Bullshit-Toleranz

  • Das wäre mein Alptraum mit drei Kindern. Ich sehe so schon fast nur noch Videokonferenzen im Kalender und muss immer gucken, wann wer wo Platz hat, was z.B. damit gestern endete, dass ich dann irgendwann zum korrigieren (glücklicher Weise auf Papier) im Arbeitszimmer auf dem Fußboden saß.


    Und ganz ehrlich, um 8.30 Uhr oder 9 Uhr schlafen meine Kinder manchmal noch, um 9.30 Uhr wird aktuell im Normalfall bei uns gefrühstückt, da ist mein Mann mit der ersten Telko durch. da besprechen wir Familienintern, was wie so anliegt und wer wo Hilfe braucht und danach wird dann gearbeitet.

    Das kommt natürlich auf das Alter der Kinder an, bei unserem hätte das vor 2 Jahren auch nicht ohne meine Hilfe funktioniert. Jetzt mit 10 weiß es selbst, dass 7.45 Uhr Unterricht ist, also steht es 7.15 Uhr auf, zieht sich an, wir frühstücken und sitzen beide ab 7.45 Uhr in unseren jeweiligen Videokonferenzen. Wenn das Kind zwischendurch z.B. mal Probleme beim Drucken hat, helfe ich kurz (dafür haben meine SuS Verständnis und warten mal ein paar Minuten auf mich).

  • Jetzt kam die mehr oder weniger höflich formulierte Anfrage, jeden morgen VK durchzuführen, weil das Kind nicht aufstehen wolle und es Kämpfe um die Aufgaben gebe.

    Das ist vermutlich ein Ausdruck der Hilflosigkeit der Eltern. Was die Anfrage angeht, macht natürlich "der Ton die Musik."


    Wir haben tatsächlich morgens und mittags feste Zeiten zu denen wir jeden Schultag verpflichtend Kontakt mit den Schülern aufnehmen.

    Das Mittel ist aber freigestellt. Es muss keine Videokonferenz sein.


    Es hilft sowohl den Schülern und Eltern als auch uns, die Verbindlichkeit des Distanzlernen zu stärken. Ich hab da auch schon einmal per Telefon jemanden geweckt oder von den Eltern wecken lassen. ;)

    Nicht jeder Schüler hat so gute Voraussetzungen zu Hause, wie wir alle.

  • Meine Kollegin hat Eltern geschrieben, wieviele Schüler sie wöchentlich hat, weswegen sie es nicht leisten kann, einzelnen Schülern besondere zusätzliche Videoangebote zu machen. Da war es auch im Bereich "wir kriegen das nicht alleine hin". In der beruflichen Oberstufe ist das halt ne dreistufige Anzahl. :D

  • Ich verstehe das Problem nicht so ganz: Warum setzt du nicht einfach mal verpflichtend eine Videokonferenz für die ganze Klasse an? Das ist doch ok, du siehst deine Schüler mal und bist der Förderung nachgekommen.

  • Ich verstehe das Problem nicht so ganz: Warum setzt du nicht einfach mal verpflichtend eine Videokonferenz für die ganze Klasse an? Das ist doch ok, du siehst deine Schüler mal und bist der Förderung nachgekommen.

    Och, ich wüsste da ein paar Hinderungsgründe:

    - mein Netz ist schlecht

    - ich komm nicht rein

    - hab keine Kamera

    - mein Akku ist leer

    - fliege ständig raus

    - mein Computer ist kaputt

    - meine Schwester benutzt das Gerät

    - Stromausfall

    - mei To bric t imme weg - Kann ni hö en

    - Netzarbeiten

    - Gerät ist total heiß, muss abschalten

    - kein Datenvolumen übrig

    - isch verschteh nisch, wie man das macht

    - hab die Mail mit dem Termin nicht bekommen

    - Ich muss mich gar nicht per VK zeigen und melden, sagt Mama. Wegen Datenschutz und so.

  • Ich verstehe das Problem nicht so ganz: Warum setzt du nicht einfach mal verpflichtend eine Videokonferenz für die ganze Klasse an? Das ist doch ok, du siehst deine Schüler mal und bist der Förderung nachgekommen.

