Bayern Facharbeit Aiwanger

  • Hallo,


    im Rahmen der aktuellen Aiwanger-Affäre wird sich mehrfach darauf bezogen, dass das besagte Flugblatt im Schriftbild Gemeinsamkeiten mit Aiwangers "Facharbeit" hätte. Ich wüsste gerne von den bayrischen Kolleginnen und Kollegen, was denn eine Facharbeit in Bayern ist bzw. wo sie aufbewahrt wird. In Hessen gibt es nur eine sog. besondere Lernleistung, das ist eine größere wissenschaftspropädeutische Hausarbeit, die ins Abitur einfließt. Ich habe solche Arbeiten auch schon betreut, allerdings werden die korrigierten Exemplare bei uns zu den Prüfungsakten gegeben, als Lehrer hätte ich nach so langer Zeit gar keinen privaten Zugang mehr dazu. Ich dürfte Prüfungsunterlagen überhaupt nicht bei mir aufheben, wenn die Prüfung gelaufen ist - allein datenschutzrechtlich nicht. Prüfungsunterlagen werden hier 10 Jahre in der Schule aufbewahrt, dann vernichtet. Besondere Arbeiten können auf Verlangen an den (ehemaligen) Schüler ausgehändigt werden. In besonderem Maße aufbewahrungswürdige Unterlagen gehen ans hessische Staatsarchiv. Allerdings auch nach 10 Jahren. Sogar Ordnungsmaßnahmen (Androhung Schulverweis u.a.) werden nach 2 Jahren aus der Schülerakte gelöscht, wenn keine neuen Vergehen dazukommen. Ich würde gerne diese Vorgänge in Bezug auf Aiwanger und die als Beweis genannten Unterlagen noch genauer verstehen, daher die Frage. In Hessen käme man nur an die besagten Unterlagen, wenn die Regeln zur schulischen Aufbewahrung missachtet wurden oder der betreffende Lehrer widerrechtlich Schülerarbeiten bei sich zu Hause "bunkert" und ebenfalls widerrechtlich einer Zeitung zugänglich macht.


    Herzliche Grüße Eugenia

  • eine größere wissenschaftspropädeutische Hausarbeit, die ins Abitur einfließt

    Genau das ist die bayerische Facharbeit. Bzw. war es bis zur Einführung der „Seminare“ im Rahmen von G8.

    In Hessen käme man nur an die besagten Unterlagen, wenn die Regeln zur schulischen Aufbewahrung missachtet wurden oder der betreffende Lehrer widerrechtlich Schülerarbeiten bei sich zu Hause "bunkert" und ebenfalls widerrechtlich einer Zeitung zugänglich macht.

    Ja, das hat mich auch gewundert. Ich habe meine schriftlichen Abiturprüfungen samt Facharbeit zwei Jahre nach dem Abi abgeholt und bewahre sie seitdem (warum? Keine Ahnung) zu Hause auf. Ansonsten wären die Sachen vernichtet worden.

    In der Schule werden in Bayern - wie überall - nur die Zeugnisse archiviert.

  • In Hessen käme man nur an die besagten Unterlagen, wenn die Regeln zur schulischen Aufbewahrung missachtet wurden oder der betreffende Lehrer widerrechtlich Schülerarbeiten bei sich zu Hause "bunkert" und ebenfalls widerrechtlich einer Zeitung zugänglich macht.

    Mich macht vor allem stutzig, daß solche Dinge immer gezielt wenige Wochen vor einer Wahl veröffentlicht werden. Da will doch wieder jemand eine Hexenjagd inszenieren. Wir könnten genauso den Grünen vor jeder Wahl vorwerfen, daß sie in den frühen 1980ern den Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen propagiert haben.

  • Wir könnten genauso den Grünen vor jeder Wahl vorwerfen, daß sie in den frühen 1980ern den Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen propagiert haben.

    Haben sie?

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Es ist immer gut, diejenigen kritisch zu durchleuchten, die sich für ein politisches Amt bewerben.


    Ich finde auch den Begriff Hetzjagd völlig unangemessen, wenn jemand mit antisemitischem Material unterwegs war.

  • Mich macht vor allem stutzig, daß solche Dinge immer gezielt wenige Wochen vor einer Wahl veröffentlicht werden.

    Sollte man "solche Dinge immer gezielt wenige Wochen vor einer Wahl" unter den Tisch kehren?

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Wir könnten genauso den Grünen vor jeder Wahl vorwerfen, daß sie in den frühen 1980ern den Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen propagiert haben.

