"Wozu brauche ich das später?"

  • Wofür war eigentlich nochmal Fußball gut? Oder Kunst oder, oder…?


    Die Frage an sich ist das Problem. Die wird meist gestellt, wenn es den einzelnen sehr langweilig ist oder einen gewissen Leidensdruck gibt.


    Auf diese Frage gibt es keine für jede vernünftige Antwort. Manchmal machen vollkommen nutzlose Dinge Spaß, das ist im Matheunterricht ein edles Ziel, umso schöner, wenn es immer mal wieder gelingt.

    Ich sage den SuS bisweilen, dass sie sich darauf richtig einlassen müssen, nur dann haben sie die Chance aufFreude am Knobeln oder haben ein Flow Erlebnis, weil sie sich angestrengt und Lösungen gefunden haben.


    Selbstverständlich gibt es für alles mögliche auch die Fälle, in denen etwas später mal gebraucht wird, aber das betrifft ja immer nur einzelne.

    Wir zeigen den SuS möglichst viel von der Welt und da gehört auch Mathe dazu. Und natürlich muss für manche die schon erwähnte Antwort „für die ZP 10“ oder „fürs Abi“ herhalten.


    Ehrlicherweise sollte man den SuS erklären, dass das mathematische Denken auch an anderen Inhalten geschult werden könnte als an denen, die wir in de Schule behandeln müssen. So habe ich mir z. B. früher mal die Freiheit genommen etwas Kryptologie in einer U.Reihe zu machen. Das fanden die SuS dann spannend und haben nicht gefragt, wozu sie das brauchen. Da könnte man zwar was von Sicherheit im Netz erzählen, aber wie das funktioniert, braucht die einzelne später auch nicht zu wissen.


    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Es ist meiner Ansicht nach ein Fehler, Nützlichkeitsaspekte in den Vordergrund zu stellen.

    Oh ja! Derartiges Nützlichkeitsdenken führte ja in meinem früheren Arbeitsbereich Musikschule zunehmend dazu, dass das Erlernen eines Instruments sozusagen legitimiert werden muss mit den ach so tollen Effekten für kognitive Leistungen, Sprachenlernen, blablabla... Man lässt also seine Kinder nicht um der Musik selbst willen musizieren oder weil es Spaß macht, sondern damit es später mehr Leistung in den wirklich wichtigen Bereichen bringen kann. Das war wirklich zum davonlaufen... ob das immer noch so in den Vordergrund gestellt wird, weiß ich nicht; an meinem Gymnasium werben wir für Streicher/Bläserklassen (auch nach meiner Intervention) nicht mit derartigen Argumenten.


    Ironischerweise treten die positiven Nebeneffekte des Musizierens erst dann auf, wenn man über mehrere Jahre wirklich regelmäßig dranbleibt. Das "Mal-Reinschnuppern" in irgendwelchen Klassenmusizierprojekten mit in der Regel homöopathischen Übeeinheiten zu Hause bringt da nix. Gerade für diese Projekte wurde und (wahrscheinlich) wird aber viel mit den tollen persönlichkeits- und intelligenzbildenden Effekten geworben. Beobachtung aus meiner Musikschullehrerzeit: Wenn mal wieder so gar nicht geübt wurde, kam von vielen Eltern unausweichlich die Entschuldigung/Erklärung: "Es soll ja auch Spaß machen" Arrrrgh! Eben! Meine Standardantwort, die ich wirklich oft gegeben habe, war dann: "Das (zugegeben) etwas mühsame Erlernen von Basics ermöglicht erst den wirklichen Spaß! Stellen Sie sich Ihr Kind beim Fußball vor; es trifft aber nur bei jedem dritten Versuch überhaupt den Ball und tritt sonst vorbei... macht bestimmt Riesenspaß!"

