Arbeitszeiterfassung wird in Deutschland zur Pflicht

    • Offizieller Beitrag

    Weiß eigl jemand wie das in anderen Ländern gehandhabt wird? ichkann mir nicht vorstellen, dass die ganze Welt in Depundatsstunden rechnet.

    Da mein aktueller Job mich mit vielen anderen Schulsystemen in Kontakt bringt (ich spreche jetzt für die Schulen, die ich dort kenne, es sind in jedem Land mindestens 2 (Schweden), eher mindestens 3)

    - In Dänemark gilt (seit 2013?) die Pflicht, seine Arbeitszeit in der Schule abzuleisten, die Schulen wurden seitdem stetig renoviert und dafür ausgestattet. Einige Schulleitungen ermöglichen Sonderlösungen für einen Teil der Arbeitszeit (zb. bei Menschen mit Kindern), aber das Ziel ist: jederzeit in der Schule ansprechbar sein.

    - In Schweden: Ähnlich

    - In England: Was die Ausstattung angeht, weiß ich leider nichts, aber auch Anwesenheit bis 15 Uhr (Ende des Schultages).

    - In Irland: Anwesenheit bis mindestens 15 Uhr.

    - In Frankreich: Alles nur am Deputat gemessen, keine Arbeitsplätze, keine Anwesenheitspflicht, sowieso gar keine zusätzliche Aufgaben


    - Privatschulen in Peru: Anwesenheit bis 15 Uhr in der Schule.

    - Privatschulen in Namibia und Südafrika: Anwesenheit in der Schule über den ganzen Schultag.

    -> Die Nicht-Anwesenheit in der Schule ist an ALLEN Schulen, an die ich deutsche Praktikant*innen schicke (außer Frankreich), eine Reibungsfläche, weil dort immer eine größere Anwesenheit erwartet wird (und die deutschen Praktikant*innen sich - ich formuliere es sehr vorsichtig - schwer tun, vor Ort zu arbeiten und von irgendwas fabulieren, dass sie "zuhause" besser arbeiten könnten (wo sie ja nur den selben Laptop und WLan haben...) )

    Warum überrascht es mich denn so sehr? Meine Studis sind schließlich ein Abbild meiner (Lehrer)Kolleg*innen...

  • In meiner Schüleraustauschschule in Michigan (USA) war Anwesenheitspflicht der Kollegen von 7 - 16 Uhr (davon 5 x 55 Minuten Unterricht) . Sie hatten jeder ein eigenes kleines Arbeitszimmer (ca. 10 qm) mit Schreibtisch und Regal neben ihrem Unterrichtsraum (Schüler wandern) und waren für uns ansprechbar (es wurde aber, glaube ich, selten in Anspruch genommen). Die meiste Zeit konnten sie also ungestört vorbereiten. Übrigens hatten sie nur 10 Urlaubstage im Sommer und waren die übrige Zeit in der Schule (meine 1. Austauschmutter war Lehrerin, ich habe es daher hautnah mitbekommen).


    Allerdings sind Schulen noch viel mehr von ihrer Kommune abhängig als hier. In der Nachbarschule kann es ganz anders aussehen.


    Lasst es doch auf euch zukommen. Dann kann man sich immer noch aufregen. Ich glaube nicht, dass sich viel ändert.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

    • Offizieller Beitrag

    ich muss ein "auch" ergänzen.
    Ich glaube auch nicht, dass sich an den Arbeitsbedingungen vor Ort (im Sinne einer Präsenzpflicht) in Deutschland ändert.
    Nur, weil man "trackt" ( = irgendwo einträgt, dass man ggf. zuviele Stunden gemacht hat), hat es keinen automatischen EInfluss auf den Arbeitsort.

  • ich muss ein "auch" ergänzen.
    Ich glaube auch nicht, dass sich an den Arbeitsbedingungen vor Ort (im Sinne einer Präsenzpflicht) in Deutschland ändert.
    Nur, weil man "trackt" ( = irgendwo einträgt, dass man ggf. zuviele Stunden gemacht hat), hat es keinen automatischen EInfluss auf den Arbeitsort.

    Danke. Ich habe mein Verwirrt-Smiley gelöscht (ich dachte, du widersprichst mir (nur in was?)) .

