Sollte man - wenn man Lehramt studiert - schon vor Beginn des Studiums einen Lehrer-Charakter haben?

  • Ich selbst habe als Schülerin jeden Tag morgens im Stehen im Chor "Guten Morgen" geschmettert und dann wurde aus einem Gebetsgeheft von einem Vorbeter (das ging reihum) ein Gebet ausgewählt und vorgelesen. Geschickt gewählte Gebete waren länger und nahmen der Stunde mehr Zeit weg.

    (staatliches Gymnasium im katholischen Niederbayern). Bis zum Abitur!

    Ich selbst lasse meine Schüler, wenn ich sie morgens begrüße, auch aufstehen, das empfinde ich als Höflichkeit, ich stehe beim Begrüßen, sie also auch. Singsang oder nicht ist mir gleich, wie es die Klasse kennt.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Bei uns steht auch die Sek1 zu Beginn jeder Stunde auf und antwortet im Chor.

    Manche Kollegis scheinen wirklich einen halbminütigen Singsang einzufordern. Ich muss die meisten Klassen immer zu einem zügigen Sprechen herunterschrauben.

  • Ich kann nur sagen: Ich bin sehr froh, dass ich dieses "Ritual" in meiner eigenen Schulzeit nicht erlebt habe und auch unsere SuS nicht zu Stundenbeginn aufstehen müssen. Ich finde das total albern. Auch ohne Aufstehen gibt es eine Begrüßung (i. d. R. noch vor der Klassenraumtür; ich begrüße die Klasse und die meisten SuS mich mit einem "Moin" o. ä. und gut ist es). Und ruhig sind meine SuS trotzdem, wenn sie ihre Jacken ausgezogen, sich hingesetzt und ihre Unterlagen 'rausgeholt haben und der Unterricht beginnt.

    Ich selbst lasse meine Schüler, wenn ich sie morgens begrüße, auch aufstehen, das empfinde ich als Höflichkeit,

    Stehst du denn auch auf, wenn dein/e Schulleiter/in ins Lehrerzimmer kommt? Für mich hat das überhaupt nichts mit Höflichkeit zu tun, sondern wirkt auf mich eher wie irgendein altmodischer "Drill" aus grauer Vorzeit. Mag aber daran liegen, dass ich persönlich das noch nie so erlebt habe und - wie gesagt - auch noch nie von irgendwem im Bekannten- und Verwandtenkreis gehört habe, dass bei ihnen oder ihren Kindern diese Art der Begrüßung zu Stundenbeginn üblich ist; evtl. zwar eine "Begrüßung im Chor", aber dann ohne Aufstehen.


    Aber wenn ihr mit dieser Art des Unterrichtseinstiegs gut klarkommt, ist es ja ok. Für mich wäre es halt absolut nichts.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    Einmal editiert, zuletzt von Humblebee ()

  • Manche Kollegis scheinen wirklich einen halbminütigen Singsang einzufordern.

    Einer erfahrenen Lehrkraft reicht das locker, um fix noch die Stunde vorzubereiten.

  • Humblebee : Danke für die Denkanregungen!

    Tatsächlich habe bei meinen Schülern den Eindruck, dass sie sich durch das Aufstehen wenigstens einmal gewahr werden, dass sie nicht mehr daheim auf dem Sofa lümmeln... Das ist zumindest meine Intention!

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich kenne den Stundenbeginn auch nur mit Aufstehen und Begrüßung, sowohl aus der Schüler- als auch der Lehrerperspektive. Ich habe es nie anders erlebt. Wie andere auch schon schilderten gilt das für die Sek.1; in der Sek.2 grüßt dann jeder sitzend so wie er mag ("Moin", "Hallo", "guten Morgen"), wobei ich das auch völlig in Ordnung finde - "Ruhe reinbringen" (s.u.) ist in der Sek.2 ja auch kein Thema mehr.