  • Zum Thema Nützlichkeit in der Mathematik fällt mir noch ein alter Witz ein, der gar nicht so weit von der Wahrheit weg ist 😉


    Ein Reporter interviewt einen Mathematiker. „Gibt es für Ihre Arbeit auch Anwendungen?“. Der Mathematiker ganz erschrocken: „Ich hoffe nicht!“

  • Also in meiner Schülerzeit hatten wir einen Pauker für Physik und Chemie. Da haben wir uns in Chemie die unterschiedlichen Sprengstoffe angeguckt und in Physik wo man das Zeug platzieren muß, um mit einem möglichst kleinen Bums eine möglichst große Brücke kaputt zu machen. :staun:
    Der Typ war richtig cool.

    In Mathematik wurden Schießtabellen (=Parabeln) berechnet. :victory:

    Joah, ich hatte auch so ein Physikexemplar, das uns Fallkurven von auf Zivilisten abgeworfenen Bomben berechnen ließ und das für total normal hielt. Ich fand das schon mit 15 extrem uncool und unwitzig (mit entsprechenden Debatten als Folge mit dieser Lehrkraft) und vor allem auch vollkommen unnötig. Es gibt noch andere Prinzipien, die man in seinem Unterricht beachten sollte als lediglich einen möglichen Anwendungsbezug. Äpfel fallen ja auch und töten deutlich seltener Menschen, als das bei Waffen aller Art oder auch Sprengstoff der Fall wäre.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    Das ist vermutlich gar nicht mal so unwahrscheinlich in der Breite.

    Als Kind der 70er wurde ich in den 80ern von Lehrkräften unterrichtet, die selbst ihre Schulzeit im Dritten Reich durchlebt hatten. Da waren solche Aufgaben durchaus üblich. Zum Teil gibt es die ja auch noch als Quellen in Geschichtsbüchern.

  • Also ich habe damals als Schüler nie verstanden wofür Latein gut sein soll und verstehe es auch heute nicht. Gedanke damals dabei: "Eine tote Sprache, die von Scheintoten unterrichtet wird."

    Ich hatte von der 5. Klasse an Latein und habe mich nie gefragt, wofür ich das brauche. Es hat mir einfach immer Spaß gemacht. Und noch heute gucke ich manchmal Vokabeln im Stowasser nach, um mir ein Wort zu erschließen.

    Sprachen erschließen Welten, und Mathematik ist auch eine Sprache. Leider fehlt schon jungen Leuten manchmal dieser Drang, sich die Welt zu erschließen. Oder er geht verloren, weil ... ja, warum eigentlich?


    Wie war das bei Dieter Nuhr: "Wenn es nach meinem Vater ginge, würden wir immer noch in der Ursuppe schwimmen. Zweite Zelle? Brauch ich nicht!"

  • Zitat

    "Wenn es nach meinem Vater ginge, würden wir immer noch in der Ursuppe schwimmen. Zweite Zelle? Brauch ich nicht!"


    Schade, dass unsere SuS den Witz nicht verstehen, weil sie die Aussage als solche nicht verstehen würden :(

  • Zitat

    Also ich habe damals als Schüler nie verstanden wofür Latein gut sein soll und verstehe es auch heute nicht. Gedanke damals dabei: "Eine tote Sprache, die von Scheintoten unterrichtet wird."


    Nun ja, Latein ist heutzutage i.d.R. ja ein Wahl(pflicht)fach und kann demnach auch durch etwas anderes ersetzt werden. Abgesehen davon, für mich als Fremdsprachenidiot sind auch Sprachen wie z.B. Französisch im Grunde eine "tote Sprache" (weil, werde ich nie anwenden). Und wenn man schon wählen MUSS, finde ich bei Latein im Unterricht durchaus gewisse Vorteile (Übersetzungen nur von Latein nach Deutsch, nicht umgekehrt, Unterrichtssprache ist deutsch, und letztendlich taucht Latein in sehr vielen Fachbegriffen/Fremdwörtern auf und man kann sich so manche Bedeutung damit erschließen). Latein empfand ich gegenüber Französisch (schwierige Aussprache, schwierige Rechtschreibung, kann als Mutter Vokabeln nicht abfragen) als das kleinere Übel - und habe dies auch meinen eigenen Kindern bei der Fremdsprachenwahl (ebenfalls wenig fremdsprachenaffin) so nahegelegt.


