Englisch Abitur - Bewertung sprachl. Richtigkeit bei extrem kurzer Klausur


  • Gibt es eine objektive Vorgabe zur Textmenge (Anzahl der Wörter) in irgendeiner schulischen Prüfung?

    Ja, in der SEK. I wo ich tätig bin ist das in den Fremdsprachen der Normalfall samt Vorgaben des Landes, wieviel wir abzuziehen haben, wenn deutlich mehr oder weniger geschrieben wurde, deshalb meine Frage, ob es eine derartige Vorgabe für diese Aufgabe gibt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Können das die Worte eines Gymnasiallehrers sein?

    Ich bin - genauso wie die allermeisten meiner Kolleg*innen - auch keine "Gymnasiallehrkraft" , aber trotzdem im Englisch-Abi involviert: nämlich am Beruflichen Gymnasium ;) .

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Falls eine Aufgabe (z.B. die Textanalyse) gar nicht bearbeitet wurde, ziehen wir prozentual Punkte ab. Falls der Analyse-Teil z. B. 30% der Inhaltsnote ausmacht, könnte man bei einer Sprachleistung von insg. 11 Punkten 3,3 Punkte abziehen, so dass der Schüler nur noch auf 7,7 Punkte käme.

    Finde ich interessant - ist das eine schulinterne Festlegung oder kam das von oben. Spontan erscheint mir das nicht als formal korrektes Vorgehen.


    Wenn es für die Bewertung zwei Hauptkriterien gibt, Inhalt und Sprache, die unabhängig voneinander bewertet werden müssen, dann kann ich - aus meiner Sicht - inhaltliche Mängel (die fehlende Bearbeitung einer Aufgabe) nicht ohne weiteres auch bei der Sprachnote ahnden.

    Wenn es innerhalb der Sprachbewertung Einzelnoten für Sprachrichtigkeit und Ausdrucksvermögen gibt, kann ich bei einem formalsprachlich korrekten Text - aus meiner Sicht - auch keine Abzüge geben, nur weil er sehr kurz ist.

    Ich kann aber - wieder nur aus meiner Sicht - vielleicht bei Kritierien innerhalb des Ausdrucksvermögens wie "sprachliche Vielfalt" oder "Struktur" Punkte abziehen, wenn der Text so kurz ist, dass sprachliche Vielfalt quasi gar nicht vorkommen kann oder wenn eine klare Struktruierung aufgrund der Kürze nicht erkennbar ist.


    Ganz subjektiv widerstrebt mir das auch, deswegen kann ich das Gefühl, das sei "unfair" durchaus nachempfinden. Wenn aber der Dienstherr solche Kriterien einführt und einfordert, dann ist das halt so.

  • Beitrag von Humblebee ()

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  • Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten - da scheine ich ja was losgetreten zu haben. ;) Da ich noch nicht so lange im Job bin und es in unserer Fachschaft hierzu sehr unterschiedliche Ansichten und Meinungen gibt, hatte ich gehofft, durch den Forenbeitrag herauszufinden, wie das im Allgemeinen gehandhabt wird - ich bin mir sicher, dass das zwar ein Thema ist, zu dem es nur eine objektive Antwort geben kann, welches in der Realität aber oft unterschiedlich und sehr subjektiv gehandelt wird. Auch die Vorgaben der Ministerien sind ja oftmals vielseitig auslegbar, z.B. kann ja keiner sagen, was genau ein "hohes Maß" an lexikalischer (...) Korrektheit ist und was eher "weitgehend korrekt" ist. Dazu wird jeder eine individuelle Meinung haben.


    Um die Nachfragen zu beantworten

    1. Bundesland ist NRW

    2. Fachschaft zeigt Uneinigkeit

    3. Eine genaue Textlänge ist nicht vorgegeben.

    4. Die Korrekturvorgaben sind unspezifisch hinsichtlich der Punktevergabe in der sprachlichen Richtigkeit, eine so detaillierte Tabelle wie die aus Niedersachsen (danke dafür Humblebee !) gibt es meines Wissens für NRW nicht.

    5. 7 Spalten sind, wie hier jemand schon richtig erklärt hatte, 7 halbierte Seiten. Sorry, ich dachte, das sei ein gängiger Begriff. Für eine Abiturklausur im Leistungskurs mit einer Schreibzeit von 285 Minuten ist das vergleichsweise sehr wenig. Im Durchschnitt werden ca. 14-16 Spalten geschrieben und auch erwartet, auch, wenn es dazu keine spezielle Vorgabe gibt.

    6. Nein, mit einer so geringen Wortzahl kann sie inhaltlich nicht vollständig und angemessen sein. Inhaltspunkte gehen also sowieso runter.


