als staatliches Steuerungsinstrument den Zugang zu einem Beruf stark ein".

  • Freie Berufswahl ist doch immer beschränkt, oder? Der Hauptschulabsolvent mit 3,8 als Abschlussnote dürfte es eher schwer haben, eine Ausbildung bei der Bank oder in einem Forschungsinstitut als Laborant zu bekommen.

    Du kannst dich sogar ganz ohne Schulabschluss bewerben. Die Note hat zunächst mal nichts damit zu tun, ob du eine Stelle bekommst oder in der Lage bist, den Beruf zu erlernen und auszuüben. Ob dich jemand ausbilden will oder einstellt, steht auf einem anderen Blatt.

  • Freie Berufswahl schön und gut, aber für mich bedeutet es auch, dass ich für manche Berufe eben auch bestimmte Qualifikationen benötige. Das Gericht hat so entschieden, aber wenn ich Pilot werden möchte, kann ich das auch nicht mit einem 4er Abizeugnis und vielleicht ist das auch gut so.

    Verstehe ich nicht. Was hat mein Schulzeugnis mit meinen Fähigkeiten als Pilot zu tun?

  • Der Pilot ist ein schlechtes Beispiel, weil du da nicht einmal einen Berufsabschluss erwirbst.


    Die Kritik ab NC finde ich allerdings berechtigt. Der NC selektiert nicht aufgrund eines nötigen Fähigkeitsprofils, sondern steuert lediglich den Kapazitätsmangel an den Universitäten. Die Zugangsvoraussetzung ist hingegen die Hochschulreife.

  • Eben, darum ging es. Plattyplus meinte, in bestimmten Branchen würde immer noch stark gesiebt

    Ja, das ist ja auch so. In einigen Bereichen - hier in der Gegend bspw. im Bereich Groß- und Außenhandel - wird stark "gesiebt".

    In meinem Fall ging es ja um den Bereich "Fahrzeugtechnik". Und dort stehen in unserer Region prinzipiell genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung, was aber ja nicht heißt, dass jede/r Bewerber/in auch direkt einen dieser Ausbildungsplätze bekommt.

    Ob nun Notenzeugnisse eher gelesen werden als Gutachtenzeugnisse, weiß ich nicht. Da müsste ich mal bei verschiedenen Ausbildungsbetrieben nachfragen.

    Dass 'unsere' SuS zu 'euch' ins BVJ wandern und dann auf dem Arbeitsmarkt die allergeringsten Chancen haben, völlig egal, was im Zeugnis steht, muss man vielleicht erklären. Ich lese da vor allem die Sorge raus, irgend einem Benachteiligten könnte was geschenkt werden, dass man sich selbst so unendlich hart erarbeitet hat.

    Diese Aussagen verstehe ich nicht.

    Um welches Zeugnis geht es dir im ersten Satz? Um das, mit dem Schüler*innen aus Förderschulen ins "BVJ" (das hier in Niedersachsen "BES" heißt) an den BBS gehen oder um das, mit dem sie dann die BBS wieder verlassen? Geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben ja nun mal insbesondere die SuS, die die BES bei uns gar nicht erfolgreich absolvieren.

    Und was meinst du mit "...muss man vielleicht erklären"?

    Auch deinen letzten Satz verstehe ich nicht; wer ist dort mit "man" gemeint, der/die sich irgendetwas "unendlich hart erarbeitet hat"?

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Der Pilot ist ein schlechtes Beispiel, weil du da nicht einmal einen Berufsabschluss erwirbst.

    Naja doch erwirbt man schon. Die kommerzielle Fluglizenz ist eine recht lange Ausbildung.


    Aber losgelöst davon, hat das Abitur keinen Einfluss auf den Erfolg. Nicht bei Piloten, Ärzten, Anwälten, Bauunternehmern und so weiter.

  • Naja doch erwirbt man schon. Die kommerzielle Fluglizenz ist eine recht lange Ausbildung.


    Aber losgelöst davon, hat das Abitur keinen Einfluss auf den Erfolg. Nicht bei Piloten, Ärzten, Anwälten, Bauunternehmern und so weiter.

    Ja und nein. Du kannst dich gerne mal mit einer vier oder fünf in Mathe versuchen, eine Ausbildung zu bekommen, bei der z. B. Mathematik ein relevantes Fach ist. Viel Vergnügen bei dem Versuch.

    Die erste Hürde, um den Start in einen Beruf zu schaffen, ist nun einmal ein Auswahlverfahren, und der erste Blick ist leider auch auf die Zeugnisnoten. Es ist natürlich blöd, wenn man zum Einstellungstest oder Auswahlgespräch nicht kommt, weil man die erste Hürde mit den Zeugnisnoten nicht nehmen kann. Das kann dann schon mal einen Knick in der Karriereleiter geben.

    Das schließt natürlich nicht aus, dass man über Umwege immer noch ein erfolgreicher Arzt, Anwalt oder etc. werden kann.

  • Eben, darum ging es. Plattyplus meinte, in bestimmten Branchen würde immer noch stark gesiebt und außerdem wäre sicher kein Betrieb bereit, ein Wortgutachten statt Ziffernnoten zu lesen, was wir Sonderpädagogen aber uns nicht vorstellen könnten in unserer unendlichen Naivität. Dass 'unsere' SuS zu 'euch' ins BVJ wandern und dann auf dem Arbeitsmarkt die allergeringsten Chancen haben, völlig egal, was im Zeugnis steht, muss man vielleicht erklären. Ich lese da vor allem die Sorge raus, irgend einem Benachteiligten könnte was geschenkt werden, dass man sich selbst so unendlich hart erarbeitet hat.