    Dass die Lateinlehrer alle scheintot sein sollen, wage ich doch zu bezweifeln. Mir ist sogar mal ein Referendar mit Latein untergekommen ;)

  • Sprachen erschließen Welten, und Mathematik ist auch eine Sprache.

    Dem stimme ich sogar zu, nur gab es bei mir bei Latein nie das Aha-Erlebnis. Im Englisch-Unterricht war das ganz anders. Da konnte ich auf einmal zu Silvester (5. oder 6. Klasse?) den doch einfachen Dialog von "Dinner for One" im Original verstehen. Bzgl. Englisch hat es in dem Moment bei mir "click" gemacht, so daß ich es am Ende in der Wirtschaftsenglisch-Klausur an der Uni sogar auf die Note 1,3 gebracht habe. Im Urlaub in Ozeanien höre mich mir auch bei den Museumsführungen etc. lieber die englische Führung an, weil da mehr Details rüber kommen, als wenn die dortigen Museumsführer sich an der deutschen Sprache versuchen.


    Aber Latein? Nee... da gab es das Aha-Erlebnis nie und ich habe mich ewig damit abgequält.

  • Auf das Aha-Erlebnis in Englisch warte ich heute noch :( (In diesem Leben kommt das wohl nicht mehr...)

    Falls Du gerne Serien guckst: Originalton anmachen. Meistens eine echte Offenbarung, die Charaktere wirken zum Teil völlig anders als in der Synchro.

  • Falls Du gerne Serien guckst: Originalton anmachen. Meistens eine echte Offenbarung

    Diese Offenbarung ist allerdings auch ein zweischneidiges Schwert. Sobald man ein paar Mal Originalton geschaut hat, will man nie nie wieder synchronisierte Filme/Serien schauen. Dann fällt einem erstmal auf, wie schlecht die Qualität der meisten Synchronisationen ist und, dass das gesprochene meist kein bisschen mit den Lippenbewegungen zusammenpasst.
    Bei mir ist es inzwischen sogar so weit, dass ich auch Filme mit Originalsprachen, die ich nicht verstehe, lieber mit Originalton und mit deutschen/englischen Untertiteln schaue, als sie mit einer Synchronisation anzuschauen. Das vermiest mir so einige Filmabende mit Freunden, die lieber auf Deutsch schauen ...

  • Aber Latein? Nee... da gab es das Aha-Erlebnis nie und ich habe mich ewig damit abgequält.

    Da bist du ja nicht der Einzige und man kann ja auch nicht erwarten, dass sich jedem jedes Fach in ganzer Schönheit erschließt. Aber immerhin hilft einem die Schule, sich selbst zu sortieren. Bei mir war es tatsächlich in den letzten Schuljahren relativ klar, wohin die Reise geht, was meine Interessen angeht. Daran hat sich auch nicht so viel geändert, wobei "Beruf" und "Interessen" ja auch nicht unbedingt immer zusammengehen.

  • Am Freitag fragte mich ein Schüler:"Wozu brauche ich das denn später?"

    Ich war total ratlos was ich darauf antworten sollte.


    Thema war Quadratische Funktionen (Mathematik).

    Ich sag einfach: „Auf jeden Fall für die nächste Arbeit.“, wenn mir selbst nichts Sinnvolles einfällt. Das reicht meistens. Die ganze Oberstufenmathematik z.B. hab ich nie wieder gebraucht und frag mich bis heute, warum ich mich damit im Abi rumquälen musste. Ich hatte Mathe als viertes Abifach. :pfeifen: Und ich hab alles komplett vergessen, fiel mir auf, als meine Kinder den Stoff lernen mussten. Ich weiß da nichts mehr von und konnte ihnen nicht helfen. Übrigens auch mein Mann nicht, der BWL studiert hat, aber SAP-Beratung macht. Allerdings kann man sich die Frage nach dem Sinn bei den meisten Inhalten stellen.:)


    Letztendlich stimme ich Philio zu. :top: Allgemeinbildung und Lernen lernen. Aber das erklär ich meinen Schüler(inne)n nicht mal eben und die Zeit für eine längere Erklärung nehme ich mir nur, wenn ich denke, dass es denjenigen wirklich interessiert.