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  • Ich glaube auch nicht, dass sich was ändert. Die Schulen schieben einen so hohen Investitionsstau vor sich her. Wenn nun auch noch Arbeitsplätze wie in der Behörde dazukämen...Dann müssten fast alle Schulen anbauen. Dabei haben sich sich ja nun schon Jahrzehnte schwer getan, mal eine Mindestausstattung an PCs/Laptops zu finanzieren und tun es immer noch. Den Schrott, den man da manchmal als Arbeitsgerät bekommt, würde ich nicht mal meine Oma zum Online-Shoppen und Nachrichten schauen zumuten wollen.


    Also: es bleibt alles so wie es ist. Da ich sehr effizient arbeite: Gut für mich!

  • Muss also nachgeholt werden. Egal wann.

    Na ja, eben nicht egal wann. So ist das jetzt, wenn du den ganzen Montag krank im Bett liegst, weil die Arbeitszeit nicht erfasst wird.

    Wenn die Arbeitszeit erfasst wird, dann wird das halt in der Arbeitszeit nachgeholt. Und wenn das nicht möglich ist, muss der Dienstherr oder sein Vertreter (Schulleiter) Strukturen schaffen, die das ermöglichen. Zur Not durch Unterrichtsausfall. Vorher wird er andere Optionen prüfen: Befreiung von Konferenzen, Abnehmen von Zusatzaufgaben etc.

  • Wir haben eine Jahresnorm (altes Dienstrecht)

    A-Topf: Unterrichtsstunden in der Klasse (ca 1776h/Jahr)

    B-Topf: Unterrichtsvor- und nachbereitung (50min/Unterrichtsstunde)

    C-Topf: Rest, was anfällt (maximal ca 700h/Jahr)

    Mehr darf ich nicht arbeiten oder es wird bezahlt.

    Das ändert sich alles jedes Jahr ein bisschen, je nach Anzahl der Schultage. Daher muss ich das jedes Jahr neu machen. Wenn ich das nächste Woche bei mir gemacht habe, kann ich meine Jahresnorm für dieses Jahr gerne mitteilen (ohne Namen natürlich 😉).


    Neues Dienstrecht weiß ich nicht so genau.

  • Da mein aktueller Job mich mit vielen anderen Schulsystemen in Kontakt bringt (ich spreche jetzt für die Schulen, die ich dort kenne, es sind in jedem Land mindestens 2 (Schweden), eher mindestens 3)

    - In Dänemark gilt (seit 2013?) die Pflicht, seine Arbeitszeit in der Schule abzuleisten, die Schulen wurden seitdem stetig renoviert und dafür ausgestattet. Einige Schulleitungen ermöglichen Sonderlösungen für einen Teil der Arbeitszeit (zb. bei Menschen mit Kindern), aber das Ziel ist: jederzeit in der Schule ansprechbar sein.

    Dass es in den meisten anderen Ländern in dieser Hinsicht schlechter läuft für Lehrer, heißt nicht, dass es gut wäre, wenn das hier genauso wäre. Das flexible Arbeiten ist einer der paar positiven Aspekte an unseren Arbeitsbedingungen.


    Zitat von chillipraprika

    -> Die Nicht-Anwesenheit in der Schule ist an ALLEN Schulen, an die ich deutsche Praktikant*innen schicke (außer Frankreich), eine Reibungsfläche, weil dort immer eine größere Anwesenheit erwartet wird (und die deutschen Praktikant*innen sich - ich formuliere es sehr vorsichtig - schwer tun, vor Ort zu arbeiten und von irgendwas fabulieren, dass sie "zuhause" besser arbeiten könnten (wo sie ja nur den selben Laptop und WLan haben...) )

    Warum überrascht es mich denn so sehr? Meine Studis sind schließlich ein Abbild meiner (Lehrer)Kolleg*innen..

    Ich arbeite zuhause auch besser und konzentrierter, als in der Schule. Ist ja kein Unterschied, ob ich in der Schule an einem Laptop Bildschirm arbeite oder daheim mit meiner ergonomischen Maus, drei Monitoren, mechanischen Tastatur, VDSL, sauberer Toilette, einem bequemen Bürostuhl und meiner Ruhe. Alles Fabuliererei, schon klar.

