Lehrkräftemangel

  • An meiner Schule (GS Bayern) ist eine Klassenlehrerin mit überhälftiger Teilzeit wegen Schwangerschaft krankgeschrieben, eine ältere Fast-Vollzeitkollegin fällt jetzt für mindestens 4 Wochen krank aus, wahrscheinlich wird es länger. Für die schwangere Kollegin übernahm eine Mobile Reserve (GS-Lehrerin, verbeamtet) mit 12 Stunden die Klassleitung, 5 Stunden aufgefüllt von einer MR (Quereinsteigerin, angestellt). Für die ältere Kollegin hat eine MR (GS-Lehrerin, verbeamtet) mit 10 Stunden die Klassleitung bekommen, eine weitere MR (GS-Lehrerin, verbeamtet) ist mit 9 Stunden in der Klasse (sie entlastet die Kollegin schon mit Korrekturen, aber auch offiziell ist es keine geteilte Klassleitung), eine GS-Studentin (angestellt) füllt auf, was nicht entfällt, und erwartet, dass sie das Material für ihre Stunden bekommt.


    Kurz: Die MR mit 12 Stunden ist bereits jetzt über dem Limit (4. Klasse, Proben, Elternsprechtag, ...), die MR mit 10 Stunden hat schon angekündigt, dass sie nächstes Schuljahr mit den Stunden noch weiter runter gehen wird, um eine Klassleitung auszuschließen. Wahrscheinlich wird es in allen Spiralgalaxien so sein wie in unserer Galaxie, und überall in Bayern wie an meiner Schule: Ausgebildete GS-Lehrkräfte müssen mit 10 Stunden eine Klassleitung übernehmen und auffüllende Quereinsteiger und angestellte Studierende noch an die Hand nehmen, was dazu führt, dass Lehrkräfte, die ohne Klassleitung 12 oder mit Differenzierungen vielleicht 14 Stunden unterrichten würden, ihre Familienteilzeit weiter reduzieren auf 8 Stunden oder noch weiter auf Mindeststundenzahl.


    Dem könnte das Schulamt entgegenwirken, indem es schon im März, wenn Teilzeitanträge für das kommende Schuljahr gestellt werden, den Einsatz mit den Lehrkräften absprechen würde, und sich an die Absprachen halten würde. Klassleitungen könnten mit einer, am besten zwei Ermäßigungsstunden angerechnet werden, auch bei Vollzeitkräften. Wahrscheinlich käme am Ende ein Stundenplus heraus. (Und: ja, für den Staat wäre es etwas teurer.)

    Blöde Frage, aber müsst ihr das machen?

    Ich meine nicht das mit der Mobilen Reserve, man wird ja wissen, ob man das machen möchte oder nicht, und wenn das jemand möchte, ist das auch völlig ok, ich stelle mir das auch noch spannend vor. Aber Klassenleitung übernehmen, wenn man nur so wenig Stunden hat und Material liefern für Quereinsteigende und Studenten?

    Ich frage, weil hier in der Schweiz alles ein bisschen anders funktioniert, zum Beispiel kannst du hier nicht wirklich für Klassenleitungen verpflichtet werden, es kann aber sein, dass du den Job nur bekommst, wenn du dich bereit erklärst eine zu übernehmen. Es ist alles etwas mehr Aushandlungssache, wir haben auch kein Beamtensystem. Den Lehrermangel spüren wir hier aber auch. Bei mir an der Schule fällt im Moment recht viel Unterricht aus, weil immer weniger Lehrer bereit sind Stellvertretungen zu übernehmen und auch Zusatzaufgaben mittlerweile immer mehr liegen bleiben. So vor zwei Jahren war das noch anders, aber mittlerweile grenzen sich hier eigentlich alle ab. Wir haben zu wenig Lehrer, zu wenig Schulleiter, zu wenig Sekretärinnen. Alle Beteiligten sagen wir machen unseren Job im Rahmen unserer Möglichkeiten so gut wir können, aber können nicht den Job von jemand anderem mitmachen und wir können nicht Leute einarbeiten, die fachlich und pädagogisch so eng an die Hand genommen werden müssten. Im Lehrerzimmer höre ich mittlerweile von immer mehr Personen: „Ja, wir haben Lehrermangel. Aber ist das mein Problem?“

    Was würde bei euch passieren, wenn ihr sagen würdet: „Sorry, das geht über meine Möglichkeiten, mach ich nicht.“?

  • NRW: Es ist eine feste Stelle inkl. Verbeamtung.