    Es ging mir in meiner Frage tatsächlich darum, ob bei der Sprachrichtigkeit auch etwas abgezogen werden muss, wenn die Klausur so extrem verkürzt ist. Natürlich würde man logisch direkt mit "nein" antworten, da dies an meiner Schule aber von vielen Kollegen und Kolleginnen so gehandhabt wird, wollte ich hier einfach fragen, wie andere Lehrkräfte zu der Sache stehen. Unfair gegenüber anderen Schüler:innen, die z.B. die doppelte Menge an Text (aber natürlich dann auch die doppelte Menge an Fehlern) produziert haben, finde ich das jedoch schon.

  • Wenn keine Mindestanzahl von Wörtern vorgegeben ist, wird es schwierig, ihm Punkte für Fehler abzuziehen, die er nicht gemacht hat, weil er weniger Wörter verwendet hat als andere. Auch andere Arbeiten werden da sicher nicht alle den gleichen Umfang haben.

  • Wenn keine Mindestanzahl von Wörtern vorgegeben ist, wird es schwierig, ihm Punkte für Fehler abzuziehen, die er nicht gemacht hat, weil er weniger Wörter verwendet hat als andere. Auch andere Arbeiten werden da sicher nicht alle den gleichen Umfang haben.

    Aber das ist unfair den anderen gegenüber, die mehr geschrieben haben......

    Es ging mir in meiner Frage tatsächlich darum, ob bei der Sprachrichtigkeit auch etwas abgezogen werden muss, wenn die Klausur so extrem verkürzt ist.

    Ist es denn sprachlich falsch? Mir ist es neu, dass die sprachliche Qualität eines Textes von dessen Länge abhängig ist.

    • Neu
    • Offizieller Beitrag

    Es gibt auch nicht bei 15 Spalten in allen Kategorien der Sprachrichtigkeit die volle Punktzahl, wenn ein Abiturient auf Niveau der 8. Klasse fehlerfrei schreibt.
    Für MEINE Sprache: Wenn da kein einziges Adjektiv ist, nur Präsenz des Indikativs benutzt wird, keine Nebensätze, usw (dann hat man eh schon Probleme beim Ausdrucksvermögen und eindeutig beim Inhalt), könnte ich keine volle Punktzahl geben. Irgendwo ein ganz kleines bisschen "Risiko muss da sein.)

    Aber: selten hat jemand inhaltlich eine halbwegs passable Arbeit und schreibt quasi fehlerfrei (in meiner Sprache). Wenn schon: tja, dann kriegt der Schüler seine 9 von 10 Orthographie-Punkte, und 2 von 10 in Ausdruck.
    Dass der NRW-Erwartungshorizont dafür da ist, dass alle die Fremdsprache dann auf C1 oder so abschließen, die gerade mal auf B1 krepieren.. geschenkt. (oder bei mir B2 mit A2+-NIveau)

  • Aber das ist unfair den anderen gegenüber, die mehr geschrieben haben......

    Ist es denn sprachlich falsch? Mir ist es neu, dass die sprachliche Qualität eines Textes von dessen Länge abhängig ist.

    Wenn ein Schüler in einem Erörterungsaufsatz nur einen kurzen Absatz schreibt, erfüllt er weder die inhaltlichen noch die sprachlichen Anforderungen, selbst wenn der Absatz fehlerfrei ist. Dafür gibt es mehrere Gründe: Laut der Deskriptorentabelle umfasst die sprachliche Leistung auch die sprachliche Bandbreite und nicht nur die Korrektheit. Um z.B. in einer Erörterung einen (in hohem Maße) variablen Satzbau zu haben, werden mehr als fünf Sätze benötigt. Das Gleiche gilt für den Wortschatz.


    Ein weiteres Qualitätsmerkmal der Sprache (laut der offiziellen Korrekturtabelle) ist die Umsetzung der geforderten sprachlichen Textsortenmerkmale. Auch dies lässt sich nicht mit nur fünf Sätzen zufriedenstellend bewerkstelligen. Daher würde ein solcher Schüler von mir für die sprachliche Leistung die Note "mangelhaft" erhalten, auch wenn der Absatz keine Fehler enthält.

  • Und ich frage mich einmal mehr nach der Sinnhaftigkeit von bundesweit zentralen iqb-Aufgaben, wenn dann die Bundesländer die Bewertungen unterschiedlich handhaben.


    Dass es noch viel mehr Ungleichheiten gibt, sei jetzt mal nicht betrachtet.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Ich hab jetzt nicht alles gelesen, weil ich in dem Bereich nicht daheim bin und dazu nichts sagen kann. Nur eine kurze Verständnisfrage:


    Der FehlerQUOTIENT...der berechnet sich doch aus gemachten Fehlern/Gesamtwortzahl oder?


    SuS, die recht fehlerfrei schreiben, machen dies doch auch, wenn sie mehr schreiben. SuS, die mehr Fehler machen, tun dies doch auch auf "kleineren Flächen" - oder liege ich da falsch? Bleibt der Fehlerquotient dann nicht pro Fähigkeit der SuS gleich, egal, wie viel sie geschrieben haben?