    • Offizieller Beitrag

    Sorry, ich habe mich auf die Studis bezogen, die eben ohne Materialien im Ausland sind und in einem Gästezimmer in einer Familie mit ggf. Kindern leben, ohne Monitore und Bürostuhl. Dafür bekommen sie genau das (Monitore, Möbel und Materialien) in der Schule.
    Und es geht dort nicht darum, ob sie woanders eine schönere Toilette haben, sondern, dass sie an der Schule dort so zu arbeiten haben, wie es dort verlangt wird. Ob es einem gefällt oder nicht. Die Studis in Frankreich können auch nicht nach 45 Minuten gehen, weil eine deutsche Stunde kürzer als eine französische ist (auch wenn tatsächlich Studis aus England es mir ernsthaft rückgemeldet haben: "100 Minuten sind zu lang, sie brauchen eine Toilettenpause"...

    Ob es "schlecht" ist oder nicht, ob ich es mir für uns wünsche oder nicht, habe ich auch nirgendwo geschrieben (kann ich jetzt schreiben: ich fände es zwar systemisch gut, für mich persönlich aber nicht, weil ich diese Flexibilität und freie Zeiteinteilung liebe.) Hier stand nur die Frage, wie es ist, ich habe meinen Kenntnisstand dargestellt.


    Ergänzung Dänemark:
    Die Lehrkräfte haben den normalen Jahresurlaub (müsste 6 Wochen sein?), die Stundenzahl ist annualisiert mit Anrechnungszahlen wegen Vor- und Nachbereitung (Nachbereitung gibt es relativ wenig bis Klasse 8), eine Woche Urlaub im Jahr darf außerhalb der Schulferien genommen oder ausgezahlt werden. (und Kolleg*innen vertreten, die dänische Kollegin verstand meine Nachfrage nicht, wie das funktionieren soll.)

  • Kann das sein, dass sich da ein Fehler in die Berechnung eingeschleust hat? DIe 1776 Stunden/Jahr beziehen sich doch bereits auf die Summe aus allen einzelnen Töpfen. Für den Unterricht selbst sind das je nach Schulart 720-792 Stunden, für die Vor- und Nachbereitung 600-660 Stunden und der übrig bleibende Restbetrag für den C-Topf.

  • Ok, dann habe ich deinen Beitrag falsch verstanden. Sorry.

  • Die Arbeitszeit der KollegInnen ufert immer mehr aus. Als man die Deputatregeln in Kraft gesetzt hat, gab ein ein klar strukuriertes dreigliedriges Schulsystem. Integration und Inklusion waren kein Thema. Mittlerweile haben wir kaum noch Hauptschulen, unsere Schulform (RS) ist gezwungen Hauptschulbildungsgänge einzurichten ohne das hiefür ausreichende personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Inklusion macht zahlreiche zusätzliche Absprachen zwischen den KollegInnen erforderlich. Hierzu wurden Inklusionskonferenzen eingerichtet. Entsprechend ist die Integration eine zusätzliche Herausforderung. Wenn dann jetzt noch Teile des Kollegiums zu anderen Schulen teilabgeordnet werden, entstehen neue Baustellen, die Betroffenen müssen zu jetzt in beiden Schulen Konferenzen besuchen. Die gebotenen Entlastungen reichen nur zum Teil. Insgesamt sind also signifikant Arbeitsstunden hinzugekommen, die letztlich nirgendwo im System berücksichtigt werden. Damit dürfte dann Schluss sein. Die Stunden kann man dann nicht mehr wegdiskutieren. Hier darf der SL dann mal gemeinsam mit den Betroffenen beraten, in welchen Bereichen denn weniger getan werden darf, dann kann er sich anschliessend nicht über mangelnde Qualität in den Bereichen beklagen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Ich denke, dass Vieles zwar auch vom Gesetz abhängt, dass jetzt kommt, aber auch

    a) von den Verhältnissen an den Schulen: Sind genügend Arbeitsplätze vorhanden? Entlasten sich die KuK ohnehin schon durch gemeinsame Arbeit? In der Schule sind ja ggf. Absprachen im Team leichter möglich.

    b) von der Schulleitung. Ist sie kulant genug und sagt sie - natürlich abhängig davon wie das Gesetz aussieht: Ihr könnt arbeiten wo ihr wollt, erfasst aber bitte (in welcher Form auch immer) eure Arbeitszeit? oder besteht sie ggf. darauf, dass in der Schule gearbeitet wird (zumindest in einem bestimmten Rahmen)? Das "Ihr arbeitet aber dann und dann in der Schule" könnte sie auch jetzt schon "anordnen".