    Nein. Aiwanger wird persönliches, strafbares Fehlverhalten in der Vergangenheit vorgeworfen. Die Grünen, die heute gewählt werden können, sind aber nicht die Grünen, die in den 70er und 80er Jahren problematische Positionen vertreten haben und teils groteske Dinge geäußert haben. Die sind im Rentenalter oder bereits verstorben.


    Dass jetzt bei dem Flugblatt-Thema wohl weniger ein Interesse an Aufklärung die Sache ausgelöst hat als die Absicht, jemanden aus seiner Position zu vertreiben, halte ich auch für schwierig.

  • schwierig

    Ganz gleich, wann, wie, wo was aufgeklärt wird: Aiwanger müsste - gerade auch als öffentliche Person und besonders, wenn er unschuldig ist - ein gesteigertes persönliches Interesse daran haben, dass die Angelegenheit aufgeklärt wird und das möglichst zackzack.

    #Zesame:!:


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  • Ich kenne die Debatte. Aber es gab von Seiten "der Grünen" nie eine Propagierung von Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen. Solche Vorwürfe wurden - soweit sie erhoben wurden - stets zur Diffamierungszwecken eingesetzt. Geschieht auch hier und heute noch.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Ich sehe das eher so, dass das eben nach Aiwangers Hetzrede im Juni lanciert wurde - da hat sich die Lehrkraft bei der Zeitung gemeldet, dann hat die Zeitung recherchiert, dann hat sie Aiwanger kontaktiert, auf Antwort gewartet, dann veröffentlicht. Es ist also wohl keinesfalls so, dass die Zeitung lange auf dem Material gesessen ist und gewartet hat.


    Ja, der Vergleich mit den Grünen ist, ganz unabhängig davon, ob überhaupt eine sachliche Grundlage besteht, nicht angebracht.


    Zur Ausgangsfrage: Bei uns hebt tatsächlich die Schule nicht nur Zeugnisse auf, sondern alles andere, was ich als Lehrkraft sonst bei mir zu Hause lagern müsste, also insbesondere jegliche Prüfungsarbeiten. Aber auch nur zwei Jahre. Es kann also nur jemand illegalerweise das Original aufgehoben oder, ebenfalls nicht statthaft, eine Kopie davon.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Ich sehe das eher so, dass das eben nach Aiwangers Hetzrede im Juni lanciert wurde - da hat sich die Lehrkraft bei der Zeitung gemeldet, dann hat die Zeitung recherchiert, dann hat sie Aiwanger kontaktiert, auf Antwort gewartet, dann veröffentlicht. Es ist also wohl keinesfalls so, dass die Zeitung lange auf dem Material gesessen ist und gewartet hat.

    Das Flugblatt hatte die SZ eigenen Angaben zu Folge erst seit Anfang August.

  • Zitat

    Die Arbeit wurde demnach im Schuljahr 1988/89 verfasst und gewann den zweiten Preis beim Schülerwettbewerb „Deutsche Geschichte“ des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Seitdem liege sie in der Dachauer KZ-Gedenkstätte, schreibt die „Welt“.

    Quelle: https://www.tagesspiegel.de/po…aufgetaucht-10386409.html


    Der Text wurde vor 35 Jahren vom Bundespräsidenten ausgezeichnet, hat seitdem niemanden interessiert und wird kurz vor einer Wahl aus der Versenkung geholt? Das stinkt nach Rufmord.

  • Wenn man Dreck am Stecken hat, kommt der manchmal eben zu unpassender Zeit ans Licht. Ob das Absicht war oder nicht, ist doch egal: Wäre das eher publik geworden, wäre er bis hierhin gar nicht erst gekommen. Und oft ist es doch so, dass solche Sachen eben erst interessant sind, wenn jemand ein bestimmtes Amt bekleiden will. Wäre er Postbote, würde das nicht veröffentlicht, weil es für diese Tätigkeit irrelevant ist und die Person zudem keine öffentliche Bedeutung hat.


    So ist das eben mit Jugendsünden. Ich bin da emotionslos. Man muss eben auch die Konsequenzen seines Tuns in der Jugend tragen, auch wenn es Jahrzehnte her ist.

  • Quelle: https://www.tagesspiegel.de/po…aufgetaucht-10386409.html


    Der Text wurde vor 35 Jahren vom Bundespräsidenten ausgezeichnet, hat seitdem niemanden interessiert und wird kurz vor einer Wahl aus der Versenkung geholt? Das stinkt nach Rufmord.