    Meine kurze und schnoddrige Antwort auf solche Fragen: „Das nennt sich Allgemeinbildung.“

    • Offizieller Beitrag

    ch hatte von der 5. Klasse an Latein und habe mich nie gefragt, wofür ich das brauche.

    Mit der Frage kommen manche Eltern ans Gymnasium. Ja, die Eltern. Bis ich dann am Infoabend erkläre: "Neee, um im Urlaub ein Doppelzimmer mit Frühstück und abend ein Glas Wein zu bestellen braucht man kein Latein. Dafür würde aber Englisch reichen und bräuchte es gar keine zweite Fremdsprache. Latein spricht eine andere Art von Sprachenschülern an." Ratlose Gesichter. Dann erkläre ich den Unterschied im Unterrichten, im Herangehen an die Sprache. Und schwupp, sieht die Sache schon ganz anders aus. ;)

    • Offizieller Beitrag

    ... diese (direkte, sofort sichtbare) Verwertungslogik ist das, woran das System krankt (und die oft falsch verstandene, inhaltlose Kompetenzorientierung).


    Ich hatte ganz oft Elternteile, die unterschwellig (oder überschwellig) klar machen, was sie von meinem Fach halten (aber auch viele, die sooooo gerne in die Bretagne fahren). Mein prägenstes Erlebnis war diesbezüglich ein Vater, der mich fragte, warum der Filius (5 in Französisch) Französisch lernen soll, er wolle kein Übersetzer werden. Dass er will, dass Filius Abitur macht, war das richtige Argument. Dass das Auswendiglernen von Vokabeln durchaus auch Gehirnteile trainiert, die man auch brauchen kann, dass die Kombinationsfähigkeit beim Konjugieren Legosteinen und einfacher Mathematik (in welcher er angeblich so gut war, drei Minus) ähnelt, dass man kein "Sprachgefühl" für eine 3 in der Mittelstufe braucht, usw.. alles egal. Das einzige Argument für ihn: Französisch ist immerhin besser als Latein. (Zu dem Zeitpunkt war ich ob der Probleme des Sohnes unsicher, wegen der von Catania vorgebrachten Argumente).
    Fun fact an der Geschichte? Besagter Filius studiert katholische Theologie (Diplom/Priesteramt, also EinFach-Studium). Ich muss jedes Mal innerlich lachen, wenn ich sein Gesicht in der Zeitung in Kombi mit dem Fach lese (Lokalpolitisch engagiert und auch in der Kirche). Ich bin sicher, er war/ist im Studium froh, auf irgendwelche trainierte Gehirnteile zurückzugreifen, wenn es an Latein, Altgriechisch und Hebraisch geht. :D

  • Leider fehlt schon jungen Leuten manchmal dieser Drang, sich die Welt zu erschließen. Oder er geht verloren, weil ... ja, warum eigentlich?

    Das stimmt so nicht für alle, ich habe auch sehr viele intrinsisch motivierte SuS, die genau wie ich damals, Interesse daran haben Dinge über die Welt zu lernen. Genau diese SuS gehören ans Gymnasium und sollten auf ein Studium vorbereitet werden.

    Der Punkt ist einfach, dass auf den Gymnasien leider auch sehr viel SuS sind, die dort nicht hingehören bzw. das Gymnasium ist leider nicht mehr die Schulform, die sich um genau die oben beschriebenen SuS kümmern soll. Es ist eine Art Auffangbecken geworden.

    Die SuS die fragen "Warum soll ich das lernen? Warum brauche ich das?" sollten auf eine andere Schulform.

    Mindestens 50% aller SuS bei uns sollten lieber in eine Schulform, wo man wirklich konkret auf den Alltag in Ausbildungsberufen vorbereitet.


    Wer in Mathe von der Beweisführung nicht fasziniert ist, sondern fragt "Wozu brauch ich das?" ist besser aufgehoben Mathematik auf dem Niveau von Prozentrechnung zu lernen, danach eine Ausbildung zu machen und mich später bei z.B. einem Job als Verkäufer/in zu fragen "Darf es sonst noch etwas sein?". Dann ist diese Person während ihrer Schulzeit beruhigt Dinge zu lernen, die man auch wirklich braucht und ist eben nicht mehr an einer Schulform, in der ihre Fragen den Unterricht, der für lernwillige und lernfähige SuS ursprünglich mal gedacht war, ausbremsen.