    Das Aufstehen soll kein "Machtverhältnis" zementieren. Wenn ich reinkomme, müssen die SuS nicht aufstehen. Da grüße ich dann auch schon diejenigen, die mir entgegenkommen individuell ("Moin", "Morgen", "Hallo"). Das Aufstehen ist das Signal zum Stundenbeginn, und natürlich steht hier auch die Lehrkraft. Ich finde es gut, so ein (schulweit etabliertes) einheitliches Ritual zu Stundenbeginn zu haben. So wird ganz klar signalisiert, wann der Unterricht beginnt und dass ab diesem Zeitpunkt entsprechende Verhaltensweisen umzusetzen sind. Es bringt Ruhe in den Raum. Diese Einheitlichkeit finde ich auch für Vertretungsstunden sehr angenehm, da hier allen klar ist, wie die Stunde beginnt, auch wenn man sich noch nie im Leben gesehen hat.


    Die Fünftklässler finden unsere Begrüßung übrigens immer total cool und üben das gerne mit mir, bevor sie dann ihre erste "richtige" Stunde haben. Wenn die erste Fachlehrkraft, die sie dann haben, ganz beeindruckt ist, wie sie sich schon auskennen bei uns, sind sie immer ganz stolz. Total putzig.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Ich mache das auch so in der Unterstufe, da die einfach so rumwuseln, dass es sehr hilfreich ist, wenn sie sich an ihren Platz stellen und wir uns erstmal begrüßen. Bei den Älteren reicht es meistens, wenn ich sage, ich möchte jetzt mal anfangen... Wenn sie auf meine Begrüßung nicht reagieren (kann in Q11/12 durchaus mal vorkommen), sage ich es nochmal betont laut und dann antworten sie betont laut, funktioniert auch :-)


    Ich kenne es hier in BY ursprünglich aus dem Referendariat und fand es anfangs etwas altmodisch, sehe aber, wie sinnvoll es sein kann - kommt auf die Klasse / Stufe an.

  • Aufstehen kenne ich aus der Grundschule schon lange nicht mehr. Da gibt es ein Signal zum Stundenbeginn( nach der Morgenarbeit Musik z.B. oder ich stelle mich einfach vor die Klasse, das merken sie dann schon), wir sagen "Guten Morgen" und das war's. Ich kann mich noch an Zeiten in der Hauptschule erinnern, wo sich Schüler dann sozusagen endlich zum Aufstehen bequemten und so demonstrativ hochlümmelten. Da finde ich die Lösung in der Grundschule mit gewissen Anfangsritualen (ohne aufstehen, höchstens mal zum Bewegungsspiel) viel besser. In Englisch fange ich auch mal mit "Give me five" in fremden Klassen an, wenn alle mein Dastehen vor der Klasse nicht wahrgenommen haben.

  • Ich kenne das aus meiner eigenen Schulzeit an 2 verschiedenen Gyms in NRW auch. Ehrlich gesagt hab ich aber keine Ahnung, ob das bei meinen beiden Kindern immer noch so war/ist. Ich frage mal nach.


    Im BK ist das übrigens nicht üblich.


    Was ich gar nicht kenne: Händeschütteln. Geht da die Lehrkraft rum und schüttelt jedem Schüler die Hand? Irks.

  • Das Aufstehen und "Singen" kenne ich auch, finde ich persönlich nicht wichtig. Händeschütteln kenne ich nicht in der Form, bin ich auch ganz froh, wenn man bedenkt, wie gut sich manche SuS (und sicher auch Lehrer) ihre Hände waschen (teilweise auch der fehlenden Seife geschuldet).

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Was ich gar nicht kenne: Händeschütteln. Geht da die Lehrkraft rum und schüttelt jedem Schüler die Hand?

    Nein, die kommen vor bzw nach der Stunde alle zu mir nach vorne. Aber Dank Corona ist das ausgestorben (zumindest vorläufig). An der Sek steht die Lehrperson an der Tür, da kommt keiner dran vorbei ohne Händeschütteln. So werden die SuS konditioniert, am Gym machen es die meisten freiwillig weiter. So nach der 1. Klasse hörte es typischerweise auf, ich hatte aber auch schon SuS, die da sehr hartnäckig waren.

