Die Qual der Wahl - Grundschule

  • Hallo zusammen,


    noch vor etwa 4 Jahren habe ich mich drüber lustig gemacht, jetzt gehöre ich selbst dazu: Eltern, die sich gefühlt VIEL zu früh Gedanken um die richtige Grundschule machen. Unser Kind wird 2025 eingeschult und nach dem Drama, das sich in diesem Jahr ergeben hat (wahnsinnig viele Kinder wurden an manchen Schulen ablehnt und die Eltern sind alle verzweifelt), mache ich mir nun so meine Gedanken.


    Wir haben im direkten Umfeld zwei (je ca. 1,5 bis 1,7 km), im minimal erweiterten Umfeld drei (2 km) Grundschulen zur Auswahl. Alle drei Grundschulen sind naja bis okay. Wir legen an sich viel Wert auf Eigenverantwortung und Selbstständigkeit, bei uns in der Straße ist es normal, dass die Kinder frei in allen Gärten eigenständig spielen dürfen (unter grober Aufsicht der anwesenden Erwachsenen), auch die kleineren, die nicht in der Schule sind (ab ca. 4).


    Schule 1:


    Vorteile:


    - nah dran, Kind kann zu Fuß gehen

    - Nachbarkinder sind dort auch (zweijährige Überschneidung, gemeinsamer Schulweg etc.)

    - liegt auf dem Weg (falls man mal bringen muss)

    - Schulfreunde sehr wahrscheinlich in der Nähe


    Nachteile:


    - Sozialindex 7 (EXTREM viele Kids mit MIgrationshintergrund (laut Statistik zwischen 75 und 90%/Klasse), sehr viele konservative Muslime, was dazu geführt hat, dass drei mit mir befreundete türkische Familys Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, damit ihre Töchter da nicht hinmüssen, nachdem sie woanders abgelehnt wurden)

    - schlechter Ruf im Allgemeinen, auch hinsichtlich der SL

    - keine funktionierende Website

    - OGS so lala

    (- JÜL für die Klassen 1 und 2)


    Schule 2:


    Vorteile:


    - nah dran, Kind kann relativ bald zu Fuß gehen

    - aus dem Kindergarten werden wahrscheinlich andere auch dahin gehen

    - Schulfreunde sehr wahrscheinlich in der Nähe

    - guter Ruf der Schule

    - besserer Sozialindex (5 oder 6)

    (- kein JÜL)


    Nachteile:


    - etwas weiter weg

    - unübersichtlicherer Schulweg

    - OGS recht klein


    Schule 3:


    Vorteile:


    - aus dem Kindergarten werden wahrscheinlich andere auch dahin gehen

    - sehr guter Ruf der Schule und der SL (Kennt scheintbar wirklich ALLE Kinder mit Namen, sehr "hands on")

    - sehr guter Ruf der SL

    (- kein JÜL)

    - gute OGS


    Nachteile:


    - Sozialindex 7

    - etwas weiter weg (aber mit dem Fahrrad wenigstens im Sommer direkt über Radweg in 10 Minuten erreichbar)

    - OGS recht klein


    zwei weitere Optionen im weiteren Umkreis:


    - beide Schulen: viel besserer Sozialindex (3)

    - beide Schulen: aus dem Kindergarten werden wahrscheinlich andere auch dahin gehen

    - sehr guter Ruf der Schulen und der SL

    (- eine Schule: kein JÜL)


    Nachteile:


    - beide Schulen: viel weiter weg, Kind muss rund 10-15 Minuten hinkutschiert werden

    - beide Schulen: Schulfreunde weiter weg

    - (eine Schule: JÜL Jahrgänge 1-4)



    Wie ihr sehr habe ich JÜL jeweils eingeklammert und bin dem gegenüber noch relativ negativ eingestellt. Auf mich wirkt es häufig ähnlich "gut umgesetzt" wie Inklusion: Lehrereinsparung unter dem Deckmantel hehrer Ziele wie mehr Selbstständigkeit, eigenes Lerntempo, individuelle Förderung, Kinder helfen Kinder usw. Meiner Meinung nach sind an der Schule, die dies anbietet, die Gegebenheiten nicht wirklich so, dass das zielführend umgesetzt werden kann (fast 30 Kids/Klasse, sehr schwacher Sozialindex, häufige Beshwerden weiterführender Schulen über fehlendes Wissen bei 5ft-Klässlern aus dieser Schule usw.) und auch den etwas stärkeren Kids was bringt. Unser Kurzer kann mit knapp fünf nun Wörter mit 4-5 Buchstaben (ohne Besonderheiten) buchstabieren, hat sehr viel Spaß an Sprache (Reime, gleiche/ähnliche Bedeutungen usw.), ist aber auch echt eine wilde Hummel und ein Kindskopf, nicht unbedingt der allerdisziplinierteste Stratege.