    Ich finde die hier schon einmal verlinkte Karikatur: https://www.smbc-comics.com/co…uldn39t-be-a-math-teacher

    zeigt ganz deutlich, wie oft wir mit SuS am Gymnasium konfrontiert sind, die eigentlich besser was mit ihren Händen statt ihrem Kopf machen sollten. Leider ist, obwohl eine Goldgrube, Handwerk nicht so angesehen, wie es sein müsste.

    Anstatt Leute, die vielleicht mit ihren Händen tolle Dinge schaffen könnten, entsprechend schulisch darauf vorzubereiten versucht man diese zu Kopfarbeitern zu machen, wofür sie im übertragenen Sinne zwei linke Hände haben.

    • Offizieller Beitrag

    Die SuS die fragen "Warum soll ich das lernen? Warum brauche ich das?" sollten auf eine andere Schulform.

    Wer kritisch-neugierige Rückfragen zum Sinn und Zweck des Unterrichtsstoffs stellt, ist also nicht gymnasial-tauglich?

  • Die SuS die fragen "Warum soll ich das lernen? Warum brauche ich das?" sollten auf eine andere Schulform.

    Fragt das nicht fast jeder mal? Ich habe diese Frage selbst sehr oft gestellt in Fächern, die ich nicht besonders mochte, und trotzdem mein Abi und ein Bachelorstudium erfolgreich abgeschlossen.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Wer kritisch-neugierige Rückfragen zum Sinn und Zweck des Unterrichtsstoffs stellt, ist also nicht gymnasial-tauglich?

    Ja, die sollen aufs BK kommen :)


    Grundsätzlich ist das aber glaube ich eine gute, wenn auch sehr platte Zusammenfassung, oder? Am Gymnasium (und noch mehr im Studium) habe ich wenig von den Inhalten behalten, aber dafür sehr viel lernen gelernt, wie es ja auch von vielen hier beschrieben wird.


    Die Menschheit hat dermaßen viel Wissen angehäuft, dass es nicht wie früher in der Steinzeit möglich ist, alles was man später mal braucht, zu lernen ("Stein schlagen: Feuer; Speer werfen: Mammut treffen; Mammut rennt auf dich zu: Loslaufen"). Das Gymnasium bereitet doch inbesondere darauf vor, sich später den relevanten, winzig kleinen Teil des Gesamtwissens der Menschheit selbst zu erarbeiten, den man benötigt.


    Natürlich ist das Kindern 0,0 klar, wenn sie in der Schule sind. Meinen Schülern in der FHR-Mathematik Gesundheit/Soziales mache ich das am Anfang transparent: Es gibt wenig bis keinen Anwendungsfall für die Mathematik in den kommenden zwei Jahren, den sie persönlich später brauchen werden. Es gibt natürlich für jede Mathematik jede Menge Anwendungsfälle, die aber eben nicht in der Realität dieses Bildungsgangs vorkommen (anders als z.B. bei den Naturwissenschaftlern). Ziel in diesem Bildungsgang ist aber das kompetenzorientierte Unterrichten - und davon bin ich immer noch überzeugt. Die Lösungsstrategien und Schritte, die hier zum Ziel eines abstrakten (weil mathematischen) Problems führen, lassen sich auf jedes andere Problem übertragen. Dann kann ich auch die vielzitierte Steuererklärung ausfüllen, die kaum weniger abstrakt ist als die Kurvendiskussion.


    Ich weiß gar nicht wo der Schnitt ist, dass Wissen in der Schule nicht mehr relevant fürs die meisten im späteren Leben ist. Vielleicht sogar schon in der Grundschule (eher unwahrscheinlich), spätestens aber irgendwo in der Mittelstufe wird das sein. Unabhängig davon kann ich in der Schule aber feststellen, welche Neigungen ich habe. Die Fächer machen mir dann mehr Spaß.

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