Ist die AfD eine demokratische Partei?

  • Das Wahlergebnis ist angesichts der verfassungsgerichtlichen Begründung der Ablehnung des NPD-Verbots damals, die mangelnde Gefahr für die Demokratie, ein Grund mehr akut Schritte einzuleiten.

    Das Kriterium der Potenzialität hat das BVerfG übrigens nicht neu erfunden, sondern aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte übernommen. Hätte das BVerfG nur nach seinen bisherigen Maßstäben geurteilt, wäre die NPD zwar verboten worden, hätte dann aber vor dem EGMR wohl Erfolg gehabt und wäre dementsprechend am Ende doch nicht aufgelöst, hätte aber einen großen juristischen Erfolg erzielt. Generell wird mir der EGMR zu stark ausgeblendet bei einem möglichen Verbotsverfahren. Auch die Definition der Potenzialität bleibt einfach außen vor, dabei wird meines Erachtens ein Verbotsverfahren genau daran scheitern.

  • Auch die Definition der Potenzialität bleibt einfach außen vor, dabei wird meines Erachtens ein Verbotsverfahren genau daran scheitern.

    Tatsächlich sehe ich den Aspekt der Potenzialität bezogen auf die AfD anders und gehe davon aus, dass diese- anders als die NPD- diesen problemlos erfüllt. Das habe ich zuletzt auch dementsprechend bei einem Staatsrechtler gelesen, der dennoch 2024 noch davon ausgegangen ist, dass ein Verbotsverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben würde, da es schwierig wäre den Nachweis zu führen, dass die Partei in der Breite auf die Abschaffung der freiheitlich- demokratischen Grundordnung ausgerichtet wäre. Ich gehe davon aus, dass mit der Neubewertung des Verfassungsschutzes jetzt auch dieser Nachweis gerichtsfest möglich sein wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Das glaube ich nicht mal, ich denke, dass keiner Verlierern nachweint. Aber um Glauben geht's ja hier nicht ;)

    deswegen folge ich den Argumenten von tibo.

    Von "Verlierern" würde ich nicht sprechen. Immerhin haben die bei der letzten Bundestagswahl mit über 10 Millionen Wählern mehr Zuspruch erhalten, als fast alle anderen Parteien (CDU ca. 11 Millionen, SPD ca. 8 Millionen).

    Und das ist ja das eigentliche Problem: jeder sechste Wahlberechtigte ist mit dem menschenverachtenden Müll der AfD zumindest so einverstanden, dass er sie wählt. Die AfD ist nur ein Symptom.

  • "Verlierer", wenn sie verboten worden sind. Nicht jetzt. Jetzt sind sie gerade Gewinner.

    Dann sind sie trotzdem keine Verlierer, sondern "Opfer des Systems" und solche Ansichten erhalten noch mehr Zuspruch. An Symptomen herumzudoktorn bringt selten den gewünschten Erfolg.

  • Dann sind sie trotzdem keine Verlierer, sondern "Opfer des Systems" und solche Ansichten erhalten noch mehr Zuspruch. An Symptomen herumzudoktorn bringt selten den gewünschten Erfolg.

    Ich sehe die AfD weniger als Symptom. Es ist bei dieser Partei wie mit Werbung. Es wird erst durch gezielte Nutzung sozialer Medien eine Art Bedürfnis, diese Partei wählen zu können, geschaffen.

    So viel Falschbehauptungen, Hetze und Verhöhnung haben eine Wirkung.

    Unzufriedenheit hat es schon immer gegeben. Due AfD "füttert" diese allerdings.

    Und das muss endlich aufhören.

  • Ich sehe die AfD weniger als Symptom. Es ist bei dieser Partei wie mit Werbung. Es wird erst durch gezielte Nutzung sozialer Medien eine Art Bedürfnis, diese Partei wählen zu können, geschaffen.

    So viel Falschbehauptungen, Hetze und Verhöhnung haben eine Wirkung.

    Unzufriedenheit hat es schon immer gegeben. Due AfD "füttert" diese allerdings.

    Und das muss endlich aufhören.

    Die bösen sozialen Medien wieder

    Die können nur das befeuern, was in den Menschen so schon veranlagt ist.

  • Die können nur das befeuern, was in den Menschen so schon veranlagt ist.

    Das ist richtig, was aber nicht bedeutet, dass man das akzeptieren oder tolerieren muss. Die meisten haben noch nicht diese Partei gewählt und sind somit wohl nicht einverstanden, wie diese handelt oder was sie vorhat.

