Beamte sollen in die Rentenversicherung einbezahlen

  • Die Rechnung geht doch so oder so nicht auf - ganz unabhängig von der Frage, ob BeamtInnen einzahlen oder nicht.

    (1) Dazu braucht man keine großen Rechenkünste. Wenn ich als Akademiker 25 bis 30 Jahre alt werden muss, um überhaupt Leistungen zu erbringen bzw. "einzuzahlen", dann zwischen 30 und 35 Jahre einzahle und im Anschluss noch einmal im Extremfall dieselbe Zeit Leistungen beziehe, dann kann das Geld nicht reichen. Das gilt für das Rentenversicherungssystem genauso wie für das Pensionssystem. Wenn da nicht aus Steuermitteln erheblich bezuschusst wird, geht da gar nichts.

    (2) Adenauers Rentenreform war ein kolossaler Irrtum nach dem Motto "Kinder kriegen die Leute immer". Wenn das Verhältnis zwischen Beitragszahlenden und Leistungsempfängern sich einem eins zu eins annähert, müssen entweder die Beiträge erhöht oder die Leistungen gekürzt (oder beides) werden. Wahlweise werden der Bundes- und der jeweilge Landeshaushalt durch Renten-, Pensions- und Sozialleistungen eben erheblich belastet.

    (3) Da helfen dann die moralinsauren Biographien von Tante Erna, die 40 Jahre lang Schuhe verkauft hat und jetzt eine Mini-Rente erhält, leider wenig weiter, außer dass sie Neiddebatten schüren und sozialen Unfrieden stiften.

    Zum ersten Abschnitt: Da gehe ich voll mit. Am Ende wäre ein gangbarer Vorschlag (auch wenn er für uns alle unangenehm ist, weil wir länger arbeiten müssten) der, dass von der gewonnenen Lebenserwartung ein Anteil in zusätzliche Arbeitszeit und ein Anteil in Renten-/Pensionszeit fließen würde. Finanziell werden uns beide Systeme um die Ohren fliegen (und das ist schon seit Jahrzehnten bekannt).

    Zum zweiten Abschnitt: So radikal würde ich das nicht als kolossalen Irrtum bezeichnen, denn zu der Zeit und in der direkten Folgezeit war das sinnig. Der Pillenknick, den es dann während einer späteren Politik-Generation gab und dessen Folgen klar waren, der hat bei der dann tätigen Generation nicht zu einem Umsteuern des Systems geführt. Ich würde es so formulieren: Die in den 50ern logisch scheinende These Adenauers wurde bei seinen Nachfolgern/innen trotz der offensichtlich veränderten Realität nicht upgedatet und das war bei denen dann kein kolossaler Irrtum sondern eine kolossale Verantwortungslosigkeit.

    Und beim Abschnitt 3 gehe ich wieder konform mit dir.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Zum zweiten Abschnitt: So radikal würde ich das nicht als kolossalen Irrtum bezeichnen, denn zu der Zeit und in der direkten Folgezeit war das sinnig. Der Pillenknick, den es dann während einer späteren Politik-Generation gab und dessen Folgen klar waren, der hat bei der dann tätigen Generation nicht zu einem Umsteuern des Systems geführt. Ich würde es so formulieren: Die in den 50ern logisch scheinende These Adenauers wurde bei seinen Nachfolgern/innen trotz der offensichtlich veränderten Realität nicht upgedatet und das war bei denen dann kein kolossaler Irrtum sondern eine kolossale Verantwortungslosigkeit.

    In der Tat. Es mutet vordergründig leichter an, ein System (un)kontrolliert zu einem noch undefinierten Zeitpunkt in der Zukunft vor die Wand fahren zu lassen, als im Vorfeld unpopuläre Entscheidungen zu treffen, die die Verantwortlichen die nächsten Wahlen kosten könnten.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Das Rentensystem wäre nicht so in der Sackgasse, wenn man von Anfang an für jeden Beitragszahler auch eine kapitalgedeckte Komponente aufgebaut hätte, so dass heute nur noch 2/3 der Kosten durch Beiträge gedeckt werden müssten. Über die ersten 40 Jahre der Bundesrepublik wäre das auch problemlos möglich gewesen, aber welcher Politiker plant schon so langfristig, wenn man verfügbare Gelder auch kurzfristig in Dinge investieren kann, die der eigenen Wiederwahl dienen.