    Das heißt, der Schüler hat weniger geschrieben, aber dies ziemlich korrekt. Jemand, der der Sprache nicht so mächtig ist, hätte bei dieser Wortmenge sicherlich mehr Fehler gemacht, also kann man das doch aufrechnen, oder? Unfair wird das doch nie? Oder seh ich da was nicht?

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • Der Fehlerquotient wurde schon lange abgeschafft. Mittlerweile gibt es eine Deskriptorentabelle, mit der wir die Leistung ganzheitlich bewerten müssen. Das hat den Vorteil, dass SuS, die mutig sind und komplexere Sätze schreiben, trotz Fehler eine gute Note bekommen können. Jemand, der wenige Fehler macht, aber nur Hauptsätze mit einfachem Wortschatz schreibt, verdient dagegen weniger Punkte.

  • Wenn der Schüler mehr geschrieben hätte, hätte er sicher auch mehr Fehler gemacht. Aber: es geht ja um das Verhältnis der Fehler zur Menge des Textes.
    Genau so gut könnte man auch vermuten, dass er bei größerer Textmenge gleich viel oder sogar weniger Fehler gemacht hätte.

    Dass der Schüler bewusst so wenig geschrieben hat, um dafür umso intensiver an der Sprache zu feilen, scheint mir ausgeschlossen.

  • Ich tu mich an der Stelle auch oft schwer.


    Grundsätzlich: wenn der Schüler zu allen Aufgabenteilen was geschrieben hat, ziehe ich keine Punkte im Bereich Sprache ab (aber man muss halt schauen, ob ein so kurzer Text angemessen komplexe Sätze beinhaltet und ob der Ausdruck angemessen ist usw.).


    Ganz schwierig finde ich es, wenn ein Schüler von den 3 Aufgaben nur eine oder zwei bearbeitet hat. Wenn man bedenkt, dass der sprachliche Bewertungsteil 60% der Gesamtbewertung ausmacht und der Inhalt nur 40%, ist es meines Erachtens nicht angemessen, jemandem, der beispielsweise nur die comprehension-Aufgabe gemacht und sich Analyse und comment geklemmt hat, die vollen Sprachpunkte zu geben. Dann kommen dabei am Ende nämlich Noten raus, die der kaum ausgearbeiteten Klausur absolut nicht gerecht werden. Bei einem Kriterium, für das es maximal 6 Punkte gibt, nehme ich bei Bearbeitung von nur einer Aufgabe dann auch nur 2 Punkte als potentielles Maximum (hab aber keine Ahnung, ob das überhaupt so zulässig ist). Doof ist es, wenn die Maximalpunktzahl sich nicht durch 3 teilen lässt. Letztlich bleibt es immer etwas schwammig.

  • treasure Den FQ/FI gibt es in Hessen (noch) verpflichtend in der Oberstufe bei deutschsprachigen Fächern, also sowohl in Deutsch- als auch in z.B. PoWi-Klausuren werden Wörter gezählt und unter Einbezug sämtlicher Fehlerarten (R,Z,Gr etc.) ermittelt, ob max 2 Punkte abgezogen werden.

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    • Offizieller Beitrag

    Die Konstellation in der Klausur wie vom TE geschildert ist ein Grenzfall, der immer mal wieder vorkommt.


    Meine Einschätzung dazu ist folgende:

    • Das Kriterium Sprachrichtigkeit kann sich nur auf den vorhandenen Text beziehen - unabhängig von der Anzahl der Wörter. Ein fehlerfreier Text würde somit die volle Punktzahl im Bereich Orthographie, Wortschatz und Grammatik erhalten. Etwas anderes sehen die Bewertungsvorgaben nicht vor.
    • Eine besonders kurze Klausur wird je nach konkretem Sprachmaterial massive Abzüge in der kommunikativen Darstellungsweise sowie mittelbar Abzüge in der Verfügbarkeit sprachlicher Mittel erhalten. Das wurde weiter oben ja bereits dargelegt.
    • Die inhaltliche Darstellungsweise wird gesondert bepunktet und dürfte ebenfalls einen erheblichen Abzug erfahren.

    Wenn dann immer noch eine gefühlt zu gute Note bei herauskommt, dann muss man sich davon freimachen und diese Note geben. Das Land will es so.

    Gleichwohl sollten wir Grenzfälle nicht zum Gegenstand der Debatte über den Untergang des Abendlandes machen. Ein Bewertungsschema kann nicht alle Eventualitäten berücksichtigen.


    Vergleiche zur Sek I erübrigen sich meines Erachtens, weil es für die Sanktionierung für die Unterschreitung von Mindestwortzahlen ebenso wenig ein vorgeschriebenes Sanktionsmittel gibt.

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