  • An Symptomen herumzudoktorn bringt selten den gewünschten Erfolg.

    Wenn es dabei bleibt, hast du langfristig Recht.

    Aber um bei der "klinischen Perspektive" zu bleiben: Das Bekämpfen von Symptomen bringt den Patienten oft spürbare Erleichterung. Das ist dann durchaus eine Verbesserung der Lebensqualität.

    Wenn das geschafft ist, kann man sich leichter an die Beseitigung der Ursachen begeben.

    Und genau so kann man jetzt die Volkskrankheit "AFD" angehen.

  • Die gegebene Krankheitssituation erfordert ein multiprofessionelles Vorgehen hinsichtlich Ursachen- und Symtombekämpfung. Also alleine ne juristische Aufarbeitung ist nur ein Ansatz. Besonders wichtig im Gesamtzusammenhang ist weiterhin die Aufgabe aller Lehrenden.

    Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis. (B. Brecht)

    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Und das ist ja das eigentliche Problem: jeder sechste Wahlberechtigte ist mit dem menschenverachtenden Müll der AfD zumindest so einverstanden, dass er sie wählt. Die AfD ist nur ein Symptom.

    Viele dieser Wahlberechtigten kennen das Programm und die Ziele der AfD nicht. Das Kreuz wird nur gemacht, um "denen da oben" zu zeigen, dass man sie nicht mag. Protestwähler sind keine Überzeugungs"täter".

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Unkenntnis ist das eine, aber vergessen darf man auch nicht: Dahinter steckt laut Psychologen der tiefe menschliche Wunsch nach Anerkennung und Reputation.

    Und deshalb darf ein Richterspruch nur eine Maßnahme sein.

    Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis. (B. Brecht)

    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Unkenntnis ist das eine, aber vergessen darf man auch nicht: Dahinter steckt laut Psychologen der tiefe menschliche Wunsch nach Anerkennung und Reputation.

    Und deshalb darf ein Richterspruch nur eine Maßnahme sein.

    Allerdings sind Erwachsene (und das sind Wähler*innen in der Regel ja) auch noch für sich selbst verantwortlich.

    Ich halte es da mit Cordula Stratmann, die Versöhnung (mit sich selbst und anderen) sowie immer auch den Humor behalten als wichtigste Voraussetzungen für Zufriedenheit betrachtet.

    Und da muss ich ihr absolut recht geben.

    Klar, das kann man anderen nicht aufzwingen, aber wenn du schreibst, die Ursachen für das Wählen der AfD wären psychologischer Natur und man müsse da eine Maßnahme finden, frage ich mich, wie du das anstellen willst. Letztendlich müssen diese Menschen ja eine Veränderung ihrer selbst wollen, damit sich in ihrer Psyche etwas ändert. Psycholog*innen können Menschen, die an sich nichts ändern wollen, nämlich auch nicht helfen.

    Und solange es die AfD gibt, die diesen Menschen immer einredet, dass sie selbst gar nichts ändern müssen, sondern die anderen an allem schuld sind, kann sich auch nicht viel ändern.

  • Die bösen sozialen Medien wieder

    Die können nur das befeuern, was in den Menschen so schon veranlagt ist.

    Wenn etwas Negatives (hier: das Verlangen nach einer AfD-Ideologie) also veranlagt ist, dann wäre es immer da. Also sollte man das, was es zum Vorschein bringt reduzieren, oder nicht?

    Und tatsächlich sind soziale Medien in diesem Kontext doch tatsächlich ein Problem. Willst du das wirklich bestreiten?

  • Meiner Meinung nach haben wir im Moment 2 Möglichkeiten:

    - Verbotsverfahren, trotz Gefahr eines möglichen Scheiterns weil irgendeiner wieder Mist baut.

    - Kein Verbotsverfahren, weil es scheitern könnte.

    Das sehe ich ähnlich. Entweder wir gehen durch das Verbotsverfahren, dann könnten wir auch in der Schule Front gegen die AfD machen, weil sie dann nicht mehr unter den Beutelsbacher Konsenz fällt, oder wir initiieren kein Verbotsverfahren, dann sind aber auch etwaige Brandmauern in der Politik nicht zu halten und eine Koalition aus CDU und AfD darf von den linken Parteien (SPD, Linke, Grüne, BSW) nicht weiter verteufelt werden.

    Also ich wäre für das Verbotsverfahren.

  • Viele dieser Wahlberechtigten kennen das Programm und die Ziele der AfD nicht. Das Kreuz wird nur gemacht, um "denen da oben" zu zeigen, dass man sie nicht mag. Protestwähler sind keine Überzeugungs"täter".