    Bitte um Aufklärung, selbst nach mehrfachem Lesen will sich mir nicht erschließen, was das bedeuten soll. Und woher kommt diese „unsere“ und „eure“ Unterscheidung plötzlich her? Es war mWn nie explizit die Rede von Förderschülern die in Berufsvorbereitungsklassen gehen, sondern allgemein von SuS dieser Klassen. Und die kommen von den unterschiedlichsten Schulen aber haben eins gemein: Sie sind nicht in Ausbildung und das hat Gründe.

    Eine Sache in Bezug auf Wortzeugnisse ärgert mich regelmäßig: Ich kenne viele SuS mit dem Förderschwerpunkt lernen, die aufgrund ihrer Textzeugnisse erstmal eine „Ehrenrunde“ bei uns im Hause drehen müssen, damit sie die Zugangsberechtigung (aka Notenzeugnis) erwerben, um überhaupt in Bildungsgänge gehen zu dürfen, in denen sie zB den HS10 erwerben können. Sehr viele dieser SuS sind aber so leistungsstark, dass man den Förderbedarf in der abgebenden Schule längst hätte aufheben können um eine zielgleiche Beschulung möglich zu machen. Dadurch könnten diese SuS sich eine „Ehrenrunde“ sparen. Aber mein Eindruck verhärtet sich immer mehr, dass die abgebenden Schulen mit allen Mitteln den Förderbedarf aufrecht erhalten wollen, obwohl dieser mit Übertritt in die Sek2 ohnehin erlischt, nur dass die SuS dann das Textzeugnis „an der Backe“ haben.

  • Bitte um Aufklärung, selbst nach mehrfachem Lesen will sich mir nicht erschließen, was das bedeuten soll. Und woher kommt diese „unsere“ und „eure“ Unterscheidung plötzlich her? Es war mWn nie explizit die Rede von Förderschülern die in Berufsvorbereitungsklassen gehen, sondern allgemein von SuS dieser Klassen. Und die kommen von den unterschiedlichsten Schulen aber haben eins gemein: Sie sind nicht in Ausbildung und das hat Gründe.

    Eine Sache in Bezug auf Wortzeugnisse ärgert mich regelmäßig: Ich kenne viele SuS mit dem Förderschwerpunkt lernen, die aufgrund ihrer Textzeugnisse erstmal eine „Ehrenrunde“ bei uns im Hause drehen müssen, damit sie die Zugangsberechtigung (aka Notenzeugnis) erwerben, um überhaupt in Bildungsgänge gehen zu dürfen, in denen sie zB den HS10 erwerben können. Sehr viele dieser SuS sind aber so leistungsstark, dass man den Förderbedarf in der abgebenden Schule längst hätte aufheben können um eine zielgleiche Beschulung möglich zu machen. Dadurch könnten diese SuS sich eine „Ehrenrunde“ sparen. Aber mein Eindruck verhärtet sich immer mehr, dass die abgebenden Schulen mit allen Mitteln den Förderbedarf aufrecht erhalten wollen, obwohl dieser mit Übertritt in die Sek2 ohnehin erlischt, nur dass die SuS dann das Textzeugnis „an der Backe“ haben.

    Zu Teil 1, ist egal, hat sich erledigt, das bezog sich auf einen bestimmten Kommentar.


    Zu Teil 2: Bei uns gibt es keine Berichtzeugnisse, daher kann ich dazu nichts sagen. Und leistungsstark ist hier auch niemand, wenn er/sie von der Förderschule Lernen ins BVJ wechselt, dort kommen nur diejenigen an, die den Hauptschulabschluss auch in 10 Schuljahren unter besonderen Bedingungen nicht geschafft haben.

  • Bei uns gibt es Berichtzeugnisse.

    Überlegung war, dass die Eltern und andre nicht checken, dass eine 1 von der Förderschule Lernen halt nicht gleich einer 1 von zB der Mittelschule ist.

    Zumal wir ja im Lehrplan das Wörtchen "individuelle Lernförderung" drin stehen haben, d.h. jeden nach eigenen Stärken fördern und bewerten sollen. Wenn Enrico also in der 5. Klasse bis 20 rechnet und in der 6. Klasse bis 100 ist das für ihn ein riesiger Lernfortschritt und locker eine 2, in Vergleich zu der Altersgruppe ist es aber nix.

    Also schreiben wir für jedes Fach ausführliche Berichte, die nur positiv sein dürfen, weil wir sonst unsere Arbeit falsch gemacht hätten. Wenn wir rein schreiben "Er kann das 1x1 nicht", dann haben wir falsch gefördert, wir müssten reinschreiben "Er beginnt damit, die Einmaleinsreihen zu verstehen und automatisiert auszurechnen", das versteht aber kein Elternteil. Genauso versteht den ganzen Rest kein Elternteil. Wenn ich von Artur schreibe, dass er in der 7. Klasse einfache Wörter abschreiben kann, dann beschreibe ich, was er in dem Schuljahr gelernt hat, fein, aber nicht, was er können müsste, damit es mit dem Beruf mal was wird.

    Da wir individuell fördern sollen, laut Lehrplan, ist eh alles egal, was drinsteht.

    Unsre klassischen Eltern lesen sich das niemals in Ruhe durch und wenn doch ist es so bescheuert positiv formuliert, dass es keinerlei Aussagekraft hat.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

    Einmal editiert, zuletzt von laleona () aus folgendem Grund: Autokorrektur

Werbung