    Ich setze ja welche an, aber freiwillig, weil ein Großteil der Familien kein W-LAN hat oder keine e-mailadresse. Da wird das Verschicken eines Links schon zum Kraftakt.


    Edit: Ich nehme die Rechtfertigerei wieder raus. Die Anfrage war unverschämt in genau diesem Kontext und gut ist.


    Danke für eure Beiträge, das hat geholfen, alles für mich zu sortieren.

  • Meiner Meinung nach hat das Problem mit VK und Digitalisierung nichts zu tun.


    Ich bin für Hilfen, wo es geht, aber das hat Grenzen oder muss sie haben, z.B. dort, wo man sich mehr und mehr auf den anderen verlässt und selbst einfache Aufgaben nicht erbringt, sondern sich zurücklehnt und schon vorab „Kann ich nicht“ sagt.

    Ähnlich ist es bei Aufgaben in der Schule, bei unerledigten Hausaufgaben, bei nicht erfolgter Rückmeldung auf Elternbriefe mit Abfragen, bei unerwiderten Anrufen...


    Manchmal führen einem kollegiale Beratungen vor Augen, dass diese Grenze schon überschritten wurde, weil man in den Bemühungen alles versucht hat und immer noch ein bisschen mehr in dem Wissen oder Wollen, dass es gehen könnte. Manchmal ist es auch so eine Anfrage, bei der man denkt: „Halt! Stopp! Was mache ich hier eigentlich?“


    Darum müssen die vorherigen Hilfen oder Maßnahmen nicht unbedingt falsch gewesen sein, könnten in anderen Konstellationen und Mischungen auch helfen, aber es ist der Zeitpunkt, an dem man selbst die Grenze neu ausloten muss.


    Danach kann man dann über weitere Maßnahmen, Möglichkeiten und Konsequenzen nachdenken.

    In diesem Fall:

    a) Wecken um 5 Uhr morgens

    b) Anraten einer Familienhilfe

    c) Information: Das Handy hat einen Wecker,

    d) Information: man kann auch andere Menschen bitten, einen Weckanruf zu erhalten

    e) Information: Jede Spielekonsole braucht Strom, den man abstellen kann

    f) Elterngespräch, Aufzeigen von Aufgaben und Konsequenzen

    g) ignorieren

    h) aktives Aufgeben: mitteilen, was man erwartet, keine weiteren Hilfsangebote

  • Nein, natürlich machst du nicht für ein einzelnes Kind VK, das wäre allen andren gegenüber ungerecht.

    Wenn, dann machst du für alle Kinder zu einer dir passenden Uhrzeit eine VK, gern auch täglich, aber das entscheidest du als Fachkraft. Endepopende.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Mein Plan wäre es in diesem Lockdown gewesen, jeden Morgen mit ner VK zu starten: Begrüßen, quatschen, Aufgaben klären, neue Inhalte besprechen.

    Nun bin ich 2 von meinen 4 Arbeitstagen in der Schule. Kein WLAN, kein VK-fähiger PC... C'est la vie...

    Bleiben nur noch 2 Tage wo es geht.

  • Meine Erfahrung als Lehrkraft an einer inklusiven Schule:

    Je schwieriger das Kind, desto aggressiver und fordernder die Elternmails. Darf man nicht persönlich nehmen. Diese Eltern sind am Limit und voller Verzweiflung und Wut über ihre Situation. Diese Wut muss irgendwo hin. Und da sind wir oft das Ventil.

    Meine Vorgehensweise: Anrufen oder zum Gespräch bestellen und dann sehr freundlich und verständnisvoll nach einer realistischen Lösung suchen. Bisher waren diese Eltern dann immer sehr dankbar, einige brechen in Tränen aus und geben zu, dass sie völlig überfordert sind. Die meisten signalisieren am Ende, dass ihnen die Mail leid tut.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Es geht nicht um ein aggressives Kind, sondern um ein verwöhn tes. Oder noch besser, es geht eigentlich gar nicht ums Kind, sondern um einen Konflikt mit der Schule als Schulart, der schon länger besteht und nichts mit mir zu tun hat.