    Wie soll ein Wahlberechtigter seinen Unmut äußern, wenn nicht mit seinem Kreuz auf dem Wahlzettel?

    Wir haben ein Wahlrecht und der Wähler hat das Recht seine Einschätzung der gegenwärtige Politik durch seine Wahlentscheidung zu äußern. Ist er unzufrieden, wählt er jemand anderes.

    Viele Wähler lesen nicht das Wahlprogramm komplett durch. Die meisten die AfD gewählt haben, würden z.B. aufgrund ihrer Steuerpolitik Nachteile erleiden.

    Aber das ist immer so; es sind 2-3 Punkte für eine Wahlentscheidung relevant. Und so wird immer abgestimmt.

    Man muss da nicht um den heißen Brei herumreden; relevante Themen waren nun einmal die Migration, LHK, Sicherheit.

    Klimawandel dagegen kaum relevant.

    Die AfD hat von dieser Gemengelage nun einmal profitiert. Man kann nur hoffen dass Schwarz-Rot da spürbare Veränderungen gelingen wird, ansonsten wird das beim nächsten Mal sehr knapp zwischen AfD und CDU.

    Man darf aber auch nicht verschweigen, dass die westlichen Demokratien durch Einflussnahme von außen unter Druck gerät; da erwarte ich auch das Merz klare Kante zeigt.

  • Sehe das alles auch mit gemischten Gefühlen. Verbotsverfahren wäre gut, damit endgültig geklärt wird, ob mit dieser Partei zusammengearbeitet werden kann.

    Befürchte aber, dass das Verbotsverfahren scheitert und dann haben wir eine Partei, mit der es keine Brandmauern mehr gegeben darf.

    Ist vielleicht auch für die Partei eine gute Chance (letzte?) Chance, sich vom braunen Persönlichkeiten und Gedankengut zu trennen.

    Bedenklich finde ich, die Einstufung gesichert Rechtsextrem zu veröffentlichen, die zugrunde liegenden Begründungen (die wahrscheinlich sehr stichhaltig sind) zurückzuhalten. Wenn es um den Schutz der V Leute geht, hätte man einen Bericht für interne Zwecke und einen um bedenkliche Inhalte gekürzten Bericht für die Öffentlichkeit rausbringen können.

    Wäre schön, wenn der Nazisumpf aus der AFD verschwindet.

  • Ist vielleicht auch für die Partei eine gute Chance (letzte?) Chance, sich vom braunen Persönlichkeiten und Gedankengut zu trennen.

    Bisher ging es in die ganz andere Richtung. Meuthen und Petry sind schon lange nicht mehr Teil der Partei und die rechtsnationale Strömung innerhalb der Partei, die besonders stark in Ostdeutschland vertreten ist, hat sich durchgesetzt und wird als fester Bestandteil der Partei akzeptiert. Da hat auch die damalige Auflösung des "Flügels" nichts dran geändert.

    • Offizieller Beitrag

    In Artikel 21 GG heißt es so schön, die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.

    Ich nehme es schon seit über 20 Jahren wahr, dass der "Wille des Volkes" (der dürfte gleichwohl kaum eindimensional monolithisch sein...) von den Parteien geflissentlich ignoriert wird. Die Parteien haben Ideologien und Vorstellungen, wie Deutschland sein soll. Diese bieten sie alle vier Jahre bei den Bundestagswahlen zur Abstimmung an. Ich habe mich zunehmend in den letzten Jahren mit keiner der demokratischen Parteien vollständig identifizieren können - entsprechend habe ich bis auf braun-blau auch schon für alle großen Parteien irgendwann einmal gestimmt.

    Irgendwie kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass ein Grund für den Erfolg der AfD sein könnte, dass diese eben diese Willensbildung berücksichtigt bzw. eher ein Ergebnis einer vorherigen vorhandenen Willensbildung ist, als dass sie die rechte Ideologie dem Volk aufgedrängt hätte. Somit fühlen sich dann auch ihre WählerInnenschaften dort besser aufgehoben und sind dann auch so schnell nicht mehr von dort wegzubewegen.

    Ausgehend von dieser These wähnt sich die AfD in der Gewissheit, dass ihre WählerInnen sie nachhaltiger unterstützen und sich diese WählerInnen von der AfD stärker repräsentiert fühlen als dies bei den anderen Parteien der Fall ist.

    Das ist ein nicht unerhebliches Problem - und ein AfD-Verbotsverfahren, ganz gleich, wie das ausfällt, wird daran nichts ändern.

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