    Ich fand die Vorwürfe letzten Freitag auch noch etwas vage für eine Verdachtsberichterstattung. Hätte Aiwanger da einfach klargestellt, was denn Sache ist, dann wäre das für mich auch gegessen. Aber jetzt kommt ja immer mehr raus, was dann auch seine Rede in Erding in neuem Blick erscheinen lässt. Und wenn er jetzt sagt, dass er seit dem Erwachsenenalter kein Antisemit mehr sei, ja, dann finde ich schon, dass die Freien Wähler bestimmt in der Lage sind Aiwanger zu ersetzen, und wenn auch nur durch Richter Alexander Hold.

  • Der Text wurde vor 35 Jahren vom Bundespräsidenten ausgezeichnet, hat seitdem niemanden interessiert

    Für die Facharbeit interessiert sich auch heute niemand. Die diente nur als Schriftprobe. Das ist insofern aber auch wurscht, dass es wohl unstrittig ist, dass das antisemitische Hetzblatt im aiwangerschen Haushalt getippt wurde.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Werden da nicht Sachen vermischt?


    Es gibt:

    - das Flugblatt

    - die Facharbeit von Aiwanger über einen Rottenburger Lokalhelden, gefunden nach Recherchebeginn durch die SZ (für die Schriftprobe)

    - die preisgekrönte Schülerarbeit, die von jemand anderes verfasst wurde, die das Flugblatt (ohne Nennung des Verfassers) als Beispiel führt

  • Wenn man Dreck am Stecken hat, kommt der manchmal eben zu unpassender Zeit ans Licht. Ob das Absicht war oder nicht, ist doch egal: Wäre das eher publik geworden, wäre er bis hierhin gar nicht erst gekommen. Und oft ist es doch so, dass solche Sachen eben erst interessant sind, wenn jemand ein bestimmtes Amt bekleiden will. Wäre er Postbote, würde das nicht veröffentlicht, weil es für diese Tätigkeit irrelevant ist und die Person zudem keine öffentliche Bedeutung hat.


    So ist das eben mit Jugendsünden. Ich bin da emotionslos. Man muss eben auch die Konsequenzen seines Tuns in der Jugend tragen, auch wenn es Jahrzehnte her ist.

    Wird interessant wie man das in Zukunft sieht; dank Internet und Blauäugigkeit der Kids wird jeder Schwachsinn gepostet oder als Video hochgeladen. Das ist viel einfacher auch nach Jahrzehnten wieder hervorzuholen.


    Verjährung für Jugendsünden (Zitat Sissymaus) gibt es wohl nicht; vor allem bei Politikern.


    Wird Aiwanger es politisch überleben? Kommt auf die Wahl an. Wenn die FW plötzlich extrem gut abschneiden ist das politisch durch.


    Man sieht es ja an der Karriere von Höcke. Trotz Verfassungsschutz kann er bald der größten Fraktion im Landtag als FV vorstehen. Verstehe ich auch nicht

  • Ich kenne die Debatte. Aber es gab von Seiten "der Grünen" nie eine Propagierung von Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen. Solche Vorwürfe wurden - soweit sie erhoben wurden - stets zur Diffamierungszwecken eingesetzt. Geschieht auch hier und heute noch.

    Ach echt? Das Bundesprogramm der Grünen von 1980 spricht da m.E. eine andere Sprache. Dort heißt es explizit

    Zitat

    Die §§ 174 und 176 StGB sind so zu fassen, daß nur Anwendung oder Androhung von Gewalt oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses bei sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen sind.

    Sexuelle Handlungen an Kindern nur unter Strafe zu stellen, wenn diese unter Androhung von Gewalt oder den Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses erfolgen, empfinde ich schon ziemlich heftig. Ob man das nun als "Propagierung von Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen" oder nur als "Gutheißen" oder "Nicht schlimm finden" empfindet, mag im Auge des Betrachters liegen.


    Ich will aber auch nicht verhehlen, dass es bereits damals heftige Debatten in der Partei dazu gab und bei weitem nicht alle mit dieser Formulierung einverstanden waren. Dennoch blieb die Passage bis 1993 Teil des offiziellen Bundesprogramms. Im Übrigen wurde in den 2010er Jahren eine ganz klare Distanzierung von diesen früheren Positionen vorgenommen und auch das sollte man nicht verschweigen. Der Vorwurf der Nähe zu entsprechenden Positionen ist heute mit Sicherheit nicht mehr haltbar.

  • Wird interessant wie man das in Zukunft sieht; dank Internet und Blauäugigkeit der Kids wird jeder Schwachsinn gepostet oder als Video hochgeladen. Das ist viel einfacher auch nach Jahrzehnten wieder hervorzuholen.

    Richtig. Umso wichtiger, den Kids von heute das klarzumachen, dass solche Sachen auch Jahrzehnte unangenehm auffallen können.

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