    Deshalb meine Fragen an die Primarstufen-Leute unter euch: Was haltet ihr vom JÜL? Was muss vor Ort stattfinden, damit es funktioniert? Wie sind eure Erfahrungen als Eltern?


    Und weitere Fragen: Welche Überlegungen waren euch bei der Schulwahl wichtig?


    Ich weiß, ist wiedermal echt viel, würde ich aber freuen von Euch zu hören. Wir sind wirklich zwiegespalten.


    Liebe Grüße!

  • Hallo Schokozwerg,


    Ich verstehe deine Gedanken und bin froh, dass wir keine Wahl hatten, da es Schulbezirke gibt und wir damit einer GS (2-zügig, GL, Sozialindex weiß ich gar nicht) zugeordnet sind. Unser Großer wechselt im Sommer auf das örtliche Gymnasium, der Kleine wird eingeschult.


    Wir wohnen eine Straße hinter der Schule (riesen Vorteil), KEIN Jül, das wäre für mich tatsächlich ein Grund für einen Gastschulantrag (an meiner Schule) gewesen. Ich habe selbst schon im Jül gearbeitet, ich war und bin nicht überzeugt. Habe aber vielleicht an einer Schule gearbeitet, wo es nicht gut/richtig umgesetzt wurde. Keine Ahnung.


    Die OGS besuchen meine Jungs nicht, aber die Randstundenbetreuung und die ist super.


    Ich finde seine Klassenlehrerin lahm, aber er kommt klar. Viel hängt ja tatsächlich davon ab.


    Aber den kurzen Weg, alle Schulfreunde in fuß- bzw. radnähe finde ich nach wie vor super.


    Aber da keine Wahl bestand, mussten wir es ja nehmen, wie es kommt und im Sommer jetzt auch. Und wahrscheinlich auch die gleiche Klassenlehrerin.


    Wirklich was raten, kann ich dir leider nicht. Die Schulen die weiter weg sind, hören sich vermeintlich besser an.


    Liebe Grüße Lamy

  • Wenn das Kind jetzt schon Wörter buchstabiert, nimm keine Schule mit hohem Sozialindex. Im Zweifel wird dort in der zweiten Klasse noch mit gefärbten Silben gelesen, während dein Kind im besten Falle unter der Bank Bücher lesen darf oder sich im schlimmsten Falle zu Tode langweilt.


    Ob sich die Fahrerei lohnt, muss man gut abwägen. Wenn eine Schule einen sehr guten Ruf hat und du auch diesen Eindruck gewonnen hast, kann das den Stress wert sein. Sind die Eltern zufrieden, ist es das Kind meist auch. Aber. Schulen haben manchmal aus den sonderbarsten Gründen einen guten Ruf und das muss nicht zu dir oder zum Kind passen. Und vier Jahre lang zwei mal täglich hin und hergurken... Nunja.


    Also Tendenz Schule 2 oder 3.


    Vieles hängt aber auch einfach von der Klassenlehrperson ab, da kann man Glück und Pech zum Beispiel mit jährlichen Wechseln haben, da ist die Schule fast zweitrangig.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn das Kind jetzt schon Wörter buchstabiert, nimm keine Schule mit hohem Sozialindex. Im Zweifel wird dort in der zweiten Klasse noch mit gefärbten Silben gelesen, während dein Kind im besten Falle unter der Bank Bücher lesen darf oder sich im schlimmsten Falle zu Tode langweilt.

    Auch an Schulen mit hohem Sozialindex kann die Lehrkraft was von Differenzierung gehört haben.

  • Ich würde Schule 2 nehmen und dafür ebenfalls Himmel und Hölle in Bewegung setzen. Mit Sozialindex 7 fallen die anderen beiden Schulen raus.