  • Lustig (und für mich völlig unvorstellbar). Wie die/der Pastor/in früher nach dem Gottesdienst ;-) . Da wurde auch jeder/m Gottesdienstbesucher/in die Hand geschüttelt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Das Aufstehen und "Singen" kenne ich auch

    Ich kann mich an eine Klasse erinnern (10. glaube ich), die das von Anfang an so gemacht hat, als ich die in meinem Fach neu bekommen habe und sie mir irgendwann gesagt haben, dass sie das ja so peinlich finden! Dann meinte ich, sie müssen ja nicht "singen", sie können mich auch in normalem Sprechton begrüßen; das haben sie dann versucht und es hat gar nicht geklappt, sie sind von allein wieder in diesen Chor-Sing-Modus verfallen 😄

  • Da gehen ja einige Themen Kreuz und Quer. Typisch Klassenzimmer

    1.) Zur Ausgangsfrage "Lehrercharakter": Ja. Wer nicht mit Kindern kann, sollte es lassen. Wer die Zügel nicht in der Hand behalten kann, ebenfalls.
    Ob man es werden soll? Dazu gibt es einige Empfehlungen und auch Online-Tests. In Ba-Wü ist (oder war) so ein Test sogar Zugangsvoraussetzung zum Studium.
    Einige Links hier: https://www.autenrieths.de/lehrerberuf.html#Lehrer

    2.) Kann man sich die Namen der Schüler merken? - Hängt davon ab. Kein Problem, wenn man als Klassenlehrer mehrere Jahre nur in seiner Klasse tätig ist. (Fast) unmöglich, wenn man als Fachlehrer Kunst durch mehrere Klassenstufen hinweg (dazu zwei Mal pro Woche 1-stündig) unterrichtet und sich die Kids jede Stunde einen anderen Sitzplatz im Fachraum aussuchen. Da ist auch ein Sitzplan obsolet. Da merkt man, dass es die Schulleitung nicht gut meint. :autsch:

    Sportlehrer können die Schüler zu Beginn in alphabetischer Reihenfolge auf der Langbank platzieren. Andere Fachlehrer haben da ein Problem, falls sie nicht auf fester Sitzordnung bestehen. Habe beides erlebt.

    3.) Aufstand am Beginn der Stunde: Falls eine Begrüßung zu Beginn nicht als Hinweis genügt, dass nun der Unterricht beginnt, kann es helfen. Manchmal habe ich den Unterricht auch mit einer Gymnastikübung begonnen: Aufstehen, strecken, Kniebeugen, Ausschütteln... in der Regel sind die Kids danach wach ;-)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.

  • Da gehen ja einige Themen Kreuz und Quer. Typisch Klassenzimmer

    Na, dieser Thread war ja eigentlich auch schon "durch" und der/die TE hat sich schon lange nicht mehr gemeldet... Bis den Thread ein "Kurzzeitgast" vor einigen Tagen wieder ausgegraben hat und da hat er (der Thread, nicht dieser User) sich halt weiterentwickelt. :D

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich lege bis zur 10. Klasse auch wert darauf, dass die Schüler am Anfang der Stunde aufstehen und wir uns begrüßen. Eben, um ein deutliches Signal zu setzen: "Jetzt geht es los." Ich warte daher auch immer bewusst, bis ich wirklich die Aufmerksamkeit aller Schüler habe und niemand mehr in der Tasche herumkruscht. In der Oberstufe verziche ich darauf. Individuelle Begrüßungen, wenn die Schüler vorher in den Fachraum kommen und "Morgen!" rufen, gibt es dennoch und das eine schließt das andere auch nicht aus. Den Guuuten Mooorgeeeen-Singsang muss ich auch nicht haben. Eine Musen-Klasse brachte ich dazu, es im Kanon zu schmettern (links und rechts vom Gang), bei den anderen Klassen arbeite ich daran, dass aus dem langatmigen Singsang ein zackiges "Guten Morgen" wird und da haben die Schüler und ich auch meistens unseren Spaß daran.


    Sarek

  • Ich handhabe es genauso wie Sarek , dass es ein gemeinsames Begrüßungsritual gibt, aber nicht den üblichen Singsang, sondern eher was Zackiges. Bei mir ohne Aufstehen, aber bevor ich die Begrüßung starte, fordere ich absolute Ruhe und "Blickkontakt" ein, eben um wie beschrieben das klare Signal zu Stundenbeginn zu haben. Das funktioniert sehr gut und ich habe auch nicht den Eindruck, dass die SuS es als albern empfinden.

Werbung