    Und vor allem und dann sind wir wieder beim Thema aus dem Thread mit der Sonntagsarbeit: Wird "zugelassen", dass eine Lehrkraft ihre Arbeitszeit (offiziell) an einem Sonntag erfasst? [Was diese Lehrkraft dann inoffiziell macht, ist dann ihre Sache]


    Aber vielleicht erledigen sich durch die Erfassung der Arbeitszeit auch Sachen wie:

    > Eine Lehrkraft bekommt zu viele Korrekturkurse.

    > Die Diskussionen, ob es denn nun aufwändiger ist, in der Physikssammlung/ im Chemielabor zu stehen und Experimente vorzubereiten (oder nachzubereiten) oder einen Stapel Klausuren/ Klassenarbeiten zu korrigieren.

    Am Ende steht dann da: Kolleg:in 1 hat so und so viele Stunden gearbeitet (ggf. zu viel) und Kolleg:in 2 hat so und so viele Stunden gearbeitet.

    > Das Lehrkräftebashing, dass wir ja so viele Ferien haben!


    Bis es aber soweit ist, wird noch einige Zeit vergehen, da

    a) das Gesetz erst mal gemacht werden muss

    b) diverse Verbände/ Gewerkschaften etc. eingebunden werden müssen.

  • Theoretisch fällt ja nur der Unterricht weg, die Vorbereitungen und Korrekturen muss man ja wann anders machen. Was aber bei längerer Krankheit ja gar nicht möglich ist aufzuholen,

    Ich verstehe deinen Einwand absolut. Ein Krankentag heißt eben nicht nur "Ich bin dann 4 Std nicht in der Schule" und man kann vorbereitete Stunden dann eben später anschließen. Es mag an der Schulform, der Erfahrung oder was auch immer liegen, aber meine Hauptarbeitszeit zu Hause geht nicht mehr für Stundenvorbereitung drauf, sondern eher Korrekturen und Verwaltungssachen. Und die Aufgaben müssen erledigt werden und werden durchs Kranksein nicht weniger, sondern summieren sich auf.
    An meiner BS haben min 75 % der Schüler mehrfach bis 15 Uhr Unterricht und die Klassenräume sind entsprechend belegt. Arbeitsplätze vor Ort müssten definitiv erst gebaut werden. Wir sind knapp 100 Kollegen, das wäre ein riesiger Bürokomplex :)

  • Bloß ist die Arbeit halt nicht gemacht. Die Klausuren liegen ja unkorrigiert da rum, der Unterricht ist nicht vorbereitet. Muss also nachgeholt werden. Egal wann.

    Dann dauert es (in Arbeitstagen, nicht in absoluten Arbeitsstunden) eben ein bisschen länger, bis alles erledigt ist. Oder du machst ein Stundenplus auf deinem eigenen Gleitzeitkonto, die du dann irgendwann "abfeierst".

    Es ist auch bei Arbeit außerhalb der Schule so, dass bei Krankheit Arbeit liegen bleibt, die dann nachgeholt wird. Das erhöht die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit aber nicht.

  • In England: Was die Ausstattung angeht, weiß ich leider nichts, aber auch Anwesenheit bis 15 Uhr (Ende des Schultages).

    An den beiden Schulen, an denen ich im VK gearbeitet habe, hatten einige Lehrer ihren eigenen Unterrichtsraum (zB bei den Französisch-Lehrern eben ihr eigener Französisch-Raum, in welchem auch nur sie idR Unterricht hatten und keine Klasse "zuhause" war). Zusätzlich gab es kleine Gemeinschafts-Arbeitszimmer für die einzelnen Fachgruppen (Wir hatten bspw eines für die Fremdsprachenlehrer: heißt einen Arbeitsraum mit 6-7 Leuten geteilt. Das war perfekt zum Arbeiten, jeder hatte seinen eigenen Platz, und der Austausch in der Fachgruppe war auch wunderbar). Zusätzlich gab es auch noch ein großes gemeinsames Lehrerzimmer für alle. Dort hatte auch jeder seinen eigenen Platz.
    Man hatte also mindestens 2, einige Lehrer sogar 3 verschiedene (eigene!) Arbeitsplätze zur Auswahl. Es wurde nicht erwartet, aber viel Arbeit wurde trotzdem in der Schule erledigt. Außer Einzel-Arbeitszimmern für alle, könnte ich mir kaum etwas besseres vorstellen.

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