    Auch heute könnte man sinnvolle Korrekturen vornehmen, es ist kein Geheimnis, dass diverse Zusatzrenten (Mütterrenten, etc.) der letzten 5 Jahre überwiegend Rentenempfängern zugute kommen, die bereits gut versorgt waren und nicht den hungernen Witwen. Rentenpolitik begünstigt bis heute einseitig die Rentner gegenüber den aktuellen Beitragszahlern, auch das aus wahltaktischen Gründen.

  • die Ausbildung ist keine Voraussetzung, sondern wird entsprechend anerkannt, soweit ich weiß. (und wenn überhaupt: viele Ausbildungen können doch verkürzt werden, wenn man das Abitur hat, oder?)
    Wir sind also bei 7,5 vs. 11.

    Ausbildung nicht, aber 52 Wochen, also 1 Jahr fachpraktische Tätigkeit. Die muss man in der Gesamt-Ausbildungszeit fürs BK schon drauf rechnen.

    Meine Ausbildung konnte ich von 3,5 auf 3 Jahre verkürzen, aber nicht wegen Abitur, sondern wegen Leistungen.

    Nur um das gerade zu rücken.


    Ansonsten würde ich mich nicht mit angehenden Ärzt(inn)en vergleichen wollen. Aber eben auch nicht mit Pflegepersonal vom Ausbildungsweg her.

  • aber ich habe das Jahr doch darauf gerechnet?
    (und mir wäre es tatsächlich lieb, wenn es wirklich ganz offiziell wäre, dass BK-Leute quasi ein 6-jähriges Studium haben (3+2+1). Ich habe zu viele Leute gesehen, denen Kellnern auch anerkannt wurde, bzw. 4 Wochen-Küchenhilfe bei Oma in den Semesterferien.

    Zugegeben, ich habe einige Ausbildungen im Kopf, die viel einfacher "verkürzt" werden können, weil ich Plattys Fantasien antworte, der eben nicht im Bereich von 3,5 jährigen nicht verkürzbaren Ausbildungen ist, aber sich gerne mit dem Chirurg mit zwei Fachrichtungen vergleichen möchte.

  • Zugegeben, ich habe einige Ausbildungen im Kopf, die viel einfacher "verkürzt" werden können, weil ich Plattys Fantasien antworte, der eben nicht im Bereich von 3,5 jährigen nicht verkürzbaren Ausbildungen ist, aber sich gerne mit dem Chirurg mit zwei Fachrichtungen vergleichen möchte.

    Ihr vergleicht Euch hier doch so gerne mit der Krankenschwester und fabuliert dann darüber wie fürstlich wir doch bezahlt werden.

    --> RE: Tarifrunde eingeläutet

  • Ach Quatsch! Selbstverständlich vergleiche ich mich nicht mit der Krankenschwester.
    Aber auch nicht mit einem Chirurg, der eine OP inmitten einer 24-Stunden-Schicht macht. Auch nicht mit einem Hausarzt. Auch nicht mit einem Krankenhausorthopäde mit geregelten Arbeitszeiten.

    Wie gesagt: Natürlich haben wir eine lange Ausbildung und Verantwortung und gehören im höheren Dienst. aber Argumentationen mit falschen Fakten sind angreifbar.
    Genauso wie ich kaum jemanden kenne, der das Staatsexamen in 9 Semestern kenne, brauchen die meisten Ärzte mehr als 6 Jahre fürs Studium.
    Es gibt Spielregeln. Dass die NaWi- und Technik-Quereinsteiger*innen nicht mehr Geld verdienen als die D/Ge-Kolleg*innen verdienen, gehört leider genauso dazu, wie dass ich auch nicht mehr Geld dafür, dass ich Muttersprachlerin bin, oder dafür dass ich vier Fächer vollständig studiert habe oder dafür, dass ich Zusatzqualifikationen habe oder dafür, dass eine Kollegin in der Fachdidaktik promoviert wurde.

  • Für bisherige Beamte wird ein Wechsel kaum rechtssicher machbar sein, das heißt die Beamten, die derzeit Abgeordnete im Bundestag sind, werden nicht unter dieser Entscheidung zu leiden haben.

    Ach mit 2/3 Mehrheit ist doch alles möglich. Wo das Geld für die Pensionen herkommen soll, weiß ja eh niemand.