    • Offizieller Beitrag

    Meine Erfahrung als Vater eines Siebtklässlers am Gymnasium mit Itslearning:

    Ohne kontinuierliche Begleitung (vulgo: Kontrolle) geht das voll in die Hose. Das Kind ist mit dem ganzen Setting total überfordert und muss jetzt erst einmal lernen, regelmäßig auf Nachrichten der Lehrkräfte zu antworten, die Aufgaben ordentlich (und vollständig) einzureichen und präsent zu haben, was er wann wie einreichen muss. (Einige Sachen sollen online bearbeitet werden, andere als PDF oder Photo hochgeladen werden...)

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Das wäre mein Alptraum mit drei Kindern. Ich sehe so schon fast nur noch Videokonferenzen im Kalender und muss immer gucken, wann wer wo Platz hat, was z.B. damit gestern endete, dass ich dann irgendwann zum korrigieren (glücklicher Weise auf Papier) im Arbeitszimmer auf dem Fußboden saß.


    Und ganz ehrlich, um 8.30 Uhr oder 9 Uhr schlafen meine Kinder manchmal noch, um 9.30 Uhr wird aktuell im Normalfall bei uns gefrühstückt, da ist mein Mann mit der ersten Telko durch. da besprechen wir Familienintern, was wie so anliegt und wer wo Hilfe braucht und danach wird dann gearbeitet.

    Ich finde diese ganzen freiwilligen mal hier und mal da Videokonferenzen der Kinder zu wechselnden Terminen wesentlich schwieriger zu organisieren als 6 h Onlineunterricht am Stück. So muss ich ständig überlegen, wer jetzt in welchem Raum mit welchem Gerät konferieren kann. Wenn ein Kind dauerhaft Onlineunterricht hat, bekommt es ein Gerät dauerhaft zugeordnet und kann auch ganz schnell damit umgehen.


    Wir müssen die Anwesenheit unserer Schüler übrigens jeden Morgen überprüfen. Die meisten Eltern sind froh darum, dass es dadurch keine Diskussion mehr gibt, wann die Kinder am Schreibtisch zu sitzen haben.


    Was einem besser passt, hängt aber eben auch vom eigenen Tagesablauf ab. Für mich wäre es fürchterlich, wenn wir erst um 9.30 Uhr frühstücken würden. Bei uns wird der Frühstückstisch abgeräumt bevor wir mit arbeiten anfangen. Hinterher möchte das niemand mehr tun.


    Ich glaube daher, dass man es wie immer nie allen recht machen kann.


    LG DFU

  • Und ganz ehrlich, um 8.30 Uhr oder 9 Uhr schlafen meine Kinder manchmal noch, um 9.30 Uhr wird aktuell im Normalfall bei uns gefrühstückt, da ist mein Mann mit der ersten Telko durch. da besprechen wir Familienintern, was wie so anliegt und wer wo Hilfe braucht und danach wird dann geagearbeitet.

    Diesen Tagesrhythmus von euch habe ich schon beim ersten Homeschooling nicht verstanden. Uns allen ist es wichtig, die gewohnte Tagesstruktur mit Schule und Freizeit beizubehalten. Entsprechend sitzen bei uns um 8 alle an ihren Aufgaben für die Schule und arbeiten alles Wichtige für diesen Tag ab. Dadurch ist am Nachmittag viel Zeit für entspannte Freizeit ohne nochmal an die Schule denken zu müssen.


    Abgesehen davon: deine beiden Großen müssten doch alt genug sein, um VKs etc. selbständig zu organisieren. Das GS-Kind nicht, das ist klar.

  • Diesen Tagesrhythmus von euch habe ich schon beim ersten Homeschooling nicht verstanden. Uns allen ist es wichtig, die gewohnte Tagesstruktur mit Schule und Freizeit beizubehalten. Entsprechend sitzen bei uns um 8 alle an ihren Aufgaben für die Schule und arbeiten alles Wichtige für diesen Tag ab. Dadurch ist am Nachmittag viel Zeit für entspannte Freizeit ohne nochmal an die Schule denken zu müssen.