    Bei uns in SH gibt es das auch, heißt dann aber Springerstelle. Verbeamtung mit der Verpflichtung, 2 Jahre lang in einem Verbund bestimmter Schulen Vertretung zu übernehmen, anschließend kann man sich wünschen, wo man eingesetzt wird. Das System ist allerdings a) schwierig, weil der Bedarf dadurch nicht abgedeckt wird und es somit eigentlich nur auf dem Papier so scheint, als ob es Ressourcen für Vertretung gäbe und b) sind diese Planstellen kaum attraktiv, da es so viele andere freie Planstellen gibt, so dass sich auf die Springerstellen zu einem großen Teil nur diejenigen bewerben, die eigentlich nicht unbedingt eine Planstelle haben sollten…

  • In Nds sind es Vertretungsstellen ohne Verbeamtung.

    Sie werden mit Studierenden (Bachelor Lehramt aufwärts) besetzt

    oder auch von fertig ausgebildeten Lehrkräften gewählt, wenn sie keine Stelle an ihrer Wunschschule/ in ihrer Wunschregion erhalten können, weil dort nichts ausgeschrieben wurde.

    Sie überbrücken dann mit der Vertretung, in der Hoffnung, dass es in der nächsten Runde für sie besser läuft.

  • state_of_Trance So traurig finde ich das offen gestanden nicht, vermeidet es doch gerade die von McGonagall beschriebene Gefahr, durch eine feste Kopplung von Vertretungsreserven an spätere Planstellen an Wunschschulen auch ungeeignete Bewerber nehmen zu müssen. Andersherum werden Vertretungslehrkräfte, die sich gut bewährt haben, nicht selten auch sehr zeitnah mit festen Stellen versorgt.

  • Ja, kann man traurig finden,

    aber gerade in der Botanik weisen die Dezernent:innen inzwischen darauf hin, dass man die Stelle dort freiwillig angenommen hat und nicht nach 2 Jahren auf den weiten Fahrweg verweisen und eine Versetzung erwirken könne, man habe ja vom Fahrweg gewusst.

  • Blöde Frage, aber müsst ihr das machen?

    Ich meine nicht das mit der Mobilen Reserve, man wird ja wissen, ob man das machen möchte oder nicht, und wenn das jemand möchte, ist das auch völlig ok, ich stelle mir das auch noch spannend vor. Aber Klassenleitung übernehmen, wenn man nur so wenig Stunden hat und Material liefern für Quereinsteigende und Studenten?

    Ja. Auch Mobile Reserve macht man nicht freiwillig, die muss jeder im Laufe seiner Dienstzeit minimum 2 Jahre machen, wenn es dumm läuft auch länger. Gilt jedoch nur für GS- und MS-Lehrer

  • Auch Mobile Reserve macht man nicht freiwillig, die muss jeder im Laufe seiner Dienstzeit minimum 2 Jahre machen

    ? Auf dem Papier oder generell? Ich habe bisher immer Klassenleitungen gehabt, in der Regel immer vier Jahre, dann gab es sofort eine neue erste Klasse. An meinen Schulen gab es keine Abordnungen von Vollzeit-Klassenlehrern.

    Nach deinem Zitat hätte ich in Bayern - sagen wir mal innerhalb der letzten 3 Jahrzehnte - auf jeden Fall mindestens zwei Jahre an einer anderen Schule eine Vertretungsstelle ausfüllen müssen? Wie wird so etwas denn organisiert?

  • ? Auf dem Papier oder generell? Ich habe bisher immer Klassenleitungen gehabt, in der Regel immer vier Jahre, dann gab es sofort eine neue erste Klasse. An meinen Schulen gab es keine Abordnungen von Vollzeit-Klassenlehrern.

    Nach deinem Zitat hätte ich in Bayern - sagen wir mal innerhalb der letzten 3 Jahrzehnte - auf jeden Fall mindestens zwei Jahre an einer anderen Schule eine Vertretungsstelle ausfüllen müssen? Wie wird so etwas denn organisiert?

    Du bist in dieser Zeit nicht fest an einer anderen Schule, sondern wirst vom Schulamt hingeschickt, wo in deinem Landkreis gerade jemand gebraucht wird. Das kann für 1 oder 2 Tage, mehrere Wochen oder auch länger sein. Auf deine Ausbildung wird wenig Rücksicht genommen, sodass du als GS-Lehrer auch in einer 9. oder 10. Klasse vertreten musst bzw. als MS-Lehrer in einer 1. oder 2. Klasse.

    Solltest du keinen Einsatz haben, hilfst du an deiner Stammschule aus.