  • Zumindest in den Naturwissenschaften ist das durchaus eine Überlegung vieler Kommilitonen gewesen. Der Mangel insbesondere an Chemie und Physik Lehrkräften liegt nur bedingt darin, dass es in diesen Fächern generell zu wenig Studierende gäbe, sondern dass diese in der freien Wirtschaft durchaus zu besseren Konditionen unterkommen können. Wenn man jetzt noch die geringen Vorteile des Beamtentums nivellieren sollte, dann werden nicht gerade mehr Personen ins Lehramt gelockt werden.

    Es gibt keinen Mangel an Chemielehrkräften für Gymnasien / Gesamtschulen. Und dass Chemiker am Arbeitsmarkt so viel verdienen, ist ein Märchen.

  • Es gibt keinen Mangel an Chemielehrkräften für Gymnasien / Gesamtschulen. Und dass Chemiker am Arbeitsmarkt so viel verdienen, ist ein Märchen.

    Aha. Das sieht die Bedarfsprognose zumindest meines Bundeslandes regelmäßig anders. Dort ist unter Fächer des dringenden Bedarfs auch in diesem Jahr wieder zu lesen:

    Ich räume aber gerne ein, dass diese unterschiedliche Wahrnehmung darin begründet sein kann, wie man den Begriff "Mangel" definiert. Es fällt bislang zumindest nicht in größerem Maßstab der Chemie-Unterricht aus.

  • Es gibt keinen Mangel an Chemielehrkräften für Gymnasien / Gesamtschulen. Und dass Chemiker am Arbeitsmarkt so viel verdienen, ist ein Märchen.

    Wie ich vor der Entscheidung stand Promotionstelle oder Referendariat (beide ungefähr gleich bezahlt, natürlich dauert eine Promotion in Chemie länger, bei Medizinern war sie übrigens deutlich kürzer) war das Durchschnittsgehalt promovierter Chemiker höher als aller Ärzte (sogar noch höher als Zahnärzte) und vor allem gab es genug freie Stellen, im Gegensatz zu Lehrern. Ja, Zeiten ändern sich.

    Und ich schrieb schon mehrfach, ich kenne kaum Chemielehrer unter 55. Ein Mitforist bestätigte dies.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Beim Vergleich von Einkommen kommt hinzu, dass manche einfach nur das Monatsnetto vergleichen. Wenn da die PKV abgezogen wird und dann berücksichtigt wird, dass man in der Industrie in der Regel ein 13. Montagehalt hat, verändert sich das Bild.

    Wenn ich mal so vergleiche, womit ich als normaler Sachbearbeiter mit relativ wenigen Berufsjahren aus der Industrie ausgestiegen bin und das auf heute mit den Tariferhöhungen hochrechne, dann ist der Einstieg mit A13 auf Stufe 4 in RLP deutlich hintendran (gleiche Steuerklasse). Das muss den jungen Siemens-Ingenieur schon sehr intrinsisch motivieren, um heute Lehrer werden zu wollen. Das Geld wäre es nicht.

    Jetzt das aber: Mit Kindern und Beförderungen und der späteren Jobsicherheit ändert sich aber auch später(!) wieder das Bild.

    Was die Pension angeht: Die betriebliche Altersvorsorge war in meiner Industriezeit so gut, dass ein ziemlicher Zuschlag zur Rente zu erwarten war und damit sehr nah an einer Pension. Ich persönlich hatte da das Pech, 1,5 Jahre zu früh auszusteigen ;) So habe ich nur die kleine Anwartschaft mitgenommen und nicht die große (mit einem Vielfachen). Wäre praktisch gewesen, da die im Gegensatz zu den Rentenansprüchen nicht auf die Pension angerechnet wird (soweit ich weiß).

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Ich habe nicht geschrieben, dass Lehrkräften ihre Besoldung egal ist, aber dass sie damit im Vergleich zu anderen Berufsgruppen schon sehr gut verdienen. Es gibt nur wenige Arbeitsbereiche, in denen man ohne Führungsposition oder Tätigkeit in der öffentlichkeitswirksamen Unterhaltung (Model/Musiker/Fußballer/Schauspieler o.ä.) auf Anhieb ähnlich gut verdient.

    Ich möchte darauf hinweisen, dass die Gehälter von Lehrkräften stark variieren, von A12 bis etwa A14 oder höher.