    Aber wahrscheinlich wirst Du eh nicht die Wahl haben. Ich kenne es ja selber, daß das Kind als einziges aus dem Kindergarten zur Grundschule in den übernächsten Nachbarort geschickt wird, wo der Rest des Kindergartens im Ort bleiben konnte. Gefragt wurde da nicht, da wurde ausgelost und zugeteilt. Macht dann in Summe täglich zweimal 50 Minuten Busfahrt.

  • Auch an Schulen mit hohem Sozialindex kann die Lehrkraft was von Differenzierung gehört haben.

    Das glaube ich Dir sogar unbesehen. Nur geht in solchen Schulen dermaßen viel Zeit für die Bearbeitung von Unterrichtsstörungen drauf, dass zum Unterrichten kaum Zeit übrig bleibt. Ich merke es bei mir an der Berufsschule ja selber. Habe zwei Parallelklassen, in der einen Klasse guckt der Ausbildungsbetrieb drauf, daß die Leute pünktlich kommen etc. und in der anderen Klasse erzählt der Betrieb bereits zu Beginn der Lehre, dass die Schulnoten eh nicht relevant sind. Im Ergebnis schaffe ich in der einen Klasse den Unterrichtstoff in 30 Minuten, für den ich in der zweiten Klasse 90 Minuten benötige.

    • Offizieller Beitrag

    Ich wollte es nur erwähnen.
    Ich wohne direkt zwischen mehreren Grundschulen mit Index 7, 8, 9 (neue Tabelle). Wir wären nicht dahin gezogen, wenn wir Kinder hätten (bekommen sollen). Es ist halt die Ungerechtigkeit, wenn man sich etwas leisten kann, und die Schulen dann ausbluten.

    Unterrichtsstörungen haben meiner Meinung nach nichts mit der zu Hause gesprochenen Sprache oder Einkommen zu tun, auch wenn mir klar ist, dass sie oft das Ergebnis von Langeweile durch Nicht-Verstehen sind.

  • Auch an Schulen mit hohem Sozialindex kann die Lehrkraft was von Differenzierung gehört haben.

    Das ist richtig. Als gebranntes Kind scheue ich nur das Feuer :shit:


    Edit: die Probleme gab es übrigens nicht aufgrund anderer Muttersprachen, sondern aufgrund mangelnder sozialer Unterstützung zu Hause und einer Schule, die damit offensichtlich überfordert war.

  • Wir legen an sich viel Wert auf Eigenverantwortung und Selbstständigkeit

    Wenn euch das wichtig ist, dann schließt sich damit das hier aus


    - beide Schulen: viel weiter weg, Kind muss rund 10-15 Minuten hinkutschiert werden



    Und ich finde es wichtig. Und du hast im anderen Thread doch sowieso schon Probleme mit den Fahrtzeiten angemerkt, dann halst euch doch nicht noch mehr auf.

  • Nachfrage:

    Mich wundert, dass du eine kleine OGS als Nachtteil siehst. Gibt es da Aufnahmeprobleme?

    Meine (ehemalige) Schule hat eine große OGS und das ist sehr problembehaftet wegen der Vielzahl der Kinder.


    Eine nicht funktionierende Webseite würde ich nicht als Qualitätsmerkmal sehen. Viele Grundschulen haben nicht die Ressourcen und Energie eine solche zu pflegen.

    Wenn der Schulweg unübersichtlich ist, wäre es mir wichtig, dass mindestens 2 Kinder zusammengehen können, wenn niemand das Kind bringen bzw. holen kann.

    In der Schule lernt man neue Freunde kennen, möglichst viele Kindergartenfreunde wären für mich kein Kriterium, eher, dass ein Kind oder mehrere in der Nähe wohnen, mit dem man gehen kann.

  • Auf den ersten Blick würde ich GS 2 wählen, glaube ich. Das scheint eine durchschnittliche GS zu sein, die fußläufig entfernt ist.


    Ich selber hatte bei meinen Kids keine Wahl, es gibt hier genau eine GS im Umkreis. Dort habe ich aber sehr gehofft, auf gute Lehrkräfte zu treffen, denn letzten Endes sind sie es ja, die mit dem Kind täglich zu tun haben. Wir hatten übrigens zwei Mal Glück! :)


    Thema Sozialindex: sowas gibts in NDS nicht, soweit ich weiß. Ich fänd es total spannend zu wissen, aber passiert dann nicht genau das, was Du durchlebst? Keiner, der sich informiert hat, möchte zu den Schulen mit hohem Index - und am Ende wird der Index dort immer noch höher, weil eine bestimmte Elternklientel ihre Kinder dort nicht mehr anmeldet. Oder? Was für Vorteile hat man denn vom Index? Bekommen die Schulen mit hohem Index mehr Förderstunden und Co?