    • Offizieller Beitrag

    Eigentlich das logischste System ever.
    Das gab es (gibt es noch, aber Lehrermangel lässt grüßen) auch in Frankreich. In meiner Grundschulzeit wurde ich als Kind einer kranken Lehrerin ab und zu in eine andere Klasse geschickt, aber spätestens nach ein paar Stunden / am nächsten Tag war Monsieur X (zufälligerweise ein Mann) da. Er war für alle Vertretungen (geplant und ungeplant) im Kreis zuständig. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass unser Monsieur es sehr gerne machte, ich kenne viele Generationen Grundschulleute und kann auf mehr als 15 Jahren in diesem Status (mindestens), aber es war ja seine Wahl.
    Viele junge französische Grundschullehrer*innen, die nicht unter den besten waren, um eine "gute" Stelle zu bekommen, machen Mobile Reserve, weil es mehr Punkte gibt und somit ermöglicht, schneller an eine bessere Stelle zu kommen (Versetzungssystem). Also: Mobile Reserve im Brennpunkt, um sich irgendwann den Süden zu leisten ;)

  • So, @chilipaprika, verstehe ich das System der "Mobilen Reserve" auch - aber das galt/gilt in NRW für Berufsanfänger. Aber wie Sommertraum es ausdrückte, gilt es in Bayern auch für "gestandene" Lehrer*innen, die schon länge im Dienst (auf einer festen Stelle) sind und bisher noch nicht in der Mobilen Reserve waren. Das wundert mich doch sehr. Ist dem so, oder habe ich es falsch verstanden?

  • Aber wie Sommertraum es ausdrückte, gilt es in Bayern auch für "gestandene" Lehrer*innen, die schon länge im Dienst (auf einer festen Stelle) sind und bisher noch nicht in der Mobilen Reserve waren. Das wundert mich doch sehr. Ist dem so, oder habe ich es falsch verstanden?

    Es ist tatsächlich so. Meine große Schule musste jahrelang 2 mobile Reserven abstellen. Da wurde genau geschaut, wer wann mobile Reserve gemacht hat, damit es einigermaßen gerecht zugeht. Ich selbst machte meine 2 Jahre mobile Reserve mit Mitte 40 und wurde in Grund- und Mittelschulen des Landkreises eingesetzt. Manchmal war es auch aus bestimmten Gründen notwendig, drei Jahre zu machen. Jetzt ist es wegen des Lehrermangels aufgelockert, weil man schauen muss, dass man überhaupt die Unterrichtsversorgung gewährleistet.

  • Jeder MUSS irgendwann einmal in die Mobile Reserve (bis man 50 ist, dann nicht mehr). Dieser Einsatz SOLL zwei Jahre nicht überschreiten, bei uns im Landkreis sind es üblicherweise 3 oder 4 Jahre. Die können am Stück zu absolvieren sein oder einzeln immer wieder ein Jahr. Und man braucht nicht denken, dass das Schulamt jemanden vergisst, der z. B. mit 49 erst zwei Jahre MR gemacht hat. Der wird dann in seinem letzten möglichen Jahr noch in die MR geschickt. Man kann sich auch freiwillig melden. Ich habe das einmal gemacht, weil an meiner Stammschule in einem Jahr eine Stelle zu wenig war. Mit dem Schulamt war abgesprochen, dass ich dann nach diesem Jahr an die Schule zurückkehren kann.

    • Offizieller Beitrag

    Caro07 und wie ist es denn mit der einhergehenden Pflicht zum Auto?

    (und sorry schon im Vorfeld fürs Fragen, tue ich trotzdem)
    Das klingt nach "jetzt müssen wir jemanden finden". Angenommen, alle, die noch nicht dran waren, haben Kinder und es gibt ein paar Kinderlose im Kollegium, die es aber schon gemacht haben. Sind "ich habe Schulkinder", "ich pflege die Cousine meiner Schwiegermutter" usw.. Abwehrgründe oder es ist eine tickende Zeitbombe und man ist auf jeden Fall mal dran?
    (und zwar nur einmal)

  • Solange der Einsatzumkreis zumutbar bleibt, wäre es sicher nutzbringend, wenn jeder Lehrer so etwas mal alle paar Jahrzehnte machen muss.

    Schon allein um mal den Horizont zu erweitern, andere Schulen, andere Schülerklientel und andere Abläufe kennen zu lernen. Es schleichen sich ja an Schulen leicht so lokale Eigenheiten und Selbstverständlichkeiten ein.

  • und wie ist es denn mit der einhergehenden Pflicht zum Auto?

    (und sorry schon im Vorfeld fürs Fragen, tue ich trotzdem)
    Das klingt nach "jetzt müssen wir jemanden finden". Angenommen, alle, die noch nicht dran waren, haben Kinder und es gibt ein paar Kinderlose im Kollegium, die es aber schon gemacht haben. Sind "ich habe Schulkinder", "ich pflege die Cousine meiner Schwiegermutter" usw.. Abwehrgründe oder es ist eine tickende Zeitbombe und man ist auf jeden Fall mal dran?
    (und zwar nur einmal)

    Ohne Auto kommt man in meinem Landkreis nicht weit, bei uns haben alle KollegInnen ein Auto. Als mobile Reserve rechnet man die Fahrtkosten ab.


    Ja, man vielleicht mal Gründe, wieso man in einem oder anderen Jahr das nicht machen kann, aber es entkommt keiner. Das Lehrerleben ist lang. ;)

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