  • möchte darauf hinweisen, dass die Gehälter von Lehrkräften stark variieren, von A12 bis etwa A14 oder höher.

    Und bei den Angestellten von EG 9 bis EG 13 und in Ausnahmefällen auch bis Eg15

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Ich wage zu behaupten, für A15 würden auch nicht mehr Leute den Job machen. Gerade in der Mittelschule wäre wichtig, dass Lehrkräfte schnell und nachhaltig eingreifen können dürfen, wenn die Unterrichtssituation zu eskalieren droht. Da sind aktuell die bürokratischen Hürden viel zu hoch.

    Das lese ich auch häufig, meist von Gymnasiallehrern, die sowieso A14 aufwärts verdienen.

    Wobei ich dir zustimme, dass die Belastung auch anderweitig reduziert werden müsste, nicht (nur) durch finanzielle Anreize.

  • Das lese ich auch häufig, meist von Gymnasiallehrern, die sowieso A14 aufwärts verdienen.

    Gymnasiallehrer verdienen erstmal A13Z. Eine Regelbeförderung gibt es meines Wissens nur noch in Bayern (und evtl. BaWü?).
    Ansonsten ist die Beförderung auf A14 mit der Übernahme zusätzlicher Aufgaben und Verantwortungen verbunden.

    Das nur als Richtigstellung. Dem Geist der Aussage, dass es sich auch von einer A13Z Position herunter leicht argumentieren lässt, dass eine Besoldungsanhebung für A12-Lehrkräfte auch nichts bringt, teile dennoch.

  • Keine Panik, die Leute, die das ausarbeiten, sind selbst Beamte.

    [...]…Richter sind auch Beamte hörte ich..

    Off-topic bzw. fun fact aus Belgien:

    "[...] Verärgert über den Beschluss der Bundesregierung, die Pensionen von Richtern und Gerichtsbediensteten zu kürzen, bringen die Staatsanwälte auf diese Weise ihren Unmut zum Ausdruck.

    So weigern sich die Staatsanwälte nach wie vor, der Aufforderung des Justizministers nachzukommen, Straftäter mit kurzen Haftstrafen vorerst nicht in die bereits überfüllten Gefängnisse zu schicken.

    Sie werden auch keine Antworten mehr auf parlamentarische Anfragen geben oder auf Ersuchen um Beratung oder Teilnahme an Arbeitsgruppen der Regierung oder des Parlaments antworten. [...]

    Es kommt nicht jeden Tag vor, dass die Staatsanwaltschaft in diesem Umfang tätig wird, ganz im Gegenteil. „Meines Wissens ist das noch nie vorgekommen“, bestätigt [...] der Generalstaatsanwalt von Brüssel, im Namen des Kollegiums der Staatsanwälte. "Aber hier geht die Regierung dann doch eine Brücke zu weit. Irgendwann ist der Eimer voll."

    Original: https://www.vrt.be/vrtnws/nl/2025…pen-van-federa/

  • Am Ende wäre ein gangbarer Vorschlag (auch wenn er für uns alle unangenehm ist, weil wir länger arbeiten müssten) der, dass von der gewonnenen Lebenserwartung ein Anteil in zusätzliche Arbeitszeit und ein Anteil in Renten-/Pensionszeit fließen würde.

    Ich bin mir auch sicher, dass es mittelfristig darauf hinauslaufen dürfte. Es wird die Taktik sein, zuerst extreme Einschnitte zu propagieren, um alle irgendwie in Aufruhr zu versetzen, um bei deutlich geringeren Einschnitten, die dann umgesetzt werden, weniger Gegenwind zu bekommen.
    Ich freue mich über jedes Jahr, in dem die Entscheidung zur Anhebung des Renten-/Pensionsalter noch nicht gefallen ist. Beim letzten Mal wurde das dann nach Geburtenjahrgängen gestaffelt und mit jedem Jahr, das ich vor so einer Entscheidung älter werde, desto weniger wird es mich betreffen. Aber das ist natürlich eine rein egoistische Sichtweise.
    Gesamtgesellschaftlich wird dieser oder der nächsten Regierung gar nicht viel übrig bleiben, sofern eine komplette Umstrukturierung des Rentensystems nicht stattfindet. Und halte ich für unwahrscheinlich, wie sollte die auch aussehen.

Werbung