    Abgesehen davon: deine beiden Großen müssten doch alt genug sein, um VKs etc. selbständig zu organisieren. Das GS-Kind nicht, das ist klar.

    Das sehe ich (!) auch so. Ein verspäteter Beginn suggeriert m. E. (!) nach so etwas wie Ferien und Chillen. Ehe dann alle am Schreibtisch sitzen ist es fast Mittag.

    Wir versuchen hier also auch, so gut es eben geht strukturiert ab 8 Uhr zu arbeiten. Pause wird dann gemacht, wenn es auch die Schule macht. Klappt eigentlich wirklich gut, ich freue mich trotzdem, wenn es wieder losgeht.

  • Wenn ein Kind dauerhaft Onlineunterricht hat, bekommt es ein Gerät dauerhaft zugeordnet und kann auch ganz schnell damit umgehen.

    Tja und da liegt das Problem, wir haben keine fünf Geräte für VKs.


    Das GS-Kind nicht, das ist klar.

    Ich habe zwei GS-Kinder ;)

    Und nein, auch das Große kann das nicht immer alleine, weil eben doch manchmal Technik-Probleme auftauchen.


    Das sehe ich (!) auch so. Ein verspäteter Beginn suggeriert m. E. (!) nach so etwas wie Ferien und Chillen. Ehe dann alle am Schreibtisch sitzen ist es fast Mittag.

    Nein, denn sie arbeiten dann ja trotzdem, aber es ermöglicht uns, die Arbeitszeiten drumrum zu packen, so dass wir die wichtigsten Dinge schon abgearbeitet haben und dann Zeit fürs Homeschooling haben.


    Aber ob ihr es versteht oder nicht ist mir auch ziemlich wurscht, es passt für uns und die Schulen MÜSSEN es so akzeptieren (aber die meisten Kollegen sehen es eh wie wir und empfehlen es genau so den Eltern, dass Schule nur ein untergeordnetes Thema gerade ist), denn unsere Familie und unsere Gesundheit ist und bleibt wichtiger als jede Note und jeder Lehrer drumrum.

  • Als Lehrerin stelle ich die Regel auf und daran haben sich die Schüler zu halten, auch im Distanzunterricht, wir sind nicht im Takatukaland.

    Es kann ja mal vorkommen, etwas verspätet abzugeben, kommt es öfters vor, wird es notiert und entsprechend bewertet (ich sammel stichprobenartig die Aufgaben ein und korrigiere diese auch).

    Den Kindern zu suggerieren, Schule sei momentan ein untergeordnetes Thema, finde ich sehr befremdlich und nein, das vermittel ich weder meinen Kindern noch meinen Schülern.

    Glaube auch nicht, dass es in Berlin anders ist, es sei denn, man hat keinen Bock mehr mit gewissen Eltern rumzudiskutieren. Dann würde ich vermutlich einfach nicken weil unkooperativ, schreibe mir entsprechende Noten auf, weil: Akzeptieren muss ich sicher gar nichts.

  • Den Kindern zu suggerieren, Schule sei momentan ein untergeordnetes Thema, finde ich sehr befremdlich und nein, das vermittel ich weder meinen Kindern noch meinen Schülern.

    Glaube auch nicht, dass es in Berlin anders ist,

    Das ist deutschlandweit aktuell ein untergeordnetes Thema, wäre es das nicht wären überall alle Schulen um jeden Preis auf!


    Sind sie aber nicht, weil Gesundheit nun mal wichtiger ist!

  • Ich war kurz versucht, Susannea zuzustimmen, als es um den Tagesanfang ging (aber ich bin ja auch ünberzeugter "8 Uhr ist zu früh zum Denken"-Mensch), aber die letzten beiden Beiträge stören mich sehr. Mag sein, dass bei meinen SuS der Abschluss zeitlich näher liegt, aber den wollen die erhalten, da ist Schule nicht "das Unwichtigste".

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