  • Schau dir die Schulen an und wie die Lehrer mit den Kindern umgehen. Der Sozialindex sagt nichts darüber aus, ob eine Schule gut oder schlecht ist.

    Ansonsten würde ich persönlich immer gucken, dass mein Kind alleine zu Fuß zur Schule gehen kann und ob die Freunde/Nachbarskinder auch dorthin gehen (soziale Beziehungen in Präsenz und so..).

  • Ja, die gute Durchmischung. Ich dachte auch, dass ich dafür ja irgendwie Verantwortung trage und mein Kind nicht nur Konstantins und Emmas sondern auch Justins und Josies kennenlernen soll. Ein User hier hatte mich noch gewarnt... Nach zwei Jahren, mehreren blauen Flecken und sinnlos abgesessener Zeit wollte das Kind dann selbst wechseln. Aber jeder darf natürlich mit seinem Kind eigene Studien betreiben.

  • Eltern, die sich gefühlt VIEL zu früh Gedanken um die richtige Grundschule machen.

    Du hast dein Problem bereits richtig analysiert.


    Wenn man schon die Möglichkeit hat, dass die Kinder zu Schule laufen können würde ich das auch nutzen. Nicht nur als Entlastung für dich sondern auch zur Förderung der Selbstständigkeit der Kinder. Alles andere würde ich gerade bei der Grundschule nicht so hoch aufhängen.


    Sozialindex

    Dass es so eine Zahl überhaupt gibt... alle schreien bei Diskriminierung rum, aber diese Klassierung ist ok? Unfassbar hypokratisch.

  • - beide Schulen: viel weiter weg, Kind muss rund 10-15 Minuten hinkutschiert werden

    Du wohnst in einer Region mit so vielen Schulen, also ganz offensichtlich städtisch, aber es fahren keine Busse? Wieso müssen die Kinder "kutschiert" werden.

  • Schule 2 klingt in Ordnung. Die Schulen schaut ihr euch ja sicher vorher nochmal an.


    Der Sozialindex ist entgegend mancher Bemerkungen hier alles andere als unwichtig. Beim Sozialindex geht es um die Dichte der Kinder aus armen Verhältnissen, mit nicht-deutscher Familienssprache und mit Förderbedarf. Lehrkräfte sind an Schulen mit hohem Sozialindex sicher mehr mit Förderarbeit beschäftigt, als an Schulen mit niedrigem Sozialindex. Lehrkräfte sind auch nur Menschen, die begrenzte Kapazitäten haben. Erfahrungsgemäß werden diese Kapazitäten eher für die Förderung schwächerer Schüler, als für die Förderung stärkerer oder starker Schüler eingesetzt.

  • Thema Sozialindex: sowas gibts in NDS nicht

    NDS arbeitet dran und wird daran in Zukunft die Verteilung von Stunden orientieren.

    Es ist nicht klar, ob die Grundversorgung und die DaZ-Stunden gemeint sind oder die Stunden, die aus den Bundesmitteln zugeteilt werden sollen… oder ob man sich darüber dann einfach noch ehr als bisher spart. Wir werden sehen, ich glaube, schon diesen Sommer.



  • Thema Sozialindex: sowas gibts in NDS nicht, soweit ich weiß.

    Das wird es Niedersachsen aber bald geben. Die Landesregierung bereitet das schon vor. Ziel ist es, die Ressourcen endlich nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip zu vergeben, sondern bedarfsorientiert. Es ist ja auch nicht einzusehen, warum eine dreizügige Grundschule mit 20 Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf genau die gleiche sonderpädagogische Grundversorgung hat wie eine dreizügige Grundschule mit 2 inklusiv zu beschulenden Kindern. Das ist nur ein Beispiel. Auch andere Zusatzbedarfe werden künftig bedarfsorientiert verteilt. Da ist der Sozialindex der Maßstab. Die Stigmatisierung ist natürlich nicht zu vermeiden, andererseits gibt es in Niedersachen im Primarbereich Schulbezirke. Da kann man sich sowieso nicht aussuchen, wo man hin möchte.

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